Hallo und ein Dankeschön an alle, die sich die Zeit genommen haben, meinen Roman anzuklicken und vielleicht auch zu lesen. Dies sind die ersten Kapitel meines ersten Buches. Sie sind noch nicht so, wie sie sein sollen, wenn das Buch fertig ist und weit von perfekt entfernt. Dennoch hoffe ich, dass sie euch gefallen und ihr mir, falls euch etwas auffallen sollte, hilfreiche Tipps geben könntet. Viel Spaß!
Es war ein ganz normaler Tag an der mehr oder weniger kleinen Provinzschule der kleinen Stadt. Sie verband alle Schulformen von der Grundschule bis zur Berufsschule, doch es gab für jeden Jahrgang nur eine Klasse. Diese Klassen hatten selten mehr als 15 Schüler. Das ganze Prinzip der Schule klingt fuer Aussenstehende ungewöhnlich, doch wenn man die Umstände genauer betrachtete, so erklärte sich alles von ganz allein. Die Stadt, in der diese Institution lag, befand sich nämlich inmitten eines Tals, welches von massiven Bergketten umschlossen war. Eine Fahrt in
die nächstgelegene Stadt dauerte so mindestens zwei Stunden und war für die meisten Autos so gut wie unüberwindbar. So gab es auch kaum Fahrzeuge, da sich alles sehr gut zu Fuß erreichen liess. Elias war einer der 12 Leute, die momentan das zweite Jahr der Berufsschule absolvierten. Er war ein eher hagerer und sehr kleiner Mann, hatte blondes Haar und blaue Augen. Ruhig und zurückhaltend, waren wohl die am meisten verwendeten Worte, um ihn zu beschreiben. Er würde Baecker werden. So wie seine Eltern, seine Großeltern, seine Urgroßerltern und wer weiß, wie viele Generationen noch vor ihm Bäckermeister waren. Er war sich sicher, dass sich daran nichts ändern würde. In ein
paar Jahren würde sein Kind hier an dieser Stelle sitzen. Er wuenschte sich, ein anderes Schicksal und, wenn nicht fuer sich selbst, dann wenigstens für seinen Nachwuchs. Wer weiss, vielleicht würde sein Kind mal einen anderen Beruf erlernen. Was allerdings nicht viel ausmachen würde, wenn es um seine schulische Ausbildung ging. Jeder, der seine Klasse besuchte, lernte einen anderen Beruf. Er hasste seine Situation. Er wollte aus dieser Einoede entkommen, die große, weite Welt entdecken und nie wieder zurückkehren. Leider sprachen nicht wenige Faktoren dagegen. Seine Familie zählte nicht nur zu den ärmeren Familien (so wie eigentlich alle, außer die des Bürgermeisters),
sondern zu den Ärmsten der ganzen Stadt. Elias war sich sogar sicher, dass sie am wenigsten Hab und Gut besaßen. So war es ihm nicht nur unmöglich an ein Vehikel zu kommen, um es aus der Ortschaft zu schaffen. Nein. Auch seine Eltern konnte er nicht einfach so auf sich allein gestellt zurücklassen. Das Problem hatten alle seine Vorfahren. Nur war es bei ihm etwas schwerwiegender, denn sein Vater war schwer krank und konnte so kaum noch arbeiten. Eine Reihe vor ihm und zwei Plätze weiter links, saß Selina. Selina hattte kastanienbraunes Haar, große, smaragdgrüne Augen, eine Stupsnase und,
zumindest fuer Elias, das wohl schönste Laecheln der Welt. Sie war eher zurückhaltend und errötete schon bei nur dem geringsten Anflug eines Grundes dafür. Sie hatte immer die besten Noten von Allen. Seit der ersten Klasse teilten sich die Beiden nun ein Klassenzimmer. Was natürlich kein Wunder war, wenn man die Umstände betrachtete. Umso trauriger war es, dass sie in dieser Zeit nur so viele Worte miteinander gewechselt hatten, dass man diese an einer Hand hätte abzählen können. Elias versuchte sich immer einzureden, dass er sich damit abgefunden hatte, keine Chance bei ihr zu haben. Wie sollte er auch? Schließlich stammte er von der ärmsten, waehrend sie aus einer der
reichsten Familien entsprang. Ihre Eltern waren nämlich die Besitzer der hiesigen Bank. Das Einzige, was ihm zumindest einen Fünkchen von Hoffnung gab, war die Tatsache, dass die Situation beinahe die Gleiche war, wie bei seinen Vorfahren. Denn Betrat man die Schule, so fiel einem sofort eine Wand mit einer riesigen Ansammlung von Fotos der verschiedenen Klassen ins Auge. Von diesen Aufnahmen waren so viele vorhanden, da nicht nur die aktuellen, sondern alle Schüler zu sehen waren, die diese Schule je besucht hatten. Und hierbei saßen sein Vater und seine Mutter, sowie auch seine Groß- und Urgroßeltern alle in der gleichen Konstellation, wie auch Selina und er es
taten. Betrachtete man ein Schachbrett, so konnte man sagen, dass sie alle jeweils nur einen Pferdesprung von einander entfernt saßen. Gregor, der geistigbehinderte Gregor. Es war kein Wunder, dass er cognitive Defizite aufweiste, denn seine gesamte Familie war das Ergebnis jahrzentelangen Inzests. Elias hasste ihn abgrundtief. Dafür gab es einen ganzen Haufen von guten Gründen. Nicht nur, dass Gregor einen Freischein fuer Alles hatte, sondern auch die Tatsache, von diesem zu jeder erdenklichen Gelegenheit Gebrauch zu machen. Besonders, wenn es um Elias ging, nutzte er dieses Privileg nur allzu gerne
aus. Setze dieser sich zur Wehr, so durchbohrten ihn von allen Seiten die Blicke seiner Mitschüler. Ständig kam er nach der Schule mit hämmernden Kopfschmerzen, verursacht durch das Markerschütternde Lachen Gregor's, zu Hause an. Am heutigen Tag schien der Inzestjunge, wie Elias ihn gerne nannte, – natürlich nur in seinen Gedanken – in Bestform zu sein. Noch bevor die Klingel zur ersten Stunden läutete, war Elias auf hundertachtzig. Viele Faktoren spielten hierbei eine Rolle, die in ihrer Gesamtheit, einer Säge auf seinen Nerven gleichten. Der junge Bäckerlehrling war sich nicht sicher, was genau am
