2. teil - uruguay weisse Sandstrände soweit das auge reicht
Nachdem wir die Zollformalitäten im Hafen von Montevideo, Uruguay erledigt haben, fahren wir zum ersten Mal auf südamerikanischem Boden. Wir rollen mit unserem Iveco Richtung Roosevelt Nationalpark, etwas ausserhalb von Montevideo, wo sich angelblich ein Campingplatz befindet. Unterwegs halten wir bei einem Supermarkt, um das Nötigste einzukaufen. Als wir den mit Bäumen gesäumten Park erreichen, finden wir keinen Campingplatz. Auch nach mehrmaligem Nachfragen bei den
Einheimischen stellen wir fest, dass unsere Information wohl veraltet ist. Die Sonne geht unter und wir entschliessen uns, zurück nach Montevideo zu fahren und in der Nähe des Hafens auf dem Parkplatz beim Leuchtturm zu übernachten.
Wir erwachen bei sonnigem Wetter mit Ausblick aufs Meer und beschliessen, der Küste entlang auf Campingplatzsuche zu gehen. Montevideo zählt zu den zehn sichersten Städten in Südamerika und nach neusten Studien ist Montevideo die Stadt mit der höchsten Lebensqualität in Südamerika. Es fällt uns auf, dass Menschen aller Altersgruppen aktiv, in modischen Trainingsanzügen gekleidet, unterwegs sind. Auch finden sich entlang der Küste immer wieder kleine Plätze, an denen Fitnessgeräte, die Wind und Wetter trotzen, montiert sind.
Unsere Suche führt uns nordostwärts aus der Stadt hinaus in das ca. 50 km weit entfernte Las Floresta an der Costa Azul. Der Campingplatz ist rudimentär ausgestattet (fliessend Wasser nur kalt, warme Duschen von 20.00-24.00h), bietet uns aber alles, was wir benötigen.
Wir verbringen hier eine Woche, um uns einzurichten und mit unseren Fahrrädern können wir in das kleine Dorf radeln, um uns mit Lebensmitteln einzudecken. Die ruhige und saubere Hafenstadt Montevideo besuchen wir ein Mal. Wir haben einige Einkäufe zu tätigen und geniessen einen Stadtrundgang zu Fuss.
Unser Weg führt uns weiter Richtung Norden, alles der Küste entlang. Immer wieder kommen wir an wunderschöne Sandstrände vorbei, die oft unbewohnt scheinen. Mitte März, hier in Uruguay bereits Herbst, ist die Hauptsaison vorbei und wir können an vielen Stränden ungesehen übernachten. Für die Strecke vom ersten Camping an der Costa Azul bis an die brasilianische Grenze der Küste entlang benötigen wir acht Tage. Wir fahren oft nicht mehr als 50 km pro Tag, unternehmen zwischendurch einen Stadt- oder Dorfspaziergang oder schlendern entlang der weissen Sandstrände. Die
Küstenstrasse wird durch eine Lagune unterbrochen und wir fragen uns, ob die Fähre wohl ausserhalb der Saison in Betreib ist. Wir kommen zur Fährstation und ich denke nur: Puh, ob unser grosses Vehikel mit diesem kleinen Schiffchen über das Wasser schippern kann? Mein Partner plaudert mit den Fährleuten und die meinen: »Na klar, die Fähre befördert mehr oder weniger zehnt Tonnen«. Unser Gewicht liegt ein paar Kilo unter zehn Tonnen. Ich verweile noch mitten im Denkprozess, wiege die Vor- und Nachteile ab, sehe im geistigen Auge die Fähre schon sinken und kann mich nicht festlegen, ob ich nun auf die Fähre will oder nicht.
Die Entscheidung wird mir abgenommen, denn mein Partner fährt schon los. Kaum auf der Plattform und die Bremsen angezogen, da legt die kleine Fähre ab. Schnell hüpfe ich gezwungener massen mit einem riesigen Sprung auf die wackelige, schwimmende Oberfläche. Natürlich kommen wir ohne Zwischenfall und innert fünf Minuten auf der anderen Seite an.
Die Lagune ist gleichzeitig auch die Provinzgrenze. Maldonado, die Provinz, die wir soeben besucht haben, hat vor einiger Zeit begonnen, eine Brücke über die Lagune zu bauen. Die angrenzende Provinz Rocha wollte ebenfalls mit einer Brücke beginnen, dachte sich aber, wenn
sie warten, wird die Brücke kostenlos fertig. Doch die Provinz Maldonado – wohl im Bewusstsein, was ihre Nachbarprovinz im Schilde führt - hat bald mit dem Bau aufgehört und so fährt heute noch jeder mit der Fähre über das Wasser.
