Wie fern der Himmel hinter lila Wolken...Teil 7
©roxanneworks 2014 / 06
Es war erst eine Stunde her, dass Martiné den Raum verlassen hatte, um sich ihren Aufgaben zu widmen, als Francis das Eintreffen des Comte de Marville ankündigte. Philip stand noch ganz unter dem aufwühlenden Eindruck, den seine Frau bei ihm hinterlassen hatte.
" Du siehst ziemlich mitgenommen aus, mein Lieber", bemerkte Louis lächelnd.
" Kann es sein, dass ich Belustigung in deiner Stimme höre, du Spötter?"
" Nun, ich muss gestehen, es belustigt mich. Nicht deine Situation ansich - ich denke, das ist dir klar - aber der desolate Zustand, in dem ich dich hier
vorfinde, verzeih mir - ist köstlich anzusehen."
" Louis, du hast ein Herz aus Stein! Kannst du dir auch nur im entferntesten vorstellen, wie es in mir aussieht? Sie schläft unter diesem Dach. Und bei Gott, ich habe letzte Nacht kein Auge zugemacht." Philip sah leidend aus und Louis lachte prustend.
" Du bist ein wahrer Freund!"
" Das bin ich, mein Lieber. Das bin ich. Sag, wie hat sie auf dich reagiert? Hast du Martiné täuschen können oder glaubst du, sie hat etwas gemerkt?"
" Eigentlich war es eine irritierende Begegnung. Wie abgesprochen sprach ich
kein Wort. Francis war äußerst hilfreich und übernahm die Erklärungen. Ich glaube, sie war aufgeregt. Nur ihr Lächeln verwunderte mich. Dieses warme, liebevolle Lächeln...."
" Wieso verwundert es dich? Bestimmt wollte sie nur freundlich sein."
" Nein, dieses Lächeln galt mir. Mir, verstehst du. Dem Mann, der vor ihr stand und ihren Blick erwiderte."
" Jetzt bilde dir nichts ein, Philip. Für sie ist es auch eine außergewöhnliche Situation, vergiss das nicht! Meiner Ansicht nach, ist Martiné eine sehr bemerkenswerte Frau und ich bin überzeugt, wenn die Zeit gekommen ist,
wird sie dein Verhalten und die Gründe vollends verstehen."
" Bis dahin ist es noch ein weiter Weg, mein Freund. Womit wir bei Thema wären. Begleitest du mich zu der Zusammenkunft heute Nacht? "
" Du willst es wirklich wagen? Ist es nicht noch zu früh, ein derartiges Risiko einzugehen, Philip?"
" Zu früh? Lieber Louis, es ist fast zu spät. Die Zeit läuft uns davon - wir müssen handeln! Die Zeit ist unsere größte Gefahr."
" Gut, gut, ich komme mit. Um Mitternacht erwarte ich dich mit der Kutsche. Doch zuerst kredenzt du mir
ein Glas Port und eine Zigarre - dann plaudern wir weiter, " schlug Louis vor.
***
Martinè hatte sich den ganzen Tag über mit ihren Aufgaben vertraut gemacht. Francis war ein geduldiger Begleiter und stand ihr bereitwillig Rede und Antwort, zeigte ihr die Aufteilung des Hauses und führte sie durch die Gartenanlagen. Es war ein wirklich schönes Anwesen. Besonders gefiel ihr der Teich mit den vielen Seerosen, an dessen Ufer ein kleiner hölzerner Pavillon stand. Von dort konnte man fast den ganzen Park überblicken, bis hinauf zum Wohnhaus
und sie hatte sich versprochen, die eine oder andere stille Stunde dort zu verweilen.
Es musste schon kurz vor Mitternacht sein, doch sie fand einfach keinen Schlaf.
Ihre Gedanken wanderten zu dem verhüllten Gesicht ihres Gastgebers, dessen Blick sie seltsam aufwühlte und dessen Verhalten sie nicht verstand.
Es lag etwas Distanziertes in seinem Auftreten, gleichwohl reagierte sie auf ihn. Martiné konnte sich ihre Reaktion nicht erklären und je mehr sie darüber nachdachte, desto unruhiger wurde sie. Ein Glas heiße Milch mit Honig würde
sicher helfen, überlegte sie, schlüpfte aus dem Bett und warf sich ihren Morgenmantel über.
Barfüßig eilte sie den langen Korridor entlang. Die Bienenwachskerzen des zweiarmigen Leuchters, den sie mit der Hand ausbalancierte, warfen flüchtende Schatten an die hohen Wände und spendeten ihr nur wenig diffuses Licht. Martiné wollte soeben das weite Fojer betreten, als sie eine Tür ins Schloss fallen hörte. Sie blieb abrupt stehen, drängte sich dicht an die kalte Wand des Flures und blies die Kerzen aus.
Es wäre ihr unerträglich, wenn jemand sie in diesem unangemessenen Aufzug
bemerken würde.
Schritte hallten durch die Stille, durchquerten den Eingangsbereich des Hauses und huschten zum Portal hinaus. Dann vernahm sie das Klappern von Pferdehufen und das dumpfe Poltern einer sich schnell entfernenden Kutsche.
Trotz der Dunkelheit im Raum hatte sie die schwarze Gestalt erkannt, die mit auffällig schlurfendem Gang zur Tür hinaus geschlüpft war. Warum nur verließ Monsieur Armonde um diese Zeit noch das Haus? Es erschien ihr höchst merkwürdig, schon gar, wenn sich der Herr im Dunkeln davonstahl, wie ein
Dieb in der Nacht. Vielleicht gab es dafür eine vernünftige Erklärung, nur ihr wollte partou keine einfallen.....
Ende Teil 7