schlimmsten war. Vielleicht war es Gregors Tonfall, der bei allen Anderen einen 'oooh'-Effekt herbei rief oder doch die Tatsache, dass dieser ihm immer wieder die finanziellen Situationen ihrer Familien vorhielt. Die Familie des geistig Eingeschränkten, kam ohne Probleme ueber die Runden. Ihr gesamtes Geld bekamen sie von der Stadt, ohne einen Finger dafür rühren zu müssen. An und für sich war dies ja auch richtig so, dass sie allerdings so viel mehr hatten als Elias Familie, die sich Tag fuer Tag halb zu Tode schuften musste, um über die Runden zu kommen, gefiel ihm ganz und gar nicht. Daran andauernd erinnert zu werden, machte die Sache natürlich nicht viel besser. Warum
solche Menschen über Wasser gehalten wurden, verstand er jedoch nicht. Sie waren schließlich selber Schuld, dass sie das Blut ihrer ach so edlen Vorfahren rein halten wollten und deshalb Inzucht betrieben. Einst besass der Klan der Sureys – Gregors Familienname – das kleine Tal und einige der umschließenden Berge. Zumindest bis der Graf – diesen Titel hatte sich sein Urgroßvater selbst verliehen – durch einen Aufstand zum Zurücktreten gezwungen wurde. So besaßen die Sureys noch immer das umliegende Land, doch half ihnen dieses wenig. Höchstens ihr Ego wurde dadurch aufpoliert. Elias hatte es satt. Er hatte es satt, Gregors
Opfer zu spielen. Er hatte es satt, in diesem Kaff zu leben. Er hatte einfach ALLES satt. So platze ihm der Kragen. Er sprang auf deutete auf seinen Peiniger und liess eine Hasstirade auf denselbigen niederprasseln.
Elias war ratlos. Er schlenderte die Strasse entlang mit seinem zu Hause als Ziel. Seine Gedanken wirbelten und kreisten wie verrückt. Er hatte keine Ahnung wie lange Gregor seiner, für 12 Jahre zurückgehaltenen, Wut standhalten musste. Er konnte nicht einmal genau sagen, was er ihm alles an den Kopf geworfen hatte. Dachte er darüber nach, so sah er nur schwarz. Kurz nachdem er aufgesprungen war, kam ein Blackout und erst, als er bereits auf dem Weg nach Hause war, war er wieder bei Sinnen. Was er nun für Folgen zu erwarten hatte, wusste er auch nicht.
Nichtsdestotrotz war er wohl glücklicher denn je. Endlich hatte er seinen unterdrückten Emotionen freien Lauf gelassen. Selbstzurfrieden und ohne einen weiteren Gedanken daran verschwendend, ging er erhobenden Haupts weiter. Plötzlich wurde Elias jedoch aus seinem beinahe meditativen Zustand geholt, als ein Vehikel neben ihm zu Stehen kam, welches er noch nie zuvor gesehen hatte. Es war ein Bus. So etwas existierte aber eigentlich nicht in der kleinen Stadt, so hielt er es für eine Art – womit er ja gar nicht so falsch lag – Lastwagen. Nur war dieser fast doppelt so hoch und um einiges länger als der LKW, der wöchentlich die Stadt
beliefert. Völlig perplex schaute er der Tür zu, welche sich wie von Geisterhand bewegt, öffnete. Noch immer auf diese starrend, erklang eine Stimme aus dem Inneren des Busses: “Mein Junge, du wurdest auserwählt an einem Ort leben zu dürfen, an dem du all deine Sorgen vergessen kannst. An dem deine Besitztümer nichts über dich aussagen und alle Leute gleich sind. An dem du an nichts gebunden bist, sondern die Freiheit mit allen ihren Vorzügen voll und ganz auskosten kannst. Diese Chance bietet sich dir nur einmal und du musst dich nun entscheiden. Packen musst du nichts. Also steige nun ein und lasse dies alles hinter dir oder bleibe und versuche
hier dein Glueck zu finden.” Ohne auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken, nickte Elias und stieg ein. Er ging die kleine Treppe hinauf und blickte in den Gang. Neben seiner Faszination für dieses Konstrukt, bemerkte er sofort, dass es einschliesslich des Fahrersitzes um die 50 weitere Sitzplätze geben musste. Er ging den Gang entlang und kam erst an einer freien Sitzbank an, als er die Hälfte des Busses durchquert hatte. Er hätte zwar vermutet, eine Bank würde für zwei Leute reichen, doch die Tatsache, dass nirgends mehr als ein Mensch so eine besetzte, zeigte ihm, dass er falsch liegen musste. Der Bus fuhr weiter, doch Elias interessierte es nicht, was draußen vor sich
ging. Viel zu sehr war er mit dem Bewundern dieser ihm völlig unbekannten Fahrzeugart beschäftigt. Ein weiteres Mal kam das Gefährt zum Stehen und er blickte nach vorne, um zu sehen, wer nun dazu steigen würde. Ein Junge seines Alters schaute den Gang hinunter. Zottelige, braune Haare bedeckten sein Haupt und in seinem Blick lag eine Schärfe, von der sich vermuten liess, dass ihm nichts entging. Ein drei-Tage-Bart verbarg mehr schlecht als recht seine narbenüberzogenen, spitzen Gesichtszüge. Seelenruhig wanderten seine Augen durch die Reihen während er sich Elias näherte. Bei diesem angekommen, fragte er: “Ist hier noch frei?” Durch die Frage komplett perplex, brachte
