Humor & Satire
Unter Geiern

Meine Lieben, eure Principessa war in den letzten Tagen in Südamerika. Wollte mal nachschauen, wie es den Gauchos nach dem verlorenen WM-Finale geht. Und ich muss euch leider sagen: Argentinien weint, heult, schreit, tobt! Wenn ihr nun aber glaubt, das Land befinde sich immer noch in einer postmondialen Depression, so irrt ihr. Argentina weint, nein, auch nicht wegen Evita, sondern wegen Paul. Paul der Geier. Ihr erinnert euch an den liebenswerten Kraken, der damals unser Sommermärchen befingert hat? * 26. Januar 2008 im Atlantischen Ozean bei Weymouth, Dorset; † 26. Oktober 2010 im Sea

Life Centre, Oberhausen? In welchem Kochtopf er calamiert wurde- man weiß es nicht. Aber Geier Paul, der hat im Sturzflug in die Hände gespuckt und steigert die Erträge seines Finanzasozialprodukts, aber hallo! Guckst du: Singers NML Capital ist ein sogenannter "Vulture Fund", auf Deutsch: Geierfonds. Er kaufte 2001 große Mengen der nun spottbilligen argentinischen Staatspapiere auf, wie ein Aasgeier, der sich über seine tote Beute hermacht. Er spekulierte darauf, dass Buenos Aires eines Tages zahlen kann. Oder: zahlen muss. Zur Erinnerung: Argentinien litt Ende 2001 unter einer schweren Wirtschaftskrise. Das Bruttoinlandsprodukt fiel, das Finanzsystem zerbrach, die Regierung sah

sich außerstande, ihre Schulden - mehr als 100 Milliarden Dollar - zu bedienen. Es war der bis dahin größte Zahlungsausfall eines souveränen Staates. Claro, es gibt da immer noch andere Investoren und die sind nicht ganz so abgebrüht wie Singer. 2005 und 2010 einigten diese sich mit der Regierung auf einen sogenannten Schuldenschnitt. Ein Drittel der Verbindlichkeiten sollte zurückgezahlt werden. Zwei Drittel verfielen. So bekämen die Investoren zumindest einen Teil ihres Geldes zurück, während der argentinische Staat finanziellen Spielraum für die Zukunft erhielt. 93 Prozent der Gläubiger stimmten den Deals zu. Sieben Prozent verweigerten sich. Darunter - na? Na? Na?

Genau! NML Capital. Und der Singer Paul schwingt jetzt sein Handtäschchen und brüllt; „I want my money back!“ Jetzt meint ihr sicher, es seien ja schon mehr als zehn Jahre---? Jau. Aber, und das ist das Knällchen in der ganzen Sache, der Singer Paul hat ein Gerichtsurteil im Sack. Der Supreme Court in Washington hat nämlich ein Urteil gefriemelt. Argentinien muss dem Singer Paul sein money back geben. Nun könnte man sagen, dass Staaten für ihre Schulden blechen müssen, denn sie haben sie ja auch gemacht. Unser Geld-Paule sieht das jedenfalls so: „Das, was Argentinien gerade passiert, ist doch selbst verschuldet. Eine verheerende Steuerpolitik. Und dann legt sich das Land auch noch mit großen Konzernen an und zahlt den Gläubigern einfach das Geld nicht

zurück.“ Nee, das GEHT NU WIRKLICH NICHT!!! Zahlt dieses Argentinien den Gläubigern doch einfach das Geld nicht zurück!!! Wo gibt's denn sowas! Un-er-hört! Da sind wir Europäer aber mal gaaanz anders: WIR übernehmen sogar die Ausfälle großer Banken und ganzer Staaten in mehrstelliger Milliardenhöhe! Vielleicht sollte der argentinische Wirtschaftsminister Axel Kicillof mal bei der Ändschie anrufen? Handynummer kriegt er ratzfix von der NSA...