Kurzgeschichte
Die letzten Himmelskinder

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"Die letzten Himmelskinder"
Veröffentlicht am 10. Juni 2014, 14 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Hallo, ich heiße Joshua und ich schreibe seltsame, melancholische Texte und zeichne gerne! Ich bin 19 Jahre alt, komme aus Österreich und bin schon länger bei mystorys.de dabei, als ich zugeben will. Ich bin angehender Schriftsteller und Künstler und steuere mit letzterem ein bisschen was zu meiner Miete bei. Ein paar meiner Bilder könnt ihr unten in meiner Galerie sehen. Derzeit schreibe ich an meinem New Adult Roman "Less Like Shit".
Die letzten Himmelskinder

Die letzten Himmelskinder

die letzten himmelskinder

Weiches Blau. Unendlich weiter Ozean aus himmelblau. Sauber. Während er Atem schöpft. Frischer, angenehmer Atem, der uns um die Beine streicht. Wolkenlos. Sauber und wieder lebendig. Immer in den Himmel sehen. Jeden Tag darauf wartend, das das Rauschen wieder kommt und unsere Köpfe füllt. Bedrohliches Rauschen. Weit entfernt aber hautnah und gefährlich. Wie es die Wolken zerschneidet, die Ruhe und den himmelblauen Ozean zum schreien bringt. Rauschen, das Monster in unseren Albträumen, die die Kleinen zum weinen bringt. Ich weine auch oft.

Manchmal weine ich weil ich Mama und Papa sehe. Glücklich und lächelnd, wie sie sich in den Armen halten. Dann wieder mit verdreckten Gesichtern, die Augen rot und feucht. Während Mama schreit und schreit, ich aber nichts hören kann. Dann wache ich oft weinend auf und eines der älteren Mädchen nimmt mich in den Arm und sagt das alles wieder gut wird. Und sagt ich soll wieder einschlafen. Dann lege ich mich hin und liege wach da, zwischen all den anderen Kindern unter einer dicken grauen Decke und schaue aus dem Fenster, mit der eingeschlagenen Scheibe und warte bis ich wieder den sauberen Himmel sehe. Das Licht der

Morgensonne. Zuerst gelb und hell. Dann blau und weich. Dann wach und atmend. Warte auf das Rauschen, aus meinen Träumen, das Mamas Schreie übertönt hat. Rauschen. Bedrohlich, weit entfernte Erinnerung, aber gefährlich und nah. Ruhe. Immer Ruhe. Aber immer Angst. Die Kinder, die noch jünger und kleiner sind als ich, haben irgendwann aufgehört zu weinen und blicken nur mehr starr und weggetreten in die Ferne, auch wenn sie die Älteren in die Arme nehmen und ihre kleinen Köpfe streicheln. Manche haben keine Haare mehr. Manche haben gebrochene Arme oder Beine. Das Mädchen, das immer neben mir liegt und mich immer

tröstet, wenn das Rauschen mich aufgeweckt hat, hat nur mehr ein Bein. Irgendwie wurd‘s ihr weggefetzt. Sie ist sehr schwach. Schaut immer müde aus. Ganz müde. So wie Mama, bevor sie dann eingeschlafen und nicht mehr aufgewacht ist. Papa hat geweint. Dann ist er auch ganz müde geworden und neben ihr eingeschlafen. Davor haben sie Gas gerochen. Ich hab nichts gerochen. Die Luft war dreckig und schwer gewesen. Ganz trüb und matschig braun. Der Staub hat im Hals gekratzt. Mama und Papa haben immer ganz stark gehustet und sich die Hand vor den Mund gehalten, weil sie den Gestank nicht ertragen konnten. Das

Mädchen hat mir mal gesagt, das sie es auch gerochen hat, als das Rauschen den Himmel zerschnitten hat. Stimmt, nach dem Rauschen, da war es ganz laut und dann war da diese große Staubwolke, weiter vorne. Ich hab sie gut gesehen. Dann wurde es ganz windig und heiß. Das war das letzte Mal das Mama geschrien hat und ich es gehört hab. Rauschen. Staub. Wind. Verdreckter Himmel, der weiße Tränen weint. Sie sehen aus wie Wolken, aber sie sind ganz dünn und gerade und bewegen sich viel schneller. Kopfüber. Runter auf die großen Häuser. Als würden sie kopfüber ins Wasser springen und es als währe der Staub, das Wasser, das in die Luft

geschleudert wird. Jetzt ist der Himmel sauber. Wie jeden Tag. Wenn ich auf das Rauschen warte, auf die weißen schnellen Tränen. Dann ruft mich eines der Mädchen, ich soll reinkommen. Dann gehe ich wieder rein, in die große Halle. Die Fenster sind ganz kaputt und haben ganz viele Löcher. In der Nacht ist es immer ganz kalt drinnen. Aber es sind so viele Kinder, die ganz eng aneinander gekuschelt zusammen liegen. Unter den Decken, die diese Männer in braungrünen Uniformen gebracht haben, bevor sie bei diesem Gestank auch eingeschlafen sind. Ein paar der Kinder haben sich die Masken, mit den großen Augen von den Männern genommen und

