Boden der Tatsachen - oder: Himmel
Zwei Frauen traten aus einem Bürogebäude hinaus in die warme Sommerluft. „Was für ein herrliches Wetter“ sagte die eine der beiden und drehte sich in ihrem geblümten Sommerkleid einmal um sich selbst. „Keine einzige Wolke“ sagte sie, hielt sich die Hand über die Augen um sie vor der gleißenden Sonne zu schützen und blickte hinauf in den strahlend blauen Himmel. „Schau doch nur!“ Die zweite der beiden Frauen sah nicht hinauf. Sie betrachtete ihre lange schwarze Hose und ärgerte sich darüber, sich so warm angezogen zu haben. „Komm, lass uns in
den Park gehen“ sagte die Frau im Sommerkleid zur anderen Frau und zog sie hinter sich her. Beide ließen sie sich auf dem Gras nieder und wieder neigte die Frau im Sommerkleid ihr Gesicht dem strahlend blauen Himmel zu. Sie deutete hinauf: „Sieh! Die Wolke sieht aus wie ein Herz.“ „Mmh…“ murmelte die andere Frau und blickte auf ihre Füße über die gerade ein Käfer krabbelte. Während die Frau im Sommerkleid auf dem Rücken liegend die Sonne genoss schien die andere Frau sich immer unwohler zu fühlen. Mit gesenktem Blick saß sie im Gras und sah so nicht, dass nun doch Regenwolken aufgezogen waren. Als die ersten Tropfen fielen, die
Sonne sich jedoch noch ihren Weg suchte und ein Regenbogen entstand konnte die Frau im Sommerkleid ihren Blick nicht mehr von Himmel mit seinen leuchtenden Farben abwenden. Doch auch bei diesem Farbenspiel hielt die andere Frau ihren Blick gesenkt. Als es wie aus Eimern goss lief sie nach Hause. An diesem Abend betrachtete sie lange das Foto auf ihrem Schrank. „Weißt du?“ flüsterte sie. „Ich versuche nicht immer nach oben in den Himmel zu sehen. Lieber schaue ich auf den Boden der Tatsachen.“ Sie ging schlafen und blickte noch eine kleine Ewigkeit auf das schon so lange leere und verlassene Bett neben ihr.