Elias nur ein zögerndes Nicken hervor und schon saß der 'Neue'. 'Also war mein Gedanke, dass die Bänke für je zwei Leute ausgelegt waren, doch richtig', dachte er ein wenig mit Stolz. “Ich bin übrigens Ibar”, sagte sein Sitznachbar, ihn aus seinen Gedanken reißend und ihm eine Hand entgegen streckend. Nervös und hastig nahm Elias die Geste an und antwortete mit einem Lächeln: “Mein Name ist Elias.” “Freut mich, Elias”, sprach Ibar und verzog dabei keine Miene. Erst jetzt viel es Elias auf, dass der Mann seitdem er den Bus betreten hatte, noch kein bisschen seine Mimik verändert hatte. 'Vielleicht
weiss er...' - “Weisst du wohin die Karre uns hinbringt?” Genau die Frage brannte auch Elias auf der Zunge: “Nein, keine Ahnung.” “Ich hoffe nur weit weg von dieser Wüste.”, merkte Ibar an. 'Wüste?!', davon hatte Elias in Erdkunde gehört. Der Junge musste sich versprochen haben. Im Umkreis von Taussenden von Kilometern gab es, so viel Elias wusste, keine Wüste. Allerdings sah die Kleidung seines Banknachbarns auch nicht wirklich geeignet aus für seine Heimat. Zwar bedeckte diese seinen ganzen Körper, war jedoch nicht gerade eng anliegend und musste sehr luftdurchlässig sein. Sie erinnerte ihn, an die Charaktere seines
Lieblingsbuches seiner Kindheit: '1001 Nacht'. Er blickte aus dem Fenster. Alles war schwarz, nur schossen hie und da Lichtstrahlen vorbei. Elias war ratlos. Was war hier los? Waren er und die Leute seiner Stadt technologisch wirklich so weit zurück? Wenn er es nicht falsch interpretierte, mussten diese Lichtstrahlen, Lichtpunkte sein, die nur durch extrem hohe Geschwindigkeiten ihrerseits zustande kommen konnten. War er noch immer benommen? Konnten seine Augen einfach nicht folgen? Oder fuhren sie tatsächlich so überaus schnell? War er vielleicht durch die Ereignisse des Tages so erschöfft, dass er eingeschlafen war?Dies würde zumindest
erklären, wodurch sie in so kurzer Zeit die Wüste erreichen konnten, in der Ibar einstieg. Dieser schien nicht im Mindesten so beeindruckt von dem Ganzen zu sein, wie Elias es war. Wahrscheinlich war das in der heutigen Zeit alles nichts mehr Besonderes. So schloss er mit diesen Fragen ab und just in diesem Moment, fragte ihn Ibar: “Hast du einen Plan, warum der Bus uns aufgegabelt hat? Heute war für mich einer der ereignisreichsten Tagen seit langem und plötzlich steht dieses Monstrum von einem Fahrzeug vor mir.” Elias lief es kalt den Rücken hinunter und starrte ihn für kurze Zeit mit weit aufgerissenen Augen an. Er senkte seinen Blick und fing an: “Auch für mich war
Heute ein sehr merkwürdiger Tag. Meine Emotionen kochten so auf, dass ich sogar einen Blackout erlitt.” Zum ersten Mal verzog Ibar seine Miene. Erstaunen spiegelte sich in seinem gesamten Gesicht wieder: “Ich hatte auch einen Blackout! Keine Ahnung was da passiert ist, aber kurz zuvor wurde einem Freund von mir die Kehle durchgeschnitten.” Noch ein kälterer Schauer durchzuckte Elias nun. Diese unglaubliche Gelassenheit mit der sein neuer Kamerad die letzten Worte gesprochen hatte, ließen ihm das Blut in den Adern gefrieren. Er war sich sicher, dass Ibar noch ganz und gar unter Schock stehen musste und seine Situation
noch nicht hatte realisieren können. Aber wer war er so eine Vermutung zu äußern? Er selbst hatte wahrscheinlich noch nicht annähernd verstehen können was hier vor sich ging. Durch diese letzte Äußerung in Verlegenheit gebracht, wusste er nicht, was er sagen sollte. Sollte er versuchen Trost zu spenden, einfach schweigen oder schnell das Thema wechseln? Bevor er eine Lösung finden konnte, meldete sich Ibar schon zu Worte: “Was ist dir passiert bevor dich der Blackout erwischt hat?” Elias war peinlich berührt. Er hielt seine Story nur für einen schlechten Witz verglichen zu der des Wüstenjungen: “Ich saß, wie jeden Morgen, in der Klasse und,
wie auch fast jeden Morgen, ging mir ein Klassenkamerad tierisch auf die Nerven. Er ist zwar behindert, aber das macht die Sache nicht besser. Er nutzt seine geistige Zurückgebliebenheit schamlos aus. So viele Dinge verachte ich an ihm. Seine bloße Anwesenheit würde mich schon zur Weißglut bringen.”, fing Elias, seine Schüchternheit komplett durch Wut ersetzt an. “Er gehört zu einer der reichsten Familien unserer Stadt, während ich wohl zu der Aermsten gehöre. Das Ganze wird noch ein paar Nummern schlimmer, wenn man bedenkt, dass seine Familie rein gar nichts tut, ausser Inzucht zu betreiben. Das allein reicht aus. Mein Familie hingegen schuftet sich zu Tode und ist dennoch die
wohl ärmste der gesamten, sowieso schon verarmten Stadt. Täglich zieht er mich damit auf und sage ich nur ein kleines Wort dagegen, bekomme ich sofort den Hass der ganzen Klasse zu spüren. Ich bin der einzige der seine Charade durchblickt hat. Er weiß das und spielt es bewusst gegen mich aus...”, er hätte noch ewig weiterreden können, aber nun merkte er, dass alle Insassen ihn anstarrten. Manche mehr, manche weniger verängstigt. Insbesondere Ibar schien jedoch nicht im geringsten beeindruckt. “Ich verstehe.”, war das einzige, was er anzumerken hatte. Elias mochte diesen Kerl sofort. Weder Abscheu, noch irgendetwas anderes, was
ihm ein schlechtes Gefühl hätte geben können, waren in dessen Stimme erkennbar. Trotz seiner geradezu lächerlichen Wut, behielt sein Gesprächspartner einen kühlen Kopf.
