Ihr Licht
Einst gebar sie uns in Milde
und gewährte uns den Atem
ihrer Winde, ihre Quellen
schöpften wir, um uns zu tränken
und ihr Licht war unser Licht.
Ihre Früchte waren Nahrung,
ihre Schätze uns Geschenk
und an jedem Sommertage
sang sie uns in Vögelchören
warme Lieder über Freiheit
und ihr Licht war unser Licht.
Doch wie jedes Kind erwachsen
und im Übereifer
hitzig
sich von seinen Eltern wendet,
um den Lebensweg zu gehen,
so entschlossen wir uns töricht,
unsren wilden Trieben hörig,
ihr den Rücken zuzukehren,
sie zu schänden und zu schmähen,
nur um eine kalte, schwarze,
staubbedeckte Welt zu schaffen
und ihr Licht traf uns nicht mehr.
Wir durchbohrten ihre Haut,
um von ihrem Blut zu saufen,
wir verschmutzen ihren Atem
und verpesteten das Meer,
bloß aus Lust und Gier nach mehr
morden wir und fressen
schmatzend,
was auf Pfoten und auf Tatzen
einst mit uns zusammenlebte,
ihre Söhne, ihre Töchter,
die wie wir nur leben möchten,
doch zu schwach, um sich zu wehren
unter Knallen von Gewehren
fallen und Gefallen bieten
für perverse Luxusriten:
ihre Häute sind uns Schmuck
und ihr Fleisch stopft unsre Mägen,
bis wir fett und lahm uns quälen
und an Übermaß verrecken,
uns in dunkle Särge stecken
und ihr Licht trifft uns nicht mehr.
Doch nicht alle sind ihr
Feind,
manche sehen und begreifen,
lassen sich nicht mehr verblenden,
geben ihr die Liebe wieder,
achten sie und schätzen sie.
Kühlen ihre wunden Glieder,
pflegen sie wie eine Mutter
und erhalten mehr als Güter,
mehr als Reichtum und Moneten,
mehr als Glitzern harter Steine,
mehr als tausend kalte Scheine:
Ihre Milde, ihre Winde,
ihre Quellen und ihr Licht,
das auf müde Seelen sanft
fließt aus ihrer warmen Hand,
schenkt sie ihnen, lässt sie wieder
in den Schoß, der sie
gebar.
Nur für sie erklingen Lieder
und sie hallen lauter wider,
immer wieder, ihr zu Ehren,
dass sie tausend Blinde lehren,
dass sie tausend Taube weisen
und den Jungen wie den Greisen
wieder etwas Hoffnung schenken
und ihr Licht wird unser Licht.