Das Kaiserreich von Canton, versinkt im Krieg, zwischen den rivalisierenden Armeen des Zauberfürsten Simon Belfare und den Streitkräften der Herrschenden Ordeal-Dynastie. Während beide Seiten das Land, ohne Rücksicht verbrennen, versuchen tausende von Flüchtlingen sich vor den, immer weiter um sich greifenden Kämpfen, nach Süden zu retten. Inmitten all dieser Unruhen, möchte der wandernde Schmied Leif, eigentlich nur in Ruhe gelassen werden. Schließlich, doch gezwungen, sich einem
der Flüchtlingstrecks anzuschließen, macht er sich auf den Weg, die Zerstörung, wie so viele, hinter sich zu lassen.
Unwissend, das der Schlüssel, zum Ausgang des Krieges, bald in seinen Händen liegen wird.
Und eine Welt, in der es keine richtige Seite mehr gibt, ist ein gefährliches Pflaster.
Bildquelle : Kurt Bouda / pixelio.de
Celani wurde von einem Geruch geweckt, den sie zuerst nicht richtig einordnen konnte. Als sie die Augen aufschlug, blendete sie die Sonne kurz. Auch wenn das Licht durch die Blätter gedämpft wurde, musste sie ein paar Mal blinzeln, bevor sie ihre Umgebung erkennen konnte. Die Gejarn setzte sich auf und sah sich um. Rauch tanzte über dem mittlerweile völlig heruntergebrannten Feuer. Und genau das lag auch in der Luft. Rauch. Rauch und Asche, aber nicht von Holz.
Seltsam, seit wann konnte sie einen Geruch nicht einordnen? Celani schüttelte die Decken ab, auf denen sich Tau gesammelt hatte und stand auf.- Sie konnte sich nicht mehr erinnern, wann sie einmal eine ganze Nacht durchgeschlafen hatte. Aber… verflucht, das hieß Leif hatte sie doch absichtlich verschlafen lassen. Sie ließ den Blick zu den umliegenden Bäumen wandern, konnte den Schmied… oder den Prätorianer aber nirgendwo entdecken. Was war er jetzt eigentlich? Celani zögerte davor, sich diese Frage zu beantworten. Ein gefährlicher Mann. Ein Freund. „Der Kerl, der keine zweite erste
Wache bekommt.“, murmelte sie und trat schließlich unter den Bäumen hervor um Leif zu suchen. Dieser, saß scheinbar entspannt, an einen der Bäume gelehnt und hielt die Straße im Auge. Eine brennende Pfeife in der Hand und einen halb leeren Beutel Tabak auf dem Schoß. „Morgen.“ , meinte er und klang trotz seiner alleinigen Nachtwache kaum verschlafen oder müde. Wenigstens wusste sie jetzt, woher der ungewohnte Geruch gekommen war. „Du wolltest mich wecken.“ , erklärte die Gejarn vorwurfsvoll. „Ich war… etwas in Gedanken, glaube ich. Und ich habe darüber die Zeit
vergessen. Es hätte nichts mehr gebracht, Dich für die paar Stunden aus dem Schlaf zu reißen.“ Leif klopfte die Pfeife aus und verstaute sie wieder in dem Rucksack, den er bei sich hatte. „Ich hab gestern die Vorräte überprüft. Also zum Frühstück steht zur Verfügung: Wahlweise Räucherspeck mit Brot oder Brot mit Räucherspeck.“ Sie entschieden sich, sofort aufzubrechen und auf dem Weg zu essen. Während sie die Wälder abermals hinter sich ließen, hielt Leif nach Abzweigungen Ausschau, die sie in die belebteren Gebiete der Herzlande bringen würden. Canton gliederte sich,
