Wie konnte alles so schrecklich schief gehen… Ich wünschte ich könnte sagen, ich weiß, das trotzdem noch alles gut werden wird. Ich wünschte es wirklich. Doch im Augenblick sehe ich wenn ich den Kopf hebe… Asche. Flammen, die eine ganze Stadt zu verzehren drohen. Geschürt durch unsere eigene Ignorant und würde mir der Gedanke nicht so bitter sein ich würde sagen, wir haben es verdient. Als sich unsere ältesten Prophezeiungen erfüllten, dachten wir da wirklich, es
gäbe Hoffnung? Am Ende war auch dies nur eine Lüge. Und nun Ich kann nicht einmal darauf hoffen mich lange zu halten, noch weniger hier wieder raus zu kommen, aber… ich werde tun was ich kann. Was vor uns liegt ist keine Schlacht mehr. Nur der Tod. Mit etwas Glück wird es eine Rettungsaktion. Aber eigentlich geht es jetzt nur noch um die Ehre. Jeder ist sterblich. Jeder ein Werkzeug. Und diese Worte wird niemand jemals lesen. Und wenn doch… Es tut mir leid. Es tut mir leid, dass ich die Waffe gegen jene erheben muss, die ich schützen sollte. Aber wir alle müssen uns irgendwann unserem Schicksal
stellen.
- Halb verbrannte Notiz gefunden in den Straßen Helikes
Bildquelle :Uta Herbert / pixelio.de
Cyrus bekam von dem Tumult der sich auf der anderen Seite der Halle abspielte kaum etwas mit. Stattdessen drängte er sich an einigen Adeligen vorbei, die dem schwarzen Wolf nur all zu gerne auswichen, während er sich einen Weg zu der kleinen Gruppe um Fenisin suchte. Er hatte eine Entscheidung getroffen. Mit wenigen Schritten war er auch schon da. Jeder einzelne davon kam ihm viel zu laut vor, obwohl der ganze Saal von Gemurmel und Gesprächsfetzen erfüllt war. Als müsste ihn eigentlich jeder
bemerken… seine Gedanken erraten. Er tastete nach dem Axtgriff unter seiner Kleidung. Das Gewicht der Waffe war beruhigend und half ihm sich wieder zu konzentrieren. Er musste das hier tun, oder er hätte nie Frieden, dachte Cyrus. Er würde nicht Enden wie Eden, die ewig ihrer Vergangenheit hinterherjagte und gleichzeitig davor weglief. Ihr unerfüllter Wunsch nach Rache hatte diese Frau zerstört und er würde nicht denselben Pfad gehen. Und ab hier gab es ohnehin kein zurück mehr . Er wusste, was er zu tun hatte. ,, Stimmt etwas nicht ?“ , fragte Zyle, als er ihn bemerkte und auch die anderen sich zu dem Neuankömmling
umdrehten. ,,Alles in bester Ordnung.“ , antwortete er lediglich und versuchte dabei ruhig zu klingen. Fenisin… Er war keinen ganzen Schritt mehr von dem anderen Gejarn entfernt, der ihn aus wachen gelben Augen musterte. Etwas wie ein entferntes Wiedererkennen flackerte darin auf. Oder zumindest hielt Cyrus es dafür… ,,Und wer seit ihr , wenn ich fragen darf ?“ Er hat wirklich keine Ahnung, , überlegte der Gejarn. Keine. Das Flackern war wohl nur ein Trick seines eigenen Verstandes gewesen. Cyrus stellte sicher, dass er bereit wäre, die Waffe zu ziehen, wenn es nötig war.
