Prolog
Der Mond stand hoch am Himmel und er liess die Strasse in einem gespenstischen Licht erscheinen. Kein Auto fuhr über die heruntergekommene Landstrasse und es war aussergewöhnlich still. Nur ein Mädchen lief hastig der Strasse entlang, ihre Augen weit aufgerissen. Ein komisches Gefühl beschlich das Mädchen und es drehte ruckartig den Kopf um. Sie spähte ängstlich in den Schatten des Waldes, aber die Dunkelheit gab kein Wesen preis. "Das bildest du die nur ein! Vielleicht solltest du nicht immer solche Horrorfilme schauen! Reiss dich zusammen, Jamie!", sagte sie zu sich
selbst.doch sie glaubte nicht an ihre eigenen Worte, denn in letzter Zeit hatte Jamie immer das Gefühl, verfolgt zu werden. Sie begann noch schneller zu laufen. Ihr Atem ging schon stossweise. Jamie musste so schnell wie möglich nach Hause. Vielleicht hätte sie nicht solche Angst gehabt, wenn ihre beste Freundin Cora dabei gewesen wäre. Aber darüber wollte Jamie nicht nachdenken, denn was brachte ihr das? Sie war ja schon allein. "Nein, nicht mehr.....", schoss es Jamie durch den Kopf. Panisch wirbelte sie herum. Und ja die hatte recht behalten. Am Waldrand stand ein Mann. Er trug einen Ledermantel und eine Kapuze verdeckte sein Gesicht.
Jamie erkannte ein paar blonde Haarspitzen. Aber das erschreckendste war; die Augen des Mannes, die eigentlich nicht zu sehen waren, glühten. Ja, sie glühten meergrün! Fassungslos starrte Jamie denn Mann an. Sie wich zurück, drehte sich um und rannte voller Angst los. Adrenalin wurde durch ihre Adern gepumpt und das Seitenstechen von vorhin war verschwunden. Alles andere nahm Jamie nicht mehr war. Sie hatte recht gehabt. In den letzten Tagen hatte sie immer wieder diesen Mann gesehen. Er war immer dort aufgetaucht wo Jamie war. Im Restaurant, in der Schule, beim Sommerfest und beim Barbecue von Cora's Mutter. Wer auch
immer dieser Typ war, seine Augen glühten und er hatte es auf Jamie abgesehen...
Der Geheimnisvolle Mann
So schnell ich konnte, rannte ich die Landstrasse hinauf. Mein Körper wurde nur noch von Adrenalin vorwärts getrieben, denn meine Energie war schon völlig aufgebraucht. Es rauschte in meinen Ohren und ich keuchte vor Erschöpfung. Ich wusste nicht, ob mich dieser Mann verfolgte, aber ich hatte keine Lust auf ihn zu warten. Ich nahm mir vor, nie wieder so spät noch aus zugehen. Ein Lufthauch streifte meinen Hals und ich erschauderte. Dieser Fremde war unheimlich und ich wollte ihm nicht wieder begegnen. Auf einmal atmete ich erleichtert auf. Ich erkannte
den Torbogen, der der Eingang zu unserem Dorf symbolisierte. Ich rannte noch ein bisschen schneller und raste unter dem Torbogen durch und rein in unser Dorf. Erst als ich die Bäckerei sah, verlangsamte ich mich und schnaufte heftig. Für einen Moment musste ich mich auf mein Knie stützen, damit ich überhaupt stehen konnte. Völlig erschöpft taumelte ich weiter, stets darüber im Klaren, dass ich jetzt leichte Beute war. Aber nichts passierte. Ich atmete tief aus und taumelte nach hause.
Am nächsten Tag stand ich ganz früh auf. Es war der Tag an dem ich und
meine Klasse nach England reisten und dort langweilige Sehenswürdigkeiten anglotzten. Wir blieben dort eine Woche und übernachteten in einem Hotel. Es war ein Luxus, der uns nur unsere Eltern ermöglichten, denn sonst hätten wir die Reise nicht antreten können. Ich griff nach meinem Koffer und trug ihn die Treppe runter und stellte in in den Flur. Gegessen hatte ich schon, und ich musste mich nur noch von meiner Mutter verabschieden. "Tschau Mom! Bis nächste Woche!", rief ich und ging in die Küche. Meine Mom umarmte mich und verwuschelte mir die Haare. "Mach keinen Ärger, ja?" Ich grinste und sagte dann, triefend vor Ironie: "Nein, wir
werden das Hotel abbrennen, weisst du!" Meine Mutter lachte und drückte mir einen Kuss auf die Stirn. Ich löste mich von ihrer Umarmung und trat zurück. "Oh mist! Ich muss gehen!", fluchte ich, als ich auf die Uhr sah. Ich winkte meiner Mutter nochmals zu, schnappte mir meinen Koffer und rannte aus dem Haus. So schnell ich konnte, raste ich zur Schule und mischte mich unter meine aufgeregten Klassenkameraden. "Das wird so cool!", rief mir meine beste Freundin zu. Ich lächelte Cora keuchend an und nickte fröhlich. Ich spürte ein aufgeregtes Kribbeln im Bauch und am liebsten hätte ich lachend herum getanzt. Ich ging mit meiner besten Freundin eine
ganze Woche weg, ohne meine nervige Mutter, rein in den Luxus! Ich freute mich unglaublich und schnell umarmte ich Cora. "Für was war das denn?", fragte sie mich verblüfft, als ich mich von ihr gelöst hatte. "Ach, es kam einfach so über mich!", meinte ich und musste grinsen. Unser Lehrer Mr. Blossom winkte uns zu und wir durften unser Gepäck in den bereitstehenden Reisebus verstauen. Dann erklommen wir die Stufen des Buses und setzten uns hin. Alle Schüler schnatterten aufgeregt und ich und Cora plauderten ausgelassen über unsere Reise. "Obwohl wir den alten Sack dabei haben, könnte das noch ganz lustig werden!", bemerkte ich und Cora
lächelte. "Auf nach England!", schrie sie und "Auf nach England!", schrieen dann alle zusammen.
