Humor & Satire
Opernball - Die bitterböse, dunkle Seite

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"Ein Blick hinter die Fassade"
Veröffentlicht am 04. September 2014, 10 Seiten
Kategorie Humor & Satire
© Umschlag Bildmaterial: Laura Glover, Pixelstar@www.freeimages.com
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Langsam scheine ich in das Alter zu kommen, in dem man Unwichtiges mehr beiseite schiebt, sich auf die Dinge konzentriert, die einem lieb und wert sind und immer weniger darauf gibt, was die anderen darüber denken. Schreiben scheint ein integraler Bestandteil dieses Vorgangs zu werden.
Ein Blick hinter die Fassade

Opernball - Die bitterböse, dunkle Seite

Vorwort

Erstveröffentlicht 2009 auf mystorys.de . Anlässlich meiner Wiederauferstehung leicht überarbeitet. 


Das verwendete Deutsch mag hier und da grenzwertig erscheinen, ist aber der Versuch, das in diesen Kreisen gesprochene, leicht nasale "Schönbrunner Deutsch" abzubilden.


Vielleicht ist ja dieser "Sommer" gar kein so schlechter Zeitpunkt für ein durchaus winterliches Ereignis...


opernball

»Oh, küss die Hand, Frau Doktor.« Meine Güte, die alte Vettel wird auch jedes Jahr fetter, kein Wunder, dass das Gedränge immer schlimmer wird. Ja, Herrschaftseiten noch mal, wer haut mir denn da immer seinen Ellbogen in die Rippen? »Meine Verehrung, Herr Generaldirektor.« Ja, ja, letzte Woche noch vorm Konkursrichter, heute tanzt er am Opernball. Was ist denn das? Die hat doch letztes Monat noch ganz normale Lippen gehabt? »Gnädigste sehen wieder ganz bezaubernd aus!« Was so ein

Schönheitschirurg nicht alles zusammenbringt. Ihrer gehört allerdings verklagt. Da schau her, wen hat er denn heuer in seiner Loge sitzen? »Meine Verehrung, Herr Baumeister! Fesch, die Begleitung, wie jedes Jahr.« Was für ein Narr, der eine halbe Million hinblättert, um irgendeinen Hollywood-Trampel übers Parkett schieben zu dürfen. »Lang nicht mehr gesehen, Exzellenz. Tät´ es den Opernball nicht geben, man könnt´ sich ja glatt aus den Augen verlieren.« Letztes Jahr, als Minister, warst du noch oben in der Regierungsloge. Heuer geht es auch ein

wenig billiger. Jeder soll halt einmal im Leben Minister spielen dürfen, schon allein wegen der Pension. Aber still jetzt, der Herr Präsident spricht. Wo sonst darf ein Sozialist noch Kaiser spielen?

»Gnädigste, nicht drängeln, ein jeder kommt dran.« Bei 28 Euro für drei Austern auch kein Kunststück. »Um Gottes Willen, nicht beißen! Wissens´ denn nicht, dass in jeder zehnten Auster eine Perle versteckt ist?‹ Da tät´ sich der Zahnarzt freuen, wär ein gutes Geschäft. Aber wer weiß, vielleicht steckt er ja hinter der Idee mit den Perlen. Genau wegen dir bin ich hier, mein

Freund. Wenn man in dem Gedränge nur ungestört reden könnte. »Ja, Herr Kommerzialrat, was für eine Überraschung! Das ist aber gut, dass ich sie hier treff´. Die Ausschreibung von neulich, sie wissen schon, gehn’s, sollt ma uns nicht ein Stünderl zusammensetzen und etwas verabreden? - Eben, Herr Kommerzialrat, eben, ganz meine Meinung, dieses neue EU Recht ist der Untergang der Wirtschaft, sag ich ja immer. Nächste Woche Dienstag, 3 Uhr ist recht? Sehr fein.« Oha, hört man sie im Fernsehen, dann meint man, das halbe Land muss sich in Sack und Asche kleiden, weil wir so arm sind. Für sie selber scheinen andere

Maßstäbe zu gelten. »Meine untertänigste Aufwartung, Frau Minister. Das Kleid, bezaubernd, einfach bezaubernd. Wie? Von Dior? Selbstverständlich, sieht man ja sofort, dass das was Besonderes ist.« Und die Rechnung dafür hab ich dann auf der nächsten Einkommensteuervorschreibung. Mein Gott, ein Gedränge ist das wieder heuer. Es wird jedes Jahr schlimmer. Der Opernball ist auch nimmer das, was er einmal war. So viele haben sich früher nicht den Eintritt leisten können, da war man noch unter sich. Aber schön wars´ doch und für Geschäft erst!

»Also dann, auf Wiedersehen, Herr Hofrat, bis zum nächsten Jahr. Und meine Wertschätzung an die Frau Gemahlin!« Wenn du wüsstest, mein Lieber, wenn du wüsstest.


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Papiertiger
Langsam scheine ich in das Alter zu kommen, in dem man Unwichtiges mehr beiseite schiebt, sich auf die Dinge konzentriert, die einem lieb und wert sind und immer weniger darauf gibt, was die anderen darüber denken. Schreiben scheint ein integraler Bestandteil dieses Vorgangs zu werden.

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TaraMerveille Genial, genau so wird es sein. Aber nicht nur beim Opernball. Schleimen und Lästern zieht sich durch alle Schichten der Gesellschaft. Ich hatte viel Spaß beim Lesen deiner Geschichte.
Vor langer Zeit - Antworten
GertraudW Eine wunderschöne, bissige Geschichte. Sehr gut beobachtet. Habe sie schmunzelnd gelesen.
Ich hab Dich durch Zufall im Gästebuch von "Amarillo" entdeckt. Und da Du auch Helmut heißt (wie mein Mann) bin ich neugierig geworden.
Liebe Grüße
Gertraud
Vor langer Zeit - Antworten
Frettschen Hässliche Wahrheiten mit dem nassen Lappen serviert - herrlich!
Vor langer Zeit - Antworten
KaraList Ach, ist das herrlich ... "Wiener Schmäh"!
LG
Kara
Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR 
Herrlich, dieses Geschleime!
Und dann die kleinen Gehässigkeiten hinterrücks ...
;-)))
LG fleur
Vor langer Zeit - Antworten
IK6688 Genau so stelle ich mir den Wiener Opernball vor und ziehe den bei uns vor.
Sicher geht es in der 3. Klasse Promiloge auch ähnlich zu.
Lustig beschrieben und gerne gelesen von
Isabella
Vor langer Zeit - Antworten
Kornblume Tja, so ist das Leben, Ein bißchen Opernball herrscht selbst hier bei uns in der finstersten Provinz. So manche politsche Posse hat, so wie Du beschrieben, ihren Anfang genommen. Deine Geschichte lieber Papiertiger, hat mir ausnehmend gut gefallen. Flüssig erzählt bringt sie den Leser zum Schmunzeln.
Blaue Grüße an Dich schickt das Kornblümchen.
Vor langer Zeit - Antworten
Saroastro 
Toll gechrieben,
genau so ist es!!
Einen Gruss
Saroastro
Vor langer Zeit - Antworten
Papiertiger Freut mich, dass es dir gefällt und vielen Dank für die Spende :)
Vor langer Zeit - Antworten
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