Alles fing damit an, dass meine Frau und mein Sohn mir mit freudestrahlenden Gesichtern mitgeteilt haben, sie hätten für jeden eine Couchgarnitur gekauft.
Okay, das ist ja nicht so tragisch.
Als sie mir dann aber eröffneten, dass wir diese … Dinger am Samstag allein abholen und in die Wohnungen transportieren würden, klappte mein Unterkiefer runter und die Augen verdrehten sich na oben.
Wer soll das denn stemmen?
Ich bin doch nun bei Gott kein junger, athletisch durchtrainierter Möbelpacker.
Ich gehe mit meinen nunmehr greisenhaften Sechzig straff auf die Siebzig zu... und ich habe Knie, Rücken und Kopf. Vom Blutdruck wollen wir mal gar nicht erst anfangen.
Wie in dreiteufels Namen haben die beiden sich das nur vorgestellt?
Noch bevor ich protestieren konnte, kam unverhofft die nächste Überraschung.
„Wir haben auch Auslegeware 4x5m gekauft, einen Esstisch 1,40x0,90 aus massiven... was-weiß-ich, zwei Sitzbänke, einen Stuhl … ach und drei Lampen. Aber die haben wir schon in die Wohnung gebracht.“
Damit meinte mein Sohn, die Lampen. Hätte ja sein können, ich hebe mir einen Bruch an den Beleuchtungskörpern. Den Rest stemmen wir doch mit links. Auf meine doch mehr als verständliche Frage, wer das alles in die Wohnung meines Sohnes tragen solle und ob denn von einer von seinen Sportvereinsfreunden mit anfassen könnte,
bekam ich schlicht zur Antwort:
„Na das packen wir beide schon. So viel ist das doch nicht. Meine Kumpels können das nicht tragen. Der eine hat Bandscheibenvorfall, der andere Meniskus und die anderen … keine Ahnung.“
Ah ja, die heutige Jugend, krank vom vielen Sport.
Ich hatte also die ganze Woche Zeit, mich seelisch und moralisch auf die Möbelpackerei einzustellen. Hab ich schon erwähnt, mein Sohn wohnt in der sechsten Etage ohne Fahrstuhl? Ich krieche schon ohne Gewicht auf allen Vieren, wenn ich da oben angekommen bin und die Zunge schleift über den Fußboden.
Freitag Abend:
„ Ach Schatzi. Haben wir dir schon gesagt, dass wir das Bett von der Lütten ins Gästezimmer stellen? Da müssen wir das alte Schlafsofa zum Sperrmüll fahren, ach und das Wohnzimmermöbel auch. Du weiß doch, unserer neue Rundecke.“
Das kann auf keinen Fall alles gewesen sein, dachte ich so bei mir. Kann es es nicht, denn das Bett 1,40x2,00 der Lütten steht noch in deren Wohnung.
„Und dann hat sie noch zwei Balkonstühle und zwei Barhocker für ihren Bruder. … Da wir ja den großen kleinen Umzugswagen haben, ist das doch ein Klacks, das alles mit zu erledigen.“
Da war es. Ein Klacks. Ha, ich wusste, sie will
mich tot sehen.
Dann war es so weit. Die Panik trieb mich am Samstag schon um sechs Uhr aus dem Bett. Ich begann schon mal die beiden Sofas, die als Sperrmüll zur BSR (Berliner -stadt -reinigung) gebracht werden mussten, auseinander zu nehmen.
Mein Sohn kam und ich atmete ein letztes Mal tief durch, um all meine Kräfte zu sammeln.
Es ging also wirklich los. Eine dreisitzige Eckcouch mit Bettkasten, zerlegt in drei Teile, eine Doppelbett-Schlafcouch, zerlegt in zwei Teile warteten auf ihren Abtransport.
Zuerst ging's eine Etage zu Fuß bis zum Fahrstuhl, fünf Mal runter – viermal hoch.
Dann alles mit dem Fahrstuhl ins Erdgeschoss, fünf Mal runter - vier mal hoch. Alles aufs Auto laden und dann los.
Meine Frau hat sicherlich gedacht, sie käme ungeschoren davon. Aber nicht bei mir. Wir brauchen sie zwar nicht beim Transport, aber mit gefangen – mit gehangen. Und gerade, weil sie nicht gern Auto fährt, darf sie neben mir und meinem Sohn sitzen und alles aus lichter Höhe genießen.
Auf ging's zu BSR, von da zum ersten Einrichtungshaus, den Tisch und einen Stuhl abholen. Die Sitzbänke waren nicht am Lager, erst in einer Woche. Nicht mein Problem. Ja und man sollte man nicht denken, dass alles in einem Einrichtungshaus zu kaufen gewesen wäre.
