Melody Silberner Regen prasselte gegen die kunstvollen Scheiben der großen Kathedrale. 200 Personen befanden sich in dem großen Raum. Es sollte der Tag sein, an dem meine 7 Kameraden und ich zu echten Wächtern gemacht werden sollten, um Raum und Zeit im Gleichgewicht zu halten. Wir sind Fixpunkte der Zeit und somit kommt uns die größte Ehre zuteil, die sich ein
Lebewesen in dieser Galaxie erträumen kann. 1000 Jahre lang wurden wir bereits trainiert, um dieser Aufgabe gewachsen zu sein, und angesichts unserer bevorstehenden Lebenszeit sind diese 1000 Jahre sehr wenig. Der Weise und Älteste trat auf die Empore und sprach direkt zu uns. Nachdem er eine kurze Rede hielt, begann er damit, die Teams einzuteilen. Wächter werden zu Beginn immer in Zweierteams eingeteilt, sodass man sich gut mit seinen Fähigkeiten und Stärken ergänzen kann. Außerdem würde es alleine wesentlich schneller einsam werden. Zu demjenigen mit dem man eingeteilt wird, wird man eine ewige Bindung erhalten, nachdem
der Weise Salomo die Worte ausgesprochen hat. Ich fürchte mich etwas davor, mit jemandem eingeteilt zu werden, mit dem ich mich bisher nicht gut verstanden habe. Die 1000 Jahre Training reichten allerdings kaum aus, um einander kennenzulernen, schließlich war es ein wirklich hartes Training. Doch ich weiß, dass ich keinesfalls mit Ravenei Tyropho in ein Team möchte. Er ist arrogant und ungezogen, ein absoluter Angeber und Anführertyp. Er ist mir zuwider. Ein grader Schnitt zieht sich durch die Mitte seines silbern glänzenden Auges. Sein oranges Haar sieht stürmisch aus. Selbstbewusst blickt er nach vorn und scheint sich wie der
größte und stärkste zu fühlen. Neben mir sitzt ein blondes Mädchen Namens Rain. Sie ist meines Wissens nach durch und durch freundlich und ehrlich, doch auch sehr zerbrechlich. Ihre großen, blauen Augen blicken mich an. Sie lächelt mir zu, ich lächel zurück. Sie ist intelligent und flink, ich schätze wir würden uns gut ergänzen. Ich selbst bin gut im improvisieren, außerdem bin ich die schnellste von uns 8. Ich konzentriere mich nun wieder auf den Weisen, der mit einer Hangbewegung ein goldenes Wappen erscheinen lässt. Es wandert kurz durch den Raum, dann wird es zu fester Materie und steht fest auf dem Boden. Es zeigt einen großen Baum mit
16 langen und 8 kurzen Zweigen. In der Mitte des graziösen Baumes ist ein in allen Farben funkelnder Stein zu sehen, der unseren König abbilden soll. Von ihm geht all die Kraft und die Herrlichkeit aus. Unsere Stärke und unser Wille. Wir bilden die 8 kurzen Zweige, denn wir sind die junge Generation der Wächter. Die 16 langen Zweige bilden die 16 älteren Wächter dar, die bereits 30.000 Jahre in diesem Universum verweilen und unglaubliches Wissen, Freude und Trauer mit sich tragen. "Meine lieben, kleinen Kinder." begann der Älteste und Weiseste Salomo. "Es ist nun an der Zeit, euch euren Teamkameraden zuzuweisen und euch mittels des Siegels aneinander zu binden."
Mein Herz schlug schnell und ich wünschte mir im Moment nichts sehnlicher, als diese Spannung los zu sein. Es ging hier schließlich um den Rest meines unglaublich langen Lebens. 50.000 Jahre sind wir an unser Amt gebunden. Erneut warf ich einen Blick in die Runde und ich schien nicht die einzige zu sein, die vor Aufregung beinahe platzte. Meine Hand begann zu zittern. Nur Ravenei, wir nennen ihr Raven, schein die Ruhe in Person zu sein. Auch Amelia Clarke, ein schlankes Mädchen mit giftgrünen Augen und hellen Haaren, ließ sich keinerlei Aufregung anmerken. Der Weise Salomo begann, ein langes Pergament aus einer
goldenen Schatulle zu ziehen. Er räusperte sich und fuhr fort. "Ravenei Tyropho." Noch immer schien er sehr gelassen zu sein, vielleicht machte ich mich auch einfach zu verrückt. Schließlich geht es nur darum, einem Teampartner zugeteilt zu werden und in die Freiheit entlassen zu werden, doch dies ist der Moment, auf den ich 1000 Jahre hinarbeitete. Raven trat mit erhobenem Haupt nach vorne. Nach dem er ein paar Worte über Ravens persönliche Qualitäten sprach, forderte er ihn auf, sich umzudrehen. Dies tat er, und nun konnte man selbst ihm einen Schimmer von Aufregung ansehen. Salomo legte seine Hand auf
Ravens Rücken, schloss die Augen und flüsterte leise Worte in der Ursprache unseres Volkes. "Savenai demoru gorr." Dies wiederholte er 10 Mal. Dann schossen leuchtende Schlangen aus der Stelle, an der Salomo seine Hand hielt. Die Schlangen winkelten sich um Ravens gesamten Körper bis hin zu seiner Stirn, an der sein Lebensstein aufleuchtete. Der Lebensstein ist alles was uns ausmacht, unser Lebenshauch, unser Wissen, unsere Liebe und unser Hass. Er ist für gewöhnlich nie zu sehen, nur bei der Geburt, bei der "Taufe" und beim Tod eines Wächters. Die Schlangen zogen sich zurück ins Salomons Hand und hinterlassen nicht weiter als das silberne
