Sie haben Post...
Hallo fremder Mann,
deinen netten Brief habe in mit Vergnügen gelesen und musste gleich mehrfach schnunzeln.
Es beruhigt mich ungemein, dass du es magst, wenn Frau dir „an den Lippen hängt“. Ich neige bisweilen auch dazu, wenn wohlgeformte Münder mir Köstliches mitzuteilen wissen. Um der Wahrheit die Ehre zu geben, muss ich gestehen, dass mein Interesse in dieser
Hinsicht nicht geschlechtsspezifisch gebunden ist.
„Sie haben Post“…( e-mail für Dich ) ja, eine sehr schöne Story und die Darsteller sind meiner Meinung nach, bis in die Nebenrollen grandios besetzt.
Ich finde die Abmachung zwischen „Shopgirl und NY152“ wunderbar. Sie reden über sich, was sie empfinden, was ihnen Freude macht und was sie bewegt, aber sie sprechen nicht über Persönliches. Sie sind lediglich zwei Menschen, die sich in einem virtuellen Raum trafen.
Ich kann verstehen, dass Menschen es für sich brauchen, immer genau zu wissen, mit wem sie es zu tun haben. Diese Einstellung jedoch birgt meines Erachtens eine große Gefahr, denn durch die vielen Informationen zu Herkunft, Beruf und Status tritt die Persönlichkeit eines Menschen total in den Hintergrund.
Ich möchte einem fremden Menschen so unvoreingenommen wie nur möglich entgegen treten und dies ist durch viele Vorinformationen nicht mehr möglich.
Beispiel: Würde sich eine Frau/Mann für einen Mann/Frau interessieren, der/die schon mehrfach verheiratet war?
Oder würde ein Geschäftsführer/in eine/n Hartz IV-Empfänger/in kennen lernen wollen? Hätte Shopgirl sich mit NY152 geschrieben, wenn sie gewusst hätte, dass er Besitzer der FOX-Bücherläden ist? Wahrscheinlich nicht.
Was ich meine ist, dass die Faszination eines Menschen nichts mit dem zu tun hat, was er gesellschaftlich darstellt oder wie sein Leben verlaufen ist. Die Summe dieser Erfahrungen bekommt man beim kennenlernen doch frei Haus geliefert.
Ich glaube fest daran, dass man sich
der Chance beraubt, einen wunder- baren Menschen auf sich zukommen zu lassen, wenn man schon bestimmte Ausschlußkriterien im Kopf hat.
Deshalb finde ich es großartig, dass sich unser kennenlernen auf diese Weise vollzieht.
Wie du schriebst, machen wir die Tür und auch das Fenster mit jedem Brief ein kleines Stückchen weiter auf.
Im Grunde genommen ist es mir nicht wichtig, was du tust - mir kommt es auf das wie an. Versteh mich bitte nicht falsch. Natürlich möchte ich später auch erfahren, was du beruflich machst, aber in erster Linie bin ich an
„dir“ als Mensch interessiert. Du bist schließlich der Schlüssel. Ohne den Schlüssel zu kennen, kann ich die Tür zu deinem Leben nicht öffnen.
Meine Vision einer Beziehung kennst du ja aus meinem Profil und neben der emotionalen Kompatibilität kommt es mir eben auf deine ganz persönlichen Facetten an.
Eine tibetische Weisheit sagt: In der Erfahrung der Liebe beginnt die Welt aufs Neue – in jedem Augenblick. Die Liebe nimmt nicht – sie gibt.
Für mich bedeutet diese Weisheit: In dem Moment, in dem ich anfange Liebe für einen Mann zu empfinden, ist es völlig gleichgültig, was war. Ab diesem Moment beginnt alles neu. Es ist nicht mehr wichtig, wie mein Leben noch gestern aussah oder das Leben des anderen. Die Zeitrechnung beginnt ab der Stunde, in dem du dir sagst „ Ich liebe“…eine wundervolle Einstellung, wie ich finde.
Du möchtest wissen, was ich mache, wenn ich nicht schreibe ;-)
Ich führe eigentlich ein bescheidenes Leben, unaufgeregt und doch reich.
Menschen sind mir wichtig, deshalb bin ich gerne mit Freunden und Familie zusammen, gehe ins Kino, liege auf dem Sofa und schaue mir Filme an. Ich höre viel Musik, male und zeichne, gehe spazieren, hänge in rauchigen Spelunken ab, besuche Konzerte und andere Events... und neuerdings schreibe ich nachts lange Briefe an einen Fremden....
Ich hoffe, du hattest viel Spaß heute Abend und ich wünsche dir, dass du mit diesem positiven Gefühl in die Nacht gegangen bist, so wie ich.
Liebe Grüße
K.