Da fiel mir doch neulich, als ich auf Arbeit über die anzubauenden Raps-und Getreidesorten fürs nächste Jahr recherchierte und gleichzeitig über deren Düngung grübelte, ein Artikel in die Hände.
Also, der Verfasser wies nach, dass unsere deutschen landwirtschaftlichen Nutzflächen ohne Düngung aller Art in der Lage sind, ca. 65 Millionen Menschen zu ernähren. Der Rest hat eben Pech gehabt. Weitergehende Gedanken dazu überlasse ich dem Leser.
Aufgrund der heutigen Mobilität, so schrieb der Verfasser weiter, würde es bald schon zu einem Sturm auf die Felder und Plünderung derselben kommen. Dies nahm er jedoch im nächsten Satz wieder zurück, da etwa ein
drittel der heute Lebenden zumindest nichts mehr mit ungeschälten Kartoffeln anfangen können, geschweige denn mit der Pflanze als solches. Sie kennen Kartoffeln nur in Form von Fertigprodukten.
Wahrscheinlich würden sie die Blätter kauen wie vor 300 Jahren, vermute ich mal schlussfolgernd.
Wie wäre es aber für alle Pflanzenliebhaber und -versteher mit einer Alternative zur Kartoffel?
Zu DDR-Zeiten zeichnete ich für die Futterversorgung von zweieinhalbtausend Rindern und fünftausend Schweinen verantwortlich. Ihre Rationen berechnete ich
mit Hilfe eines wissenschaftlichen Buches, des DDR-Futterbewertungssystems. Hier war der Nährwert jedes nur erdenklichen verzehrbaren Teiles analysiert. Neben Soja, was es bei uns gar nicht gab, tauchten unter der Rubrik SCHWEINE auch solche Exoten wie Bananen und Orangen auf, die ich als gelernter DDR-Bürger kaum aus eigenem Erleben kannte. Ich fragte mich, wie die Futterwerte ermittelt worden waren und vor allen, wann die Schweine die in ihren Trögen vorfinden würden. O.K., Rostock mit seinem Hafen bot ungeahnte Möglichkeiten, von denen Otto-Normalo nichts wusste,
trotzdem …….
Darüber hinaus hatte ich aber auch eine
Frucht entdeckt, die mir erst ein viertel Jahrhundert später persönlich begegnen sollte.
Während meiner „Hermeszeit“ fuhr ich täglich etwa 150 Kilometer von Dorf zu Dorf durch meine Oberlausitzer Heimat. Neben all dem Stress ergaben sich immer wieder auch interessante, lustige und traurige Begegnungen mit Menschen und Tieren.
An einem sonnigen Spätsommer- / Herbsttag saß in einem kleinen Dorf eine alte Frau auf den Treppenstufen vor ihrem Häuschen. Rings um sich hatte die Oma diverse Körbe, Aluminiummilchkannen und Schüsseln aufgestellt, in die sie die sich vor ihr
auftürmenden Feldfrüchte der Größe nach sortierte. Die Knollen sahen leicht grau-rötlich aus, der Form nach eine Mischung aus Kartoffeln und Ingwer. „Was verlesen Sie denn hier?“ fragte ich interessiert, während ich das Paket zwischen all die Gefäße stellte und nach den Knollen griff.
„Das ist für uns zum Essen, das für die Schafe und Ziegen und die Hühner. Es ist Topinambur.“, erklärte sie. Da fiel mir wieder mein Futterbewertungssystem ein.
„Das kenne ich, der Kartoffel ähnlich, wenig Kalorien, sehr viel Stärke und Vitamine.“
Sie schaute mich verblüfft an, dann strahlte sie. „Sie sind die erste, die das weiß.“
Sie streckte die Arme aus und wies auf ein Feld mit leuchtend gelben Blumen, die ich
glatt für kleine Sonnenblumen gehalten hätte und die in der warmen Sonne ihre Blütenpracht so richtig golden entfalteten. Die Blüten waren viel kleiner als bei der Sonnenblume, die Blätter ähnelten ihr verblüffend.
„Das sind die Pflanzen.“, erläuterte mir die Oma. Ja, so in Natura hatte ich sie noch nicht
gesehen. Ich stopfte eine Plastiktüte voll mit den nahrhaften Knollen, und da ich weder Schaf noch Ziege bei mir zu Hause wohnen lasse verarbeitete ich den Inhalt zu Ernährungszwecken.
Hier meine Empfehlung:
Roh geraspelt mit Äpfeln und Orangensaft ergibt er einen überaus schmackhaften Salat, der auch beim Abnehmen dank des darin enthaltenen Inulins hilft. Gekocht bereitet man die Früchte zu Mus, zu Puffern oder gestückelt zu Eintopf mit anderen Gemüsen. Viuelleicht probiert der eine oder andere Gartenbesitzer es auch einmal aus. Die Pflanze ist oben dekorativ und unten praktisch.