Wenn er weglief war Fenisin Tod, das hatte er sich geschworen. ,,Mein Name ist Cyrus. Und wir kennen uns. Vielleicht erinnert ihr euch… ,,Cyrus…“ Es klang mehr wie eine Frage. Ein Moment der Unsicherheit. ,, Cyrus. Nein ich kenne…“ Fenisin erstarrte. ,, Geister. Nein, das kann nicht sein… Das… So viele Jahre ?“ ,,Cyrus, Sohn von Elhan und Imna. Beide Verraten durch eure Hand. Gestorben durch die der kaiserlichen Söldnergarde. Oh, ihr erinnert euch. Ich will hoffen, das ihr euch erinnert.“ Stille hatte sich über die kleine Gruppe gesenkt. Fenisin schien unfähig zu antworten, während Cyrus keine
Anstalten machte, noch irgendetwas hinzuzufügen. Es lag an ihm, ob er Leben oder sterben würde. Nur an ihm… Der alte Gejarn konnte nirgendwo hin, nicht? Und selbst wenn, wo sollte er sich verstecken? Das Jiy und Zyle ihm vielleicht im Weg standen war nebensächlich. Doch dann tat Fenisin das einzige, mit dem er nicht gerechnet hatte. Der Alte sank auf die Knie. ,,Ich habe gewusst, das das passieren musste. Ich wusste nur nicht wann.“ ,flüsterte er, die Augen zu Boden gesenkt. ,,Irgendwann holt uns alle die Vergangenheit ein.“ Cyrus machte weder Anstalten, etwas zu
sagen, noch ihn zu unterbrechen. Glaubte er, das ändere etwas? Er hatte die Wahl gehabt verdammt, er hätte sich damals schon anders entscheiden können… ,, Ich war ein Narr aber das ist keine Entschuldigung. Ich… Ich kann euch nur um Verzeihung bitten. Aber ich kann nicht erwarten, dass ihr sie mir auch gewährt. Dazu weiß ich zu gut, was ich getan habe.“ Cyrus sah auf Fenisin herab. Der Mann der seine Familie ausgelöscht hatte verdiente den Tod. Egal, was er sich selbst eingeredet hatte. Vielleicht … existierte der Mann von damals längst nicht
mehr. Der Fenisin der dort am Boden kniete war kein verbohrter Ältester mehr, der Tradition über Menschenleben setzte. ,,Steht auf.“ , wies Cyrus ihn an. ,, W… Was ?“ Er streckte dem Alten Gejarn eine Hand hin um ihm aufzuhelfen. ,,Ich habe der Rache vor langer Zeit abgeschworen. Also steht gefälligst auf, bevor ich es mir doch noch anders überlege.“ Zögerlich lies Fenisin sich zurück auf die Füße ziehen. ,,Ich hatte von euch keine Gnade erwartet.“ ,, Ich auch nicht. Aber wer immer ihr seid Fenisin… Der Mann den ich töten wollte ist offenbar schon gestorben.
Einer, der seine Fehler nicht sieht und noch mehr… sich nicht einmal dafür schuldig fühlt.“ ,,Wie habt ihr überlebt ?“ ,, Das ist eine lange Geschichte.“ Cyrus schüttelte den Kopf. ,, Ich würde sie gerne hören… wenn… wenn das keine Umstände macht ? Das ihr lebt… es macht mir Hoffnung, das nicht alle die durch meine Hand zum Tod verurteilt wurden auch dieses Schicksal erlitten.“ ,, Wenn ihr sie euch wirklich anhören wollt…“ Der Gejarn bedeutete dem anderen ihm zu Folgen. Zyle kratzte sich verwirrt am Kopf. ,,Könnte mir irgendjemand erklären, was
da grade passiert ist ?“ ,, Ich glaube schon.“ , meinte Jiy. Auch wenn sie stellenweise raten musste. ,, Wisst ihr, Fenisin ist von seinem Clan ausgestoßen worden, nachdem seine… Methoden ihnen wohl zu extrem wurden. Viele sind gestorben, nur weil sie ihm ein Dorn im Auge waren. Wer weiß, wie viele Leben er zerstört hat…“ ,, Wirklich ? Ich muss zugeben wie ein Wahnsinniger Massenmörder hat er nicht auf mich gewirkt.“ Jiy lachte. ,,Er spricht auch nicht wirklich oft darüber, glaubt mir. Zeit kann jemanden wirklich verändern. Ich habe ihn schon so kennengelernt wie er jetzt ist. Ruhig, eigentlich immer die
