der tote im gewächshaus 2
Seufzend breitete er seine Notizen vom Vormittag auf seinem Schreibtisch aus. Es waren aber so gar keine Anhaltspunkte zu finden, wie das Opfer zu Tode gekommen sein könnte. Hatte ihm die Ehefrau etwas verschwiegen? Oder vielleicht die junge Mitarbeiterin? Und was war mit deren Freund, der hier manchmal aushalf? Hatte das Opfer vielleicht doch Feinde, von denen keiner etwas wusste? Wollte sich die Ehefrau den Betrieb unter den Nagel reißen? Gab es doch auf der einen oder anderen Seite ein Fremdverhältnis als Auslöser für einen raffiniert geplanten Mord? Die junge Witwe,
die Mitarbeiterin und deren Freund würde er unbedingt noch einmal ins Kommissariat einbestellen müssen. Es gab einfach zu viele offene Fragen.
In seine Gedanken hinein läutete das Telefon. Unwillig nahm er das Gespräch an. Die Gerichtsmedizin. Er musste unbedingt wegen der Obduktionsergebnisse in die Pathologie. Wie er den Gang dorthin hasste. Am liebsten würde er seine Kollegin schicken, doch die bestellte gerade die drei Verdächtigen zum Gespräch ein. So machte er sich schließlich widerwillig auf den Weg. Die Gerichtsmedizinerin empfing ihn mit einem triumphierenden Lächeln im Gesicht und legte ihm sofort ihr Protokoll auf den Schreibtisch. Ein ums andere Mal brummte
Kramer zufrieden vor sich hin, während er Seite um Seite des Berichts eingehend las. Dann raffte er eilig das Protokoll zusammen und stürzte wortlos aus dem Büro. Die Gerichtsmedizinerin sah ihm kopfschüttelnd nach. „Was hat der bloß an meinem Bericht gefunden“, dachte sie. „Aber so ist Kramer eben.“
Noch auf dem Rückweg ins Büro rief er über sein Handy die Spurensicherung zum zweiten Mal an den Tatort. „Die gesamte Gärtnerei muss akribisch durchsucht werden. Und die Witwe muss ich dringend vor Ort haben. Ebenso die junge Mitarbeiterin und deren Freund. Es ist eilig!“
Kurz nach seinem Eintreffen am Tatort erschienen auch die Leute von der
Spurensicherung und die drei Verdächtigen. „An der Kleidung des Toten hat man Reste von getrockneten Giftpflanzen entdeckt. Danach müssen wir suchen.“ Eine nicht ganz einfache Aufgabe für die Beamten, denn das Gelände war mit mehreren Glashäusern und verschiedenen Schuppen für Werkzeuge, Dünge- und Spritzmittel bebaut. Nachdem die Mitarbeiter der Spurensicherung mit ihrer schwierigen Aufgabe begonnen hatten, holte der Kommissar zunächst den Freund der Angestellten zur Befragung ins Büro der Gärtnerei. Rasch stellte sich heraus, dass er viel zu wenig über den Betrieb und seine Besitzer wusste. Er konnte nichts Sachdienliches mitteilen und durfte gleich nach seiner Befragung wieder gehen. Anders
bei der jungen Mitarbeiterin. Von ihr ließ sich der Kommissar den Ablauf des vorigen Abends bis in die kleinsten Einzelheiten schildern. „Ich habe immer um 17 Uhr Feierabend. Da muss ich den Laden noch aufräumen und alles wischen. Gestern Abend hab ich mit dem Chef zusammen unseren Bioabfall noch zu unserer eigenen Kompoststelle gebracht. Die liegt am hintersten Ende der Gärtnerei, da wo die hohe Thujahecke ist. Gleich danach hat mich der Chef heimgeschickt. Um die Gewächshäuser kümmert er sich selber wegen der Heizung, Belüftung und Beregnung am Abend. Da lässt er niemanden dran. Er schließt auch immer selber ab. Zur Sicherheit, wie er immer betont.
Und dann bin ich zu meinem Freund gefahren. Das hat er Ihnen bestimmt schon erzählt. Wir wohnen nämlich zusammen. Dann haben wir gemeinsam gekocht, gegessen und den Haushalt gemacht. Damit war der Abend gelaufen. Wenn Sie noch Fragen haben, Herr Kommissar …“ „Wie war Ihr Verhältnis zu Ihrem Chef und seiner Frau?“ „Wir sind gut miteinander ausgekommen, wenn Sie das meinen. Es gab weder Streit noch böse Worte. Wir mochten uns und haben uns respektiert so wie wir eben waren.“ „Ist Ihnen gelegentlich etwas an Ihrem Chef aufgefallen? Gab es Tage, an denen er anders war?“ „Nein, er war immer gleich freundlich und nett. Aber in letzter Zeit klagte er manchmal über Schwindelanfälle
und sah dann seltsam bläulich blass aus. Ob er beim Arzt war, weiß ich nicht.“
Kommissar Kramer bedankte sich für das ausführliche Gespräch und schickte die junge Frau ebenfalls nach Hause. Sie hatte ihm unbewusst einen wichtigen Hinweis gegeben, der sich mit einem Punkt im Obduktionsprotokoll deckte. Diesem Hinweis wollte er unbedingt nachgehen. Die Vernehmung der Witwe würde bis morgen warten müssen. Die Ergebnisse der Spurensicherung waren für heute wesentlich wichtiger. So schickte er die Witwe wieder weg und begab sich in das Gärtnereigelände zu den Beamten der Spurensicherung. Er wollte sich auf jeden Fall vor Ort selbst ein Bild machen
können.