Das Kaiserreich von Canton, versinkt im Krieg, zwischen den rivalisierenden Armeen des Zauberfürsten Simon Belfare und den Streitkräften der Herrschenden Ordeal-Dynastie. Während beide Seiten das Land, ohne Rücksicht verbrennen, versuchen tausende von Flüchtlingen sich vor den, immer weiter um sich greifenden Kämpfen, nach Süden zu retten. Inmitten all dieser Unruhen, möchte der wandernde Schmied Leif, eigentlich nur in Ruhe gelassen werden.
Schließlich, doch gezwungen, sich einem der Flüchtlingstrecks anzuschließen, macht er sich auf den Weg, die Zerstörung, wie so viele, hinter sich zu lassen. Unwissend, das der Schlüssel, zum Ausgang des Krieges, bald in seinen Händen liegen wird. Und eine Welt, in der es keine richtige Seite mehr gibt, ist ein gefährliches Pflaster. Bildquelle : Kurt Bouda / pixelio.de
„Die Gejarn sind weg“. , erklärte Erik lediglich, als er sich dem Wagen näherte. Mit einer Hand zog sich der junge Gelehrte ins Innere und Sandria tat es ihm gleich. Leif erhob sich von seinem Platz im unter dem aufgespannten Sonnenschutz. „Was soll das heißen weg?“ Celani entging wirklich wenig, dachte der Schmied. Die Gejarn beschleunigte ihre Schritte, bis sie auf gleicher Höhe mit dem Wagen war. Einen Augenblick
musterte sie die Zugtiere misstrauisch und trat dann ebenfalls leichtfüßig herauf. Leif hatte derweil eine weitere von Rubens Waffen fertig aufgearbeitet und reichte dem Milizführer das Schwert zurück. „Weg heißt weg.“, erwiderte Sandria, als die Gejarn in den Wagen kletterte. „Sie sind offenbar gestern Nacht klammheimlich aufgebrochen. Heute Morgen zumindest hat von ihren Wagen jede Spur gefehlt.“ „Nicht, das ich besonders traurig darüber wäre.“, antwortete Ruben, der die wiedererlangte Waffe einen Moment bestaunte, bevor sie an ihren Platz an
seinem Gürtel zurück wanderte. „Auch wenn Ihr das anders sehen mögt Celani, es bedeutet nur, ein paar Leute weniger, die wir durchbringen müssen.“ „Sie hätten Hilfe gebraucht.“ Erik seufzte. „Ich kann aber auch niemanden, gegen seinen Willen, hier halten. Sie haben sich freiwillig entschieden zu gehen. Auch wenn ich vorgezogen hätte, dass sie mir wenigstens mitteilen, wann.“ „Sie haben sich nicht freiwillig entschieden.“, erwiderte die Gejarn heftig. „Der verdammte Wolf hat für alle bestimmt. Sandria, Ihr habt es doch selbst gesehen.“
„Der Punkt ist nur… dass sie weg sind.“, stellte Leif fest. Er wollte ganz sicher nicht zwischen die Fronten geraten. Wenn es hier so etwas gab. „Wir könne nichts mehr daran ändern oder?“ „Nein.“ , gab die Gejarn zu. „Aber das heißt nicht, dass es mir gefallen muss.“ „Hoffen wir, dass sie ihren eigenen Platz finden.“ Der Schmied wandte sich an Erik. „Ich hatte ohnehin gehofft, noch mit Euch reden zu können.“ „Sicher. Wenn Ihr nichts dagegen habt, mit mir zu kommen? Ich sehe grade noch, ob sonst wenigstens alle in Ordnung sind.“ Leif nickte. Etwas Bewegung würde
ihm ohnehin gut tun. Die Arbeit an den Waffen war eintönig und mittlerweile waren auch einige Wolken vor die Sonne gezogen. Vielleicht würde es später regnen. Es hatte seit seinem Aufbruch aus Goldbrück, keine Schauer mehr geben, dachte der Schmied. Der Sommer hatte das Land, nach wie vor, in festen Griff. Aber bis sie Erindal erreichten, konnte es schon Mitte Herbst sein. Er folgte dem Arzt, als dieser vom Wagen sprang. Leif selber kletterte doch lieber vorsichtig hinab, während Erik schon zwischen den anderen Karren verschwand. Der Schmied musste sich tatsächlich beeilen, mit dem Wirbelwind von einem Mann, Schritt zu halten.