laufen damit herum. Damit sehen sie seltsam aus. Wie Marsmännchen. Mit ihren großen grünen Gesichtern. Den großen Augen, die einen leer anstarren und diesen langen Zungen oder diesen dicken Backen. Es gibt verschiedene. Ich hatte auch mal eine in der Hand. Aber die war ganz kaputt und beim Mund war nur mehr eine dicke Backe dran, da hat das Mädchen gesagt ich soll sie weglegen. Den ganzen Tag spielen die Marskinder und die anderen Kinder zusammen. Laufen und schreien. Sie spielen gern die Männer in den braungrünen Uniformen, die mit riesigen Gewähren und Rucksäcken herum gelaufen sind und sich immer

irgendetwas komisches zugerufen haben. Als würden sie eine Geheimsprache sprechen, hat keiner etwas verstanden. Die Marskinder und die anderen Kinder verhaken ihre Finger so, als hätten sie Pistolen und verstecken sich im Gras, um die große Halle und wenn ein Kind ein anderes erschossen hat, legt es sich hin und versucht einzuschlafen. Manchmal spiele ich mit. Ich verlier aber immer, leg mich dann ins Gras und mache ein Nickerchen unter dem sauberen Himmel, während das Rauschen schon mit Mama und Papa auf mich wartet. Heute habe ich nicht mit ihnen gespielt sondern im Gras gesessen und in den Himmel geschaut. Oder

runter, wo man die großen Häuser gut sehen kann. Manche der Häuser sind oben rum plötzlich weg, als hätte man ihnen die Spitze abgeschnitten. Ich erinnere mich noch an manche Häuser, die jetzt nicht mehr da sind. Einige sehen aus wie immer aber andere sind entweder umgekippt oder sind nur noch große schwarze Skelette. Der Himmel wird dunkel. Zuerst dunkelblau. Dann lila. Dann schwarz. Ich höre eines der Mädchen, es gibt Essen. Die Marskinder und die Anderen laufen rein. Die Älteren haben wieder Beeren mitgebracht, die rund um die große Halle an Büschen wachsen oder sie kommen mit ganz vielen Dosen. Wo sie

die her haben, weiß ich nicht. Ich nehme mir eine und hole mir von draußen einen Stein. Mit dem muss ich dann drauf hauen. Nur so geht die Dose auf. Drinnen ist eine dicke braune Flüssigkeit. Sie schmeckt scharf und danach fühle ich mich ganz schwer und müde. Alle gehen in ihre Betten, legen sich hin und schlafen ein, während irgendwo noch Jemand leise schluchzt. Mama und Papa haben schon auf mich gewartet aber ich wache schon vorher auf. Das Mädchen neben mir, das mich immer in den Arm nimmt, hat angefangen ganz stark zu husten. Sie hustet und husten und hält sich den Bauch. Dann schläft sie ein. Ich streichle

ihr den Kopf und lege mich auch wieder hin. Am nächsten Morgen ist das Mädchen nicht mehr da. Auch nicht am nächsten. Und auch nicht am übernächsten. Manchmal verschwinden die Älteren einfach und kommen nicht mehr zurück. Von den kleinen Marskindern geht nie jemand weg. Auch nicht von uns. Ich werde auch nicht gehen. Ich werde hier bleiben und auf das Rauschen warten. Eines Morgens werde ich von einem der Marskinder geweckt. Draußen sind alle versammelt. Der Himmel ist noch gelb und hell und es ist noch ganz kalt. Aber der Himmel weint. Weiß sind seine Tränen und ich höre auch das Rauschen

wieder. Aber es ist weit weit weg. Noch weiter als beim letzten Mal. Und es sind ganz viele Tränen. Irgendwo, wo die Sonne langsam aufgeht, machen sie ihren Köpfler in die Erde und der Staub fliegt hoch in die Luft, wie Wasser. Wir halten uns alle an den Händen. Wir, die Himmelskinder.

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Hörbuch

Über den Autor

Schattenpuppe
Hallo, ich heiße Joshua und ich schreibe seltsame, melancholische Texte und zeichne gerne!
Ich bin 19 Jahre alt, komme aus Österreich und bin schon länger bei mystorys.de dabei, als ich zugeben will. Ich bin angehender Schriftsteller und Künstler und steuere mit letzterem ein bisschen was zu meiner Miete bei. Ein paar meiner Bilder könnt ihr unten in meiner Galerie sehen. Derzeit schreibe ich an meinem New Adult Roman "Less Like Shit".

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Mystic 
UND WAS FÜR EIN TALENT !
Schicke Dir ganz herzliche Grüsse!
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TaraMerveille Schön geschriebener Text mit nachdenkenswertem Inhalt.
Vor langer Zeit - Antworten
Wolfspfote Ich kann Feingeist nur zustimmen - nach ein paar Worten war ich wie gebannt und dann war es doch so plötzlich aus, dass ich garnicht mitbekommen hab, wie ich die Seiten umgeblättert hab. Ich weiß, das sag ich oft, aber in deine Storys kann man so fantastisch eintauchen; du hast wirklich, wirklich, großes Talent ^^
Glg und FDGDG
#Wölfin
Vor langer Zeit - Antworten
FeinGeist ein starker Text - alle Achtung!
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