Nachdem sie grade der Sklaverei entkommen ist und dabei unfreiwillig den jüngsten Spross einer mächtigen Adelsfamilie entführt hat, findet sich Eden nach einigen Wirren in der Crew des grausamen und berüchtigten Piratenkapitäns Vance Livsey wieder. Dieser besitzt den Schlüssel zu einem unvorstellbaren Schatz. Eine unberührte Stadt des legendären alten Volkes, die sich auf einer Insel weit draußen im unerforschten Weltmeer befinden soll. Mit dem Erlös der gefundenen Artefakte, könnte Eden sich selbst freikaufen.
Doch sie sind nicht die einzigen, die von der Insel wissen. Der mächtig Sanguis-Orden, die Gemeinschaft der Zauberer Cantons, ist ihnen dicht auf den Fersen.
Coverbild : Wolfgang Pfensig / pixelio.de
Es dauerte eine Weile, bis der Kapitän der Windrufer wieder etwas sagte. Eden wusste nach wie vor nicht, was sie von dem Mann halten sollte. Gefährlich war er allemal, das hatte er mehr als unter Beweis gestellt. Aber auf eine Art auch überraschend vernünftig. „Also gut. Ich biete Euch den dreißigsten Teil von allem was wir finden“, sagte Vance schließlich. „Den zehnten“, erwiderte Eden sofort. Der Kapitän lachte.
„Seid Ihr völlig verrückt? So viel bekommt nicht mal mein erster Maat. Und der ist mir nicht bloß zufällig vor die Nase gelaufen. Fünfundzwanzig.“ „Fünfzehn, oder vergesst es.“ Vance seufzte. „Einigen wir uns auf 20… Und ihr werdet alles lernen, um euch nützlich machen zu können.“ Er begann die auf dem Tisch verteilten Papiere wieder zusammenzurollen und stürzte den Rest Schnaps herunter. „Ihr könnt schwimmen?“ „Ja, wieso ?“ Etwas glitzerte in den Augen ihres Gegenübers. Boshafter Schalk, den sie nur zu gut zu kennen glaubte. Es waren
die Augen eines Andre de Immerson. „Weil Ihr garantiert nass werdet.“ Vance streckte ihr eine Hand hin. An den Fingern des Kapitäns glitzerten mehrere Ringe, in die kleinere Juwelen eingelassen waren. Ohne noch zu lange nachzudenken, schlug sie schließlich ein. Dann sollte es so sein. Der zwanzigste Teil… selbst wenn sie nur eine Handvoll magischer Kristalle fänden, würde das ausreichen, um sie und Zachary eine ganze Weile über Wasser zu halten. Als sie danach auf das Deck der Windrufer hinaustrat, wartete dort bereits Zachary. Der junge Magier stand an der Reling und sah über das Schiff hinweg. Graue Wolken waren am Himmel
aufgezogen und feiner Nieselregen überzog alles an Deck mit einer feinen Wasserschicht. „Wir sind nicht mehr auf der Tiamat, oder? Was ist passiert?“, wollte er wissen. Eden setzte sich zu ihm. Seine Haare hatten wieder ihren gewohnten dunklen braunton angenommen, aber nicht ganz. Einige graue Strähnen waren geblieben, so als hätte etwas den Jungen vorzeitig altern lassen. Und dem war auch so, dachte sie besorgt. „Einiges“, antwortete sie, während sie zu erzählen begann, was er verpasst hatte. Die Gejarn konnte sich nicht sicher sein, an wie viel er sich nicht erinnerte. Also fasste sie alles zusammen
vom Auftauchen der Windrufer bis zu ihrem Gespräch mit Vance. Nur ein paar Details ließ sie aus. Der Junge brauchte sich nicht an Alvarez Tod erinnern. Oder an den der anderen…. Das würde eine lange Reise werden, das war ihr klar. Ihr Erfolg war alles andere als garantiert. Und ob sie Zachary die zumuten konnte, war eine ganz andere Frage. Aber wenn sie sich auf ihren Instinkt verließ… dann war es die richtige Entscheidung. Nicht, dass sie eine Wahl hätte, dachte die Gejarn. Die nächsten Tage brachte sie vor allen damit zu, wie versprochen, Vance Bücher durchzugehen. Der Mann hatte
