Journalismus & Glosse
Warteraum 8 - Ein Buchhinweis

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"Hinweis auf ein sehr persönliches Buch"
Veröffentlicht am 19. Juli 2014, 6 Seiten
Kategorie Journalismus & Glosse
© Umschlag Bildmaterial: andròmina - Fotolia.com
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Getauft, Geschieden, Geimpft: 3G also, tretet näher, Herrschaften! Was ich so schreibe, ist natürlich erlebt, erlauscht, erlesen und erlogen; von alberich bis böse oder dunkeltrüb, und mit Vorliebe gereimt. Erfreue mich an Musik verschiedener Richtungen, an Literatur und natürlich an Menschlichem wie Situationskomik und liebevolle Reaktionen abseits des jeweiligen Business'. Solange ich die komische Seite der Dinge erkenne, geht's mir gut -- und ...
Hinweis auf ein sehr persönliches Buch

Warteraum 8 - Ein Buchhinweis

Das Buch

Mely Kiyak: Herr Kiyak dachte, jetzt fängt der schöne Teil des Lebens an

S. Fischer, 288 S.

 

 

Ist das nicht allgemein üblich: Nachdem die Eltern starben oder der Kontakt zu ihnen anderswie endgültig abriß, fallen einem viele viele Fragen ein, die man über ihr Leben hätte stellen müssen. Doch als Kind und Teenie hatte man weiß Gott keinen Draht zu prähistorischen 20 Jahre alten Kamellen; später fehlte schlicht die Zeit. Anders bei Kiyaks, wo Familiengeschichten seit Generationen weitergereicht und ausgeschmückt werden.

Nun stellt man bei Vater K., gerade als er sich auf sein neues Leben nach der Scheidung freut, Krebs fest. Freunde, Verwandte und Tochter Mely an der Spitze begleiten und versorgen ihn bei den Behandlungen, und was tut man so am Krankenbett − natürlich Geschichten erzählen.

  Und so nimmt uns das Buch auf eine Pendelfahrt zwischen Anatolien, Prenzlauer Berg und Brandenburg, die naturgemäß immer wieder auf die eine Frage stößt: Was ist so ein Leben wert? Wenn dieses Leben nämlich in eine deutsche oder türkische Klinik gerät, in ein archaisches Kurdendorf oder als Kurde in die türkische Armee? Wenn es einem türkischen Gastarbeiter gehört, der wie die anderen − den gastgebenden Staat ganz

überraschend − als kranker Alter nicht zurück „nach Hause" verschwand?
  Dies sieht hinter ganz alltäglichen Details hervor, die nicht nur dem Leser die Schnürsenkel kräuseln. Herr K. und Tochter erleben haufenweise fehlende Motivation und Professionalität des Personals, das die Todkranken pflegen soll. Hier sei fairerweise eingefügt, die vielfältigen möglichen Ursachen für dieses Versagen muß man sich denken. Wie etwa jene sprichwörtlichen Großfamilien, die sich volle Tage im Krankenzimmer einrichten, sterile Nachbarbetten besetzen und alles Eßbare auf Station ungerührt greifen.

So mancher Patient wird Herrn K. darum beneiden, wie er von der Familie so umsorgt

wird. Und beneiden um diese Tochter.

Die kluge, schöne und kämpferische Mely Kiyak ist mir von ihren Kolumnen in der Berliner Zeitung in bester Erinnerung, wo sie z.B. die Sitzungen des NSU-Untersuchungsausschusses sezierte, mit erschütterndem Ergebnis. Was Wunder, daß sie für ihre Artikel Reaktionen von Haß bis Heiratsavancen erntet. Quarkkuchen backen kann sie übrigens auch ... Fast ist man erleichtert, daß auch diese Frau nicht endlos belastbar ist, daß sie unter schlimmer Flugangst leidet und bei Schachtelsätzen manchmal die Bezüge verwechselt.

 

Wer übrigens wissen will, wie Herrn K.s Kampf ausging, muß hinter dem furiosen Ende des

Buches weiterlesen.

 

 


© 2014 Brubeckfan

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Über den Autor

Brubeckfan
Getauft, Geschieden, Geimpft: 3G also, tretet näher, Herrschaften! Was ich so schreibe, ist natürlich erlebt, erlauscht, erlesen und erlogen; von alberich bis böse oder dunkeltrüb, und mit Vorliebe gereimt. Erfreue mich an Musik verschiedener Richtungen, an Literatur und natürlich an Menschlichem wie Situationskomik und liebevolle Reaktionen abseits des jeweiligen Business'. Solange ich die komische Seite der Dinge erkenne, geht's mir gut -- und das ist allermeistens.

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PhanThomas Hört sich tatsächlich gut an. Im Moment les ich neben backsteinschwerer Science Fiction nämlich nur windiges Poetry-Geslamme in Buchform, und dieses hier klingt wirklich, hmm, interessant. Fraglich ist halt immer, ob man sich in seiner Wohlfühlblase mit derlei Themen auseinandersetzen möchte, aber ich glaube, ich werd's mal wagen.

Beste Grüße
Thomas
Vor langer Zeit - Antworten
Brubeckfan Ich fand es von der Stimmung her recht durchmischt, weil dauernd nach einem Häppchen in mystorys-Buchumfang zu einem anderen Schauplatz gesprungen wird. Und wer schon einiges mit dem Gesundheitswesen erlebt hat, den drückt dessen Anteil am Buch auch nicht mehr so sehr.
Vor langer Zeit - Antworten
Gunda Ach eine nette Idee, uns hier mal ein Buch vorzustellen. Sicherlich eines, dass dir die Wartezeiten verkürzt hat ... Danke dafür.

Lieben Gruß
Gunda
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Brubeckfan "uns hier mal ein Buch"? Aha, uns hier mal ein Buch also wird hier vorgestellt. Mal.
Ach ja.
;-(
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Gunda Sehr witzig. Mir ist schon klar, dass hier ständig "Bücher" vorgestellt werden. Aber "richtige" Buchtipps sind eben nicht so häufig und insofern "mal" etwas Anderes. Oder habe ich etwas Wichtiges übersehen - und du bist der Autor und ich hab's nicht durchschaut, Gerd?
Lieben Gruß
Gunda
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Brubeckfan O Du Bescheidene, ich meinte natürlich ein Papierbuch von Gunda, mönsch.
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DoktorSeltsam Hört sich gut an, Gerd. Ich bin für jeden Tipp dankbar, und bei Dir kann ich mich auf Deinen ausgezeichneten Geschmack verlassen.

Keep on keepin' on!

19:07 Uhr, 32 Grad Celsius. Ich denke, ich werde mit zwei volljährigen vollbusigen Blondinen in eine Badewanne voll eiskaltem Champagner steigen...und sterben! Abtreten auf dem Höhepunkt. Genau wie Philipp Lahm!

D.
Vor langer Zeit - Antworten
Brubeckfan Was für eine Wanne. Schreib mal nachher, wie es war. Vergiß die unsterblichen letzten Worte nicht.

Doch zunächst vielen Dank hierfür!
Gerd,
vor Hitze lahm
Vor langer Zeit - Antworten
DoktorSeltsam Letzte Worte? "Die Ente bleibt draußen!"

Dok
Vor langer Zeit - Antworten
Brubeckfan Wunderbar. Dir und der Situation sehr angemessen.
Betrachte Dich als mit Coins belohnt. Lukas bremst mich wieder, er will eben das Inflationsziel der Bundesbank nicht überschreiten.
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