dank seiner Größe, in die unterschiedlichsten Klimazonen, aber Leif selbst fand es hier, im Zentrum des Kontinents, noch am angenehmsten. Im Norden warteten steile Berge und eine endlose Landschaft aus Eis… und weiter im Süden Steppen, die weiter im Unbekannten zu gewaltigen Wüstengebieten ausliefen. Und im Osten und Westen lag das Meer, das bisher noch keiner überquert hatte. Bis auf die Zwerge, die einst über das Wasser geflohen waren, wenn man den Legenden glauben durfte. Celani kaute derweil skeptisch auf einem Stück Brot herum. „Ich versteh nach wie vor nicht,
wieso ihr Menschen, alles so kompliziert zubereiten müsst.“ „Muss man nicht, schmeckt aber besser.“ , erklärte der Schmied mit halbvollem Mund. „Oder vielleicht haben wir uns mittlerweile einfach daran gewöhnt.“, fügte er nachdenklich hinzu. „Was hat der erste Mensch gedacht, als er Fleisch briet?“ „Das gleiche, wie der verzweifelte oder kranke Kerl, der auf die Idee kam, dass man Kuhmilch trinken kann.“ „Milch wäre um Längen besser, als trockenes Brot.“ Leif schmunzelte. „Warum wusste ich das schon?“
Ihr Weg führte sie aus den Wäldern heraus, zu einem Tal, in dem verstreute Seen lagen. Der Pfad dem sie gefolgt waren, zog sich in Serpentinen die Hügel hinab, und zwischen den stillen Wasserflächen hindurch. Und zwischen den Teichen konnte Leif noch etwas anderes erkennen. Das graue Band einer gepflasterten Straße. Das Steinwerk durchzog das Land, soweit Leif sehen konnte, und verschwand in beide Richtungen in der Ferne. Sie waren an einem der großen Handelswege angekommen, die das Kaiserreich wie ein Netz durchzogen. Damit hätten sie die erste Hürde schon einmal genommen, dachte er, während sie sich wieder auf
den Weg machten. Erst aus der Nähe wurden einem die Ausmaße der großen Handelsstraßen bewusst. Leif schätzte, dass zwei große Ochsenkarren ohne Probleme nebeneinander Platz gefunden hätten und links und rechts noch Platz für ein Dutzend Reisender bliebe. Es war eine Weile her, dass er auf diesen Wegen gereist war. Selbst als er noch im Dienst des Kaisers stand, hatten die Prätorianer oft verborgene Pfade bevorzugt. Sie reisten abseits der üblichen Heeresrouten und in kleinen Gruppen und waren so meist schneller, als die gewöhnlichen Soldaten. Schneller und nur einem Herren unterstellt.
„All die Steine, die man für ein paar Meilen Straße braucht…“ Celani war von dem Weg, den sie nun folgten, offenbar nicht weniger beeindruckt. „Und vergiss nicht, die muss auch jemand alle noch verlegen, befestigen und bei Bedarf auch austauschen.“ „Ihr Menschen seid wirklich verrückt. Das dauert doch ewig.“ Leif schüttelte den Kopf. „Die Straßen selbst halten dafür auch eine Ewigkeit. Ich habe einmal gesehen, wie eine gebaut wird. Teilweise arbeiten zweihundert Menschen gleichzeitig daran. Während eine Gruppe Erde abträgt, macht die andere Messungen und wieder andere schaffen schon
Füllmaterial herbei. Und eine vierte trägt das Pflaster auf, wenn der Rest weiterzieht. Arbeitsteilung. Wenn das Kaiserreich eins ist, dann effizient. Sonst hätte Simon Belfare es wohl auch schon bezwungen.“ Sie waren der neuen Handelsstraße noch keine zwei Stunden gefolgt, als sie auf einen höchst ungewöhnlichen Anblick stießen. Leif hatte ja damit gerechnet, früher oder später auf einige Flüchtlinge zu treffen. Was sie dann aber fanden überraschte ihn. Celani war vorausgegangen und hatte grade einen kleinen Hügel erklettert, als die Gejarn plötzlich stehenblieb und sich zu ihm umdrehte.