Anders wo.....
Hämisch grinsend lachte Edward den kleineren Kommandanten aus. "Nun, wie ich sehe, bin ich immer noch besser als du!" Seine Stimme triefte vor Hohn und Renji hätte ihm am liebsten einen Tritt in den Arsch gegeben. Während er die Schwertklinge beobachtete, die sein Schlüsselbein berührte, versuchte er Edwards nächsten Zug hervorzusehen. Der blonde Kommandant musterte Renji und wollte gerade etwas sagen, als er unterbrochen wurde.
Raimon, das Oberhaupt, rauschte in den Trainingsraum und blieb mit ernster
Miene vor ihnen stehen. Wieder einmal bemerkte Renji, wie alt Raimon wirklich war. Er sah aus wie 50, aber in Wirklichkeit war er schon über 70 Jahr alt. "Kommandant Kenway, ich habe einen Auftrag für Sie!", keuchte er und übergab Edward eine Schriftrolle. Es musste ein dringender Auftrag gewesen sein, denn Raimon überbrachte für gewöhnlich keine Aufträge. "Lesen Sie vor!", befahl er. Edward nickte und begann laut vorzulesen: "Kommandant Kenway, hier Vize-Kommandant River, habe eine neue potenzielle Schülerin gefunden! Zuerst hatten wir eine andere Person beschattet, aber dann spürten wir plötzlich einen grossen spirituellen
Druck. Das betreffende Mädchen erlitt einen gewaltigen Wutausbruch und wurde fast von der Schule verwiesen. Wie wär's? Soll ich sie in die Akademie bringen? Bitte um unverzügliche Antwort! Drake."
Raimon hatte sich in der Zeit beruhigt und nahm wieder die königliche Haltung ein, die bei ihm üblich war. "Nun, ich möchte, dass du dieses Mädchen an der Akademie in deine Einheit aufnimmst und es zusammen mit den anderen Lehrmeistern ausbildest!" Edwards Augen weiteten sich. "Aber.... Meine Männer mögen es nicht wenn Mädchen in die Einheit kommen! Erinnern Sie sich an Nathalie? Sie wurde vergewa......"
Raimon brachte Edward zum Schweigen. "Wenn das so ist, dann nimmt Kommandant Frost das Mädchen in seine Einheit auf." Renji versuchte seine Überraschung zu verbergen und nickte nur. Er würde Raimons Befehl befolgen. Edward protestierte heftig: "Nein, nein das geht schon in Ordnung! Ich werde mit meinen Männern reden!" Raimon bedachte Edward mit einem strengen Blick. "Dann geht sie in Ihre Einheit und damit fertig!" Er wandte sich ab und lief nach draussen. Edward verschränkte die Arme vor der Brust, wobei er sein Schwert von seinem Körper weg hielt. "Viel Spass mit dem Mädel, Edward!", lachte Renji und drehte sich um "Ich
muss noch etwas erledigen. Bis später Piratenpack!" Schweigend schaute Edward ihm nach, seine Augen sprühten Funken vor Zorn. Er wollte dieses Mädchen nicht in seiner Einheit aufnehmen, schon gar nicht, wenn sie wild war. Aber es war ein Befehl und Befehle befolgte man. Seufzend drehte sich Edward um und murmelte etwas vor sich hin. Ein gleisendes Licht erschien vor ihm und wurde immer grösser. Es sah aus wie ein Spiegel und schimmerte wie Wasser. Edward trat hindurch und war verschwunden. Kurze Zeit später verblasste der Spiegel.
So sieht man sich wieder...