Eine gewisse Zeit floss ins Land, in der der Bus noch ein paar Male anhielt, um weiter Passagiere aufzunehmen, bis der Fahrer verkündete: “Endstation! Alles Aussteigen!”.
Da waren sie nun also. Dies war ihr Bestimmungsort. Zu seiner Linken und Rechten erstreckte sich jeweils eine ewig lange Mauer. Nach Elias Einschätzung waren es zu beiden Seiten mindestens zwei Kilometer bevor diese nach vorne hin abknickten. Auch ihre Höhe war geradezu gewaltig. Er schätzte, dass sie gut fünf Meter hoch war. Hinter der Mauer lag auf der linken Seite ein Gebirge, was sich jedoch hinter der Rechten verbarg konnte er nicht sagen. Was es auch war, es hatte definitiv keine allzu hohe Lage. Erst jetzt bemerkte er das riesige Anwesen, das sich
zirka einen Kilometer vor ihm auftürmte. Er hatte in seinem Leben nie ein auch nur annähernd so großes Gebäude wie eben dieses gesehen. Selbst seine Schule war nur ein schlechter Witz im Vergleich. Langsam, seine Umgebung mit vor Erstaunen leicht geöffnetem Mund erkundend, setzte er sich in Bewegung gen Villa. Er benötigte einige Schritte bevor ihm auffiel, wie angenehm der Boden unter seinen Füßen war. Fast schon butterweich waren die Steine unter ihm, welche wunderschöne Muster bildeten. Nachdem er sich ein paar Minuten dieses Kunstwerk angeguckt hatte, nahm er Bilder darin wahr. Es brauchte noch einige Minuten mehr, um ihm merken zu lassen, dass diese
eine Geschichte erzählten. Leider waren die Leute hinter ihm bereits sehr ungeduldig, weswegen er seinen Schritt nicht weiter verlangsamen wollte und er sich entschloss, wann anders diese Story zu entziffern. Sowieso überkam ihn immer die Nervosität, wenn er bemerkte, dass andere Leute sich über ihn auch nur ein wenig aufregten. Er war wahrscheinlich der Einzige, der sich mehr für die Muster, als für das, was es mit dem Haus auf sich hatte, interessierte. Seine Blicke galten nun dem Garten des Grundstückes. Zu seiner Linken war ein großer, türkisblauer See. Schilf und andere Gewächse waren auf der einen, ein Steg mit Boot und sauber geschnittenem Rasen
auf der anderen Seite des Gewässers. Zu seiner Rechten hingegen war eine wilde Wiese mit Blumen und anderen Gewächsen, wie sie eigentlich nur in der freien Natur vorkamen. Etwas weiter vor ihm waren wiederrum hübsch und sauber angelegte Blumenbeete in Reih und Glied. Zwischen diesen war Rasen, welcher aussah als wäre er mit einer Nagelschere beschnitten worden. Es schien ihm so, als wollte der Besitzer des Wohnsitzes es auf Teufel komm raus allen Recht machen. Elias war sich dessen sofort sicher, weil es ihm auch immer so erging. Schon jetzt verspürte er eine große Verbundenheit mit dem Eigentümer, ohne ihn je getroffen zu haben. Eine gewisse innere Wärme durchfloss ihn
dadurch. Sollte ihn nun eine bessere Zukunft erwarten? Hatte das Schicksal endlich Gutes mit ihm vor? Zeigte sich nun endlich das Karma mit dem seine Eltern ihn stets zu trösten versuchten? Mit diesen Gedanken erhöhte er seine Geschwindigkeit und ein völlig harmonisches Lächeln machte sich auf seinen Wangen breit. Was auch immer ihn in dieser Villa erwarten mochte. Er freute sich schon darauf.