Wappen, das nun fest an seinem Rücken angebracht ist. Es ist das gleiche Wappen wie jenes Silberne Wappen, welches die 24 Wächter und den König zeigt, doch jedes Wappen ist etwas anders. Am äußeren Ring des nun an Ravens Rücken befestigtem Wappen sind 5 Steine zu sehen, die in den selben Farben leuchten wie der Stein, der unseren König darstellt. Die 5 Steine stehen für die Leben, die uns geschenkt wurden. Stirbt unser Körper, haben wir 5 Mal die Chance, uns Wiederzubeleben und mit jedem Mal verschwindet einer der wunderschön leuchtenden Steine. Ravens Taufe ist nun vollbracht und er schien außer Atem zu sein. Nun stellte er
sich an den Platz, an den der Weise Salomo ihn zeigte. Jetzt griff er wieder zu dem Pergament. "Amelia Clarke." Sie erhob sich und ging zu Salomo, der selbe Ablauf fand statt. Das hieß also, dass Amy und Raven in einem Team waren. Ausgezeichnet, jetzt bin ich wohl außer Gefahr. "Rubenius Fox." Ein dürrer Junge mit blauen Haaren trat nach vorne. "Rose Sophia Rain." Schade, das bedeutete wohl, dass ich nicht mit Rain in einem Team sein konnte. "Antonius Several Rubius Manuel." Ein großer Junge mit einer schwarzen Strähne, die sein linkes Auge bedeckte, trat nach vorne. "Svenjari Madelene Wederali." Ein Mädchen mit kurzen, dunkelbraunen
Haaren, wir nennen sie Flower, erhob sich unsicher und machte sich auf den Weg zu ihrem Teampartner Manuel. "Melodia Ciella Magdalena Dream." Nun war es für mich an der Zeit. Langsam setzte ich einen Fuß vor den anderen. Mein Herz pochte wie nie zuvor. Ich drehte mich um und blickte all den Leuten zu, die zu der Zeremonie kamen. Mir war kaum bewusst, dass es so viele Wesen waren, die uns zusahen. Ich spürte Salomos Hand auf meinen Rücken und lauschte seinen Worten. Dann spürte ich eine kühle Macht, die mich durchzuckte und sich in meinem Körper ausbreitete. Es fühlte sich an als würde mein gesamter Körper Kraft geschenkt
bekommen. Dann sag ich die golden leuchtenden Schlangen, die sich um meinen Körper wickelten wie ein Verband. Dann spürte ich das warme Siegel, das sich nun an meinem Rücken befinden musste. Nach kurzer Zeit bemerkte ich, dass sich die goldenen Schlingen nicht abwickelten wie bei den anderen, sie blieben fest an meinem Körper. Anschließend färbten sie sich Schwarz, dann wechselten sie zu einem zarten Frühlingsgrün, während meine Haare einen bronzenen Schimmer annahmen. Ich fürchtete mich vor dem was geschah. Vielleicht wurde ich vom Universum nicht als Wächterin akzeptiert. Wir lernten einst in der
Schule, dass dieses Phänomen bereits auftrat. All die Menschen starrten mich verdutzt an. Ich war mir sicher, etwas falsch gemacht zu haben. Salomon nahm die Hand von meinem Rücken und trat vor mich. Er nahm mein Gesicht in die Hand und schien meinen Lebensstein zu betrachten. "Ach du meine Güte! " Ausrufe des Entsetzens machten sich in der Kathedrale breit. Er griff hastig nach einem Spiegel und hielt ihn mir hin. Es war mein Lebensstein. Er hatte nicht die Karo-artige Form wie bei den anderen, er ähnelte mehr einer glänzenden Perle. Ich fasste mir an die Stirn und der Lebensstein kehrte sofort in meinen Kopf zurück. Die Schlingen lösten sich von
mir und kehrten in Salomons Hand zurück. Ich wusste was das zu bedeuten hatte. Mir wurden besondere Fähigkeiten zuteil. Vielleicht war es ein Zufall, vielleicht wurde es so bestimmt. Doch in diesem Moment suchte ich nur Schutz vor den Blicken all der Wesen, schließlich hatte ich nun nicht gerade wenig Aufmerksamkeit auf mich gezogen. Rain schaute mich verblüfft am, Amy schenkte mir ein Lächeln und Raven schien wütend zu sein. Doch das war mir egal, ich war noch benommen von dem, was gerade geschah. Die Chance, eine "Sonderbehandlung" zu bekommen, liegt vielleicht bei 1 zu 100.000. Ohne dass sein Name
aufgerufen wurde, trat nun mein zukünftiger Teampartner nach vorne. Ein Junge von großer Gestalt. Er hatte langes, weißes Haar und strahlend blaue Augen. Bei seiner Taufe fand wieder der gewohnt Ablauf statt, er kam zu mir, lächelte mich an und schien froh darüber zu sein, mit mir in einem Team zu sein. Es verwunderte mich, dass er mir zuvor nie richtig auffiel. Ich wusste nicht einmal seinen Namen. Doch wenn ich mich richtig erinnere, hat er ihn noch nie genannt, was ich natürlich nicht sicher sagen kann. "Entschuldige, wie lautete noch dein Name?" fragte ich vorsichtig, Es war mir extrem peinlich, nachfragen zu müssen, befanden wir uns 1000 Jahre
