Romane & Erzählungen
Telefon (Teil vierzehn) - Serieller Onlineroman

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"Telefon (Teil vierzehn) - Serieller Onlineroman"
Veröffentlicht am 18. Oktober 2008, 18 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Telefon (Teil vierzehn) - Serieller Onlineroman

Telefon (Teil vierzehn) - Serieller Onlineroman

Beschreibung

"Es ist eine Geschichte, wie man sie so noch nie gelesen hat - und, so steht zu befĂŒrchten, in der etablierten Buchwelt so auch nie zu lesen bekommen wird." (Professor Moros Literaturblog) Ich empfehle, den Text in der Reihenfolge zu lesen. Viel Spaß ! Titelbild : Paolo Bussola GNU-Lizenz fĂŒr freie Dokumentation

Kapitel neun: Verkehr

Andy schlief tief und fest.
Im Traum stand er auf dem Deck eines alten Segelschiffes und schaute durch ein Fernrohr. Die tiefblaue Südsee glitzerte in der Sonne. Weit in der Ferne erblickte er eine Insel. Er gab den Befehl zum Kurswechsel. Während das Schiff majestätisch dem Ruder folgte, drang ein heftiger Donner an sein Ohr. Der Himmel verfinsterte sich, Blitze zuckten herab und die Rufe seiner verängstigten Mannschaft wurden vom Donner übertönt. Er ahnte Gefahr, eine unbestimmte Gefahr, die vom Donner kam. Plötzlich stand er ganz allein auf der Insel mitten im Nichts. Die Sonne schien ihm ins Gesicht, aber der Donner war immer noch zu hören.
Er blinzelte kurz in den Himmel und wachte auf.

Noch ziemlich schlaftrunken registrierte er ein heftiges Klopfen an der Tür. Beim Einzug in die Wohnung hatte er als erstes die Klingel abmontiert. Wieder bollerte jemand heftig an die Tür. Andy griff nach seiner Hose, zog sie über und wankte immer noch leicht benommen zur Tür. Ganz gegen seine Gewohnheit öffnete er, ohne zu fragen, wer dort sei. Vor ihm stand Today.

"Good Du here", sagte der Iraker, "Du must help me !"
"Mann, was soll das ? Ich hab noch geschlafen."
"Sorrymann, is wichtig , very true urgent !"
"Na komm erstmal rein.", sagte Andy und ging in die Küche, um einen Kaffee zu machen.
Nabil schlüpfte in die Wohnung und folgte ihm.

"Ich brauch Auto, sofort , Today !", sagte Nabil, nachdem er sich auf den etwas weniger wackeligen Küchenstuhl gesetzt hatte.
"Mann, du weisst doch, ich hab kein Auto.", sagte Andy.
"I know, aber whoelse can a help, ich kenne nur Dich."

Das Wasser kochte, Andy nahm den Kaffeebereiter, spülte ihn kurz aus, gab vier grosse Löffel Kaffeepulver und reichlich Zucker hinein und goss das Wasser dazu. Das restliche Wasser spülte zwei Becher aus. Mit einem Nagel und einer Rohrzange schlug er zwei Löcher in eine Büchse Milch und stellte alles zusammen auf den Tisch.
"Okay, nochmal langsam. Wofür brauchst Du ein Auto ?"
"Ich must go zu Berlin, Today, ganz sofort !"
"Was willste denn da ?"
"Urgent Job, Telephon von good Friend, must go today."
"Aha." Andy drückte den Hebel des Kaffeebereiters runter und schenkte für beide ein. "Haste 'ne Kippe ?", fragte er seinen Freund.
Nabil fingerte eine leicht zerknitterte Packung Filterzigaretten aus der Tasche und nahm zwei Stück heraus. Sie rauchten und tranken den Kaffee.
Langsam wurde Andy wach.
"Hast Du überhaupt einen Lappen ?", fragte er den Iraker.
"Lappen ?"
"Naja , Führerschein, Driving Permission, License !"
"No, nein, Du must drive."
"Oh Mann, ich soll jetzt sofort mit Dir nach Berlin fahren und vorher schnell ein Auto klar machen ?"
"Yes , Okay !", sagte Nabil und strahlte übers ganze Gesicht. Andy stand auf und ging pinkeln.