Nach einer gefühlten Ewigkeit kam die Gruppe bei dem übergroßen Haus an. Mit sich selbst zählte Elias 35 Leute. Sie schienen aus den verschiedensten Teilen der Welt zu kommen und fast jedem standen Verwirrung und Erstaunen geradezu wie eingemeisselt ins Gesicht geschrieben. Nur seinem vorherigen Banknachbar konnte man nicht mit in diesen Topf werfen. Er sah aus, als wüsste er über alles bestens Bescheid. Ibar. Trotz seiner positiven Erfahrungen mit ihm, war Elias sich nicht sicher, ob er diesem trauen oder einen großen Bogen um ihn machen sollte. Zwar gab er ihm keinen
Grund für Bedenken, doch hatte Elias einen natürlichen Instinkt, welchem er in der Vergangenheit fast immer blind vertrauen konnte. Nur einmal wurde er eines Besseren belehrt, wodurch er Ibar auf keinen Fall voreilig abschießen wollte. 'Der Mann hat vor kurzem miterlebt, wie einer seiner engsten Freunde kaltblütig ermordet wurde und hat mir dennoch Verständnis zukommen lassen. Wie könnte ich an ihm zweifeln?', fragte sich Elias. Ihn beschlich die Vermutung, dass er sich auf sein Bauchgefühl nicht mehr verlassen konnte und entschloss sich so, allen Bewohnern des Hauses eine faire Chance zu geben. Die doch recht große Gruppe stand nun
vor dem Eingang des mächtigen Gebäudes, welcher auch nicht gerade durch Bescheidenheit zu glänzen schien. Dieses Tor war nämlich nicht nur überaus prunkvoll beschmückt, sondern war auch gut sechs Meter breit und mindestens genauso hoch. Es bestand aus zwei Türen, die an den oberen Enden jeweils Halbkreise bildeten, welche sich in ihrer Mitte zu einem vollständigen Kreis verbanden. Auf beiden Türen waren auf Brusthöhe, Köpfe mystischer Kreaturen zu erkennen, die in ihren Mäulern dicke und schwer aussehende Ringe hatten. Diese schienen der Ersatz für die Klingel zu sein, denn so eine gab es nirgends. Zumindest konnte Elias keine ausfindig machen.
Er überlegte, ob er das Ruder in die Hand nehmen und anklopfen sollte. Bevor er jedoch sich dazu durchringen konnte, wurde er von der Seite angesprochen: “Hat man sowas schon erlebt? Ich bin eine von Hesen. Ich warte auf niemanden. Man hat gefälligst auf mich zu warten.” Mit diesen Worten hob die wunderschöne Frau mit überaus prachtvollen Kleidern und einem so arroganten Gesichtsausdruck, wie ihn selbst Gregors Mutter nicht vorweisen konnte, ihre Hand, den Handrücken Elias entgegengestreckt und die Finger stramm nach unten haltend. Dabei wand sie ihr Haupt von ihm ab. Erst nach einigen Sekunden verstand Elias, griff beinahe zu hastig nach der zierlichen Hand und küsste
sie recht unsanft. Blitzschnell schoss ihm die Röte ins Gesicht und die edle Dame merkte mit hochgezogenen Augenbrauen, sowie einem Schmollmund an: ”Ah, ein Anhänger des niederen Standes. Dieser Lord scheint keine allzu strengen Voraussetzungen für seine Gästeliste zu haben. Nun gut, mein Name ist Elizabeth von Hesen. Mit wem habe ich das vermeintliche Vergnügen?” Scham, Abscheu, Wut und Mitleid. Diese Gefühle durchzogen Elias innerhalb dieses kurzen Gesprächs. Da er diese auch in dieser Reihenfolge wahrnahm, antwortete er freundlich: “freut mich dich kennenzulernen. Ich bin Elias Marse.“ „Ihr seid also wirklich nicht der Nachfahre
einer adligen Familie, wie? Dies ist mit Verlaub keine Überraschung. Hach, ich weiß nicht, ob ich hier gut aufgehoben bin. Vielleicht sollte ich den Busfahrer bitten, mich wieder nach Hause zu bringen. Meine Eltern müssen schon ganz krank vor Sorge sein.“, sprach die feine Dame. Elias wurde nun noch mehr von Mitleid erfüllt. Er war sich jetzt absolut sicher, dass auch sie etwas Schlimmes erlebt haben musste, denn in ihrem Blick lag Schmerz und in ihrer Stimme Verzweifelung. So erwiderte er, so vornehm, wie er nur klingen konnte: „Meine Liebe, es liegt mir nichts ferner, als euch enttäuschen zu wollen, doch man hat mir mitgeteilt, dass dieser Bus uns nicht
wieder nach Hause bringen wird. Also lasst uns schauen, was uns in diesem Anwesen erwarten wird. Wenn ich es mir so anschaue, bin ich mir sehr sicher, dass es Ihren Ansprüchen genüge tun wird.“ Elias war durchaus zufrieden mit dem, was er sagte, doch schien Elizabeth es nicht zu sein: „Wie können Sie es wagen, zu mutmaßen, was mir gerecht werden könnte? Mein Vater ist ein Lord. Er besitzt gleich mehrere der größten Unternehmen Großbritanniens. Er wurde sogar schon des Öfteren von der Queen höchstpersönlich eingeladen, einem Dîner beizuwohnen. Meine Mutter ist eine Nachfahrin des großen Courés, dem reichsten aller Adligen Frankreichs. Ich selbst für meinen Teil
beherrsche alles, was man für ein stilvolles Leben beherrschen muss, durch und durch perfekt. Sei es nun die korrekte Nutzung eines jeden Besteckstücks oder die grazilen Bewegungen aller wichtigen Tänze. Ihr hingegen scheint nicht mehr als ein Bauerntölpel zu sein.“
Andere Leute wären wahrscheinlich sauer geworden, doch Elias wusste, dass dieser Frau unrecht getan wurde. Zudem bemerkte er, dass sie nach jedem Satz geradezu ängstliche Blicke in die verschiedensten Richtungen warf. So entschloss er sich, weiterhin freundlich zu bleiben. Vielleicht würde sie sich ihm dann schon bald öffnen und ihm erzählen, was an ihr nagt.
