Fantasy & Horror
Graf Ganima Teil 1 - Auszug aus der Valongatu Trilogie

0
"Graf Ganima Teil 1 - Auszug aus der Valongatu Trilogie"
Veröffentlicht am 07. Oktober 2008, 30 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Mein Name ist David A. Summerwine Ich wurde am 25 Januar 1968 geboren und lebe in München. Ich liebe es Abenteuergeschichten zu schreiben, die in einer fernen Zukunft spielen und die eher dem Bereich Fantasy angehören.
Graf Ganima Teil 1 - Auszug aus der Valongatu Trilogie

Graf Ganima Teil 1 - Auszug aus der Valongatu Trilogie

Beschreibung

Valongatu ist eher dem Bereich Fantasy zuzuordnen. Auch wenn es Raumschiffe, Strahlenwaffen und Roboter gibt. Nea arbeitet auf der Welt Sculpa Trax. Dieser seltsame Planet ist eigentlich ein riesiger Raumhafen. Umschlagplatz für Waren, und Neuigkeiten aus ganz Valongatu. Hier trifft Nea einen alten Bekannten, einen Händler Namens Peer Tippo. Früher hat er den Raumhafen oft aufgesucht um das ein oder andere kleine Geschäft zu machen. Doch längst bedient er eine neue Klientel und ist auf seine alte Kundschaft nicht mehr angewiesen. Allerdings hat er sich auf einen Handel eingelassen, der ihm nicht ganz geheuer ist und bei dem er Neas Hilfe gebrauchen könnte....

Graf Ganima Teil 1

Vorbereitungen zu einem seltsamen Besuch

 

Nach einigen Tagen kam Peer Tippo zu Nea. Er benötigte dringend einen leistungsfähigen Hyperantrieb, von der Art, wie ihn die STORMER besaß.

»Den könntest du kaum bezahlen«, bedeutete Nea ihm. 

»Ich bin bereit, eine ganze Menge dafür hinzulegen«, erklärte Peer.

»Du hast doch Beziehungen. Da müsste sich doch etwas machen lassen. Du kommst doch an die Magazine ran. Du kennst die Leute dort. Hat da nicht der eine oder andere Verwalter einen Wunsch, den ich ihm erfüllen könnte?«

»Wir haben noch einige Boxer in den Depots, aber die benötigen wir selber zum Ausschlachten«, erwiderte Nea, »wenn da einer etwas ohne Genehmigung herausgibt, hat er danach eine solche Menge Ärger am Hals, dass er seines Lebens nicht mehr froh werden würde.«

»Aber ein Sektorenleiter«, bohrte Peer weiter, »so einer müsste doch etwas tun können?«

Nea wusste genau, dass er damit auf das gute Verhältnis anspielte, das Nea zu Sam Weylik hatte. Und als ihm versprach, sie würde mit Sam darüber reden, war Peer überglücklich.

»Warum willst du die Reichweite der Annie vergrößern?«, wollte Nea wissen.

»Ich habe jetzt Abnehmer gefunden, die von einem ganz anderen Kaliber sind, als meine jetzigen Kunden«, offenbarte er. Peer Tippo war recht stolz darauf, nun in einer exklusiveren Liga spielen zu können und endlich nicht mehr auf seine Flohmarktgeschäfte, wie er sich ausdrückte, angewiesen zu sein.

»Na dann wünsche ich dir viel Glück«, grinste Nea.

»Du wirst mit Sam sprechen?« versicherte sich der Händler noch einmal.

