Die Verwandlung
Ich beschloss zur Hexe Gundula zu gehen. Was sollte ich auch sonst tun? Schließlich hat man als verwunschener Prinz ein gewisses Problem am Hals. Nur chillend als Frosch auf einem Blatt zu sitzen, füllt Einen nicht wirklich aus. Die Hexe würde vielleicht helfen können.
Endlich war ich am Hexenhaus angekommen und hüpfte zur Türe herein, denn sie war glücklicher Weise offen. Ein brodelnder Kupferkessel baumelte in einer Aufhängung über dem Feuer. Rechts daneben war ein Holztisch samt Holzbank. Davor, auf einem Balken, saß der Rabe von Gundula. Er hatte den blödsinnigen Namen Turk. Ich hatte das von der Bisamratte
erfahren.
Gundula werkelte irgendwo im Hinterzimmer.
Ich wartete.
Schließlich kam sie herein.
Was für ein betörender Anblick!
Aus nicht mehr vollständigen Gebiss lächelte sie mich an. Dabei musste sie noch an einem Lockenwickler herum friemeln.
Bei ihren Haaren, die feuerwehrrot waren, hätte sie sich jegliche Pflege sparen können.
Sie hob mich auf und setzte mich auf den Balken.
"Weg da", rief sie zu Turk.
Der machte ein riesiges Remmidemmi daraus, weil ich ihm den Platz weg nahm.
Gundula setzte sich an den Tisch und blickte
mich mit Uhu-Augen an.
"Was kann ich für Dich tun?"
"Na was wohl", blähte ich die Backen.
"Ich bin ein Prinz. Der böse Zauberer Salamoni Salametti hat mich in einen Frosch verwandelt."
Sie bekam plötzlich einen romatischen Blick
"Der alte Lausebengel."
"Was heißt hier Lausebengel", schnalzte ich mit der langen Zunge.
"Ein Wahnsinn! Ich als Frosch!"
Meine Augen glupschten. Dann machte ich das Maul weit auf und legte es schief. Ein Teil der Zunge klatschte heraus.
"Siehst du, wie ich aussehe?"
"Schluss jetzt mit dem Fratzengeballer!
Und überhaupt! Verwandelter Frosch! Das ist doch eine alte Kamelle. Schlimmer als ein alter,
schmutziger Kaugummi!
Wünscht man vielleicht noch eine Prinzessin? Dazu einen Kuss und so etwas in der Art?"
"Mir egal", meckerte ich, "Hauptsache wieder Prinz."
Sie kratzte mit dem Fingernagel über den hölzernen Tisch, der schon Furchen hatte.
"Es gibt da eine ganz einfache Lösung", murmelte sie, "kriege ich hin.
Das mit dem Kuss und so ist nämlich alles nur Humbug. Was hast du eigentlich angestellt, dass der gute Salametti so sauer wurde?"
"Ich habe sein Schloss und die Umgebung als Freizeitpark verkauft. Dabei habe ich eine Aktiengesellschaft gegründet, damit wir die Achterbahn und ähnliches bauen konnten. Mit
dem Slogan 'Salamoni, der zauberhafte Freizeitpark' habe ich das Ganze beworben. Da kam vielleicht Geld in die Kasse! Ich habe nun Geld wie Heu. Das Geschäft war tadellos, sag ich dir."
"Geld!"
Gundula sprang ungestüm auf.
"Wenn ich Dir das Schloss, ich meine den Freizeitpark abkaufe, dann kriegt Salamoni sein Schloss zurück. Dann nimmt er mich vielleicht zur Frau."
"Ich nehme an, dass das dein Vorschlag ist. Ich gebe dir das viele Geld, du machst mich wieder zum Prinzen. Dann kaufst Du meinen Freizeitpark und schenkst Salamoni das Schloss zurück.
Und weil er so glücklich und dankbar ist, heiratet er dich."
"Exakt! Der ist mir lange genug entkommen! War immer ein wenig zickig mir gegenüber. Den schnapp ich mir! Man hat als VIP-Diva eben auch seine Bedürfnisse!"
Sie saß wieder und blickte verträumt an die Decke. Ein seeliger Seufzer entfuhr ihr.
"Und was wird aus mir? Wo bleibt mein Gewinn? Das schöne Unternehmen?"
Ich quakte lauthals.
"Du wirst schließlich wieder Prinz. Das reicht!"
"Also, ich kann dir nur die Aktien geben. Das ist praktisch dasselbe."