sich eine kleine Sammlung über das alte Volk zugelegt, wie es schien. Das meiste waren trockene Texte, denen man anmerkte, dass sie zur reinen Dokumentation verfasst worden waren. Sie musste sich zwingen, trotzdem weiterzumachen. Aufzeichnungen über den Mondkalender den das alte Volk verwendete, Schriften mit Aufzeichnungen über Sprache oder Gesellschaft… aber es waren bestenfalls Bruchstücke. Wirklich viel war nicht bekannt und die verschiedenen Gelehrten wiedersprachen sich teilweise ins extreme in ihren Mutmaßungen. Einige argumentierten, das alte Volk sei vielleicht sogar ausschließlich
Nachtaktiv gewesen, wegen ihrer Verehrung der Sterne, andere wiederum meinten sogar, sie hätten mit ihrer Magie den Himmel, in weiten Teilen der Welt verdunkelt. Das meiste vergaß sie wieder in dem Moment, wo sie es las. Es war schlicht unwichtig. Lediglich in einem waren sich alle einig. Die Magie, die die Alten beherrschten würde selbst den mächtigsten Großmagiern des Ordens das fürchten lehren. Was das für ihre Reise bedeutete, konnte Eden unschwer erraten. Wenn es eine Stadt gab, war diese sicher nicht ohne Schutz erbaut worden. Schon gar nicht, wenn es ihre letzte Zuflucht werden sollte. Und egal,
wie lange das her sein mochte… magische Fallen waren von der Zeit kaum betroffen. Nur wenn ihre Quelle versagte würden auch die Hindernisse entschärft. Die Crew bemühte sich, einen weiten Bogen um sie zu machen, etwas das Eden sehr gelegen kam. Sie bezweifelte, dass die schwarz gekleideten Piraten sie so schnell akzeptierten. Vance Befehle hin oder her. Lange jedoch, konnte sie sich nicht von ihnen fern halten. Spätestens, als Vance begann seine Drohung oder sein Versprechen wahr zu machen. Sie lernte… und wurde tatsächlich mehr als einmal nass dabei. Navigation, Segeln, Steuern, aber auch so simple Dinge, wie
mit einer Pistole zu zielen und Pulverwaffen nachzuladen. Und offenbar gab es sogar eine Handvoll Leute an Bord, die Zimmermannshandwerk beherrschten, um das Schiff im Notfall notdürftig zu reparieren. Es gab so viele Dinge, von denen sie nicht wusste und sie würde zumindest einen Teil davon beherrschen müssen, bevor diese Reise zu Ende ging. Wenn sie sich ihren Anteil verdienen wollte. Und darauf war sie aus. Es war harte Arbeit aber auf eine Art auch… gute Arbeit. Wie auch schon auf der Tiamat, war es ein leichtes Hochgefühl, das von ihr Besitz ergriffen hatte. Das Gefühl auf dem offenen Meer zu sein, schätzte sie, auch wenn es ihr
Unmöglich war, das zu beurteilen. Die Windrufer war das zweite Schiff, auf das sie je einen Fuß gesetzt hatte. Der leichte Salzgeschmack, den man ständig auf der Zunge hatte, gehörte wohl ebenso dazu, wie der Umstand, dass die Welt niemals zur Ruhe kam. Der Boden schwankte ständig und jetzt, wo das Wetter sich verschlechterte, bekam sie zum ersten Mal einen Eindruck davon, was es hieß, einem Sturm auf dem offenen Meer ausgesetzt zu sein. Die Windrufer war ein Schlachtschiff und gut dreimal so groß wie die Tiamat. Aber den Wellen der See hatte sie trotzdem scheinbar wenig entgegenzusetzen.
