Kapitel 9
ER
Er wusste, dass sie das irgendwann fragen würde. Zögernd ging er auf sie zu. Blicke lange die Fessel an ihrem Knöcheln an. „Bitte“ flüsterte sie und klang dabei wie früher. „Ich weiß nicht…“ sagte er, schaute auf. „Nur kurz. Heute ist so ein schöner Frühlingstag“ bettelte sie. In seinen blauen Augen lag Unentschlossenheit. Doch er konnte seiner Hannah, keinen Wunsch abschlagen. „Ganz kurz und wir bleiben zusammen“ sagte er und zog den Schlüssel hervor, um die Fessel zu lösen. Sie strahlte ihn an. „Danke“
flüstere sie und umarmte ihn kurz.
ER (früher)
Er klingelte an ihrem Haus. Irgendetwas stimmte hier nicht. Wo waren die lustigen Gartenzwerge im Vorgarten und wo die Gardinen im Fenster? Er klingelte nochmals. Niemand öffnete. Wieder drücke er auf die Klingel. Noch immer öffnete keiner. Langsam ging er ums Haus herum in den Garten. Leer. Hannah war nicht da. Da sah er plötzlich einen fremden Mann. „Was machst du hier?“ schrie der Fremde ihn an und kam auf ihn zu. „Das ist ein privates Grundstück!“ Verwirrt blickte er hinauf zu dem Mann. Er kannte ihn nicht. „Wo
ist denn Hannah?“ fragt er. „Hier wohnt keine Hannah mehr! Sie ist weggezogen, kleiner Mann! Und jetzt mach, dass du hier wegkommst!“ noch immer schrie der Fremde fast. Schnell drehte er sich um und lief davon. Hannah war weg. Sie hatte sich nicht verabschiedet.
Am Abend saß er wieder voller Angst im Kleiderschrank seiner Mutter. Sein Vater brüllte und seine Schläge waren schlimmer, als je zuvor.
SIE
Sie trat hinaus ins Freie. Die Sonne stand hoch am strahlend blauen Himmel und der Wald wirkte ruhig und friedlich. Sie blickte sich um. Jetzt war ihre
Chance gekommen. Sie musste es versuchen. Sie drehte sich zu ihm um. „Wow, wirklich schön“ sagte sie und schaute dabei direkt in seine blauen Augen, die wild funkelten. „Ja, aber jetzt komm wieder rein“ sagte er. „Warte! Noch einen kurzen Augenblick!“ Sie drehte sich von ihm weg und ehe er sich versah schlug sie ihm mit voller Wucht ins Gesicht. Seinen Moment der Verwirrung nutze sie und lief so schnell sie konnte in den Wald. Zweige schlugen in ihr Gesicht und ihre nackten Füße brannten. Doch das störte sie nicht. Sie lief einfach weiter. Rannte um ihr
Leben.
ER
Er stand für einen kurzen Moment unter Schock. Ihr Schlag traf ihn so unvorbereitet, dass er nicht schnell genug reagierte. Jetzt stand er da und sah sie barfuß in den Wald laufen. Ihr langes Haar flatterte im Wind. Lange sah er ihr nach. So lange, bis er nur noch die Geräusche des Waldes hörte. Er rannte ihr nicht hinterher. Er hatte gewusst, dass es so enden würde. Hannah hatte ihn schon damals im Stich gelassen. Seinem Vater ausgeliefert überlassen. Sich nicht verabschiedet. Warum hätte es jetzt anders kommen sollen? Er ging
hinein in die Hütte und packte seine Sachen.
Auf ins spannende Finale!
Fortsetzung folgt...