auf der gleichen Station. "Du kannst mich Patrick nennen." Seine Stimme war sehr angenehm zu hören. Es war mit Sicherheit das erste Mal, dass sie mir zu Ohren kommt, denn ich habe noch nie eine Stimme vergessen. Auf den Zuschauerplätzen befanden sich nicht nur die verschiedensten Wesen aus unserem Universum, sondern auch einige der 16 älteren Wächter. Ich konnte mich an jeden von ihnen erinnern, schließlich haben wir sie nicht selten im Unterricht besprochen. Ihre Heldentaten wurden für uns Teil des Geschichtsunterrichts. Wir müssen über jede Kultur Bescheid wissen, über jede existierende Rasse aus unserem Universum. Auf den
Zuschauerplätzen erkannte ich nicht weniger als 12 verschiedene Rassen. Besonders viele Dernak waren zu erkennen, ein stolzes Volk, dessen äußere Erscheinung der eines Löwen ähnelt, allerdings stehen sie auf zwei Beinen und haben Hände und Füße anstatt von Tatzen. Doch die einzigen für die ich mich wirklich interessierte waren die 4 Wächter, die unsere Zeremonie besuchten. Als die Kathedrale von den Besuchern verlassen wurde, wurde jedes Team von einen der alte Wächtern besucht. Zu Team 1, Amy und Raven, kam eine kurzhaarige Frau namens Xynthia Avantasia Holmes. Viele Geschichten sind über sie bekannt. Zu
Ruben und Rain kam eine weise Seele namens Tea, sie sieht sehr jung aus, was natürlich kein Wunder ist, da wir Wächter mit 25 aufhören zu altern. Zu Team 3, Flower und Manu, trat ein bärtiger Mann der unter dem Namen 'Jack' bekannt ist. Uns wurde eine besondere Ehre zuteil. Nina Anastasia Red, bekannt unter dem Namen Sorrow, trat uns gegenüber. Die rechte Seite ihrer Haare war schwarz während die andere weiß war. Eine kreuzförmige Narbe war auf ihrer linken Wange zu erkennen. Für ihre Geschichten interessierte ich mich schon immer sehr. Es fühlte sich an, als würde man seiner Kindheitsheldin gegenüberstehen, auch
wenn ich in ihren Augen auch noch ein Kind sein muss. "Ich nehme an, ihr wisst wer ich bin." sie blickte Patrick und mir tief in die Augen. Während ich keinen Ton herausbrachte, antwortete Patrick: "Ja, natürlich wissen wir das. Ich glaube, Melody hier ist ein besonders großer Fan von dir." Ich schluckte. Sorrow schenkte mich ein trauriges Lächeln. Sie meiner Hand und öffnete sie. Dann legte sie mir ein blitzendes Schmuckstück in die Hand. "Das ist mein Geschenk an dich, Wundermädchen. Du musst lernen, damit umzugehen, und du musst gut darauf aufpassen. Ohne dieses Teil bringen dir deine Fähigkeiten nicht das geringste." sagte sie leise. "Ihr
wusstet, dass ich auserwählt werden würde?" fragte ich verwirrt. Sie nickte. "Natürlich wusste ich das. Ich komme nicht gerade wenig herum, deine Auserwählung ist nicht gerade eine Neuheit." Ich versuchte, mir vorerst keine weiteren Gedanken darüber zu machen, und konzentrierte mich auf das, was Sorrow versuchte mir zu erklären. "Mit diesem Teil hier wird es dir gestattet, in der Zeit zu reisen." Die legte mich das glitzernde Gerät um das Handgelenk. Es schlang sich um meine Finger. Es sah aus wie ein wunderschönes Schmuckstück aus silbernen Fäden, besetzt mit mir unbekannten Steinen. Sie sahen aus, Als
würden sie die Sterne in sich tragen und blickte man genauer in ihr inneres, scheinen sie unendlich zu sein. Es war das interessanteste und zugleich schönste was ich bisher zu Gesicht bekam, allerdings habe ich mit diesen Augen noch nicht viel von diesem Universum gesehen. Sorrow drückte auf die Steine, die sich als Knöpfe entpuppten, und nachdem sie sie in einer bestimmten Reihenfolge betätigte, erschien ein glänzendes Bild, ähnlich wie ein Hologramm. Es sah alles sehr Kompliziert aus, doch nachdem sie sich einige Male wiederholte, begann ich mir die Grundbedienungsanweisung zu merken. Auf der Hologramm ähnlichen
Erscheinung schienen sich Zahnräder ineinander zu drehen. Eines der Zahnräder war mit einem Datum versehen, ein anderes mit der Zeit, und wieder ein anderes mit dem Ort. Sorrow drückte auf zwei Punkte meiner Handoberfläche und die komplizierte Gerätschaft löste sich in Luft auf. "Drücke diese zwei Punkte, und der Zeitkoordinator verschwindet und taucht wieder auf, das dient ausschließlich der Tarnung. Solltest du es entrissen bekommen, wird es trotzdem keinem anderen gehorchen als dir, es reagiert nur auf deine DNS." "Und was ist mit mir?" fragte Patrick. "Wird er mitreisen können oder funktioniert es nur bei mir?"