»Ich werde mit ihm sprechen.«

Sam zeigte sich jedoch anfangs sehr unwillig und lehnte Tippos Ansinnen sofort ab. Nach einigen Tagen hatte er es sich aber anders überlegt. Schließlich war er nach reiflicher Überlegung zu der Überzeugung gelangt, dass der unliebsame Händler, der mit seinen zwielichtigen Geschäften die Leute von der Arbeit abhielt, nach dem Erwerb eines leistungsfähigen Hyperantriebes neue Reiserouten nutzen würde, die ihn künftig in einem weiten Bogen um Sculpa Trax herumführen mochten. Diese Annahme hatte durchaus ihre Berechtigung, schließlich hatte ihm Nea erzählt, Tippo hätte neue, zahlungskräftigere Kunden jenseits von Sculpa Trax gefunden. Tatsächlich ging Sams Rechnung auf, denn nachdem Peers Schiff mit dem neuen Antrieb ausgestattet worden war, waren seine Besuche auf Sculpa Trax bald sehr selten geworden. Wenn er ab und an dann doch hier landete, kümmerte er sich ausschließlich um die Wartung seines Schiffes und belästigte niemanden mehr mit seinen Geschäften. Als Nea ihm einmal wieder begegnete und ihn auf sein rar gewordenes Auftauchen ansprach, prahlte er, dass er der Händler mit dem besten Riecher für gute Geschäfte wäre.

»Du bist also in der oberen Liga angekommen«, bemerkte sie.

»Ich bin gut«, lobte er sich, »aber es gibt noch Einiges zu tun, um der Beste zu werden.«

Ein knappes Jahr verging, bis Peer Tippo wieder aufkreuzte. Er kam in Begleitung von Jannek Klatoc in die Kantine, einem der erfahrendsten Piloten der Zefren Company. Er gestikulierte temperamentvoll und redete heftig auf ihn ein. Nea saß wie gewohnt an einem Tisch am Fenster und beobachtete, wie sich die Beiden am Buffet bedienten. Sie konnte beobachten, wie eine beunruhigende Veränderung im Laufe der Zeit in Peer Tippo vorging. So fiel ihr auf, dass er zunehmend gereizter auf Schwierigkeiten reagierte. Ein Verhalten, das ihm sein Geschäftssinn bisher verboten hatte und das ihm, soweit Nea sich erinnern konnte, zuvor auch niemals passiert war. Nun jedoch zeigte sich mehr und mehr, dass er unter Druck stand, mit dem er nicht umgehen konnte. Jannek hatte Nea entdeckt und kam, sein Tablett vor sich hertragend, mit weit ausholenden Schritten auf sie zu.

»Du musst mir helfen«, sprach er Nea an, noch bevor er sich gesetzt und das Tablett auf dem Tisch abgestellt hatte.

»Wobei denn?«, wollte sie wissen.

»Einen Narren vor Unglück zu bewahren!« Er nahm Platz und deutete mit der Gabel auf Peer, der sich ihnen näherte. Als dieser sich zu ihnen setzte und ebenfalls mit dem Essen anfing, begann Jannek mit seinen Ausführungen. »Dieser geschäftstüchtige Mann hier sucht sich seine Kunden im Kolius Sektor.«

»Was gibt es denn dort zu entdecken?«, fragte Nea. 

»Das würde ich auch zu gerne wissen. Nicht einmal dort durchfliegen würde ich, wenn's nicht sein müsste. Und einen Stopp einlegen? Dazu müsste man Lebensmüde sein. Wenn du mich fragst, sind seine Kunden irgendwelches Gelichter«, brach es aus Jannek heraus, »Piraten, Ganoven, Gesindel und gefährliche religiöse Spinner. Etwas Anderes gibt es im Kolius Sektor nicht.«

»Was machen deine Kunden für Geschäfte?«, erkundigte sich Nea bei Peer, der sich jedoch seinem Essen widmete und so tat, als hätte er ihre Frage überhört. Neas Sorge um Peer steigerte sich zusehends und sie sah zu, wie er hastig einen Bissen nach dem anderen auf die Gabel steckte. 

»Hast du das nötig?«, fragte sie ihn eindringlich? Worauf sie der Händler ansah, kurz überlegte und sich dann wortlos abwendete, um das Essen weiter in sich hinein zu schaufeln.