Im Lagezentrum schaute alles auf den riesigen Bildschirm. Die Männer der Spezialeinheit waren bereits einige Zeit im ehemaligen Sägewerk. Jetzt fuhren ein Van und zwei Jeeps zum Tor. Aus dem Van stiegen einige Männer in weissen Schutzanzügen. Die Jeeps waren mit regulären Soldaten besetzt, die ebenfalls Schutzanzüge trugen. Die Männer betraten das Gebäude. Der Leiter des Krisenstabes hatte eine Telefonverbindung nach Helsinki schalten lassen. Aus den Lautsprechern war nun die Stimme des Simultandolmetschers zu hören, der den fortlaufenden Bericht aus dem dortigen Lagezentrum übersetzte. Der gesamte Komplex war gesichert, Personen wurden nicht gesichtet, die Spezialkräfte hatten einen Kleintransporter in einer Lagerhalle entdeckt. Die ABC-Gruppe näherte sich dem Fahrzeug. Die Werte für Uran 235 waren dort sehr hoch, die Gammastrahlung lag weit im roten Bereich. Der Einsatzleiter schickte einen weiteren Trupp mit Spezialisten zur Entschärfung von Sprengfallen. Der Einsatz war jetzt in der kritischen Phase. Das Fahrzeug wurde sehr genau untersucht. Bislang war noch keine Freigabe zur Öffnung der Türen erfolgt.


Die Lilienstrasse hatte bestimmt einmal bessere Zeiten gesehen, aber das musste sehr lange her sein. Überall lagen geplatzte Müllsäcke und Glasscherben, ausgemusterte Hausgeräte standen neben abgemeldeten Autos, in einigen Häuser waren die Fensterscheiben im Erdgeschoss eingeworfen. Zahlreiche Kinder spielten auf der Strasse und in den Hauseingängen, in kleinen Gruppen lungerten einige junge Männer herum, die die beiden Nonnen mit finsteren Blicken musterten. Das Haus mit dem Schusterladen war ein besonders Prachtstück in diesem Gebäudeensemble. Die Fassade wies nur noch Spuren von Putz auf, an einigen Stellen waren mehrere Steine aus der Aussenwand gefallen. Die meisten Fenster waren fast blind, einige Scheiben durch Folien oder Pappe ersetzt. Im Hausflur roch es nach Urin, bei der Treppe standen die Reste eines ausgebrannten Kinderwagens. Ein Klingelschild war nicht zu entdecken, an den grösstenteils aufgebrochenen Briefkästen standen mit krakeliger Schrift gekritzelte Namen. Aus den oberen Stockwerken war eine keifende Frau und ohrenbetäubende Punkmusik zu hören.

Charly und Sarah standen noch unschlüssig am Fuß der Treppe, als die Tür zum Hinterhof aufgestossen wurde und ein Mann den Hausflur betrat. Erstaunt sah er die beiden Frauen an. Charly fasste sich zuerst und sprach ihn an.

"Guten Tag ! Wir suchen einen jungen Mann namens Andy, der hier wohnen soll."
"Hier nix wohnt junges Mann !", knurrte der Alte und verschwand türknallend in der Erdgeschosswohnung.
"Laß uns mal in den Hinterhof gehen.", sagte Charly.

Von hinten sah das Haus noch übler aus als von der Strassenseite. Fast alle Wohnungen hatten eine Satellitenschüssel an den Fenstern, nur eine Wohnung im zweiten Stock und eine der beiden Dachwohnungen machten eine Ausnahme.
"Das sind mindestens fünfzehn Mieter hier", sagte Sarah,"wollen wir da wirklich überall fragen ?"
"Wenn es überhaupt das richtige Haus ist.", sagte Charly.
Während sie noch überlegten , wurde die Hintertür wieder aufgestossen und der Alte kam aus dem Haus.
"Was noch suchen hier ?", blaffte er.
"Sind sie sicher, daß hier kein junger Mann namens Andy wohnt", fragte Sarah auf arabisch,"ein junger Deutscher?"
Der Mann stutzte und fragte in der gleichen Sprache zurück. "Warum suchen Sie ihn denn ?"
"Er war ein paar Mal bei uns in der Mission und hat dort gegessen und da wollten wir ihn mal besuchen."
"Achso",sagte der Alte, nun deutlich freundlicher, "Sie sind also nicht vom Sozialamt ?"
"Oh nein", lachte Sarah, "wir sind Schwestern vom Heiligen Kreuz und dienen in der Mission am Karlsplatz."
"Aha. Na dann kann ich es ja sagen, der Andy wohnt unter dem Dach, die Wohnung bei der Treppe. Aber um diese Zeit schläft der bestimmt noch."
"Na dann wollen wir ihn nicht stören. Haben Sie vielen Dank", sagte Sarah,"as-salam alaikum !"
"Wa alaikumu s-salam."
Der Mann verschwand wieder im Hausflur.
"Haben wir ihn ?", fragte Charly.
"Wir haben ihn.", sagte Sarah.