fragte ich Sorrow. "Jeder dessen Hand du hältst wird mit dir Kommen. Das heißt maximal zwei Personen, es sei denn du lässt dir noch ein paar wachsen, aber davon würde ich dir abraten." antwortete sie. Patrick begann breit zu grinsen. Sein Blick verriet mir, das ihm soeben ein Traum erfüllt wurde. Mich allerdings belastete die Situation ein wenig. Ich war es nicht gewohnt, etwas besonderes zu sein und eine Besondere Behandlung zu bekommen. Dass mir etwas zuteil kommt, was andere nicht bekommen und auch noch etwas so wertvolles, hätte ich mir niemals erträumt. Sorrow begleitete Patrick und mich noch nach draußen, dann verabschiedete sie sich von uns und
stieg auf ihr Gefährt. Ein großes, Fuchsähnliches Wesen mit grauem Haar und einem verziertem Sattel. Reitfüchse sind das beliebteste Fortbewegungsmittel auf unserem Heimatplaneten. Jeder Wächter kann einen Fuchs bekommen, doch nicht ohne eine besondere Leistung. Wir als frischgebackene Wächter sollten allerdings noch nicht an Belohnungen denken, es wird noch eine Zeit dauern, bis wir für unsere Taten geschätzt werden. Doch eines Tages werden wir in die Fußstapfen der älteren treten. In 20.000 Jahren werden wir ihnen angehören, und einige von ihnen werden nicht mehr sein. Sorrow hat ihre Lebensgrenze beinahe erreicht. Ungefähr
5000 Jahre dürften ihr noch bleiben, was angesichts ihrer bereits gelebten Lebenszeit nicht viel ist. In null Komma nichts war sie verschwunden und Patrick und ich standen alleine dort. Es war peinlich still, schließlich kannten wir uns gar nicht. Für mich war er ein völlig Fremder. Wir redeten vorerst nicht viel miteinander. Alle neuen Wächter versammelten sich nun um einen kleinwüchsigen Mann, der etwas von einer Zuteilung redete. Ich hörte ihm nicht zu. Er führte jedes Team auf eine kleine Plattform. Patrick und ich standen ganz rechts, ich hatte keine Ahnung was das bedeuten würde. "Wo geht's jetzt
hin?" fragte ich ihn. Er rollte mit den Augen. "Bist du immer so verträumt? Wir werden jetzt auf die Erde geschickt." antwortete er leicht genervt. "Auf die Erde?! Besser hätte es doch kaum kommen können! Es gibt keinen Platz an dem wir unauffälliger sind, oder?" sagte ich begeistert und voller Vorfreude. "Es gibt kaum eine Rasse die primitiver ist als die Menschheit wenn du mich fragst." erklärte Patrick. "Was meinst du?" "Ach, vergiss es. Jedenfalls sind die Menschen die Kriegsfreudigste Rasse die ich kenne." Patrick schien den Menschen gegenüber gänzlich abgeneigt zu sein. "Was ist mit den Westaras? Meinst du nicht, dass die schlimmer sind?" fragt
ich. Patrick sah mich kritisch an. "Auf zur Erde." sagte er. Dann warteten wir auf unseren Transport.
Amelia Der eindeutig zu klein geratene Mann fuchtelte wild an der Gerätschaft herum, die uns zum Planeten Kepter teleportieren sollte. Dann drückte er sie uns in die Hand und erklärte allen Teams, wie die Teleportierung funktionieren sollte. Raven sah die ganze Zeit zu Melody hinüber. Sie schien
seine gesamte Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Kein Wunder, dass das Wundermädchen einen Eindruck hinterlässt. Ich schnipste Raven aus seiner Träumerei heraus. "Hast du aufgepasst?" fragte ich ihn vorwurfsvoll. "Nö, sorry." sagte er. "Kein Problem, ich krieg das schon hin. Aber hast du echt für nichts anderes Augen als für diese Melody?" fragte ich ihn lächelnd. "Sie hasst mich." antwortete er mit einem enttäuschten Tonfall. "Ich denke nicht, dass sie dich hasst. Sie kann dich nur nicht leiden. An und für sich ist sie 'ne nette Person, denke ich." ich kann es nicht ertragen, wenn jemand schlecht gelaunt oder traurig ist, ich musste
versuchen ihn irgendwie zu trösten. Er lächelte mich an. "Ich mach mir nichts aus ihr, sie bedeutet mir nichts. Sie scheint meine Sticheleien nur etwas zu ernst zu nehmen!" sagte Raven wieder in dem gewohnt selbstbewussten Ton. Ich hatte schon zu Beginn des Trainings ein Auge auf Raven geworfen, allerdings schien er mich nie richtig zu bemerken. Doch dies wird sich nun zwangsläufig ändern, schätze ich. Ich realisierte noch einmal kurz den gesamten Tagesablauf. "Wir..." Raven blickte mir in die Augen. "Wir reisen nach Kepler!" sagte ich begeistert. Dann lachte er. "Ja, und weißt du was das tollste daran ist? Wir sind die ersten Wächter nach Day, die
dahin reisen dürfen!" Day ist einer der bekanntesten Wächter aller Zeiten. Er lebt schon über seine vorhergesehene Lebenszeit hinaus, weil er unentbehrlich wurde. Er machte sich in allen bewohnten Galaxien einen Namen. "Wir haben keine Ahnung, was uns erwarten wird. Über Kepler-186f ist bisher kaum etwas bekannt. Ich liebe es, mich ins unerwartete zu stürzen. Auch wenn ich bisher nicht viele Gelegenheiten dazu hatte. Ich habe mich noch nie so sehr gefreut wie in diesem Moment!" erklärte ich freudestrahlend. Raven sah mich so an, als würde er meine Persönlichkeit analysieren. "Ich bin echt unglaublich froh, dass ich mit dir in ein Team
gekommen bin." nachdem er seine Worte realisierte, sah er mich verlegen an. "Ich meine, es hätte schlimmer kommen können." Ich lächelte ihn an. Das erste Mal hatte ich das Gefühl, von jemandem geschätzt zu werden. Im Trainingslager wurden wir alle gleich behandelt. Die Schule war hart und nur die Besten der Besten haben die Chance bekommen, ein Wächter zu werden. Es wäre schließlich undenkbar, dass jeder X-Beliebige ein Wächter werden könnte. Schließlich sind wir eine der angesehensten Rassen des Universums, auch wenn unser Menschliches Aussehen vorerst für einen Schwachen Eindruck sorgte. Von 200 Custodi, so lautet der alte Name meines
