Nachdem sie grade der Sklaverei entkommen ist und dabei unfreiwillig den jüngsten Spross einer mächtigen Adelsfamilie entführt hat, findet sich Eden nach einigen Wirren in der Crew des grausamen und berüchtigten Piratenkapitäns Vance Livsey wieder. Dieser besitzt den Schlüssel zu einem unvorstellbaren Schatz. Eine unberührte Stadt des legendären alten Volkes, die sich auf einer Insel weit draußen im unerforschten Weltmeer befinden soll. Mit dem Erlös der gefundenen Artefakte, könnte Eden sich selbst freikaufen.
Doch sie sind nicht die einzigen, die von der Insel wissen. Der mächtig Sanguis-Orden, die Gemeinschaft der Zauberer Cantons, ist ihnen dicht auf den Fersen.
Coverbild : Wolfgang Pfensig / pixelio.de
Lucien warf nur einen flüchtigen Blick zurück zur Windrufer, während er seine Schritte rasch durch die Straßen Lasantas lenkte. Das Schloss hatte ihm keine fünf Minuten gekostet, aber vom Schiff zu kommen, war eine größere Herausforderung geworden. Auch wenn ein Teil der Crew offenbar auf Landgang war, es waren genug Piraten, um ihn eine Weile aufzuhalten. Der kaiserliche Agent glaubte nicht, dass seine Flucht schon jemanden aufgefallen war. Und das würde sie wohl auch erst, wenn man ihn wieder aus seiner Zelle lassen wollte. Er
beschleunigte seine Schritte etwas, um den Hafen endgültig hinter sich zu lassen. Sowohl der Orden, als auch die Garde besaßen Posten in der Stadt. Es war eine Weile her, das er hier gewesen war und er wusste nicht mehr sicher, wo er hin musste. Zwar hatte der Spion nicht vor, Vance auffliegen zu lassen…. Aber irgendetwas musste es geben, das ihm verriet, wonach genau der Kapitän suchte. Er hatte während seines Aufenthalts auf der Windrufer, mehr als nur ein paar Gerüchte aufgeschnappt. Eine Insel irgendwo vor der Nebelküste… aus irgendeinem Grund hatte er das Gefühl, das ihm das etwas
sagen müsste. Alte verstaubte Aufzeichnungen über eine gescheiterte Expedition des Kaiserreichs…. Er wusste nicht mehr, wo genau er die Papiere gesehen hatte, vermutlich im kaiserlichen Archiv in Vara. Aber es war interessant genug, dass er der Sache nachgehen wollte. Wenn jemand etwas darüber wusste, dann wohl der Orden…. oder die Garde. Er blieb einen Moment stehen. An wen sollte er sich am besten wenden? Letztlich war es egal, dachte Lucien. Er könnte genauso gut eine Münze werfen. Die Idee gefiel ihm, aber… ging er zur Garde, würde das ziemlich viele Fragen zur Folge haben. Vor allem, wie ein kaiserlicher Agent
mehrere Dutzend Tagesreisen entfernt von seinem eigentlichen Ziel zu suchen hatte. Es blieb dabei, er schuldete Eden etwas. Genug um sie und die Crew der Windrufer erst einmal aus allem raus zu halten. Trotzdem wollte er wissen, womit er es hier zu tun hatte. Blieb nur der Orden…. Die Magier waren vielleicht alles andere als Vertrauenswürdig, wenn es um Geheimnisse ging, aber sie wussten, wann man besser keine Fragen stellte. Vor Lucien überquerte eine kleine Truppe in schwarzer Uniformen gekleideter Soldaten, die Straße. Die Musketen locker über die Schulter gehängt und leise plaudernd, waren die