Kurz vor der Grenze zu Brasilien campieren wir an einem einsamen Strand. Wir unternehmen einen Tagesausflug zum Grenzort, um Diesel zu tanken, da dieser hier Zollfrei verkauft wird (1 Euro/Liter). Wir benötigen mehrere Stunden für unser Billigtanken. Bis wir nur mal abgeklärt haben, wie teuer der Diesel ist, ob wir
Zoll bezahlen müssen und ob wir auch mit der Kreditkarte bezahlen können, dauerte es eine kleine Ewigkeit. Endlich an der Tankstelle befindet sich vor uns ein LKW, der wohl mit seinem letzten Tropfen Kraftstoff an die Tankstelle fuhr. Er füllt, und füllt und füllt, und wir warteten geduldig bei lauter Discomusik, die über die vielen Boxen, die an jedem Eck der Tankstelle befestigt waren, lärmt. Doch die Tankangestellten sind sehr aufmerksam und kommen mit Erfrischungsgetränken, Kaffee und Keksen vorbei. Bis wir vollgetankt haben und wieder aus dem Gewusel der kleinen Ansiedlung mit den vielen Einkäufern rausgefahren sind, ist
es schon später Nachmittag und Zeit, unser letztes Strand-Plätzchen anzusteuern.
Unsere Weiterreise führt uns etwas ins Landesinnere. Uruguay ist nach Surinam das zweitkleinste Land in Südamerika und ist mit einer Fläche von 176‘215
km2 über vier Mal grösser als die Schweiz. Der höchste Berg ist der Cerro Catedral mit 513 Meter Höhe. Sobald wir auf die Ruta 14 eingebogen sind, brausen unsere Räder über Schotter. Die Fahrt im Iveco, dank den luftgefederten Sitzen, ist sehr angenehm und zum Mittagshalt stellen wir fest, dass in der Wohnkabine noch alles am rechten Ort ist, obwohl die Strasse sehr holprig war. Unsere Pause verbringen wir mitten auf der Strasse, da neben dem Fahrweg zu beiden Seiten ununterbrochen Zäune führen. Während unserer halbstündigen Pause fährt kein anderes Fahrzeug an uns vorbei und so geniessen wir die Ruhe mit einem Nickerchen. Nach etwa
70 km kommen wir wieder auf Asphalt und in das kleine Städtchen Lascano mit ca. 7‘000 Einwohnern. Mit unserem LKW können wir nicht ins Zentrum fahren uns so bleibt mein Partner bei der Tankstelle und ich gehe zu Fuss los. Das Städtchen ist unscheinbar, fast kein Mensch auf der Strasse. Die einstöckigen und vorwiegend weissen Häuser sind schachbrettartig angelegt und mit tiefhängenden Stromkabeln über die Strasse miteinander verbunden. Der Supermarkt ist in einem unscheinbaren Haus untergebracht, doch mit einer breiten Auswahl an Lebensmittel. Es ist schon spät am Nachmittag als wir bei der Gruta de Salamanca eintreffen, wo
wir einen traumhaften Übernachtungsplatz finden. Wir können uns auf dem Besucherparkplatz hinstellen und warme Duschen stehen auch zur Verfügung. Die Aussicht ist fantastisch, da wir etwas erhöht stehen und einen ungehinderten Blick über das Land geniessen können. Der Vollmond klettert am gegenüberliegenden Hügel hoch und scheint uns orangegelb entgegen. Am nächsten Tag spazieren wir zu der unspektakulären Grotte und noch etwas höher bis auf den Hügelrücken. In der Ferne gegenüber liegt eine weitere Hügelkette, dazwischen liegt Weideland, welches mit vielen Bächen durchzogen ist.
Am nächsten Tag fahren wir weiter und unser erstes Ziel sind die Wasserfälle „Cascade del penitente“. Die letzten 7 km zu den Fällen führen über eine schlechte, sehr enge, steile und kurvenreiche Schotterstrasse. Einige Kilometer vor der Attraktion werden
Eintrittskarten für einen Euro verkauft. Leider ist für unser grosses Vehikel kein Platz auf der Stichstrasse und somit drehen wir um und fahren die abenteuerliche Strasse wieder zurück, ohne die Fälle gesehen zu haben. Am späten Abend kommen wir müde und verschwitzt, im Auto hatten wir zuweilen Temperaturen über 35° C, im Campingplatz „Paraiso Suizo“ 77.5 km nordöstlich von Montevideo, an. Hier können wir für ein paar Tage stehen, das superschnelle Wifi benutzen und uns der Routenplanung für die Weiterreise widmen.