Volkes, dürfen nur die besten 8 das Amt antreten. Doch die 192 verbliebenen sind natürlich nicht verloren, sie können ebenfalls Ehrenvolle Aufgaben erfüllen, doch ein Wächter zu werden ist das höchste aller hohen Ämter. Nun endlich schien der kleinwüchsige Mann uns in die Freiheit entlassen zu wollen. Er sprach von einem Countdown, der jeden Moment losgehen sollte. Mein Herz schlug schneller und ich fasste an Ravens Arm. Ich hielt den Knopf, der mir eben überreicht wurde, fest in der Hand und bereitete mich darauf vor, ihn zu betätigen. 10, 9, 8.. der Countdown startete und bei 0 sollten wir alle gleichzeitig drücken. Sollte es uns
misslingen, könnte es zu Fehlern in der Koordination kommen, so erklärte es der Mann. 3, 2, 1, 0. Ich betätigte den Knopf. Während ich mich auflöste, meinte ich erkennen zu können, dass Flower den Knopf nicht betätigte, denn sie war die einzige, die sich nicht auflöste. Doch das sollte zu diesem Zeitpunkt nicht meine Sorge sein. Die Teleportierung fühlte sich so an, als würde mein Körper in alle Moleküle zersetzt werden und ich nur noch als körperloses Wesen umherwanderte. Doch so schnell wie er sich zu zersetzen schien, baute er sich auch wieder auf und nachdem ich eine schwere Erschütterung zu fühlen schien, kam ich
wieder zu Bewusstsein. Die Welt vor meinen Augen war sehr verschwommen, wie eine dicke Nebelwand die sich vor meinem Auge ausbreitete. Die Luft fühlte sich anders an als auf meinem Heimatplaneten. Das Gras, das ich unter meinen Fingern spürte, fühlte sich ebenfalls anders an und ich nahm einen ungewohnten Geruch wahr. Ich hörte fließendes Wasser und weitentfernte Stimmen, die durch ein Tal zu hallen schienen. Das Bild vor meinen Augen begann sich langsam wieder zusammen zu fügen. Ich lag benommen auf dem Boden und spürte meine Beine kaum. Dann riss ich mich mit aller Kraft nach oben und blickte mich hektisch um. Ich
war alleine. Wo war Raven? Es konnte nicht sein, dass wir in andere Abschnitte teleportiert worden sind. Wir haben den Knopf gleichzeitig betätigt. Ich rief seinen Namen, doch die einzige Antwort war meine eigene Stimme, die durch das Tal schallte. Ich rannte geradeaus, fiel einige Male zu Boden, doch richtete mich jedes Mal wieder auf. "Ganz ruhig, Kätzchen!" Ravens Stimme drang zu meinen Ohren. Ich wollte ihn schlagen. "Du hast mir Angst eingejagt!" sagte ich wütend. "Ich hab die Teleportierung nicht ganz so gut überstanden, glaub' ich. Dass so 'ne minderwertige Ware überhaupt noch zugelassen ist, ist echt der Knaller." sagte er lächelnd.
Erleichtert fiel ich ihm in die Arme.
Er schien überrascht zu sein. "Jetzt ist es aber gut, wir haben uns ja nicht verloren.." sagte er peinlich berührt. Ich löste mich von ihm und warf ihm einen verlegenen Blick zu. Dann wendete ich mich der Richtung zu, aus der deutlich Stimmen zu erkennen waren. Wir konnten nicht genau wissen, wie weit entfernt sie waren, da es ein Echo gewesen sein muss, und wir so gut wie nichts über Kepler-186f wissen. Die Stimmen könnten meilenweit entfernt sein. Um die Sprache müssen wir uns natürlich keine Sorgen machen, denn alle Sprachen zu beherrschen, liegt uns im Blut. Es wurde uns bei der Geburt
mitgegeben. Raven sah nachdenklich aus. "Was denkst du?" fragte ich ihn. "Wie zur Hölle wir zur Quelle dieser Stimmen gelangen sollen, ohne so lange laufen zu müssen. Ich erhoffte mir, in eine Stadt teleportiert zu werden." Ich lachte. Dann ließ ich den Rucksack, den wir vor dem Teleport bekamen, zu Boden fallen und öffnete ihn langsam. Das Gewicht des Rucksacks lässt vermuten, dass alles darin enthalten sein sollte, was wir für unseren ersten Besuch auf einem fremden Planeten benötigen könnten. Oder er wurde einfach randvoll mit Backsteinen gefüllt. Es zeigte sich, dass meine erste Vermutung der Wahrheit entsprechen sollte. Der größte Teil des
Inhalts bestand aus Lebensmitteln, der andere Teil aus Gerätschaften, deren Funktion noch nicht vollkommen klar war, doch alle dieser Werkzeuge kamen mir bekannt vor. Vermutlich haben wir die Funktionen der Gerätschaften in der Schule behandelt, allerdings war ich nie besonders gut darin, mich über einen längeren Zeitraum hinweg auf etwas so uninteressantes zu konzentrieren. Vermutlich sollte ich diese Einstellung noch bereuen. Ich zog einen Trichterförmigen Gegenstand aus meinem Rucksack. Ich betätigte den Schalter, der sich an der unteren Seite befand. "Was soll das-" ich erschrak, als das Gerät meine Worte um das 10-fache
lauter zu machen schien. Es fiel mir aus der Hand, doch Ravens Reflexe waren gut genug, um es vor dem Aufprall aufzufangen. Damit wäre die Funktion klar. Vorsichtig schob ich es zurück in den Rucksack und packte diesen wieder auf meinen Rücken. "Wir gehen da lang." Raven zeigte in die Richtung, aus der die Stimmen schallten. Somit begaben wir uns auf den Weg ins Ungewisse. Die Gegend durch die wir wanderten war sumpfig und nebelig. Wir hüpften von einer grünlichen, Algenartigen Insel zu nächsten, um nicht in Berührung mit dem Wasser zu kommen, dessen Substanz suspekt aussah. Außer unseren Schritten waren keine Geräusche wahrzunehmen,
bis auf die Stimmen, die seit unserer Ankunft zu uns drangen. Nach einer gefühlten halben Stunde Fußmarsch schien die Umgebung langsam freundlicher zu werden. Der Boden unter unseren Füßen wurde fester und der Nebel verschwandt. Ich konnte fließendes Wasser hören und sah Bäume, die den unseren stark ähnelten. Die Stimmen wurden deutlicher. Es hörte sich wie leiser Gesang an. Ich sah Raven, der sich gerade an einen Stein anlehnte, zweifelnd an, doch er schien voller Zuversicht zu sein. Die Nacht brach an, und es wurde wesentlich schneller dunkel als auf unserem Planeten, zumindest kam es mir so vor.
