vorwort
Manchen Lesern mag meine Schreibweise etwas seltsam vorkommen, da ich das ß schlichtweg ignoriere. Hierfür gibt es einen einfache Erklärung: Ich bin Eidgenossin.
In der Schweiz wurde das ß vor rund 80 Jahren aus der Rechtschreibung verdrängt und wird seit den 70er Jahren nicht mehr gelehrt oder geschrieben.
Somit danke ich euch für euer Verständnis.
der job
Hier ist mein Beitrag zum Forumsbattle 34
“ENDLICH FERTIG!“
Text © by Amarillo
Cover © by Amarillo
Wortvorgabe zum Forumsbattle 34
Balken
chillend
feuerwehrrot
Fingernagel
forcieren
Fratzengeballer
friemeln
heldisch
Hupatz
Kaugummi
Lausebengel
Lockenwickler
Remmidemmi
schraffieren
Sitzfleisch
tadellos
ungestüm
waidwund
windig
wundersam
Im Text sind diese Wörter fett gedruckt.
Es ist dunkel und muffig. Sein Genick schmerzt wie die Hölle, da er schon ewig in gebückter Haltung kauert und die Kniegelenke scheinen ihm wundersam wegzurutschen. Wie ist er nur in diese missliche Lage geraten? Dabei hat der Tag so harmlos angefangen.
Wie immer ging er um 6.00 Uhr aus dem Haus. Es war regnerisch und windig und er beschloss, statt wie gewöhnlich mit der U-Bahn, mit dem Auto zur Arbeit zu fahren. Ein fataler Fehler, wie sich später herausstellen sollte. Im Büro bereitete er die Präsentation für seine Vorgesetzte vor und achtete darauf, die
zahlenrelevanten Kapitel zu schraffieren, als kurz vor der Mittagspause seine Chefin wie von der Tarantel gestochen in sein Büro stürmt. In tadellos sitzendem, hautengem und kornblumenblauem Kostüm baut sie sich vor ihm auf und meint, er müsse sie sofort zu ihr nach Hause fahren. Sie habe ihre Unterlagen für die Präsentation vergessen und ihr Auto wäre in der Werkstatt. Er mag seine Vorgesetzte nicht sonderlich, ist aber noch in der Probezeit und lässt sich somit überreden.
In ihrem Haus zieht sie ihn in den ersten Stock hinauf. Im Schlafzimmer, auf
einem altmodischen Beistelltisch, liegt ein riesiger Stapel mit Papieren. Die Chefin geht zielstrebig auf die Unterlagen zu, sieht die gesuchten Papiere und wirkt plötzlich beruhigt. Mit einem kecken Lächeln dreht sie sich um und stolziert auf ihn zu. Ihre Lippen, feuerwehrrot, küssen sein Gesicht. Er hüpft erschrocken einen Schritt zurück doch sie drängt sich näher an ihn heran und die Finger ihrer linken Hand friemeln an seiner Krawatte, die rechte Hand gleitet zielstrebig in seine Hüftgegend. Er holt tief Luft und setzt entschlossen einen grossen Schritt zurück. Die Zeit scheint still zu stehen, die Luft knistert und sie schauen sich an.
Ihre Augen blitzen wie ein Lausebengel, seine sind zusammengekniffen und warnend. Bevor einer von ihnen einen weiteren Atemzug nehmen kann hören sie, wie die Tür im Erdgeschoss aufgehen und eine Stimme ruft:
»Liebling, bist du zu Hause?«
Ungestüm dreht sie ihn in Richtung Schrank, reisst die Tür auf und schubst ihn hinein.
»Wenn dir dein Job lieb ist, sagst du kein Wort«, raunt sie hinterher und schon kracht die Tür zu.
Ihm läuft der Schweiss über das Gesicht, seine Oberschenkel brennen von der
unerträglichen Haltung und die Federn des ausgestopften Tieres, ein Hupatz, der an der Schrankdecke mit einem Faden angemacht ist und ihm halb ins Gesicht baumelt, kitzeln ihn immer wieder. Mit den Armen hält er sich über dem Kopf an der Stange fest und seine Oberarmmuskeln schreien vor Schmerz. Sein linker Fuss steht auf einem Lockenwickler aus Metall und die kleinen, vorstehenden Spiesse stechen wie Nadeln durch seinen Socken. Den linken Schuh hat er verloren, als er hineingestossen wurde und über den Balken am Kastenboden stolperte. Vor einer Ewigkeit scheint ihm, ist der Mann ins Schlafzimmer gekommen und war
angenehm überrascht, seine Frau in erregter Stimmung vorzufinden. Die Laute, die er nun hört, wollte er nie von seiner Chefin zu hören bekommen. Sie jauchzt und knurrt. Der Mann lässt Töne von sich, die nur ein Tier, welches waidwund darnieder liegt, von sich geben würde.
Er bekommt kaum noch Luft. Die Türe ist nur ein Fingernagel weit offen und so gut wie kein frischer Sauerstoff strömt hindurch. Jeden Atemzug der dicken Luft muss er forcieren und hat dabei das Gefühl, ein weiteres Mal zu ertrinken. Wann sind die endlich fertig! Da, plötzlich wird’s still und er kann das
Rascheln von Kleidern hören und ein leises:
»Tschüss Liebling.«
Die Kastentür wird mit einem Ruck aufgezogen und er blinzelt wie eine Eule in die gleissende Helligkeit.
»Na, kein Sitzfleisch? Komm schon, das Meeting beginnt in einer Stunde.«
Er versucht, seine verkrampften Glieder aus der Starre zu lösen, zieht seinen Schuh über und stolpert, sich überhaupt nicht heldisch fühlend, hinter ihr her.
Im Büro stolziert seine Chefin mit den Unterlagen schnurstracks in ihr Büro. Er stampft wütend den Gang entlang und hat
enorme Lust auf ein befreiendes Fratzengeballer, das ihn wieder auf den Boden holen würde. Als er seinen Büronachbar Kaugummi kauend, die Füsse auf dem Schreibtisch und chillend im Bürostuhl grinsen sieht, hört er ein lautes Bing in seinem Hirn. Er marschiert zu seinem Notebook, haut kräftig in die Tasten, druckt ein Papier aus und unterschreibt es. Wie ein Wirbelwind marschiert er in das Büro seiner Chefin, stellt sich vor ihr hin und überreicht ihr das Schreiben.
»Hier, meine Kündigung. Dieses Remmidemmi hier ist das letzte und mit diesem Job bin ich endlich fertig!«