Verflucht, er wurde doch nicht etwa alt? Das wohl nicht. Aber er konnte nach fast acht Jahren herumsitzen auch nicht erwarten, noch in der gleichen Form wie einst zu sein. „Also, wie sieht es aus?“, wollte er wissen, während sie den Strom der Flüchtlinge passierten. „Ich meine, ganz ohne hier irgendetwas schön zu reden?“ „Wir komme durch, Leif. Irgendwie. Aber… das wird nicht einfacher werden. Uns bleiben noch Vorräte für ein paar Wochen und wenn die Leute wirklich alles veräußern, was wir gegen Lebensmittel eintauschen können, schaffen wir es, knapp. Dazu kommt die
Hitze. Wir sind noch im Herzland, hier gibt es genug Flüsse und Bäche. Näher an Erindal, wird das schon schwieriger.“ „Bis wir dort sind, wird es hoffentlich etwas kühler. Die Reise wird uns doch Monate kosten.“ Erik nickte. „Sicher wird es das. Aber wir können uns wohl schlecht nur auf das Wetter verlassen. Trotzdem sind das Probleme, mit denen wir klar kommen müssen. Das wird kein Spaziergang, aber ich habe durchaus vor, diese Leute, alle lebend in Sicherheit zu bringen.“ „Genau darüber wollte ich mit Euch sprechen.“ „Dann lasst mal hören, Herr Leif.
Habt Ihr eigentlich einen Familiennamen?“ Leif wurde langsamer und blieb einen Moment sogar stehen. Die Frage traf ihn unvorbereitet. „Es gab eine Zeit, in der ich einen getragen habe, ja. Aber nicht mehr.“ „Und Ihr werdet mir auch nicht verraten, warum. Verstehe. Es sollte mich nicht wundern, dass der Drache des Kaisers etwas schweigsam über seine Vergangenheit ist.“ „Ihr… wisst wer ich bin?“ „Nun bis grade eben war es nur eine Vermutung. Aber ich schätze, Eure Reaktion bestätigt das. Ruben hat mir erzählt, dass Ihr einst ein Prätorianer
wart. Es gab nicht viele, die ihrem Schwur den Rücken kehrten. Ich habe nur eins und eins zusammengezählt. Also, lasst hören? Was wolltet Ihr vorschlagen?“ Der Schmied atmete erleichtert auf. Sicher, ganz wohl war ihm nicht, dass der, ihm noch recht fremde Arzt wusste, wer er war. Aber es gab Schlimmeres, nicht? „Momentan sind die Leute noch alle gesund, oder?“ „Zwei, drei haben leichtes Fieber, aber um die kümmere ich mich schon. Ihr habt doch nicht etwa Erfahrung mit Medizin?“ „Wenn man das so nennen könnte. Es
gab eine simple Regel für alle Prätorianer, auch in den Heerlagern. Sich Sauber zu halten. Und ich kann aus Erfahrung sagen, dass in der Zeit, die ich bei der kaiserlichen Leibgarde verbracht habe, fast nie jemand krank geworden ist. Bei der normalen Truppe hingegen, toben regelmäßig Seuchen, vor allem, wenn sie länger an einem Ort verweilten.“ „Ich soll den Leuten das Baden verordnen meint Ihr das?“ „Es kann nicht schaden.“ Erik schien einen Moment darüber nachzudenken, dann sah er auf, ein seltsames Glitzern in den Augen. „Die Idee gefällt mir, ja doch. Die
gefällt mir sogar sehr. Herr Leif, ich glaube, wir werden Euren Rat bei nächster Gelegenheit befolgen. Wir müssten vor der Grenze Cantons spätestens an einen Fluss kommen. Die Keel. Dort können wir Rast machen. Dann kommen die Leute von selbst drauf, sich den Straßenstaub abzuwaschen.“ „Ihr könntet es ihnen auch einfach sagen.“ „Sicher, aber wenn ich eins gelernt habe, dann das: Wenn du willst, das die Leute tun was du ihnen sagst… bring sie dazu zu denken, sie wären von alleine darauf gekommen. Das ist immerhin eine Sache, die ich von Mhari gelernt habe.“
Der Arzt zog eine der Pistolen aus dem Holster an seinem Gürtel. „Bevor ich es vergesse, Ihr könntet Euch die nicht auch einmal ansehen?“ Leif nahm die Feuerwaffe vorsichtig entgegen. Das Gewicht der Waffe überraschte ihn etwas. Die Radschlosspistolen, die er bisher in Händen gehalten hatte, waren schwer, von Arkebusen ganz zu schweigen. Die hier jedoch waren, im Vergleich dazu, federleicht. In die Griffe waren Einlagen aus Elfenbein eingearbeitet, die verschiedene Szenen aus dem Tierleben Cantons zeigten. Das waren nicht die Waffen eines umherziehenden Gelehrten, dachte Leif kurz. Und auch der
Schlossmechanismus sagte ihm wenig. Es war ein Radschloss, die grundlegenden Komponenten erkannte er, aber irgendjemand, hatte einen kompliziert wirkenden Apparat, aus Zahnrädern daran aufgebaut. So groß wie sein Daumen, wirkte der Mechanismus ziemlich empfindlich. „Ich habe bisher in keiner Feuerschmiede Cantons gearbeitet. Ich habe also nur ein ziemlich rudimentäres Verständnis dafür. Könnt ihr mir erklären, was das hier ist?“ Er deutete auf den seltsamen Zahnradmechanismus. Erik nahm die Pistole mit einem Grinsen wieder an sich.