Die Sterne leuchteten hell und klar, niemals zuvor sah ich einen schöneren Sternenhimmel als in dieser Nacht. Vor 10 Minuten war es noch nicht so dunkel, dessen war ich mir sicher. Die gesamte Zeit liefen Raven und ich nach Norden. Der Weg schien unendlich zu sein. Mit einem Mal verschwanden die Sterne vom Himmel. Ich wusste nicht, was das zu bedeuten hatte. Es war wie eine schwarze Hülle, die sich mit einem Mal um den Planeten zog. Kepler war ein wirklich erstaunlicher Planet und ich fragte mich, welchen Namen die Ureinwohner für diesen sonderbaren Planeten wählten. Raven griff in seinen Rucksack und zog einen Stein heraus.
Als er ihn in die Hand nahm, begann er hell zu leuchten. Der Weg vor uns war nun wieder deutlich erkennbar. Doch nun fiel mir in der Ferne etwas sonderbares auf. Auch Raven schien es bemerkt zu haben, denn er ließ den Stein erlöschen. "Sind das Sterne?" fragte ich ihn verwundert. "Nein, das sind keine Sterne. Es sieht aus wie leuchtende Kugeln, die umher schwirren. Es scheint ein Wald zu sein, auf den wir uns zu bewegen. Er leuchtet in verschiedensten Farben!" sagte er begeistert. "Sonderbar..." mit offenem Mund stand ich da. "...Für uns." er lächelte mich an. "Na, dann mal los!" voller Euphorie bewegten wir uns auf den Wald zu. Die
ganze Nacht lang liefen wir. Nach 4 Stunden war ich am Ende. Ich ließ mich ins Gras fallen und vergrub meine Hände darin. "Na los, Amy! Es ist nicht mehr weit!" Raven schien noch nicht ansatzweise außer Puste zu sein. Ich bewunderte ihn für seine unglaubliche Ausdauer, doch im Moment kam sie mir ungelegen. Nach einer kurzen Verschnaufpause versuchte ich wieder, mit Raven Schritt zu halten. Es kam mir vor wie eine Unendlichkeit. Ich fragte mich, was die anderen Teams wohl gerade erleben. Mit Sicherheit ist es nicht so anstrengend wie unser Abenteuer, dafür aber auch nicht so aufregend. Als wir dem Wald langsam
näher kamen, brach der Morgen bereits an und die Lichter verblassten. Zu schade, ich hätte es wirklich gerne gesehen. Die Blätter der Bäume schimmernden in einem sanften Violett und die Stämme der Bäume sind besonders glatt und eben. Ich berührte eine der Pflanzen. Sie fühlten sich vollkommen anders an als unsere, doch der Unterschied ist nur schwer zu beschreiben. Ich sah eine wunderschöne Blume, die ich an der Wurzel aus der Erde zog. Schließlich war es unsere Aufgabe, Informationen über den Planeten und seine Einwohner zu sammeln. Außerdem war es wichtig, den Einwohnern von unserer Existenz zu
berichten, sofern sie es noch nicht wissen. Day besuchte den Planeten einst, doch ist es unsicher dass er die Einwohner überhaupt getroffen hat. Wir hatten Glück in die ungefähre Nähe teleportiert zu werden. Das Gras, auf dem meine Füße standen, war nebenbei bemerkt auch nicht grün wie das unsere, oder das auf dem Planeten Erde. Es war violett, wo so ziemlich das meiste in diesem Wald. Jedoch war es ein wunderschönes Violett, dass stark schimmerte. Raven bot in diesem Wald einen äußerst auffälligen Kontrast. Sein Haar leuchtete orange und sein Kaputzenpullover in einem stechenden Grün. In seinen Klamotten sah er aus wie
ein Minderjähriger, was er in den Augen eines erfahrenen Wächters vermutlich auch war. Genau wie ich sag er auch noch sehr jung aus, würde ich mein wahres Alter nicht kennen, würde ich mich vielleicht auf 17 schätzen. "Meinst du nicht, hier könnten irgendwelche blutrünstigen Tiere auf uns lauern?" fragte ich vorsichtig. "Meinst du nicht, hier könnten ein paar blutrünstige Ureinwohner auf uns lauern?" erwiderte er leicht genervt. Ich schnaufte beleidigt. Er analysierte die Umgebung und hielt Ausschau nach allerlei Lebensformen. "Vermutlich werden wir beobachtet, doch wenn sie uns was tun wollten, hätten sie es längst getan."