Aus den grauen Wolken, die vor einer Woche noch für leichten Nieselregen gesorgt hatten, war ein ausgewachsener Sturm geworden. Obwohl Vance sie nur den Rand kreuzen ließ, war es doch genug. Zachary und jeder, der nicht an Deck gebraucht wurde, hatte sich unter Deck geflüchtet. Auch dort musste Ladung gesichert, die Luken verschlossen und generell alles darauf überprüft werden, ob es noch Wasserdicht war. Die Wellen spülten über die Planken und rissen jeden, der unvorsichtig genug war, ohne Probleme von den Füßen. Eden behalf sich, wie viele andere an Deck mit einem simplen Seil um die
Hüfte. Besser, als ins Meer gespült zu werden, war es allemal. Auch wenn das vom Wasser her keinen großen Unterschied mehr machte. Der Regen fiel in dichten Fäden vom Himmel und verhinderte dass sie weiter als ein paar Schritte sehen konnte. Vance hatte damit offenbar kaum ein Problem. „Holt mir die Segel ein oder der Sturm macht Fetzen daraus“, rief er über das Tosen des Winds hinweg. Der Kapitän war bis auf die Haut durchnässt, wie sie alle. Das Wasser stand ihm vermutlich schon in den Stiefeln und lief in einem stetigen Rinnsal aus seinem Hut.
Eden beeilt sich, wie der Rest der Mannschaft, dem Befehl nachzukommen. Ein paar Leute liefen zu jeden der fünf Masten der Windrufer. Die Gejarn beeilte sich, durch den Regen zum Großsegel zu gelangen. Bevor sie jedoch weit kam, geriet das ganze Schiff erneut in Schieflagelage. Eden hatte aufgehört, sich groß mit den Wellen zu beschäftigen, die die Windrufer trafen. Doch diesmal war irgendetwas anders… Die Planken unter ihr gerieten so weit in die Schräge, so dass ihre nackten Füße auf dem Boden ins Rutschen gerieten. Das Wasser, das plötzlich über Deck spülte, traf sie bereits ungünstig und sie verlor endgültig den Boden unter den
Füßen. Einen Moment wirbelte nur alles durcheinander, sie geriet mit dem Kopf unter die Wasseroberfläche, schluckte Salzwasser… und dann kam ihr Sturz mit einem schmerzhaften Ruck endlich zu einem Halt. Das Seil hatte gehalten, dachte Eden benommen, während das Schiff sich nun zur anderen Seite neigte und zurück ins Wasser schlug. Geister, dass die Holzkonstruktion das aushielt. Sie hustete Wasser. „Hey, Ihr wolltet doch nicht etwa Schwimmen gehen, oder?“, meinte eine spöttische Stimme neben ihr. Eine Hand packte sie unterm Arm und zog sie wieder auf die Füße. Einer der Matrosen, wie sie durch die Regenschleier
erkannte. Wie hieß der Mann? Armin? Sie hatte noch keine Zeit gehabt, sich alle Namen einzuprägen. „Ich hab mir das Wetter sicher nicht ausgesucht“, erklärte sie nur und wollte sich losreisen. „Das ist noch kein Sturm“, erwiderte er nur lachend. „Aber viel kann man von Euch wohl auch nicht erwarten, ich weiß ja nicht, was in Vance gefahren ist, das er ein Kind und einen Bettvorleger an Bord nimmt.“ „Sonst noch was?“, fragte sie lediglich. Sie würde sich ganz sicher zu nichts provozieren lassen, sagte Eden sich.