Elizabeth von Hesen war die Tochter eines adligen, britischen Öl- und Kohlemagnaten. Dieser und seine Frau hatten für Leute ihrer Art ganz normale Prioritäten. Den ersten Platz teilten sich ihr Vermögen, ihr Landbesitz und ihr Ansehen. So fanden sich ihre Kinder erst sehr weit unten auf dieser Liste wieder. Dementsprechend verbrachten sie nicht allzu viel Zeit mit ihrem Nachwuchs und wollten dennoch, dass sie sich ja nie für sie schämen mussten. Deshalb wurden sie jedes Mal, wenn sie etwas taten, das sich nicht schickte, sofort bestraft. Meistens durch die Hände der Belegschaft, die in dem
großen Anwesen zu Hauf, vorhanden war. Elizabeths Schwestern, Marieanne und Mary waren schon fast erwachsen, als sie noch ein kleines Kind war. Sie hatten sehr gute Manieren und verhielten sich so schon genauso aufgeblasen und arrogant wie ihre Eltern. Elizabeth hingegen war stets aufmüpfig und frech. Sie war das genaue Gegenteil von dem, was ihr Vater und vor allem ihre Mutter sich wünschte. Zuerst wurde sie immer, wenn sie etwas falsch machte ausgeschimpft. Schnell hatten ihre Eltern jedoch die Geduld verloren und fingen an sie zu züchtigen. Dies spitzte sich immer weiter zu. Von einem Peitschenschlag, gingen sie über zu gleich mehreren Peitschenschlägen. Als das kleine
Mädchen dachte, sie könnten dies nicht mehr toppen, musste sie schnell feststellen, dass sie sich geirrt hatte. So nutzten sie bald schon eine Peitsche die jeglichen Menschenrechten definitiv widersprach. Sie war mit Stacheln verzerrt und jeder Schlag brachte so Höllenqualen mit sich. Eines Abends, nachdem sie die Prügel ihres Lebens bezogen hatte, kam sie zu ihrer Familie in das Esszimmer. „Elizabeth, Schatz du bist ja pünktlich. Wir dachten schon wir müssten einmal mehr ohne dich mit dem Essen beginnen. Du weißt ja, wie ungern wir dies tun. Nun setze dich auf deinen Platz und achte ja darauf, dass du die richtige Gabel zur Hand nimmst. Es gibt Heute als erstes einen leichten Salat.“,
sagte ihre Mutter und zeigte dabei elegant auf Elizabeths Platz. Diese bedankte sich auf die edelste Art und Weise und zitterte dabei. Ihr Blick war vollkommen leer und jeder, der sich für sie interessiert hätte, hätte sofort gewusst, dass sie kaum mehr als eine leere Hülle war. Sie saß da und verhielt sich genau wie man es ihr eingeprügelt hatte, bekam so aber kaum was von den Gesprächen mit, die ohnehin allzeit gleich waren. Alle prahlten, möglichst bescheiden klingend, mit allem Möglichen und ließen mit jedem Wort heraushören, um wie vieles sie besser als andere waren. Wenn Elizabeth angesprochen wurde, antwortete sie immer nur so vornehm, wie sie konnte ja oder
nein. Konnte sie eine Frage so nicht beantworten, sagte sie irgendwelche unzusammenhängende Worte. Sie wusste, dass ihre Eltern sowieso nicht zuhörten. Nun meldete sich ihr kleiner Bruder Walter zu Wort. Er war erst vier und dennoch schimpfte ihre Mutter lautstark mit ihm, obwohl er nur ein bisschen spielte. Damit riss sie Elizabeth aus ihrer Gedankenwelt. Diese blickte abwechselnd zu ihren beiden Eltern. Sie wusste sofort, was die Beiden dachten, denn sie weisten die gleiche Mimik auf, wie schon vor einigen Jahren. Elizabeth würde diese Blicke niemals vergessen, da sie für sie das Leben in Schmerz angekündigt hatten. So wurde ihr in diesem Moment bewusst, dass auch er
schon bald das gleiche Schicksal erleiden würde. Sie konnte und wollte dies nicht zulassen. Deshalb fasste sie einen Entschluss. Als es elf Uhr abends war, wusste Elizabeth, dass mit Sicherheit alle bereits schliefen. Für die gesamte Familie bestand nämlich eine strickte Schlafenszeit. Um zehn Uhr musste das Licht in jedem Zimmer gelöscht sein. So nahm sie ihre Tachenlampe aus dem Nachtschränkchen, das neben ihrem übergroßen Bett stand und ging Richtung Tür. Sie atmete durch, zögerte, die Angst vor dem Erwischtwerden stets im Hinterkopf tragend und öffnete schließlich diese so leise, wie es nur möglich war. Sie schlich
sich über den langen und prunkvoll geschmückten Korridor in Richtung des Zimmers ihres Bruders. Als sie dort ankam, öffnete sie auch dessen Tür so vorsichtig und langsam wie es ging und verschloss sie wieder hinter sich. Sie ging zu seinem Bett und leuchtete ihm in sein Gesicht. Er schlief friedlich und sah aus, wie ein Engel. Sie nahm neben ihm Platz und strich ihm leicht über die Wange: „Mein lieber Bruder“, fing sie an. „Oh, du mein lieber Bruder, ich werde nicht zulassen, dass sie dir das Gleiche wie mir antun. Nein, du sollst das nicht auch noch durchleben müssen.“ Sie küsste ihm sanft die Stirn und langsam und bedächtig nahm sie eines der anderen
Kissen, auf dem ihr Bruder nicht lag. Sie stand auf und drückte es ihm sanft auf das Haupt, als dieser anfing zu zappeln, drückte sie fester zu. Mehrere Tritte erwischten sie, doch sie ließ nicht nach. Seine Bewegungen wurden langsamer, aber sie machte weiter, bis sie schließlich ganz und gar erstarben. Sie fing an zu schluchzen und kurz darauf strömten Tränen über ihr Gesicht. Sie nahm nun seinen regungslosen Körper in ihre Arme und drückte ihn so fest sie nur konnte: „Walter, sie können dir jetzt nichts mehr antun. Du bist jetzt frei, kleiner Bruder... frei.“ Sie küsste ihn noch ein letztes Mal auf die Stirn und ließ seinen Leichnam und danach das gesamte Anwesen hinter sich zurück.