„Sie Dir das an.“ Leif beschleunigte seine Schritte um zu ihr aufzuschließen und konnte schließlich auch sehen, was sie dazu veranlasst hatte, anzuhalten. Die Straße vor ihnen war blockiert. Der Schmied zählte Dutzende Wagen, die hintereinander auf dem Pflaster standen und sich nicht mehr vom Fleck bewegten. Der Schmied konnte nicht sagen, dass er jemals derart viele auf einem Haufen gesehen hatte. Die verschiedenen Zugtiere, Ochsen und Pferde, schnaubten, als spürten sie schon, dass etwas nicht stimmte. Und dann waren da die Menschen. Manche liefen neben den ärmeren Karren her,
andere saßen auf einfachen Zugwagen mit ihren Habseligkeiten und manche schienen nur zu Fuß oder zu Pferd unterwegs. Leif bedeutete Celani ihm zu folgen und lief rasch den Hügel hinab. Aus der stehenden Karawane löste sich rasch eine dreiköpfige Gruppe, die ihnen entgegenkam. Ein ziemlich bunter Haufen, wie Leif feststellte. Zwei Männer und eine Frau mit auffälligem rotem Haar. Bewaffnet war nur einer ihrer zwei Begleiter. Der erste trug nur eine seltsam anmutende, schwarze Robe, die ihm ein Stück zu lang schien. Der Stoff schleifte hinter ihm am Boden und war schon deutlich abgewetzt.
Der zweite Mann trug dafür ein Schwert und einen groben Nietenpanzer. Der Schmied hob rasch die Hand zum Gruß um den Drei zu bedeuten, dass sie keine Bedrohung darstellten. „Willkommen, sofern in diesem Land noch irgendjemand willkommen ist. Darf man erfahren, wer Ihr seid?“, wollte der Schwertträger wissen, sobald sie in Hörreichweite waren. Er klang nicht unfreundlich, sah aber auch nicht wirklich wie ein erfahrener Kämpfer aus, wie Leif mit einem kurzen Blick feststellte. Die wenigen Haare, die ihm auf seinen Kopf blieben, waren an den Ansätzen ergraut und seinen Armen schien die Kraft zu fehlen, die ein lang
geübter Umgang mit Waffen mit sich brachte. „Mein Name ist Leif. Leif aus Goldbrück.“ „Celani.“ , stellte sich die Gejarn vor. „Ein Gejarn und ein Mensch, die zusammen reisen. Hätte nicht gedacht, das ich das mal sehe. Aber es sind wohl auch ungewöhnliche Zeiten. Selbst bei uns haben sich ein paar Clan-Flüchtlinge eingefunden. Ich bin Ruben. Meines Zeichens Taugenichts, wie Erik sagen würde Und das hier sind Sandria.“ Er deutete auf die rothaarige Frau, „und unser aller Sorgenkind Lewyn.“ Bei diesen Worten breitete sich ein schwaches Lächeln auf seinem Gesicht aus.
Der Robenträger nickte nur. Soweit Leif das erkennen konnte, war der Mann noch jung, vielleicht knapp zwanzig, hatte aber bereits einen breiten, grauen Haarstreifen. Celani spähte über die Köpfe der Gruppe hinweg zu den nach wie vor stehenden Karren. „Darf ich fragen, warum Ihr hier wartet?“ „Das wüsste ich auch gerne.“, meinte die rothaarige Frau, die Ruben als Sandria vorgestellt hatte. Leif fiel sofort ihre Stimme auf. Ein seltsam melodischer Singsang lag darin. „Eben sind wir noch unterwegs und im nächsten Augenblick taucht die
kaiserliche Garde wie aus dem Nichts auf und hält uns an. “ „V…vielleicht...“ , setzte der Junge in der schwarzen Robe an. Ruben legte ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter. „Lewyn, wären die hinter Dir her, würden sie nicht lange fackeln. Erik bekommt das hin.“ Der Schmied horchte auf. Das war jetzt das zweite Mal, dass dieser Name erwähnt wurde. „Wer ist dieser Erik?“ „Man könnte ihn unseren Anführer nennen, glaube ich. Oder zumindest sowas in der Richtung.“ , fügte Ruben murmelnd hinzu.