»Er hat sich auch schon mit Splinter unterhalten. Der stammt aus dem Kolius Sektor und der hat sich nicht schlecht darüber gewundert, dass jemand, der ganz gut zurechtkommt, seine Unternehmungen gerade dort abwickeln möchte.«

»Hat Splinter ihn umstimmen können?«

»Mir scheint, Peer geht seinen Weg bereits«, sagte Jannek, »der hat sich tief im Inneren bereits von uns verabschiedet. Das hier soll wahrscheinlich seine Abschiedsvorstellung sein. Vielleicht hofft er auch nur auf ein gutes Argument, das ihm jemand zuflüstert und das ihn doch noch von Dummheiten abhält.«

Peer zögerte, die Gabel zum Mund zu führen und sein Kopf zuckte kurz in Janneks Richtung: »Bist unter die verdammten Psychologen gegangen, oder?« Dann blies er verächtlich den Atem durch die Nase und aß weiter.

»Das müssen wirklich lukrative Geschäfte sein, die ihn dort hintreiben. Aber mit Drogen oder Schmuggel hat das bestimmt nichts zu tun, denn dann würde er ganz schnell seine Durchfluggenehmigung verlieren. Und die wird er nicht aufs Spiel setzen wollen, oder?«, schlussfolgerte Nea.

»Meine Geschäfte sind meine Angelegenheiten«, warf Peer fauchend dazwischen und stach seine Gabel hart in eine Kartoffel hinein. »Ich wollte nicht mit dir, sondern mit Jannek sprechen, und dass ungestört.«

»Frag nicht weiter, Nea«, sagte Jannek, »ich versuche, es ihm schon seit Stunden auszureden. Er wollte sogar, dass ich ihn begleite, weil er meint, ein guter Pilot könne von Nutzen sein, wenn's brenzlig wird. Peer traut dem Braten nämlich auch nicht so ganz.«

»Warum fliegt er dann hin?«

»Du hast es schon gesagt«, Jannek rieb Daumen und Zeigefinger aneinander, »das ist die ganze Wahrheit.«

Peer war diese Geste nicht entgangen. »Wenn alles vorbei ist«, meinte er verschwörerisch, wobei er einen gedankenverlorenen Gesichtsausdruck annahm, »dann bestimmen andere Leute hier. Und ich bin ganz oben dabei. Wer dann seine Gelegenheit verpasst hat, wird übel dran sein.« 

 

Es vergingen einige Tage, bis Nea den Händler wieder zu Gesicht bekam. Er hatte herausgefunden, wo Nea arbeitete und besuchte sie. Nea spritzte gerade, dick in einen Schutzanzug verpackt, eine schaumige Flüssigkeit auf übereinandergestapelte Behälter. Peer Tippo landete seine Fette Annie in der Nähe und schlenderte durch die schmalen Gassen zwischen den Behältern auf sie zu. Er beobachtete Nea eine Weile, bis sie mit ihrer Arbeit fertig war und sich den Helm vom Kopf streifte.

»Das ist eine äußerst interessante Tätigkeit«, diagnostizierte er spöttisch, »da bin ich doch wieder ganz stolz auf die Sachen, die ich so mache.«

Nea war überrascht, ihn so schnell wieder zu sehen. »Ich bin gerade dabei, die Überreste einer Gazajspinne zu beseitigen«, antwortete sie und überhörte geflissentlich den Spott in Peer Tippos Stimme. Ogo, der neben ihr stand, begrüßte den Händler mit einem unangenehmen, schnarrenden Laut. »Es war nicht leicht, ihr den Garaus zu machen. Ich hoffe, keine von denen nistet sich je in deinem Schiff ein. Aber, so wie du herumkommst, hat sich deine Annie bestimmt schon den einen oder anderen Parasiten eingefangen.« 

»Oh, schön, dass du gleich zur Sache kommst. Ich bräuchte jemanden, der mir auf meiner nächsten Reise beisteht. Und dabei geht es nicht nur um lästige Parasiten.«

Nea schlüpfte aus dem Schutzanzug. »Pass auf, steig nicht in die Pfützen, die sind ätzend.« Ogo nahm den Overall an sich und begann, Wasser auf die Container zu sprühen, um die Säure zu neutralisieren. Ein infernalischer Gestank verbreitete sich augenblicklich.

»Hast du mich gesucht?«, wollte Nea wissen.