Nein, je mehr, um so besser.
Von da zur Lütten, das Bett und diverse Stühle und Hocker aus der neunten Etage mittels Fahrstuhl hinab, ins Auto und zu uns nach Hause. Da musste das Bett raus, rein in den Fahrstuhl und eine Etage zu Fuß. Zum Glück hatten wir das Bett mit zwei Gurten so zusammengeschnürt, das uns diese als Transporthilfen dienen konnten. Wie bekommt man ein Zwei-Meter-Bett die Treppe hinauf, wenn diese nicht annähernd so lang war. Über das Geländer um die Kurve hieven war ausgeschlossen. Da geht es nämlich 8 Etagen abwärts den Treppenhausschacht hinunter.
Aber Kerls, wie wir sind, haben wir diese Aufgabe doch recht gut gemeistert.
Weiter ging's. Nächste Einrichtungshaus … nein ein Baumarkt war es, die Auslegeware holen, rein ins Auto.
Nächste Station, Einrichtungshaus … zwei Polstergarnituren, eine für uns, wobei der Sessel noch nicht am Lager war und eine für den Herrn Sohn. Einladen und dann zu ihm nach Hause.
Meiner Frau habe ich die diversen Stühle und sonstigen Kleinkram der sich noch so an gefunden hat, anvertraut. Während sie nach dem zweiten Aufwärtsschnaufen ausruhen durfte, standen uns noch weitere drei Gänge bevor. Die Auslegeware und der viehisch schwere Tisch waren ja nichts gegen das, was noch folgte. Die Sofaecke. Da musste dann Frau auch anfassen und ziehen und
zerren und hochkant und wieder ziehen und drehen ... Stress … Schweiß …. Luft ...
Sechs Etagen sind halt kein Pappenstiel. Ausgerechnet jetzt hatte meine Frau nichts anderes zu tun, als sich das Knie zu verdrehen. Ehrlich mal. Ist das eine Art und Weise uns zu helfen?
Mit roher Gewalt haben wir die riesigen Teile dann durch die Türen gequetscht... fertig.
Denkste.
Nach einer winzig kleinen Pause an einem Drive-in machten wir uns auf den Weg nach Hause mit noch immer einer Polster-Rund-Ecke auf der Ladefläche unseres Autos.
Das kann ja so schwer nicht sein. Wir haben
ja einen Fahrstuhl und so groß, wie das Bett am Vormittag sind die Sofateile auch nicht. Man kann so schnell einem Irrtum aufsitzen. Das größte Teil unserer Ecke war 1,40x2,00x1,00 so in etwa und ihr wollt nicht wissen, wie wir das Ding die Treppe mit den zwei Kurven in dem schmalen Treppenhaus mit dem fürchterlichen Treppenhausschacht hinauf bugsiert haben.
Beinahe wäre das Couchteil in die Tiefe gestürzt und meine Frau womöglich hinterher. Okay dann hätte keiner mehr so dumme Ideen, andererseits hätte dann wohl gar keiner mehr überhaupt eine Idee.
Nach mehrmaligen Festfahren, Steckbleiben, vor und zurück haben wir das Monster in die Wohnung geschleift.
Leute ich sage euch, normalerweise müsste um eine solche Polsterecke das Haus drumherum gebaut werden.
Wahnsinn.
Mit blauen Flecken übersät, zerkratzen Armen und Händen und lahm im Kreuz haben wir uns zum Schluss noch mühselig aufgerafft, alles zusammen zu bauen und das Nötigste aufzuräumen.
Meine Frau, die ja eh nicht so viel gemacht hat, war durchaus noch in der Lage eine Abendessen zu zaubern, welches wir bereits im Halbschlaf zu uns genommen haben. Als meinem Sohn dann vor Müdigkeit die Gabel aus der Hand fiel, murmelte er nur noch:
„Nee. In Zukunft wird alles angeliefert. So was mach ich nicht noch Mal mit.“
Diese Töne aus dem Mund meines Sohnes.
Diese Worte in Gottes Gehörgang.
„War das nicht alles dein Einfall?“
Da grinste er mich von der Seite an und meinte:
“Oh ja . Ein ganz normaler Einfall. Hab ich gedacht. Aber das war mal ein Fall. Einer für sich ... und totaler Wahnsinn.“
PS: Nach gerade mal 3 Wochen waren die Strapazen vergessen und mein Sohn hat sich eine Schrankwand, einen Couchtisch und einen Kleider-Wäsche-Schrank gekauft.
..... zum SELBSTABHOLEN ......