„Erik Flemming. Der bei weitem verrückteste Kerl, der mir je untergekommen ist.“, erklärte Sandria kühl. „Er ist irgendwo weiter vorne und unterhält sich mit den Gardisten, wenn Ihr euch selber davon überzeugen wollt.“ „Das werden wir vielleicht sogar müssen.“, antwortete Leif. „Wenn Celani einverstanden ist, würden wir uns Euch gerne anschließen.“ „Noch zwei Mäuler mehr zum durchfüttern.“, seufzte Ruben. „Es tut mir leid, aber, wenn Ihr nur hier seid um….“ Leif unterbrach ihn sofort. „Ich hatte nicht geplant, mich nur mitschleppen zu lassen. Zufällig bin ich
Schmied. Ich könnte mir beispielsweise das Schwert, das Ihr da tragt, mal ansehen. Nehmt Ihr uns mit, komme ich durchaus für meine Unkosten auf.“ „Auch wenn ich Euer Angebot schätze, das liegt nicht bei mir. Oder nicht bei mir alleine. Wenn Ihr Erik überzeugen könnt, soll es mir aber recht sein… Leif?“ „Richtig. Ihr habt gesagt, den finden wir weiter vorne?“ „Einfach den wütenden Flüchen folgen.“, wies Ruben sie an.„Ihr könnt ihn praktisch nicht übersehen… oder überhören.“ „Danke.“ Leif nickte dem Mann kurz zu, bevor er und Celani sich wieder auf
den Weg machten, vorbei an der Schlange aus Kutschen, Wagen und Handkarren und den Menschen, die ihnen neugierig hinterher sahen. „Hältst Du das wirklich für eine gute Idee?“, wollte die Gejarn wissen. Er antwortete nicht sofort. Götter, so viele Leute… das Ende der Karawane war noch lange nicht in Sicht und schon schätzte Leif, dass hier mindestens zweihundert Menschen sein mussten. Und nicht nur Menschen. Ruben hatte ja bereits erwähnt, dass sich auch einige Gejarn darunter befanden. Es waren nicht viele, aber Leif zählte ein gutes Dutzend Gejarn. „Es ist die einzige Idee, die ich
habe.“, gab er schließlich zu. „Lass uns erst einmal abwarten, was hier überhaupt los ist.“ „Wenn Soldaten des Kaisers hier sind….“ „Ich glaube nicht, dass man nach uns sucht. Oder, sicher wird man nach uns suchen, aber niemand hat uns bisher gesehen, oder?“ „Nein. Es gefällt mir nur trotzdem nicht.“ Leif konnte das nachvollziehen, doch… sie konnten diese Chance schlecht verpassen. „Etwas Vertrauen. Wir reden erst mal mit diesem Flemming und wenn Du dann immer noch weg willst, suchen wir eine
andere Möglichkeit, nach Süden zu kommen.“ Er konnte sich wohl hoffentlich auf Celanis Instinkte verlassen, wenn es darum ging, jemanden einzuschätzen. Wobei das bei ihm ja nicht funktioniert hatte. Oder doch richtig? Sie wusste immer noch nur die Hälfte. Der Rest ging aber auch niemanden etwas an. Bevor sie sehr viel weiter gegangen waren, bewahrheitete sich Rubens Warnung. Eine laute Stimme drang schon von Weitem bis zu ihnen, auch wenn Leif keine einzelnen Worte verstehen konnte. Der Schmied beschleunigte seine Schritte, vorbei an weiteren endlosen Reihen aus Wagen. Bis er endlich das
Ende der Schlange sehen konnte. Und schließlich stießen sie so auf die Ursache für den Halt der Karawane. Eine einzelne Gestalt, die auf eine achtköpfige Gruppe bewaffneter Gardisten einredete. Die Soldaten des Kaisers schienen sich von den Worten des Mannes kaum beeindrucken zu lassen. Leif blieb stehen, genau wie Celani. Was immer hier vorging, er wollte lieber nicht zwischen die Fronten geraten. Nicht, solange es sich vermeiden
ließ.
EagleWriter Ja, Kannste und nochmal ja um diese Fragen zu beantworten. lg E:W |
EagleWriter Wenn man die Zeitspanne betrachtet, ist Erik bei seinem ersten Zusammentreffen mit Cyrus über 300 Jahre alt... ;-) |
abschuetze Wäre auch zu schön gewesen: eine Karawane, die sie mit nimmt. Sehr gut. Ein Ereignis jagd das andere. Immer schön spannend und man will immer noch weiter lesen. |
EagleWriter Danke, das freut mich doch. :-) lg E:W |