sagte Raven und lief weiter Richtung Norden. Ich wusste, dass er recht hatte und folgte ihm. Je tiefer wir in den Wald eindrangen, desto mehr ähnelte sein Aussehen dem eines Regenwaldes, doch mit dem Unterschied, dass die Luftfeuchtigkeit nicht übermäßig hoch war. Die Luft war sogar extrem angenehm zu Atmen. Die Bäume, an denen wir vorbei liefen, hatten die unterschiedlichsten Formen. Es musste unendlich viele Arten geben, oder eine sehr außergewöhnliche Art, da sie sich alle ähnlich sahen, doch die Formen waren immer verschieden. Außerdem waren die Bäume sehr, sehr hoch. Höher als je einer unserer Bäume gewachsen
ist, vermute ich. Wir waren nicht gerade still beim durchqueren des Waldes. Unter unseren Füßen knacksten Äste und vertrocknete Blätter. Alle Lebewesen im Umkreis von 3 Kilometern waren vermutlich schon über unseren Besuch informiert. Vielleicht waren wir ihnen nicht geheuer, weil sie jemanden wie uns nie zuvor sehen konnten. Somit ließ sich vermuten, dass Keplers Einwohner uns vermutlich nicht im geringsten ähnlich sehen. Als wir gerade einen kleinen Fluss überquerten, bekam ich das erste Lebewesen zu Gesicht. Zumindest war es mal ein Lebewesen. Es lag tot am Boden. Ein Wesen der Größe eines Rehs. Es hatte große, hellgrüne Augen und Krallen
statt Hufen. Helle Punkte zogen sich entlang des Körpers. Es konnte noch nicht lange tot sein, denn es war noch warm. Als ich meine Hand auf das Herz des Wesens legte, bemerkte ich plötzlich einen sehr schwachen Herzschlag. Dann sahen mich die Augen des Tieres an. Es fürchtete sich, als es mich sah. Es zuckte mit den Beinen und wollte weglaufen, doch dazu war es bei weitem nicht stark genug, Vorsichtig legte ich seinen Kopf auf meinen Schoß und streichelte ihm den Kopf. Es hatte kein Fell, dafür eine dicke, lederne Haut. Nur eine Art Mähne zog sich den Hals entlang. Ich spürte, wie sich der Herzschlag des leidenden Tieres weiter
verlangsamte. Als ich seinen Rücken vorsichtig anhob, sah ich eine große Fleischwunde. Vielleicht wurde es gerade zum Opfer eines anderen Tieres, als wir eintrafen. Vorsichtig ließ ich das Tier wieder zu Boden sinken. Der hektische Atem des Tieres stockte. Ich schloss die Augen des Tieres und sah Raven traurig an. "Meinst du wir können es begraben?" "Bist du bescheuert? Wir haben keine Zeit für sowas und das solltest du wissen. Außerdem wurde das Tier getötet, um ein anderes Tier zu ernähren. Begräbst du es, tötest du möglicherweise gleich zwei Tiere." sagte Raven. Kurz sah ich Raven böse an, doch dann sah ich ein, dass er recht hatte und nickte
kurz. Ich stand auf und folgte ihm weiter durch den Wald. Als das Tier außer Sichtweite war, hörte ich ein anderes Tier laut knurren und etwas zerreißen. Gewiss war es das Wesen, das dem Tier den Tod brachte. Ich machte mir keine weiteren Gedanken darüber.
Gwen Helle Lichter umgaben mich. Kleine, leuchtende Kugeln schwirrten um meinen Körper und nahmen mein Sichtfeld. Langsam verließen sie mich und stiegen zum von Sternen bedecktem Himmel empor. Ich spürte das zarte, im Mondlicht violett schimmernde Gras unter meiner Haut. Unter den großen, mit leuchtenden Kugeln besetzten Bäumen fühlte ich mich geborgen. Absolute Stille machte sich breit, als sich der Himmel schwarz färbte. Das
musste bedeuten, dass gerade die Mitternachtsstunde anbrach. Ich sollte mich auf den Weg nachhause machen, doch ich genoss die Schönheit des Waldes. Wir nennen ihn 'I golwen Eryn', was so viel bedeutet wie 'Der weise Wald'. Seit ich denken kann verbringe ich jede Nacht hier und lausche dem Leben, das Nachts umherwandert. Die Narmo, die auf Jagd gehen, sobald die Dunkelheit hereinbricht oder die Rusco, die die Böden nach Nahrung durchsuchen. Klettere ich auf einen Baum, kann ich sie alle unbemerkt beobachten, oder einfach hinauf sehen, um die Pracht der Baumkronen zu bewundern. Sie gleichen einem
prachtvollen Sternenhimmel, wenn ihre Blätter in der Dunkelheit beginnen zu glühen. Weht der Wind durch ihre Äste, klingt es wie zärtlicher Gesang, und jeder Baum hat eine andere Melodie. Ich versuchte auf einen höheren Platz des Baumes zu gelangen, auf den ich kletterte, natürlich ohne auch nur den leisesten Laut von mir zu geben. Als ich mein Ziel erreichte, wollte ich noch höher hinauf, bis ich schließlich die Baumkrone erreichte. Ein unbeschreiblicher Anblick. All die leuchtenden Kugeln, die umher schweben und die Amlugs, die stolz durch die Lüfte glitten. Ein winziges Wesen namens Fealyr schwirrte um meinen
Kopf und zog an einer geflochtenen Strähne meiner langen, weißen Haare. Eines meiner Haare zupfte sie mir aus und brachte es zu leuchten. Anschließend wickelte sie es mir um das Handgelenk. Es glich einem Schmuckstück. Der Gedanke, dass der Zauber beim Morgengrauen beendet sein würde, betrübte mich. Doch ich wusste, dass ich ohnehin vor Anbruch des Morgens zuhause sein musste. Ich verabschiedete mich von dem kleinen Wesen, das meine Geste vermutlich ohnehin nicht zu deuten wusste. Dann sprang ich von Baum zu Baum, bis ich mein Dorf erreichte. Es war von einem großen Vorhang umgeben, der violett glänzte. Vorsichtig ließ ich
