Beschreibung
Nun, falls IRGEND JEMAND meint, er, sie oder es, sich hier wieder zu finden, so ist das ein IRRTUM. GANZ BESTIMMT ! EHRLICH !
Aber selber lesen macht schlau :
Ich empfehle, den Text in der Reihenfolge zu lesen. Viel SpaĂź !
Titelbild : 2MASX J00482185-2507365 (hubble)
Zwischenspiel zwei: Eine seltsame Begnung
Doktor Doktor Nabil Yinjah al-Zaj Waquur al-Sihr Sharqi Safir Jasur Bi Jasara Musehil al-Wahed stand auf einer Leiter und beschnitt eine Hecke. Dazu pfiff er verschiedene Variationen der Reprise aus dem ersten Satz des Harfenquartettes, wobei die Heckenschere die Pizzicati übernehmen musste. Er war derartig vertieft in seine Arbeit, daß er die junge Frau nicht bemerkte, bis sie ihn ansprach.
"Sind Sie dieser seltsame Iraker ?"
Nabil schaute nach unten. Am Fuß der Leiter stand eine zierliche Frau in einem blauen Baumwollkleid, mit einer Nickelbrille und kurzen blonden Haaren. Er schätze sie auf Anfang Dreißig. Nabil musste etwas länger geschaut haben, denn leicht verärgert fragte sie nach.
"Sind Sies nun oder nicht ?"
Nabil seufzte, legte die Heckenschere aus der Hand und kletterte die Leiter herunter.
Dann fragte er, zur Überraschung der Frau in absolut akzentfreiem Deutsch, zurück: "Und wer sind Sie, wenn ich fragen darf, und wie kommen Sie hier herein ?"
"Sie sind es also. Und wieso lassen Sie sich mit diesem lächerlichen Spitznamen anreden ?"
"Mich stört er eigentlich nicht. Aber woher wissen Sie das?"
"Seit über einer Woche lese ich diesen seltsamen Roman," schimpfte die Frau, "und langsam wird es mir zu bunt !"
"Achso, ", sagte Nabil, "Sie sind eine kritische Leserin."
Er senkte die Stimme zu einem leisen Flüstern.
"Dann lassen Sie sich bloß nicht vom Autor erwischen, der macht sonst kurzen Prozess mit Ihnen."
"Das ist mir völlig egal !", rief die Frau trotzig, schaute sich aber doch ein wenig verunsichert im Garten um und fuhr dann, ebenfalls etwas leiser fort: "Oder meinen Sie er kann uns hören ?"
"Zuletzt habe ich ihn in der Garderobe gesehen.", sagte Nabil, "Er hatte recht gute Laune, weil er sich ja selber in das letzte Kapitel mit reingeschrieben hat, und das war ja wirklich nicht schlecht."
"Das habe ich mir gedacht.", entrüstete sich die Frau, "Vermutlich hat er die letzte Szene auch nur erfunden, weil er Sarahs Brüste angeifern wollte, so ein Fiesling !"
"Naja, privat ist er eigentlich ganz in Ordnung. Was finden Sie denn so schlimm an der Story ?"
"Ach wissen Sie, ", sagte die Frau, "am Anfang war das ja ganz nett, mit der doppelten Ich-Perspektive und so. Aber wie er dann diese Minsterin und ihren Butler eingeführt hat und dann noch diese beiden Killer, da findet man sich doch überhaupt nicht durch !"
"Tja, ", gab Nabil zurück, "was soll man machen, er ist der Boss, es ist schließlich seine Show."
"Es ist nur so verdammt schade !", sagte die Frau, "Er hat doch eigentlich Talent und dann schreibt er solchen Mist. Ich meine dafür findet der niemals einen Verlag, sowas kauft doch kein Mensch."
"Ich glaube, das ist ihm egal.", sagte Nabil, "So wie ich ihn kenne, schreibt er das alles nur zum Spaß."
"Spaß?", keifte die Frau, "Was soll denn Spaß bei der Sache? Literatur ist eine ernste, eine hohe Kunst ! Spaß, das ich nicht lache !"
"Sie müssen es ja nicht lesen.", versetzte Nabil, nunmehr deutlich lauter, denn er hoffte, der Autor würde endlich bemerken, welch absurden Dialog er hier hatte und dieser Sache irgendwie ein Ende machen.
"Lesen Sie doch einfach irgend etwas anderes, hier gibt es doch wahrlich genug Auswahl !"
Die Frau schaute ihn nachdenklich an. In der Tat hatte sie bereits darüber nachgedacht, sich von diesem seltsamen Machwerk abzuwenden und mit viel besseren Texten zu befassen, aber andererseits ging doch ein merkwürdiger Reiz von der Geschichte aus.
Und wenn sie ganz ehrlich war, wollte sie doch wissen, wie es weiter gehen würde. Sie zuppelte ein wenig an ihrem Kleid, rückte ihre Brille zurecht, und fragte dann : "Und wenn Sie mal mit ihm reden ?"
"Das können Sie eigentlich auch selber tun !", dröhnte eine befehlsgewohnte Stimme von der riesigen Terrasse des Hauses her. Der Autor lies die kritische Leserin mit einem knalligem Fingerschnipsen verschwinden und teleportierte sich direkt neben Nabil.
"Hör mal zu, mein Freund, " sagte er deutlich verärgert, "ich möchte es eigentlich nicht so brutal durchziehen, aber Du solltest immer bedenken, daß Du bislang nur eine eher zweidimensionale Figur der Nebenhandlung ohne direkte Rede bist. Ich wollte Dich zwar noch ein wenig ausbauen, Dir eventuell sogar noch einiges an Dialog geben, aber ..."
Today verstand sofort.
"Isse alles klar, Cheffe," sagte er und machte sich wieder an die Arbeit.