Ich saß mit Kerian zusammen am Küchentisch und stocherte in meinem Kartoffelbrei rum. Ich konnte nichts essen. Nachdem mir Leonie eröffnet hatte das ich wahrscheinlich sterben würde, hatte ich kein Wort mehr gesagt. Kerian auch nicht. Schweigend hatte er mich nach Hause gefahren und mir was zu Essen gekocht. Er sah mich nicht an, sondern starrte nur die Decke an und hatte die Lippen zusammengepresst. Ich schob den Teller beiseite und beugte mich über den Tisch nach vorne. Ich fühlte mich unbehaglich und das Ticken der Uhr machte mich nervös, weil es das
einzige Geräusch hier war. „Glaubst du, das du der Dämon bist, der mich töten wird?“ fragte ich ihn. Eigentlich konnte ich es mir nicht vorstellen. Er war von Anfang an nett zu mir gewesen und hatte mir geholfen. Er konnte unmöglich derjenige sein, der mich umbrachte. Kerian antwortete zwar nicht, aber sein Gesichtsausdruck sprach bände. „Ich glaub das nicht Kerian. Du warst die ganze Zeit nett zu mir. Hast mir geholfen und ich glaube nicht das du zu so etwas fähig wärst.“ Ruckartig drehte er sich zu mir um und sah mich finster an. Zum ersten mal hatte ich Angst vor ihm. Das Glühen seiner Augen wirkte
nicht mehr anziehen, sondern bedrohlich und seine leicht zurückgezogene Oberlippe präsentierte seine Eckzähne. Ich schreckte zurück. „Was weißt du schon? Du kennst mich nicht Melodie, nicht mal annähert. Ich hab schon schlimmeres getan als ein junges Mädchen umzubringen, viel schlimmeres.“ knurrte er, so rau das ich ihn kaum verstand. Dann drehte er den Kopf wieder weg und schloss die Augen. Ich sah wie er seine Hände immer wieder zur Faust machte und wieder lockerte. Ich nagte verunsichert an meiner Unterlippe. Ich wollte nichts falsches sagen, aus Angst er würde mir den Kopf abreißen, aber andererseits, so
sehr er mich auch anknurrte oder anfauchte, ich glaubte immer noch nicht das er mir was antun würde. Langsam hob ich mich aus meinen Stuhl, ging um die Kücheninsel herum und stellte mich so dicht vor ihn, das unsere Gesichter nur wenige Zentimeter von einander getrennt waren. Er öffnete die Augen und erwiderte meinen Blick. Sein Atem streifte meine Wange. „Jetzt hör mir mal gut zu Kerian. Ich. Vertraue. Dir. Ich glaube nicht das du das tun würdest und wenn du dich damit weiter so verrückt machst lauf ich eigenhändig zu Jack, ich meine James, und sorge dafür das du es nicht bist.“ Eine glatte Lüge. Aber meine
Stimme klang fest und zeigte nichts von der Unsicherheit die ich verspürte. Anscheinend war ich jetzt auch so eine gute Lügnerin, das ich einen Dämon verarschen konnte, den er sprang auf und umfasste mit einer Hand meinen Nacken. Ich musste den Kopf nach hinten legen, um ihn ins Gesicht sehen zu können, so nah standen wir beieinander. „Das wirst du nicht tun. Und wenn ich dich hier einsperren muss. Halt dich von James fern, Melodie, ich meins Ernst.“ Ich musste schlucken. Einerseits sorgte sein Nähe dafür, das ich mich nur schwer konzentrieren konnte, andererseits verunsicherten mich seine
Wort. Würde er wirklich so weit gehen mich einzusperren, um mich vor seinem Bruder fernzuhalten? Meinte er das mit, er habe schon schlimmeres getan, als töten? Ich fand es jedenfalls schlimmer ewig gefangen zu sein als tot. „Lass mich bitte los Kerian. Du machst mir Angst.“flüsterte ich. Das wirkte. Schlagartig verschwand der düstere Ausdruck in seinem Gesicht und er ließ meinen Nacken los. Ich machte hastig einen Schritt zurück und knallte mit dem Rücken gegen die Kücheninsel. Kerian sah mich mit Ausdruckslosem Gesicht an. „Tut mir leid, ich wollte die keine Angst machen. Aber allein der Gedanke ich
könnte für deinen..“ er unterbrach und schüttelte sich. „Das darf doch nicht wahr sein.“ murmelte er. Ich runzelte verwirrt die Stirn? Hatte er was gehört was ich nicht gehört hatte? Ich wollte ihn danach fragen, aber er war schon weg. Man, Dämonen und ihre verfluchte Schnelligkeit! Ich ging in den Flur und sah mich um. Wo könnte er..? Im nächsten Moment erledigte sich die Frage von selbst. Kerian kam mit wütendem Gesichtsausdruck von der Haustür rein, hinter ihm James, der mich einem wissenden Lächeln begrüßte.