Stimme der Vernunft im Rat der Clans… Damals aber muss er jemand völlig anderes gewesen sein. Und was auch immer ihn so verändert hat… ich glaube es war wohl zum Besten aller.“ ,, Ich schätze ich verstehe was ihr meint.“Zyle wusste selbst, das er nicht mehr ganz der war, der einst aus Helike aufgebrochen war. ,,Und es braucht wohl nicht einmal viel Zeit.“ ,, Mir war nur nicht klar, das Cyrus einer derjenigen ist, die unter ihm zu Leiden hatten.“ ,,Mich überrascht ja langsam gar nichts mehr. “ ,, Nein?“ ,,Nein. Ich habe so ziemlich alles
gesehen glaube ich. Einen Mann der scheinbar von den Toten zurückkehrt, Zauberer , die mir das Fell über die Ohren ziehen wolle und zwar sprichwörtlich, Geister, Drachen, Dämonen , eine Stadt die in den Wolken schwebt und dann aus dem Himmel stürzt , Menschen und Gejarn die zusammenarbeiten. Menschen und Gejarn, die sich gegenseitig umbringen… und nicht zu vergessen euch und Kellvian , ihr beide seid praktisch ein ständiger Grund für Überraschungen . Mal abgesehen davon, das jedes mal das ich fast draufgegangen wäre, einer von euch daran Schuld war.“ Er grinste. ,,Meistens allerdings Kellvian. Wobei mir
einfällt… wo steckt der eigentlich?“ Der Mensch war jetzt schon länger weg, als einer von ihnen vermutet hatte und auch wenn Kellvian sicher auf sich aufpassen konnte… der Mann zog Schwierigkeiten an wie andere Leute Mücken im Hochsommer, dachte Zyle. Jiy teilte diese bedenken offenbar. ,, Ich suche nach ihm. Wenn ihr ein Auge auf Fenisin haben könntet?“ ,, Habt ihr Angst, Cyrus überlegt es sich anders ?“ ,, Eigentlich… nicht.“ , meinte sie, klang jedoch trotzdem besorgt. ,, Ich kenne ihn aber nicht so gut wie Eden. Also…“ ,, Schon verstanden. Keine Sorge, dem Ältesten passiert
nichts.“ ,,Danke Zyle.“ Die Gejarn verabschiedete sich mit einer kurzen Umarmung, die der sonst eher distanzierte Krieger über sich ergehen ließ. In einer anderen Welt vielleicht und wenn alles anders gelaufen wäre… Zyle schüttelte den Gedanken ab, der sofort wieder verschwand. ,, Jetzt sucht schon Kellvian, los.“ Zyle hatte etwas beinahe genau so wertvolles. Er hatte Freunde gefunden, wo er nie welche vermutet hätte. Und es würde ihm schon schwer genug fallen, diese zurück zu lassen. Er konnte Kellvian und Jiy nur das beste Wünschen. Morgen würde alles entschieden werden. Kellvian
wäre mit dem Tablett fast in jemanden hereingerannt, der sich ihm mitten in den Weg stellte. Er kam nur noch dazu kurz ,,Vorsicht.“ Zu rufen, als es zum Ausweichen auch schon zu spät war. Kell sah nur kurz einen grauen Pelzmantel, während der Fremde beiseite sprang und ihn gleichzeitig am Arm packte, damit er das Gleichgewicht nicht verlor. ,,Danke, Herr…“ Kellvian brachte den Satz nicht zu Ende, als er aufsah und erkannte, wer ihm gegenüberstand. Der Mann hatte angegraute schwarze Haare, die ihm lose ins Gesicht fielen und ihn Älter wirken ließen. Zwei völlig weiße
Augen starrten darunter hervor und über die Schulter des Mannes blickten Kellvian zwei gelbe Adleraugen an. Der Vogel saß ganz ruhig auf der Schulter seines Gegenübers und hätte fast ausgestopft sein können, wenn er nicht ab und an den Kopf gedreht hätte. Der blaue Mantel des Fremden zeichnete sich unter dem grauen Mantel ab, den er als Schutz vor der Kälte trug und mit einer Hand, an der ein Ring mit einem darin eingelassenen Saphir glitzerte stützte er sich auf einen Stab dessen Knauf aus Bernstein gefertigt zu sein schien. ,,Melchior… Was macht ihr denn hier?“ ,,Kellvian ? Ich bin als Vertreter der
Eisnomaden für die Versammlung hier. Nachdem uns die Nachricht erreicht hat, das wir einen Vertreter schicken müssen habe ich mich natürlich freiwillig gemeldet.“ ,,Trotz euer… Augen ?“ ,,Das ich blind bin Kellvian hat weniger mit meiner Sehkraft zu tun. Euer Kampf in der fliegenden Stadt war zu wichtig um Unbeobachtet zu bleiben. Aber was immer der Meister getan hat, als der Palast aus dem Himmel stürzte, es hat mein inneres Auge gelbendet. Im Augenblick bin ich ein normaler Sterblicher, Kellvian. Und ich weiß nicht, ob sich das noch einmal ändert…“ ,, Das tut mir leid. Ihr habt uns so