Männer wohl schon außer Dienst. Ein mit einem Säbel bewaffneter Hauptmann in grüner Uniform folgte und brüllte die Männer an, Ordnung zu halten. Lucien hatte sich geirrt, die Gardisten waren allem Anschein nach lediglich undiszipliniert. Die schwarze Uniform war eigentlich nur den Ungehorsamen… oder denen mit einem starken Todeswunsch vorbehalten. Die Garde stellte diejenigen, die sie loswerden wollte gerne in die vorderste Front. Vielleicht waren es bloß neue Rekruten, hoffte Lucien. Im gleichen Moment kam Bewegung in die Truppe. Der Agent hielt es für besser, erst einmal zu abzuwarten. Zum Orden
konnte er immer noch später gehen. So schnell würde Vance den Hafen wohl nicht wieder verlassen, wenn er es für nötig hielt ihn für die Dauer ihres Aufenthalts hier einzusperren. Ein einzelner Gardist löste sich aus den Reihen der schwarz gekleideten Truppe. Es war ein Gejarn wie der Agent erkannte. Ein Wolf mit pechschwarzem Fell, was dem Mann ein wenig das Aussehen eines lebendigen Schattens gab. „Zurück in die Reihen Cyrus, verdammt, was bin ich froh wenn ihr alle erst in Kalenchor seid.“, knurrte der Hauptmann den Wolf an. Dieser ließ sich dadurch scheinbar wenig einschüchtern,
sondern grinste nur. Ein seltsames Lächeln, das zu viele Zähne sehen ließ…. Lucien hielt den Zeitpunkt für günstig, dazwischen zu gehen. „Verzeiht, Ihr wisst nicht zufällig, wo ich die Vertretung des Sangius-Ordens in dieser Stadt finde?“ Der Offizier sah blinzelnd auf. Die Spannung die einen Moment zuvor noch in der Luft gestanden hatte, verflog. ,,Was….“ Es war der Gejarn, der schließlich antwortete. „Die Straße runter… ist unschwer zu verfehlen, die Zauberer heben sich wirklich gerne hervor.“
Lucien lachte. „Ja, das merkt man ziemlich schnell. Danke.“ „Nichts zu danken. Ich weiß auch nicht, ob ich mich lieber mit dem Orden herumschlagen würd, als mit den Kultisten in der Wüste Verstecken zu spielen…“ „Hey, wenigstens kann es nicht mehr viel schlimmer kommen, was?“, meinte Lucien zum Abschied. Er beeilte sich jetzt, endlich sein Ziel zu erreichen. Vorbei an einigen Wohnhäusern, die teilwiese aus weißem, kühlen Marmor erreichtet waren. Das musste sicher ein kleines Vermögen kosten, überlegte der Spion bei sich. Aber Lasanta war durch
den Handel eine reiche Stadt geworden. Die Niederlassung des Ordens schließlich lag in einer kleinen Villa. Ein Garten mit Palmen und exotischen Blumen, nahm fast die gesamte Frontseite ein. Das Haus hatte zwei Stockwerke und von einem Balkon im Obergeschoss hing, deutlich erkennbar, das golden und türkisfarbene Wappen des Ordens herab. Lucien trat an den Zaun, der das Grundstück umlief und setzte geschickt darüber. Ein mit Sand bestreuter Weg, führte durch die Gärten zum Eingang des Gebäudes. Schon als er sich näherte, erschien eine in die typischen Roben gekleidete Gestalt auf den Stufen des Hauses.