Ich versteifte den Rücken und sah ihn finster an. „Was willst du hier James?“ fragte ich ausdruckslos. Ich hoffte er merkte nicht das ich in Wirklichkeit total Angst vor ihm hatte. Bis jetzt hatte ich nicht viel von ihm mitbekommen, aber er strahlte einfach etwas aus, was einen Zittern ließ. „Was denn? Wie redest du denn mit deinem besten Freund? Du verletzt mich, Melodie.“ schnurrte er amüsiert. „Lass den scheiß James und komm zur Sache.“ knurrte Kerian der sich an den Türrahmen gelehnt hatte und seinen
Bruder abschätzend ansah. Man konnte den Hass der beiden förmlich spüren, als wäre er lebendig. „Ich wollte nur ein bisschen mit Melodie reden. Krieg dich wieder ein, Bruder.“Erstaunlicherweise klang er sogar Ehrlich. Nicht das das was bedeutete. Er war bestimmt ein guter Schauspieler. „Naja, trifft sich nicht so gut, da du vorhattest mich zu töten.“ ging ich dazwischen bevor sie sich noch an die Kehle gingen. Was nicht mehr lange dauern konnte, wenn man sich die Gesichtsausdrücke der Beiden ansah. „Ja das stimmt.“ gab er offen zu. „Aber jetzt nicht mehr. Es...hat sich was
geändert.“ Er warf Kerian einen Blick zu. Der runzelte die Stirn und dachte offensichtlich nach. Schließlich spannte er den Rücken und ich sah kurz Sorge in seinem Gesicht aufflackern. Aber offensichtlich wollte keiner der beiden sagen was los war. Das durfte doch nicht wahr sein. Selbst die beiden Jungs die sich in diesem Universum am wenigsten leiden konnten, hatte Geheimnisse vor mir. Verdammt, ich war doch keine Sieben mehr! „Was ist los? Und lügt mich nicht an!“ Ich versuchte ruhig zu klingen, aber es gelang mir nicht so richtig. James und Kerian warfen sich einen Blick zu. Dann redete James
endlich. „Das ist so, wenn wir in einen Körper gehen übernehmen wir die stärksten Gefühle dieser Person. Meist sowas wie Hass, Liebe, lange Freundschaften. Allein schon dieser Grund hat mich davon abgehalten, dich direkt noch im Krankenhaus umzubringen, zusammen mit Jacks Geschwistern. Ja ich weiß,Jacks Körper war bewusstlos, aber ich konnte beliebig aufwachen. Jedenfalls weißt du ja auch das Jack nicht tot ist, sondern das ich seine Seele nur unterdrücke.“ „Komm zur Sache, James.“ unterbrach ich ihn. Er wiederholte nur was ich schon wusste. Bis auf das mit dem Koma
und dem Krankenhaus. „Der Punkt ist, das Jacks Seele es nicht so witzig fand das ich dich töten wollte. Eine Frage, du kennst Jack schon dein ganzes Leben richtig?“ Ich runzelte die Stirn. Musste er das nicht wissen, wenn er in seinem Körper steckte? Und warum war das jetzt so wichtig? Ich verdrehte die Augen. „Ja, tue ich. Und warum ist das jetzt so wichtig?“ James ging gar nicht auf meine Frage ein. Ich sah zu Kerian, in der Hoffnung auf Unterstützung, aber er sah nachdenklich zu Boden. „Und seid wann bist du so gut mit Jack befreundet, wie ihr es vor dem Unfall wart?“ Verdammt was wollte er mit
dieser Fragerrei eigentlich erreichen? Ich spürte wie mein Geduldsfaden langsam riss. „Seid drei Jahren. Verdammt worauf willst du hinaus, James?!“ brüllte ich ihn an. Und der Geduldsfaden war gerissen. Ich hätte am liebsten auf ihn eingeschlagen, bis er endlich mit der Wahrheit rausrückte. „Vor drei Jahren. Ich nehme an, als der Erste Schultag war?“ Ich nickte, weil ich mich nicht traute den Mund aufzumachen, weil ich dann wahrscheinlich schreien würde. „Der selbe Tag an dem die Hexe die Vision von deinem Tot hatte. Vom Tot durch einen Dämon.“ Ich runzelte die
Stirn. Was wollte er damit bitte sagen? Das Jack was mit dieser ganzen Sachen zu tun hatte? „Späher.“ murmelte Kerian und sah James an, der nickte.