mich zum Boden herab fallen und schob den schimmernden, größtenteils durchsichtigen Vorhang beiseite. Alles schlief. Ich begab mich auf alle vieren, um noch leiser sein zu können. Die kleinen Häuser waren komplett verstreut, keinerlei System war zu erkennen. Selbst mir fiel es manchmal nicht leicht, mein eigenes Zuhause wiederzuerkennen, was aber an meinem schlechten Orientierungssinn liegen muss. Als ich dachte, hinter mir ein Knacksen zu hören, stockte ich und beobachtete die Stelle, von der das Knacksen zu meinen Ohren drang. Ich konnte niemanden sehen. Während ich die Stelle im Auge behielt, ging ich vorsichtig weiter nach
vorne, ohne mein Ziel zu kennen, bis ich gegen eine Hauswand krachte. Es machte nicht gerade wenig Lärm. So schnell ich konnte rannte ich weg auf der Suche nach meinem Zuhause, bis ich es endlich wiederfand. Ich markierte es einst mit einer großen, roten Blume. Einer niemals verwelkenden Blume, die nur dann sterben muss, wenn die Mutter alles Lebens des Waldes von I golwen Eryn verblasst. Vorsichtig schob ich einen aus Blättern bestehenden Vorhang, den ich einst zusammenstellte, beiseite. Meine Schwester und meine Vater lagen auf den Seidenen Betten, die ihre Körper fast ganz umhüllten. Leise legte ich mich in mein Bett und entspannte mich. Bevor
ich einschlafen konnte, sah ich die Sonne wieder aufgehen. Nachhause zu kommen lohnte sich kaum, ich tat es nur, um meinen Vater und meine Schwester nicht zu besorgen. Nachts kann es oft gefährlich werden, meinte sie. Doch was sie nicht weiß, ist dass niemand in unserem Dorf so leise und geschickt ist wie ich. Zumindest glaube ich, dass ich es bin. Bevor die anderen aufwachten, versuchte ich noch ein klein wenig Schlaf zu bekommen. Ich schloss meine Augen und kam zur Ruhe. Bereits zwei Stunden später wurde ich wieder geweckt. "Jetzt steh schon auf, Gwen!" rief meine Schwester Ihind. Verschwommen sah ich, wie sie an
meinem Arm zerrte. Ihr weißes Haar war genauso geflochten wie das meine. Sie trug einen hellvioletten Anzug, der ihrer Hautfarbe glich. Zwei weiße Streifen zogen sich um ihre Augen. Es war üblich, sich ein Muster ins Gesicht zu malen. Es dient zu einer schnelleren Wiedererkennung im Training, welches Ihind und ich noch nicht absolviert haben. Wir lernen auf Dromythlen, das sind große Geschöpfe, dessen Struktur und Aussehen dem eines Tigers ähnelt, zu reiten und mit unseren Waffen umzugehen, sowie schnelle Fortbewegung und so weiter. Für uns ist es wichtig, all das zu beherrschen, um unser Überleben zu sichern. Zwar sind
wir die intelligentesten Wesen auf unserem Planten, jedoch nicht die Schnellsten, Größten oder Stärksten. Gemächlich zog ich mir meinen Trainingsanzug an, während Ihind bereits aus dem Haus stürmte. Sie war 3 Jahre jünger als ich und glich mir im Aussehen sehr stark. Sie ist sehr zuverlässig und gütig. Das schätze ich an ihr. Schnell bemale ich mein Gesicht mit der weißen Farbe und verlasse das Haus. Dann renne ich so schnell wie ich kann, bis ich meine kleine Schwester eingeholt habe. Die anderen Hína, so nennt man die aus meinem Dorf stammenden Leute, die noch trainieren müssen, sammeln sich langsam und dringen aus allen
Häusern hervor. Unser Volk ist sehr friedlich. Leise Musik ist zu hören, wie es jeden Morgen ist. Leiser Gesang von Frauen in verschieden hohen Tonlagen. Sie singen das Lied des Erwachens. Es ist jeden Morgen das gleiche Lied, der gleiche Gesang. Ein schmaler Weg führt zum großen Platz, an dem Ich sowie alle meines Alters trainieren werden. Eine Abzweigung führt zu dem Platz an dem meine Schwester sein wird. Mit ungefähr 200 Kameraden betrete ich den Trainingsplatz, dessen Boden aus dunkelbraunem Sand besteht. Auf dem Platz üben wir ausschließlich den Umgang mit Waffen. Um das Reiten zu trainieren verlassen wir unser Dorf.
Diese Maßnahmen zog unsere Königin nach dem ersten großen Krieg, den ich zum Teil miterlebte. Ich war 6 Jahre alt, als er zu Ende war. Ich verlor meine Mutter in diesem grausamen Krieg. Doch nun werden wir ausgebildet und können uns im Falle eines Angriffs besser zu Wehr setzen, wir werden nicht mehr vollkommen hilflos in den Ecken kauern müssen und um Gnade betteln. Auf einem kleinen Tisch befand sich ein großer, hölzerner Bogen. Er war edel verziert. Ich nahm ihn in die Hand und schoss auf Ziele, die aus den Fellen und Häuten toter Tiere hergestellt wurden. Ich traf das Ziel, doch im Umgang mit Waffen lag nie meine Stärke. Ich kann
mir nicht vorstellen, eines Tages Gebrauch von den Waffen mache zu müssen. Ich würde für mein Volk sterben, doch ich weiß nicht, ob ich für es töten kann. Natürlich gehen wir jagen, doch die eigene Rasse zu töten ist für mich nicht nachvollziehbar. Vermutlich wird es sich raustellen, wenn es soweit ist. Als das Training beendet war, kehrte ich zurück in mein Haus. Ihind traf ungefähr zur gleichen Zeit ein. Zum Essen sammelte ich einige Früchte und Nüsse. Seit einer Woche hatten wir nun schon kein Fleisch mehr zu Essen. "Wann kann ich dich zum Jagen begleiten? Vielleicht kann ich helfen!" bettelte Ihind. Ich lächelte sie an. "Es
liegt nicht daran, dass ich nichts finde, sondern daran, dass es zur Zeit keines gibt! Doch sorge dich nicht, es werden mit Sicherheit bessere Zeiten kommen. Ich werde jetzt nochmal rausgehen, vielleicht finde ich ja doch noch was." sagte ich ihr aufmunternd. Ich griff nach einem Bogen, den ich vor einiger Zeit selbst schnitzte und bespannte. Dann begab ich mich auf den Weg in die Wildnis. Heute war ich fest davon entschlossen, etwas zu erlegen.