"Warum fährst Du nicht mit der Bahn ?", fragte Andy.
"Nix good, must take Maschine mit me.", sagte Nabil.
"Verstehe. Gut, wir können los."
Andy griff seine Jacke und sie verliessen die Wohnung.

Im Treppenhaus herrschte die übliche Kakaphonie. Die verrückte Kurdin schrie wieder ihre Familie zusammen und die Chaoten im zweiten Stock hatten die Anlage bis zum Anschlag aufgerissen, brutaler Deutschpunk ließ das Treppengeländer zittern. Unten im Hausflur sahen sie noch, wie der selbsternannte Hausmeister, ein alter Ägypter, in seiner Wohnung verschwand.

Schnell gingen sie zur U-Bahn und fuhren einige Stationen bis zum Gewerbegebiet am Kanal. Von der U-Bahn waren es noch zehn Minuten Fußmarsch, dann standen sie vor einer grossen Halle, die früher eine Ziegelei beherbergt hatte. Auf dem Platz vor der Halle jede Menge Autos, teilweise ausgeschlachtet. Einige Haufen mit Motoren, Auspuffrohren, Scheinwerfern, Karossiereteilen und undefinierbaren Metallsammlungen türmten sich an der Hallenwand. Zielstrebig steuerte Andy einen alten Wohnwagen an, der zwischen einem Gabelstabler und einem ausgedienten Möbelwagen abgestellt war.

Im Wohnwagen saß ein Mann in einem roten Overall vor einem alten Fernseher und spielte ein Ballerspiel auf einer antiken Spielkonsole.
"Grüß Dich, Luigi", sagte Andy.
"Na wenn das nicht der ewige Schuldner ist", lachte der Mann ohne den Blick von Fernsehschirm zu nehmen.
"Ja klar", sagte Andy, "aber die achtzig Flocken hab ich mit."
"Echt ?" Luigi legte den Controller weg und überlies die Aliens ihrem unausweichlichem Schicksal.
"Da muß ich wohl den Tag rot im Kalender ankreuzen."
Andy gab Luigi das Geld, das sofort in einer der vielen Taschen des Overalls verschwand.
"Du musst uns helfen, Luigi, wir brauchen eine Karre."
"Aha. Also doch kein Kreuz. Was brauchste denn ?"
"Irgendwas mit Zulassung. Wir müssen nach Berlin. Kannst die Karre hinterher wieder haben."
"Soso. Und Du meinst allen Ernstes, sowas steht hier rum ?"
"Iss really wichtig ", sagte Nabil, "you give a car, oder ?"
Luigi kratzte sich am Kopf und dachte nach.
"Kommt mal mit."

Sie gingen quer über den Hof. Hinter einem riesigen Traktor, vom dem einige wichtige Teile schon abgebaut waren, stand unter einer Plane ein Kombi.
"Den habe ich gestern gekauft, wollt ihn schon abmelden, hatte aber keine Zeit. Wann seid ihr wieder da ?"
"Two Days, over Tomorrow", sagte Nabil.
"Aber baut keinen Scheiss mit der Karre", sagte Luigi und nahm die Plane vom Auto. Darunter stand ein knallgelber Lieferwagen mit dem Logo eines Pizzadienstes, über und über mit Rostflecken bedeckt. Der rechte Scheinwerfer hing einige Zentimeter nach unten und die Aussenspiegel fehlten. Quer über die Frontscheibe ging ein Sprung. Die Vordersitze waren mit Styroporresten bedeckt und im Laderaum stand ein grosser Pappkarton. Der Wagen hatte kein Lenkrad.
"Sowas kaufst Du ? ", fragte Andy.
"Naja, ein alter Freund, der war pleite. War nicht teuer."
"Was soll der kosten für die zwei Tage ?"
"Gib mir fuffzig jetzt gleich und dreissig wenn Du wieder kommst."
Andy gab ihm noch einen Schein.
"Ihr könnt im Wohnwagen warten, dauert ein paar Minuten."