„Ja, was kann ich für Euch tun?“ Von der Stimme her war es wohl eine Frau, dachte der Agent, auch wenn die Roben es schwer machten, das Geschlecht abzuschätzen. „Lucien Valaris, Agent des Kaisers. Ich… habe einige Fragen, die Ihr mir vielleicht beantworten könnt.“ Im Inneren des Hauses bewegte sich etwas, aber er achtete kaum darauf. „Fragen?“ „Es geht vor allem, um ein Schiff namens Windrufer.“ Eine zweite Gestalt trat auf die Terrasse vor dem Ordenshaus hinaus. „Windrufer….“
Der Mann, der sich zu der verhüllten Zauberin gesellt hatte war alt. Älter als die meisten Magier, wie Lucien wusste. Denn auch wenn er ihm erst ein paar Mal begegnet war und meist nur aus der Ferne, so hatte Tyrus Lightsson etwas an sich, das man nicht so schnell vergas. Die grauen Haare fielen ihm bis auf die Schultern, aber das war auch schon das einzige an ihm, das an einen typischen Zauberer erinnerte. Das Gesicht hingegen war glatt rasiert und kantig und seine Augen glitzerten kalt und berechnend. Tyrus war genau so sehr Gelehrter wie erbarmungsloser Krieger. Nur die verkrüppelnde Verletzung seines linken Armes hatte seiner Karriere ein
Ende gesetzt. Der oberste Zauberer des Sangius Ordens hielt die verletzte Hand hinter dem Rücken verschränkt. Tiefe Narben zogen sich durch die Haut, geschlagen von Reißzähnen und Krallen, die ihm fast das Leben gekostet hatten. Wie alle Magier trug er eine schlichte, türkisfarbene Robe, auf der das Symbol des Blutstropfens prangte. Aber Tyrus war auch niemand, der Prunk brauchte um seine Wirkung auf andere zu haben. Die Drohung der Macht, über die der Alte verfügte, war mehr als genug um selbst hohe Fürsten schnell Respekt zu lehren. „Lord Tyrus….“ Lucien verbeugte
sich, ohne dass er etwas dagegen tun konnte. „Ich dachte Ihr wärt in der fliegenden Stadt beim Kaiser. Ich habe gehört, Ihr sollt seinen Sohn ausbilden? Der Mann nickte. „Und der Junge lernt schnell… beinahe schneller als er sollte.“, meinte er freundlich. „Momentan hält er sich aber in Vara auf und ich werde für eine Weile nicht gebraucht. Also statte ich den Außenposten des Ordens, in der Zwischenzeit einen Besuch ab. Und was führt einen kaiserlichen Agenten hierher? Der Sangius-Orden hält aus Prinzip keine Sklaven, wie Ihr wissen solltet.“ Manche würde das wohl anders sehen,
dachte Lucien. „Was mich herführt, ist wie gesagt, ein Schiff namens Windrufer. Ein Schiff, dessen Besatzung offenbar nach etwas sucht, das in der Nähe des unerforschten Kontinents im Westen liegen soll. Ich tippe mal einfach auf eine Art Insel.“ Tyrus runzelte die Stirn. „Kommt rein.“, meinte er nach einer Weile und bedeutete Lucien ihm ins Innere des Gebäudes zu folgen. Der Eingangsbereich, bestand aus einem mit schwarzem und weißem Marmor vertäfelten Flur. Seltsam unpassend wirkende Landschaftsbilder, hingen an den Wänden.
Der Zauberer führte den Agenten weiter durch eine große, offene Halle, in der magische Kristalle in schweren Glaskästen standen. Die roten Edelsteine glitzerten und reflektierten das Licht mehrerer Öllampen, die den Saal erhellten. Ein paar Männer und Frauen in den Umhängen des Ordens arbeiteten an den Steinen und stellten neue her. Lucien war der Anblick nicht zu unvertraut. Tyrus ging weiter, ohne sich groß umzusehen und betrat schließlich einen Raum, dessen Wände mit Bücherregalen vollgestellt waren. Ein einziger schwerer Schreibtisch stand unter einem Fenster, das auf die Gärten hinausging. Der
oberste Zauberer nahm auf einem Lehnstuhl Platz und bedeutete Lucien, sich ebenfalls zu setzen. „Es gab ein Schiff des Kaiserreichs, dass den Namen Windrufer trug. Ich habe es sogar selber losgeschickt. , erklärte er schließlich. „Ich weiß nicht, woher Ihr davon wisst… aber es verschwand vor mehreren Jahren, während einer Expedition nach Westen. Die Mission galt eigentlich als gescheitert und der Kaiser wollte nicht noch mehr Leute dabei verlieren.“ „Was war seine Mission denn?“ „An Bord des Schiffs befand sich die Abschrift eines Texts des alten Volkes. Eine Passage, die scheinbar beschreibt,
wie einige von ihnen vor dem Untergang ihres Reichs nach Westen flohen um einen Neuanfang zu wagen und ihre wertvollsten Besitztümer in Sicherheit zu bringen. Aber wie gesagt, wir haben die Suche danach aufgegeben. Auch wenn uns die erhofften Artefakte in der momentanen Situation im Süden ganz gelegen kämen.“ „Ihr vielleicht, aber offenbar, ist jemand davon überzeugt, dass es diesen Ort gibt…. Und das er ihn erreichen kann. Nur so habe ich ja überhaupt davon erfahren.“ „Jemand ?“ „Ihr verzeiht, aber… es gibt Gründe, aus denen ich Euch nicht mehr verraten
kann. Ich will nur herausfinden, ob an der Sache auch etwas dran ist.“ Tyrus Augen verengten sich misstrauisch, trotzdem fuhr er fort: „Wenn wirklich jemand davon weiß, dann muss er eine Abschrift der entsprechenden Tafel besitzen. Und wenn es diese Abschrift gibt… dann brauchen wir dieses Dokument zurück. Damit können wir den Kaiser vielleicht überzeugen, noch eine zweite Expedition loszuschicken.“ Eden betrachtete sich einen Moment im Spiegel. Zwar war es nicht das erste Mal, dass sie sich selber derart klar sah, aber Geister… es war eine Weile her.