schnell verlassen, das ich nicht wirklich Zeit hatte zu fragen, wie es euch nach all dem geht…“ ,,Es wird langsam. Ich bin nur blind. Nicht taub oder lahm.“ , antwortete der Seher und bedeutete Kellvian ihm ein Stück zu begleiten. Trotz seiner leeren Augen bewegte er sich derart sicher zwischen den übrigen Gästen, dass er sich fragte, ob Melchior wirklich die Wahrheit über sein Augenlicht erzählte. Oder über seine Gabe in die Zukunft zu blicken, was das anging. ,,Es ist auf jeden Fall schön euch hier zu Wissen.“ , einte Kellvian. ,, Wir haben noch einiges an Schwierigkeiten vor uns, bevor diese Versammlung
überstanden ist.“ ,,Und nicht nur diese Versammlung, Kellvian. Ich höre von euch, wisst ihr… Ihr bewegt euch auf einem sehr schmalen Grat zwischen Licht und Finsternis. Nur sehr wenige können so einen weg lange gehen. Ihr braucht nur einmal zu stolpern und…“ ,,Also wisst ihr doch etwas.“ ,,Ich weiß, was man mir erzählt Kellvian. Sagt mir wie geht es euch wirklich?“ ,,Ehrlich gesagt… ich weiß es nicht. Der Meister hat einmal gesagt, ich wüsste überhaupt nicht, was aus mir werden könnte. Ich glaube zumindest jetzt verstehe ich es. Ich verändere mich und
egal wie sehr ich aufpasse, egal wie sehr ich dagegen ankämpfe, ich kann so nicht ewig weitermachen, Melchior. Wie lange bis mein Verstand einfach zerfasert ? Bis ich zu irgendetwas anderem werde?“ Etwas, das er nicht sein wollte, unter keinen Umständen. ,,Ich weiß es nicht Kellvian. Ich wünschte, ich wüsste es. Vielleicht nie, wenn ihr vorsichtig seid. Vielleicht in einer Woche, egal was ihr tut. Was ihr seid… das Phänomen das ihr verkörpert…“ ,,Ein Seelenträger. Ich weiß was ich bin. Und wenn schon nicht ihr, irgendjemand muss mir doch weiterhelfen können, oder?
“ Der Seher schüttelte den Kopf. ,, Der Orden untersucht Seelenträger seit seiner Gründung, trotzdem bezweifle ich, das sie euch weiterhelfen können. Oder irgendein normaler Zauberer, was das angeht. Wir reden hier immerhin von der höchsten Magie des alten Volkes. Etwas, über das selbst nur die mächtigsten ihrer eigenen Zauberer verfügten…“ Das war… ernüchternd, dachte Kellvian. Wenn nicht einmal der Sanguis-Orden ihm helfen könnte… an wen sollte er sich dann noch wenden? ,, Aber es muss eine Möglichkeit geben es loszuwerden. Oder zumindest sicher zu beherrschen.“ ,, Natürlich Kellvian, oder habt ihr gar
nichts gelernt ?“ , fragte Melchior beinahe spöttisch. ,, Es gibt für alles eine Antwort. Nur… ich fürchte ihr werdet dieses Mal alleine ach einer Lösung suchen müssen, mein Freund. Beim letzten Mal habe ich euch mehr als einen Schubs in die Richtige Richtung gegeben, aber das hier übersteigt mein Wissen und das aller Magier, die mir einfallen wollen. Ich wünschte, es wäre anders… “ ,,Das heißt wenn es eine Antwort gibt… finde ich die beim alten Volk ?“ ,, Aber das alte Volk ist Tod. Und alles, was wir haben sind ein Handvoll zertrümmerte Steintafeln, die unsere Gelehrten seit Ewigkeiten
studieren.“
,,Das ist egal. Ich weiß wo ich suchen muss, Melchior. Das zählt. Das heißt, wenn ich die nächsten Tage überlebe. Ich schätze, ich sehe euch morgen in der Versammlung?“
,,Deshalb bin ich hier. Keine Sorge, ihr findet, was ihr braucht..“
,, Jetzt sagt bloß, ihr habt eure Vision wiedergefunden ?“
,, Nein, aber ihr habt ein Talent dafür. Auch wenn man euch manchmal erst mit der Nase darauf stoßen muss.“