"Und wo sind sie?"
"Direkt im Königsschloss. In meinem
Arbeitszimmer.
Der Packen befindet sich auf dem Schreibtisch."
Sie holte ihr Iphone 10 hervor, das sie 4 fach auseinander klappte. Dann wischte sie mit dem Fingernagel über das Display.
Aha", sagte sie.
"Ich habe den Zauberspruch gefunden."
Sie brabbelte und schnippte dann mit den langen Fingern.
Pardauz, wundersam lag das Aktienpaket auf dem Holztisch.
"Und was ist denn nun endlich mit meiner Verwandlung", quakte ich.
"Zu wenig Sitzfleisch, was? Erst muss ich mit Salamoni reden."
Das Iphone10 hielt sie vor ihren Flunsch.
Sie diktierte die Telefonnummer.
"Ja, grüß dich, Salamoni. Ich hätte da eine Lösung für Dein Problem."
Ich bekam mit, dass Salametti fuchsteufelswild war.
Er schrie durch den Äther.
"Lauter Besucher bei meinem Schloss! Und meist noch mit grässlichen Kindern, pfui Spinne", lamentierte er.
Gundula bot ihre Lösung an, nämlich ihm das Schloss samt Gelände wieder zurück zu schenken. Nur, als sie von Heirat sprach, da brüllte Salamoni waidwund auf.
Zuletzt blieb ihm aber nichts anderes übrig, als einzulenken.
Gundula klappte das Gerät zu.
"Na, also!"
"Jetzt aber", mahnte ich. "Wann werden wir hier endlich fertig?"
"Gemach, Gemach! Du scheinst als Geschäftsmann recht windig zu sein."
"Ich unterschreibe die Übertragung des Schlosses sofort", schleckte ich über das breite Maul.
"Ich verspreche es. Du kannst mich ja wieder verhexen, falls es Schwierigkeiten geben sollte."
Das leuchtete Gundula ein.
Wieder sprang das IPhone 10 in die Hand. "Ich muss nur ins Zaubernet", klärte sie auf. Es dauerte und dauerte.
Gundula wischte und sprach Anweisungen. Das Gerät arbeitete, aber es geschah nichts weiter.
Ich versuchte heldisch Ruhe zu bewahren. "Kann man das denn nicht forcieren?"
"Mann", fauchte Gundula, "weißt du wie steinalt diese Frosch-Prinzessinnen-Session ist? Aber sei zuversichtlich! Das Zaubernet vergisst nicht."
Endlich lächelte sie.
"Ich hab’s."
Sie ging und kam mit einer Kirsche wieder.
"Bäh", blubberte ich.
"Soll ich das vielleicht essen? Ich bin ein Frosch! 'Ne Fliege vielleicht, oder eine Grille."
"Iss", befahl sie. "Kirsche reicht! Ist ein zuverlässiges Hausmittel. Es muss nur rot sein, wie der Mund einer Prinzessin."
Sie schob mir die Frucht ins Maul und brabbelte einen unverständlichen Zauberspruch, den sie vom IPhone ablas.
Es machte einen Knall und es war geschafft. Ich war wieder Prinz!
Das einzige, das mich noch an einen Frosch erinnerte, war, dass ich wie Hupatz stank. Aber da konnte ja eine Badewanne abhelfen.
Ich musste noch den Vertrag aufsetzen. Es war für mich ein Leichtes die Eckpunkte der Aktienübertragung zu schraffieren.
Ich unterschrieb.
Gundula war schon in Heiratsstimmung, als sie das Dokument in Händen hielt, das die Übereignung garantierte.
„Sind wir nun endlich fertig“, fragte ich säuselnd mit meiner angenehmen Bachelor-Stimme.
„Ja“, gluckste sie glückseelig.
Ich nickte noch dem beleidigten Raben Turk zu und ging.
Draußen spuckte ich den Kirschkern aus.
Dass das geschäftstüchtige Fremden-verkehrsamt der Karpaten zufällig den neuen Wanderweg über Salamonis Schloss gelegt hatte, wusste nur ich. Und ich hatte auch nicht erwähnt, dass die sogenannten Aktien lediglich ein Stapel alter Faxe gewesen waren. Und natürlich gab es auch keinen Freizeitpark.
Ich musste nur schnell Land gewinnen, denn dann war es endlich geschafft mit dieser unseligen Zauberei.
In Zukunft lese ich keine Märchen mehr,
versprochen!
Damit bin ich schließlich und endlich fertig.