Vorwort
FORUMSBATTLE 33 : Metamorphosen In der Kurzgeschichte müssen folgende Wörter vorkommen:
Tischtennisarm, rudimentär,
Schilddrüsenunterfunktion,
antizipieren, angeln,
glorreich, Schmetterling,
Universum, Püree,
Mimose, hingebungsvoll,
kariert.
Der Traum vom Astronauten
Till war 15 Jahre alt, als er 1969 die glorreiche Mondlandung am Fernseher verfolgte. Als er dann Neil Armstrong über den Mondboden hüpfen sah und das auch noch mehrmals in Zeitlupe wiederholt wurde, stand sein Entschluss fest: Er wollte Astronaut werden, wollte auch einmal so über den Mond hüpfen, wie es Armstrong vorgemacht hatte.
Als er mit seinem Vater darüber sprach, machte dieser ihm wenig Hoffnung, als er
meinte: „Ich glaube kaum, dass sie gerade auf so eine Mimose wie dich, gewartet haben.“
Aber anstatt beleidigt zu sein, nahm Till sich vor, seinem Vater zu zeigen, was in ihm steckt und wie ernst es ihm war.
Seine Vorstellung vom Universum war eher rudimentär aber er war begeistert von der Metamorphose, die das Weltall mit Mond und Sterne hervor gebracht hat.
Je älter er wurde, um so ernster beschäftigte er sich mit dem Ziel: Astronaut zu werden.
Ein wichtiges Kriterium war natürlich die Fitness und vor allem die Gesundheit.
Gesundheitlich gab es bei ihm keine nennenswerten Beschwerden – abgesehen von gelegentlicher Müdigkeit, der er aber keine Bedeutung bei maß.
Für die Fitness tat er einiges. Um seine Reflexe zu trainieren, spielte er Tischtennis und das mitunter so hingebungsvoll, dass er schon einige Male, wegen einem Tischtennisarm aussetzen musste. Aber das hinderte ihn nicht beim Ausdauersport. Auch vor Marathonläufen scheute er sich nicht und er wagte sich sogar an die Disziplinen des Ironmans heran.
Seine Essgewohnheiten passte er auch
seinem anvisierten Ziel an und da war es mit Püree und Pasta - welches er im Allgemeinen sehr gerne aß - alleine nicht getan. Da musste schon handfestere und kalorienreichere Kost her, wie z.B. tellergroße Steaks, Braten mit entsprechender Beilage, u.s.w.
Seit einiger Zeit hatte er auch eine Freundin und wenn er an sie dachte, spürte er Schmetterlinge im Bauch. Mit ihr hatte er noch nicht über sein Vorhaben gesprochen, aber das wollte er bei der nächsten Gelegenheit nachholen. Dazu wollte er sich aber Zeit lassen, denn
so etwas Wichtiges, ließ sich natürlich nicht zwischen Tür und Angeln besprechen.
Als es eines Tages soweit war, zog er sich zum Date ein kariertes Hemd an, was sie zwar nicht mochte, aber damit konnte er sie am besten aufziehen und es sorgte von Beginn an für Gesprächsstoff.Als sie sich in einem Cafe' trafen, und seine Freundin seinen Gesichtsausdruck sah, antizipierte sie, dass er ihr etwas besonderes mitzuteilen hatte. Er ließ sie auch nicht lange im Ungewissen. Als sie Platz genommen hatten, teilte er ihr mit, was er zu tun
gedachte.
Damit stieß er bei ihr nicht gerade auf Begeisterung oder Freude. Dafür war das Risiko der Astronauten einfach zu groß und sie meinte scherzhaft: „Aber nur unter der Bedingung, dass Du eine hohe Lebensversicherung abschließt.“ „Dazu müssen sie mich aber zuerst einmal annehmen“, schmunzelte er, „ und das hängt von der Untersuchung ab.“
Er Teilte ihr weiter mit, dass er auch schon einen Untersuchungstermin von der Weltraumbehörde habe.
Es machte sie schon etwas Stolz, ihn zum Freund zu haben, denn allein die
Vorauswahl überstanden zu haben, machte ihn zur großen Ausnahme und charakterlich hatte sie auch keine Bedenken. Auch was seine Physis betraf, hatte sie eigentlich keine Bedenken. Obwohl sie manchmal den Eindruck hatte, dass er beim Sex etwas schwächelte - was sie ihm natürlich nicht sagte und das sollte im Weltraum auch keine Rolle spielen.
Im Weltraum spielte das sicher keine Rolle, aber bei der Untersuchung, die einige Zeit später stattfand schon, denn man stellte bei ihm eine irreparable Schilddrüsenunterfunktion fest,
welches höchstens für den Verwaltungsdienst gereicht hätte, aber auf keinen Fall für einen Einsatz im Weltraum.
Nun konnte er sich auch seine gelegentliche Müdigkeit erklären und ob das sexuelle Schwächeln etwas damit zu tun hatte, konnte er nicht beurteilen, denn davon wusste er nichts und selbst hat er es auch nie bemerkt.
Er war sehr enttäuscht darüber, dass die Metamorphose vom Träumer zum Astronauten nicht stattgefunden hatte und seine Freundin war, nach wie vor, stolz auf ihn. Über das leichte
Schwächeln, sah sie verständnisvoll und geflissentlich hinweg und freute sich darüber, dass es sich erübrigt hatte, ihm seinen Traum auszureden.