Blaue Idee ohne Rührei
"Unten im Keller liegt ein Typ.
Der scheint im Arsch zu sein.
Ich meine so richtig. Platt. Finito."
Karl stand vor mir
und war so stoned wie immer.
Stoned war sein Zweitname.
Einen Erstnamen hatte er eigentlich nicht.
Irgendwie hatte keiner
einen Namen.
Die Gesichter kamen und gingen.
Picklige Gesichter mit faulen Zähnen,
Gesichter mit roten dicken Nasen,
Gesichter mit
dunklen Rändern unter den Augen.
Gesichter ohne Lachen,
ohne Grinsen.
Gesichter, die nie weinten.
Apathische Dreckslöcher.
Ich zählte die Gesichter nicht mehr.
Sie starrten mich an und erbettelteten
sich eine kleine Regung.
Anteilnahme.
Sie wollten mein Mitgefühl,
meine ganze Bereitschaft
sie wahr zu nehmen.
Ich sah mein Gesicht oft im Spiegel an
und bemerkte, dass es sich
anpasste.
Es wurde alt und wehleidig.
Mitteilungsbedürftiger als der Dreck
von der Strasse.
Ich sehnte mich nach Reflexion.
Vielleicht nach einer Frau.
Aber die Frauen waren
auch nur Gesichter.
Gesichter mit Ärschen und Brüsten.
Angemalte Gesichter,
die sich hinter Farben der Liebe versteckten.
Dreckige Gesichter ohne Liebreiz.
Es ist das Leben, das uns prägt.
Nicht mehr und nicht
weniger.
Und das Leben grinst.
Es lacht dich aus und gibt dir einen Arschtritt.
Es verpisst sich,
wenn du es um Hilfe fragst.
Autonomes Scheiß-Leben.
"Was ist denn jetzt mit dem Typ im Keller?"
Karl wurde nervös und fingerte an
seinem T-Shirt rum.
"Keine Ahnung, Karl.
Interessiert mich nicht.
Nicht meine Sache, verstehst
du.
Nicht meine Sache."
Ich ließ ihn stehen und ging zu Murat, dem Dönermann.
Murat sah mir ins Gesicht und reagierte nicht.
Zwei Menschen im Abseits.
Keiner traut dem anderen über den Weg.
Zurecht.
Gottverdammt zurecht.
"Einen Döner, scharf."
Murat drehte sich um
und tat das was er tun musste.
Es war August
1983
und die Sonne hatte eine
Fresse zum reinschlagen.