Der Griff an ihrem Arm verstärkte sich. „Ihr habt ein paar meiner Freunde getötet.“ „Es ist nicht so, dass ich eine Wahl hatte. Oder habe ich Euch darum gebeten, ausgerechnet mein Schiff zu überfallen? Vielleicht solltet Ihr den Wunsch Eures Kapitäns einfach respektieren. Ich bin hier. Ende der Geschichte.“ „Ach wirklich? Wir werden sehen….“ Er warf einen Blick in die Richtung wo Vance Schatten im Regen stand. „Wir werden sehen. Sobald wir aus diesem Sturm heraus sind.“ Mit diesen Worten ließ er sie endlich
los und verschwand. Eden ließ sich einen Moment gegen die Reling zurücksinken. Das war einfach großartig. Natürlich hatte sie die Crew gegen sich, nachdem sie ein Dutzend von ihnen auf der Tiamat getötet hatte. Und vor allem wohl diesen Kerl. Eden entschied im Stillen, das es wohl besser wäre, Armin in nächster Zeit auszuweichen. Sie musste sich mit niemanden an Bord dieses Schiffs verstehen, sie musste sie nur überleben. Gegen Abend schließlich, hatten sie den Sturm hinter sich. Die grauen Wolken lichteten sich und die Sonne brach wieder durch die Lücken. Das Wasser reflektierte den Schein und im
Norden zeichnete sich, kaum erkennbar, die Küste Cantons ab. Nebelschleier trieben über das Meer und tauchten alles in einen bläulichen Schimmer. Eden sah über die Wellen hinweg. Zachary stand einige Schritte von ihr entfernt an der Reling und spähte nach unten, auf das von der Windrufer aufgewirbelte Meer. Wasser tropfte aus den Segeln und von den hölzernen Masten auf die Planken herab. „Wie lange werden wir hier draußen sein?“ „Ich weiß es nicht“, antwortete sie. „Ein paar Monate bestimmt, selbst im besten Fall. Und das vorausgesetzt, wir finden überhaupt irgendetwas.“
„Und Vance ist in Ordnung?“ „Ich glaube dieser Mann ist schon lange nicht mehr… in Ordnung. Aber ich vertraue darauf, dass er sich an sein Wort hält. Ich glaube, dazu hast Du ihm genug Angst gemacht. Ist eigentlich… wieder alles in Ordnung?“ Zachary kratzte sich am Kopf. „Ich weiß es nicht. Das war alles… seltsam.“ „Tu so etwas nur… bitte einfach nicht wieder.“ Sie dachte ungern daran zurück. Was immer Zachary getan hatte, es hatte ihr Angst gemacht. Nicht um sie selbst aber… Geister, was würde geschehen, wenn er nächstes Mal nicht einfach das Bewusstsein verlor? Er würde sterben,
meinte eine Stimme in ihrem Hinterkopf. So einfach war das. Eden schüttelte den Kopf, ohne es zu merken. Nein, das würde nicht passieren. Und sie würde es schlicht nicht zulassen. Es musste einen Weg geben, das zu verhindern. Natürlich gab es den. Es gab den Orden. Wieder ein klares Nein. Der Sangius-Orden war ein Todesurteil, keine Lösung…. Eden seufzte. Nichts war jemals einfach. Aber wenn es einen Weg gab, würde sie ihn finden. Um ihrer beider Willen. Sich vorzustellen, dass der Kleine so einfach wieder aus ihrem Leben verschwand…. Nein, darüber würde sie erst gar nicht nachdenken. Das war keine Option.
Ein lauter Ruf riss sie schließlich aus ihren Gedanken. Ein Ruf, der jeden an Deck veranlasste, suchend den Blick zu heben. „Schiff in Sicht!“ Eden erschauerte kurz. Ihre Hände klammerten sich um das Holzgeländer der Reling. Das war nicht gut. Nicht wenn es hieß, das Vance ein weiteres Schiff überfallen wollte. Geister, hoffentlich war es kein lohnendes Ziel. Sie wüsste nicht, ob sie das könnte. Sie hatte getötet ja… Aber immer nur mit gutem Grund, sagte sie sich. Sie würde kein Mörder
werden.
abschuetze Kleiner Hinweis....Seite 18: Sie würde sich ganz ...(?) ... ansonsten, wieder echt spannend... LG von Antje :)) |
EagleWriter SICHER sollte da hin^^ lg E:W |
abschuetze Na dachte ich's doch. Biste mal wieder zu schnell gewesen^^ |
EagleWriter Nicht direkt die Augen ;-) lg E:W |