Vollkommen leer und keinen klaren Gedanken mehr fassen könnend, lief sie die Straße hinunter. Sie wusste nicht wohin sie gehen sollte. Sie ging einfach weiter und weiter kein Ziel vor Augen und keine Heimat mehr, zu der sie hätte zurückkehren können. Plötzlicht blitzte ein Licht auf der Straße auf und ihr kam, der für sie einzige verbleibende Gedanke: Selbstmord. So stellte sie sich mitten auf die Fahrbahn, breitete die Arme aus und schloss die Augen. Schon bald würde sie von dem großen gefährt erfasst werden, das rasend schnell auf sie zukam. Doch es sollte wohl nicht sein, denn das übergroße Auto kam nur wenige Zentimeter vor ihr zum Stehen. Es war der Bus.
Endlich öffnete sich die enorm große Tür und die Gespräche der Neuankömmlinge erstarben sofort. Gespannt starrten sie allesamt auf die Tür und warteten das Gesicht des Menschen zu sehen, der sie begrüßen sollte. Doch es war niemand zu sehen. Die Leute begannen sich gegenseitig fragend anzugucken und keiner wagte es, als Erstes einzutreten. Es vergingen einige Sekunden, bis Ibar vortrat, die Stufen erklomm und in das gigantische Haus eintrat. Die restlichen, ehemaligen Businsassen folgten als bald einer nach dem anderen. Elias der stets ein geduldiger Mensch war, ließ allen anderen den
Vortritt. Als er dann schließlich auch das Gebäude betrat, wäre ihm glatt der Kiefer abgefallen, wäre dieser nicht fest angewachsen. Er fand sich in einer riesigen Halle wieder, die wirklich in jeder Ecke und Nische etwas Sehenswertes zu bieten hatte. So wurde der Raum wohl abends von drei geradezu aberwitzig großen Kronleuchtern mit Licht versorgt. Die Wandgemäle waren riesig, wunderschön und vor allem zahlreich. Selbst das Holz der Wände sah noch um einiges edler aus als die antike Eiche Täfelung, die das zu Hause der Sureys vorzuweisen hatte, die Elias öfter besuchen musste, um ihnen Brot zu bringen. Sowieso war das Anwesen der Sureys in wirklich
jeglicher Hinsich nur ein schlechter Scherz gegenüber diesem Palast. Vor ihm waren drei riesige Tische in einer U-Form angeordnet. Elias der stets gut in solchen Dingen war, schätzte, dass es ca. 100 Stühle sein mussten, die um diese umzu gestellt worden waren. „Genau 35.“, sagte eine Stimme aus einer Ecke des Raumes. „Wie es vorherzusehen war.“ Alle drehten sich in die Richtung, aus der gesprochen wurde. Ein Mann trat aus dem Schatten ins Licht und redete weiter: „Willkommen Neuankömmlinge, euch ist eine große Ehre zu Teil geworden.“ Elias merkte sofort, dass die Leute um ihn herum ein Stück weit ihre Nervosität ablegten und
fröhlicher wurden. Der Fremde fing an zu lachen: „Oh man, ich kann dabei nicht ernst bleiben. Mein Name ist Frank, doch die meisten nennen mich hier nur die Klinge. Sagen wir einfach, dass das daran liegt, dass ich so eine scharfe Zunge besitze. Alle, die hier kein vollkommenes Schattendasein führen, haben einen Spitznamen. Ich wünsche euch viel Glück dabei, auch mal einen zu bekommen.“, wieder fing Frank an zu lachen. „Ja, also... fühlt euch hier wie zu Hause oder so... es bleibt euch eh nicht viel anderes übrig, denn dies ist nun euer neues Zuhause.“ Mit diesen Worten drehte er sich um, winkte noch einmal über seine Schulter hinweg und entfernte sich lachend von der
Gruppe. 'Was für ein unsympathischer Typ', dachte sich Elias, als Ibar an seine Seite trat und sagte: „Ich mag den Kerl nicht.“, Elias freute sich, dass sie die gleiche Meinung vertraten. „Viel zu fröhlich für meinen Geschmack.“ Ihm gefror das Blut in den Adern, was vor allem an der Art, wie es Ibar ausgesprochen hatte, lag. Er klang dabei todernst und schien nicht im Mindesten von dem Mann, der sie 'willkommen geheißen' hatte, beeindruckt. Elias würde noch lange brauchen, um mit Ibars Wesen zu Recht zu kommen, so viel war sicher. „Ach, hört nicht auf den Kerl. Er will euch nur Angst machen. Meine Freunde,“, er
machte eine kleine Pause bevor er weitersprach und erhob dann einladend seine Arme. „willkommen im Paradies. Mein Name ist Mesar. Zu euer Ehren wird heute Abend ein Bankett stattfinden. Also setzt euch doch schon mal an den Tisch. Jeder von uns Hausbewohnern hat hier seinen eigenen Platz, deshalb solltet ihr euch einen suchen, der markiert ist. Wir wollen ja nicht, dass es gleich zu Streitigkeiten kommt.“, nun lachte auch er. Elias fand diesen Typen sofort sympathisch: „Er...“, doch Ibar viel ihm ins Wort:“...ich noch unsympathischer als der Letzte.“ Wieder hatte er es geschafft Elias zu schocken. Er entschied sich, dazu nichts zu sagen. Also gingen sie los und
suchten sich ihre Plätze. Wie es Mesar gesagt hatte, waren die Plätze wirklich markiert. Aber die Art und Weise, wie sie markiert waren, sorgte dafür, dass sich Übelkeit in Elias Magen breit machte. Jeder einzelne von ihnen hatte sein eigenes Namensschild.