Was ihr da aus dem Glas entgegensah schien kaum noch sie zu sein, wie sie sich in Erinnerung gehabt hatte. Vor allen weil die Gestalt im Spiegel ein schwaches Lächeln aufgesetzt hatte. Das waren nicht die ausgehärmten Züge einer entflohenen Sklavin. Schon lange nicht mehr. Ein frisch gekaufter roter Gehrock, fiel ihr über die Schultern. Darunter schimmerten, ein weißes Hemd und ein paar dunkle Hosen. Auf Stiefel hatte sie verzichtet. Sie war barfuß sicherer und anders als Menschen hatte sie kein Problem damit, auf Steine oder Scherben zu treten. Es war… seltsam einmal etwas zu tragen, das nicht aus Fetzen bestand oder geschenkt war.
„Den nehme ich.“, erklärte sie dem Schneider nur und legte ein paar Münzen auf den Tresen des Ladens. „Wie Ihr wünscht und Ihr seid sicher, dass ich nicht noch etwas für Euch…“ „Nein, nein, danke. Das wird reichen.“ Und sie wollte Vance Großzügigkeit auch nicht überstrapazieren. Anfangs war ihr der Besitzer des Ladens misstrauisch begegnet. Das hielt jedoch nur, bis sie die ersten Goldmünzen für ein paar stabile Handschuhe ausgegeben hatte. Das würde in Zukunft hoffentlich verhindern, dass sie sich die Handflächen mit dem Schwertgriff abschürfte.
Danach wurde der Ladenbesitzer plötzlich geradezu überschwänglich mit seiner Hilfsbereitschaft. Auch wenn es sie einige Nerven gekostet hatte, den Mann davon zu überzeugen, dass sie kein Kleid brauchte, sondern tatsächlich ein paar Hosen und einen Mantel. Als sie wieder hinaus auf die Straßen trat, sah sie sich rasch nach Zachary um, konnte den jungen Zauberer aber einen Moment nirgendwo entdecken. Die Sonne stand nur noch knapp über den Dächern Lasantas. Viel Tageslicht blieb ihnen nicht mehr. „Du siehst… anders aus.“, meinte eine Stimme hinter ihr. Die Gejarn drehte sich um und entdeckte den
Zauberer schließlich. Zachary lehnte in der Nähe an einer Hauswand und kaute auf einem Stück Süßgebäck.
„Besser, hoffe ich.“, erwiderte sie. „Es wird wohl eine Weile dauern bis ich mich da dran gewöhne. Komm, suchen wir Vance….“
EagleWriter Gemein ist vielleicht das falsche Wort^^ lg E:W |
abschuetze Ich denke ja, es war keine gute Idee von Lucien zum Orden zu gehen und von der Windrufer zu erzählen. Die haben bestimmt Möglichkeiten, mehr aus ihm herauszuholen ... LG von Antje :)) |
EagleWriter Wäre doch sonst langweilig ^^ lg E:W |