Lachend sangen und jolten wir im Reisebus, während Mr. Blossom versuchte uns zu beruhigen. Was allerdings nicht klappte, weil jeder Schüler in einer ausgelassene Reisestimmung war. Auch ich fühlte es. Mein Körper kribbelte vor Freude und ich war so froh, endlich mal aus der Pampa raus zukommen. Weg von der öden Schule, weg von schlechten Erinnerungen.....
Von denen hatte ich in meinen vier Jahren, in einem kleinen Vorort von Chicago, leider viele gesammelt. Ich hatte mehrmals Ärger mit der Polizei
bekommen, wegen ein paar Partys und einem Autodiebstahl. Eingelocht wurde ich aber trotzdem nicht. Hatte ziemlich Glück gehabt. In der Schule leider nicht so. Erst kürzlich hatte ich Mrs. Liars so angeschriehen, das ich fast von der Schule verwiesen worden wäre. Ich wusste nicht warum, aber ich hatte schon immer einen ziemlich kurzen Draht, was Nerven anging.
Letztes Jahr hatte ich meine Punk-Phase. Ich hatte nur noch Heavy Metal gehört, schwarze Stiefel getragen mit 10 cm Absatz und mich mit anderen Punks getroffen. In dieser Zeit hatte ich meinen Tiefpunkt im Kickboxen gehabt. Ich war
schlecht gewesen, hatte keine Lust mehr und kickte bloss halbherzig. Jedoch hatte mich dieses Jahr gelernt, dass das Leben nur härter wird, wenn man es nicht akzeptiert. Jedoch fing ich an das zu tun. Ich akzeptierte mein Leben, mein rebellischer Charakter, mich selbst. Und auch, das etwas mit mir nicht stimmte.
Ich erinnerte mich an den Mann mit den leuchtenden Augen. Ein Knoten bildete sich in meinem Magen und ich zitterte ein bisschen. "Hey, Jamie, alles okay?", fragte mich Cora und ihre Augen wirkten besorgt. "Jaja, mir ist nur ein bisschen schlecht!" Meine beste Freundin gab sich mit dieser Antwort zu frieden und liess
mich in Ruhe.
"Soo, wir machen jetzt eine kleine Pause!", rief Mr. Blossom über das Gebrüll meiner Klasse hinweg. Wir drängelten und schubsten uns aus dem Bus, bis Melanie, das Mädchen das von unseren Klassendiven gemobbt wurde, auf den Boden knallte. Jennifer, eine des Zickentrios, hatte das schüchterne Mädchen geschubst. Arnold und Rick lachten und zeigten auf Melanie, die daraufhin dunkelrot anlief. In mir meldete sich ein ziemlich unbekanntes Gefühl. Mitleid und der Beschützerinstinkt.
Ich warf mir die Haare über die Schultern und legte meine Arme über Arnold und Ricks Schultern. "Hey Jungs....", sagte ich mit meiner heissesten Stimme. Die beiden drehten die Köpfe und glotzten tief in meinen Ausschnitt. Sabbernd starrten die beiden mich an. "Oh, hey Jamie!", flüsterte Arnold und lächelte verlegen. "Was habt ihr da gemacht?", fragte ich die beiden zuckersüss. Arnold und Rick, die Arschlöcher unserer Klasse, erklärten mir es bereitwillig. "Naja, das Fettarsch stand uns im Weg und da haben wir sie halt aus dem Weg geräumt." Ich nickte bloss und murmelte mit klippernden Augen: "Das war aber gar nicht lieb von
euch! Jetzt muss ich euch bestrafen!" Arnold wurde puterrot und imaginäre Herzchenaugen erschienen in seinen Augenhöhlen. "Wie willst du uns denn bestrafen?" Rick grinste und blinzelte seinem Freund zu. "So!", knurrte ich und schlug ihre Köpfe gegeneinander. Es ertönte ein dumpfer Ton und ich musste lachen. "Anscheinend habt ihr doch etwas in der Birne, oder eure Dummheit ist so schwer!" Ich verpasste ihnen einen harten Stoss und sie trollten sich. Ich wandte mich den anderen Glotzenden zu und fauchte: "Was ist denn? Verpisst euch!" Schnell verdünisierte sich der Rest der Meute und ich drehte mich zu Melanie um. Mit grossen Augen schaute
sie mich an. "Danke!", hauchte sie und ergriff meine Hand, die ich ihr hingestreckt hatte. "Keine Ursache! Die Dummen muss man verprügeln!" Melanie lächelte schüchtern, winkte mir nochmals dankend zu und rannte dann zum Rastplatz, wo die Anderen schon alle waren. Ich wollte ihr gerade folgen, als ich etwas in meinem Augenwinkel erblickte. Ich wirbelte herum und starrte in ein Gesicht, verborgen in der Dunkelheit der umliegenden Bäume. Mein Herz schlug gegen meine Brust und ich erstarrte. Er war hier! Er verfolgte mich! Ich blinzelte kurz, und als ich die Augen wiederöffnete, war der Mann mit den glühenden Augen verschwunden.