„Kommt.“ Er bedeutete dem Schmied, ihm ein Stück von der Karawane weg, ins offene/ Feld zu folgen. Dann richtete er die Waffe ins nichts und zog den Abzug durch. Ein Schuss löste sich, Erik stupste den seltsamen Mechanismus mit den Finger an… und feuerte gleich nochmal. „Eine repetierte Waffe.“, erklärte er. „Sowas bekommt ihr nirgends in Canton, ich hab die Pläne dafür selber entworfen. Stellt euch das Gesicht eures Gegners vor, wenn er glaubt, ihr hättet danebengeschossen und müsstet nachladen, und im nächsten Moment erwischt ihn die zweite Kugel. Allerdings würde ich wohl zweimal
danebenschießen. Die meisten Leute sind dann klug genug, wegzulaufen. Ich hasse es zu töten, wenn es nicht sein muss.“ Er ließ die Waffe wieder im Holster verschwinden. „Die Gejarn kommt in Ordnung?“ „Ihr meint Celani? Ich vermute es. Sie hat… schon Schlimmeres durchgemacht.“ „Hat sich eben aber nicht so angehört.“ Erik zog eine Pfeife aus der Tasche an seinem Gürtel. „Ich rede später mit ihr.“, versprach Leif. Das hatte er ohnehin vorgehabt. In den letzten Tagen waren sie kaum dazu gekommen, sich zu unterhalten. Leif hatte mehrmals nachts laufen müssen und
die Tage verschlafen, während die Gejarn tagsüber mit der Karawane mitging. Erik musterte derweil skeptisch die Pfeife in seiner Hand und pflückte einen Glassplitter aus dem Holz. Dann schnippte er die Scherbe beiläufig über die Schulter. „Das war vermutlich nur das Quecksilber.“, meinte er, als Leif ihn fragend ansah. „Keine Sorge, das verdampft.“ „Ihr lauft mit einer Flasche Quecksilber herum?“ „Und mit jeder Menge medizinischem Besteck und einigen Grundchemikalien. Ich trenne mich ungern von meiner Ausrüstung.“
„Irgendwie wundert es mich, dass ihr Euch noch nicht selbst in Brand gesteckt habt.“ Erik lachte nur und entzündete die Pfeife. Eine blaue Stichflamme loderte auf, die sowohl Leif, als auch den Arzt dazu brachten, einige Schritte zurück zu treten. Dabei ließ dieser, die Pfeife fallen, die endgültig Feuer fing und langsam verkohlte. „Ich korrigiere mich.“, stellte Erik trocken fest. „Was da zerbrochen ist, war nicht das Quecksilber. Das war der medizinische Alkohol.“ Der Schmied schüttelte nur den Kopf.„Noch eine Sache. Ihr habt nicht zufällig noch Waffen übrig? Ich möchte Ruben
und seine Männer nicht beleidigen, aber ich wäre doch lieber in der Agens, mich selbst zu verteidigen, wenn es darauf ankommt.“ „Die Schwerter, die wir haben, stammen alle aus dem Besitz der übrigen Flüchtlinge. Die Antwort auf eure Frage ist also - Nein. Es sei denn…“ „Was ?“ Erik winkte ihm einfach, ihm zu folgen. „Kommt mal mit.“ Sie schlossen sich wieder dem Strom der Karawane an. Der Arzt lenkte seine Schritte auf einen Karren zu, auf dem Kisten und Fässer gestapelt standen. Leif hatte schon mehrere davon gesehen.