Die Tische hatten sich mittlerweile gefüllt. Die Leute unterhielten sich alle mehr oder weniger. Es fiel auf, dass niemand der Neuen, neben einem anderen saß, der auch im Bus mitgefahren war. Alles Mögliche an alkoholischen und nicht-alkoholischen Getränken stand auf dem Tisch und nicht wenige waren schon fleissig dabei, sich zu betrinken. Manche tranken hingegen nur Wasser und wieder andere waren zu eingeschüchtert, um sich etwas einzuschenken. Elias wusste, wie sie sich fühlen mussten und griff so entschlossen nach einer Flasche auf der 'Cola' geschrieben stand. Er hatte keine Ahnung,
was das für ein Zeug war, aber einige Tatsachen machten es für ihn anziehend. Zum einen sah das Gebräu ekelhaft aus, aber zum anderen tranken es viele der anderen, als gäbe es nichts besseres. So goss er sich einen kräftigen Schlug ein und nippte an dem Getränk. Er verzog das Gesicht. Zwar hatte es ganz anders geschmeck, als es aussah, aber für ihn war es eindeutig zu süß. Nun stand er vor einem Problem: er hasste dieses Zeug, aber sein Becher war noch fast bis zum Rand gefüllt. Er wollte nicht auffallen und entschloss sich so, es schnell hinter sich zu bringen und die Cola in einem Zug auszutrinken. Bei der Hälfte jedoch geschah genau das, was er verhindern wollte: Er
verschlugte sich und hustete die gesamte Flüssigkeit in seinem Mund über den ganzen Tisch. Selbst sein Gegenüber blieb dabei nicht trocken. Und so hatte er nun die Aufmerksamkeit aller auf sich gezogen. Sie alle wurden ruhiger und starrten ihn an. Peinlich berührt ging sein Blick Richtung Schoß. Doch kurz darauf klopfte ihm jemand von der Seite auf die Schulter. Es war Mesar, der zufällig den Platz neben ihn belegt hatte. Zumindest war sich Elias sicher, dass es reiner Zufall war. „Haha, immer mit der Ruhe, mein Freund. Es gibt keinen Grund, sich hier zu schämen. Du bist hier nicht der einzige Fremde. Nein, ich würde sogar so weit gehen, zu sagen, dass wir hier alle Fremde
sind. Fremde, die hier eine zweite Chance bekommen und ein völlig neues Leben starten dürfen. Ich bin übrigens Mesar.“, sagte der sympathische Mann. „Ich weiß.“, antwortete Elias und noch schnell hinterher: „Mein Name ist Elias, ich freue mich dich kennenzulernen.“ und das tat er definitiv. Denn Erleichterung machte sich in ihm breit. Sie unterhielten sich noch ein wenig. Es dauerte nicht mehr lange, bis nur noch ein Platz frei war. Elias fragte sich, wem dieser wohl gehörte, doch bevor er seine Gedanken weiter vertiefen konnte, stand Mesar auf und klopfte mit seiner Gabel an sein Glas: „Haha, das wollte ich schon
immer mal machen. Naja, wie dem auch sei.“, Elias fiel auf, dass der Mann immer ein bisschen neben der Spur zu sein schien. Das ließ er nämlich auch während ihres kurzen Gesprächs mehr als nur einmal durchscheinen. „Es scheint so als hätten manche Leute heute Abend keinen Hunger. Naja, wie dem auch sei. Ich möchte euch Neuankömmlinge nun noch einmal offiziell und ganz herzlich im Namen aller Bewohner des Schlosses, willkommen heißen. Trinkt und esst so viel ihr wollt und keine Sorge: alles ist kostenlos. Nach dem Festmahl werden wir euch eure Zimmer zeigen.“ „Hör endlich mal auf so zu tun, als wäre hier das Paradies! Wir sind hier in der Hölle gefangen! Lauter Wahnsinnige zusammen in
einem Haus eingeschlossen.“, sagte ein Betrunkener. Elias erkannte ihn sofort. Es war der Mann, der sie als erstes empfangen hatte, als sie das Anwesen betraten. Mesar blieb, für Elias bisherigen Eindruck von ihm, überaus gefasst: „Bruto, du weißt genauso gut, wie jeder hier, dass wir alle ein schlechtes Leben hatten, bevor wir hierher kamen. Viele von uns dachten wahrscheinlich mehr als nur einmal darüber nach, sich selbst oder anderen etwas anzutun, um das auszugleichen, was ihnen angetan wurde.“ „Ach, was weißt du schon. Ich wette, dass du der Schlimmste von allen bist! So eine verdammte Scheiße.“, antwortete der Betrunkene.
Zwei Männer standen auf und zerrten ihn weg. Wusste er eine unangenehme Wahrheit und sollte daran gehindert werden es zu sagen? Wollten sie einfach nur das Fest genießen? Was auch immer es war: Die Festivität war ruiniert, bevor sie erst so richtig anfangen konnten.
Nossy Freut mich das zu hören. :) Mein Laptop stammt aus Neuseeland und ich habe erst vor kurzem meine Tastatur auf deutsch gestellt. Bevor ich die Kapitel hochgeladen habe, habe ich versucht alles auszubessern. Es kann also sehr gut sein, dass ich nicht alle erwischt habe. |