Das Gebiet um die Sägemühle war weiträumig abgesperrt worden. In der Ortschaft Sinetta hatte die Polizei an der Einmündung Pellontie in die Kittiläntie einen Kontrollpunkt eingerichtet. Mittlerweile war ein kleiner Stau entstanden. Die Leute stiegen aus den Autos und fragten die Einheimischen, was denn heute los sei. Nur der Fahrer eines dunkelblauen Renault mit französischen Kennzeichen blieb im Auto. Er war Mitte dreissig, trug eine Sonnenbrille mit grünen Gläsern, hatte kurzes, dunkelblondes Haar und eine lange, daumenbreite Narbe, die sich von der linken Hand fast bis zum Ellenbogen über den Unterarm zog. Nach einer halben Stunde war er bis zum Kontrollpunkt vorgerückt. Ein freundlich aussehender Polizist trat an den Wagen und fragte in leicht gebrochenem Französisch nach seinen Papieren. Wortlos reichte der Mann Führerschein und Zulassung aus dem Fenster. Der Polizist überprüfte das Kennzeichen und fragte dann:" Sind Sie geschäftlich oder privat in Finnland ?"
"Sowohl als auch", antwortete der Mann auf finnisch. "Ich arbeite für eine Importfirma und habe den Weihnachtsmann besucht."
"Na dann sind ja hier genau richtig !", lachte der Polizist und ging mit den Dokumenten zu einem Kleinbus, in dem ein Kollege an einem Notebook saß. Zwei Minuten später kam er zurück.
"Wenn Sie weiter nach Norden wollen", sagte er, "dann kommen Sie hier nicht weiter. Sie müssten umkehren und auf der anderen Flussseite fahren."
"Eigentlich wollte ich auf der 83 nach Pello."
"Na dann", sagte der Polizist und gab ihm die Papiere zurück," gute Fahrt."

Der Mann bog nach links ab und fuhr mit mässigem Tempo weiter. Nach einigen Kilometern lenkte er den Wagen auf einen Waldweg, hielt an und stieg aus. Aus seinem Kofferraum holte er einen einen hellbraunen Samsonite, öffnete ihn und nahm einen Laptop, einen Weltempfänger und einen roten Lederbeutel, wie er in Frankreich oft für Rasierzeug genutzt wird, heraus. Er steckte ein Kabel in den Computer und verband es mit dem Weltempfänger. Dann griff er in den Beutel und holte eine Medikamentenschachtel heraus. Aus der Schachtel fummelte er einen kleinen Computerchip, den er in einen unauffälligen Schlitz an der Unterseite des Weltempfängers schob und einrasten lies. Er schaltete die beiden Geräte ein. Während der Computer die richtige Frequenz suchte, holte der Mann ein kleines Iridium-Satellitentelefon aus dem Koffer, das er ebenfalls mit dem Computer verband. Nach zwei Minuten hatte er die Einsatzfrequenz gefunden. Von jetzt an konnte die gesamte Kommunikation mitgehört werden. Der Mann startete die verschlüsselte Übertragung des Funkverkehrs zum Satellitentelefon.
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Arachova Nr. 14 gelesen... - ..und jetzt stĂŒrze ich mich auf die Nr. 15. Wie lange ist dann Pause?

Gruß Arachova
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Hagenbaeumer Re: Ich war die letzten Tage etwas angespannt. -
Zitat: (Original von gaethke am 09.11.2008 - 18:14 Uhr) Ich hatte schlicht ĂŒbersehen, das schon Folge 14 da war...


Naja, so kann es gehen.
Aber die nÀchste Folge kommt bestimmt.
Vor langer Zeit - Antworten
gaethke Ich war die letzten Tage etwas angespannt. - Ich hatte schlicht ĂŒbersehen, das schon Folge 14 da war...
Vor langer Zeit - Antworten
Hagenbaeumer Re: Bitte weitermachen! -
Zitat: (Original von gaethke am 08.11.2008 - 23:39 Uhr) Wann kommt endlich die nÀchste Folge?


Naja, ich wollte erst einmal warten, bis diese Folge gelesen wurde. Das hat ja auch 14 Tage gedauert. Also ist die nÀchste Folge bald online... .
Vor langer Zeit - Antworten
gaethke Bitte weitermachen! - Wann kommt endlich die nĂ€chste Folge?
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