Offenbar hatte Erik dafür gesorgt, dass man alles an Gepäck auf wenige Gefährte zusammenbrachte, anstatt das jedem Flüchtling selbst zu überlassen. Platzsparend. Eines musste er dem Gelehrten lassen, er wusste, wie man etwas so organsierte, das es funktionierte. Leif blieb draußen vor dem Wagen und lief daneben her, während Erik offenbar das innere durchsuchte. Mehrere dumpfe Schläge erklangen und der Schmied fürchtete schon, der Stapel aus Kisten und Möbeln würde ins Rutschen kommen. Dann tauchte Erik wieder auf und sprang hinaus auf die Straße. In seinen Händen befand sich
etwas, dass Leif erst für ein glatt poliertes Stück Holz hielt. Der Arzt warf ihm den Gegenstand zu und Leif fing ihn aus der Luft. Er erkannte seinen Irrtum recht schnell. Es war ein Schwert, aber ein ziemlich ungewöhnliches, wie er sofort feststellte. Kein Wunder, das dieses keine der Wachen hatte benutzen wollen. Die Schwertscheide war aus einem einzigen Stück Ebenholz gefertigt. Die Oberfläche war glatt genug um sich darin zu spiegeln und wirkte fast metallisch. Der Griff hingegen, war aus schlichtem, mit Stoffbanden umwickeltem Stahl und lief in einem Ringknauf als Gegengewicht für die
Klinge aus. Leif zog das Schwert blank. Auch die Klinge war ungewöhnlich. Der Stahl verlief nicht gebogen und besaß nur eine einzige Schneide. Die andere Seite hingegen lief in dünnen Zacken aus, die fast wie Reißzähne wirkten. Und vermutlich auch genau so funktionierten, dachte Leif und schauderte. Er kannte das Design. „Das ist ein Gejarn-Schwert.“, stellte er fest. „Wie es aussieht, Wolfsstil. Wo habt Ihr das her?“ „Von unseren verschwundenen Freunden. Waren nicht zu begeistert, als man sie bat, ihre Waffen abzugeben. Aber ich kann auch schlecht zulassen,
dass ein Haufen angespannter Flüchtlinge hier bewaffnet herumrennen. Das gibt Tote. Also, denkt Ihr, Ihr könnt damit umgehen?“ Leif besah sich die Waffe noch einmal. „Wenn ich die Gelegenheit bekomme, werde ich etwas daran arbeiten müssen. Die Zacken gefallen mir nicht. Das Ding ist dazu gefertigt, einem Gegner unnötig Schmerzen zuzufügen, nicht ihn zu töten. Wenn ich mit Rubens Waffen durch bin, mache ich eine zweite Schneide daraus.“ „In diesem Fall, gehört es jetzt Euch.“ „Und glaubt ihr, ihr könnt morgen
einen Wagen Freiräumen?“ „Das sicher, aber wozu ?“ „Ruben und seine Leute sind vielleicht dankbar, wenn ich ihnen ein paar Kniffe beibringe. Auf dem fahrenden Untergrund können sie dann auch gleich lernen, das Gleichgewicht zu halten. Und… vermutlich kann ich das Training gebrauchen. Es ist eine Weile her, dass ich eine echte Waffe in Händen hatte.“ „Klingt ja fast so, als wäre Euch das Leben als Schmied zu langweilig geworden, Herr Prätorianer?“ „Nein. Nur wie Ihr schon sagtet. Ihr habt die Absicht, diese Leute lebend an ihr Ziel zu bringen und dieses Ziel teile
ich.“
EagleWriter ^^ Freut mich doch, wenn es gelingt mit den Charakteren zu unterhalten. lg E:W |
EagleWriter ^^ lg E:W |
abschuetze So, so, die Gejarn sind also einfach so ohne Waffen verschwunden? Oder haben die nur die Eine zurückgelassen? |
EagleWriter Waffen sind nicht grade Mangelware, wenn man nicht grade wegrennt :-) lg E:W |