Die bevorzugte Weise ein Gedicht zu lesen
Hundert Jahre Einsamkeit
und Elli verweigerte sich
der Liebe.
Zwischen Einmachgläsern
und Strukturtapeten
wurde sie unsichtbar
für die Gesellschaft.
Unsichtbar für die Nachbarn.
Unsichtbar für den Spiegel.
Kurt vergaß seine Optionen.
Die Kirchentürme der Stadt
verneigten sich ehrfürchtig vor ihm.
Gewitter zogen über die
Sadt
und ein unglücklicher Gott
verpasste die Chance
auf eine große Veränderung.
Särge sind unbestechlich.
Sie verwehren jegliche Entscheidung.
Der Tod wird erst auf dem Friedhof
gesellschaftsfähig.
Gruppenspiele für Hinterbliebene.
Hier ein kleines Blümchen,
eine Schaufel voller Wehmut.
Schau dort,
ein tränenreiches Ehepaar.
So still ihre Trauer.
Wie ein Gedicht aus
Beton.
Seelen meißeln Sinn in Worte.
Vergessen macht sich breit.
Elli öffnet das Fenster
und der Wind tritt ein.
Sie genießt den Moment,
verzichtet auf Euphorie
und gibt sich dem Leben hin.
Ein Gott lacht.
Kurt spricht ein Gebet.
In einer Nebenstraße in Duisburg
streunen Katzen an
Laternen vorbei.
Ich schreibe ein
Gedicht.
Drei Zeilen,
keine Reime,
keine Metaphern.
Ich lese es laut in den Wind.
Ich schreie es in die Nacht.
Die Trabantenwelt
verschluckt es,
wie ein Himbeerbonbon
und erinnert sich nur kurz
Es ist Juli,
aber die Luft riecht nach Herbst.
Ich entscheide mich
für eine Zigarette.