Bevor wir Colonia del Sacramento besuchen, fahren wir nach Nueva Helvetica und Colonia Suiza. Am 25. April 1862 haben sich hier Schweizer Auswanderer, begleitet von Österreichern, Deutsche und Franzosen auf Initiative eines Basler Bankhauses,
niedergelassen. Sie lebten von Milchwirtschaft, was sich bis heute nicht geändert hat. Der überwiegende Teil des uruguayischen Käses stammt von hier. An vielen Häusern sehen wir Schweizer Wappen und Strassennamen mit Schweizer Ursprung. Wir kaufen einen „Queso Suizo“, der sich nach späterem Verzehr als äusserst köstlich herausstellt.
In der Colonia Sacramento kann man sich nicht verfahre, denn das Städtchen ist sehr klein und wird, wie eine Zunge, an drei Seiten durch den Rio de la Plata abgegrenzt. Im Zentrum stehen Parkplätze zur Verfügung doch unser Iveco ist wieder zu gross und die
Touristenpolizei ist schon da, um uns zu einem Parkplatz zwei Strassen weiter zu lotsen. Unser Expeditionsmobil gut parkiert, schultern wir unseren Rucksack sowie Fotoapparat und gehen zu Fuss auf Entdeckungstour.
Colonia Sacramento wurde 1680, 46
Jahre vor Montevideo, aus strategischen Gründen besiedelt. Spanien hatte das Südufer des Rio de la Plata besiedelt, also mussten sich die Portugiesen am Nordufer niederlassen, wollte man den Nachbarn nicht den Rio de la Plata vollständig überlassen. Es lag allerdings etwas ungünstig; zu nah bei Buenos Aires und zu weit entfernt von der letzten grossen portugiesischen Stadt, nämlich Rio de Janeiro. So muss die weitere Geschichte nicht verwundern. Hin und her ging der Besitz der Stadt zwischen Portugiesen und Spaniern, erst nachdem Uruguay ein eigener, von den Nachbarn anerkannter Staat war, wurde auch das Leben in Colonia Sacramento ruhiger.
Weiter geht es nordwärts, zuerst entlang des Rio de la Plata, der später zum Rio Uruguay wird. Wie schon an den Tagen zuvor säumen Sojafelder oder Rinderherden zu beiden Seiten die Strasse. Landwirtschaft, soweit das Auge
reicht. Im Dörfchen Las Cañas, bei Fray Bentos finden wir einen hübschen Platz zum Übernachten. Das Dörfchen ist auf den Sommertourismus ausgelegt. In Uruguay wird das Ende der Sommerferienzeit nach Beendigung der Ostern (welche vor einer Woche war) eingeläutet und so haben wir das ganze Plätzchen für uns. Es ist 22.00 h, unsere Kabine ist dunkel und wir sind beide kurz vor dem Einschlafen als es plötzlich laut an unserer Kabine klopft. Blitzartig sind wir hellwach und gucken aus dem Fenster. Wir werden freundlich auf Schweizerdeutsch begrüsst. Ein Paar, sie Schweizerin, er Uruguayer, haben im Restaurant gehört, dass hier ein
„Casa rodante“ mit einem fremden Kennzeichen steht. Das wollten die beiden sehen.
Am nächsten Tag irren wir mit unserem Fahrzeug durch Paysandú. Irgendwann fahren wir durch ein heruntergekommenes Viertel, wo die Menschen in kleinen, schiefen Blechhütten hausen. Die jungen Frauen, viele davon schwanger, waschen ihre Wäsche in Plastikbecken mit der Hand. Kleine Kinder hüpfen in zerrissenen Kleidern herum und plantschen im dreckigen Rinnsal. Das Bächlein, total vermüllt, läuft entlang den Behausungen. Mein Herz wird schwer
und ich schlucke ein paar Mal leer. Die Armut macht mich sprachlos. Wir kommen nach mehrmaligen nachfragen auf die Hauptstrasse die uns aus der Stadt in Richtung Norden zu den Termas de Guaviyú führt. Die Anlage besitzt auch einen Campingplatz wo wir uns einrichten und bei Sonnenuntergang in den warmen Thermen unsere müden Glieder entspannen.
Nach 34 Tagen in Uruguay überqueren wir die Grenze bei Salto nach Argentinien. Der Grenzformalitäten dauern ca. eine Stunde und verlaufen ohne Zwischenfälle.
(gefahrene Strecke, bitte blättern)
Gefahrene Strecke in Uruguay mit 1‘890 km (11.03-13.04.2013)