»Ja«, antwortete Tippo schnell, »im Übrigen kann ich jeden auf Sculpa Trax suchen und finden, den ich will. Immer und überall. Weist du wie ...«

Nea hob abwehrend die Hand: »Ich will das gar nicht wissen. Lass uns woanders hingehen.«

»Gerne. Mein Schiff steht dort drüben.«

Auf dem Weg zu seiner fetten Annie begann Nea, ihm ein paar Fragen zu stellen. Schließlich interessierte sie es brennend, warum er nach so kurzer Zeit gerade sie aufgesucht hatte. Um eines seiner üblichen Geschäfte konnte es sich nicht handeln, da er gesagt hatte, dass er auf seine kleinen Kunden nicht mehr angewiesen sei. Und zweifellos gehörte Nea zu dieser unbedeutenden Klientel.

»Nein, nein«, begann Tippo, »ich habe nun größere Umsätze. Was nicht heißt, dass ich nicht hier und da, so nebenbei, ein gutes Geschäft auslassen würde. Aber ich habe größere Aufträge zu bearbeiten, die meist meine ganze Aufmerksamkeit fordern.«

»Was wäre das zum Beispiel?«, fragte Nea, worauf Peer sie einlud, ihm in sein Schiff zu folgen. Sie erklommen die Laderampe, durchquerten einen großen Frachtraum, der weitgehend leer war, und gelangten dann in eine Lounge. Sie setzten sich an einen runden Tisch in zwei gegenüberstehende Ledersessel. Peer schenkte Nea und sich einen Whisky ein. 

»Was soll ich für dich tun?«, eröffnete Nea das Gespräch.

Peer sah sie über sein Glas hinweg an: »Habe ich denn gesagt, du sollest etwas für mich tun?«

»Ich müsste mich sehr täuschen, wäre es anders als das letzte Mal.«

Peer nahm einen Schluck und begann zu erzählen: »Ich benötige jemanden, der Erfahrung mit exzentrischen Persönlichkeiten hat.«

»Und du denkst, ich wäre so jemand?«

»Ich bin es jedenfalls nicht“, äußerte Tippo selbstkritisch. »Ja, ich bin viel rumgekommen, aber ich hatte es letztlich immer nur mit Händlern zu tun. Kleinkrämern und Knauserer allesamt, egal wie dick ihr Bankkonto auch sein mochte.«

»Und jetzt ist das anders?«

Er zögerte etwas. »Ja und nein«, bemerkte er nachdenklich, »ja, ich habe mit Händlern zu tun, und nein, weil die Motive meiner speziellen Handelspartner nicht unbedingt am Gewinn ausgerichtet sind. Verstehst du, was ich meine?«

Nea schüttelte den Kopf.

»Ich will etwas präziser werden«, fuhr er fort und Nea nickte interessiert. »Es gibt Kaufleute, die nicht viel auf die Qualität ihrer Ware geben. Das mag bei Massenartikeln auch gerechtfertigt sein. Sie schauen nur darauf, dass die Kasse stimmt. Sie könnten mit Erbsen oder Diamanten handeln, das wäre ihnen gleich. Die kenne ich alle und zur Genüge. Andere verbinden mit ihren Waren so etwas wie ein Ideal. Sie achten sehr auf deren Güte und sind stolz darauf, ihre Rechnungen umgehend zu begleichen. Sie zahlen horrende Summen für einen Klumpen beschriftetem Ton. Aber nun habe ich es mit einer weiteren Steigerung zu tun, mit Leuten, deren Absichten jenseits von Werten liegen, die man mit Geld messen kann, oder die mit irgendeiner Form von Liebhaberei zu tun haben.« Er überlegte, um das richtige Wort zu finden: »Ja, jetzt hab ich es!« Er erhob den Zeigefinger wie ein Lehrer, der Wichtiges zu verkünden hatte: »Sie handeln wie Gläubige.«

»Und wie soll ich dir dabei behilflich sein?«

»Ich kann sie nicht einschätzen. Daher sind sie für mich gefährlich. Ihre Geschäfte ähneln sich und haben stets mit Dingen zu tun, die man ohne Weiteres auch an Museen weitergeben könnte. Sie behandeln ihre Ware mit Ehrfurcht. So als ginge es um sakrale Gegenstände, die man aus einem Tempel holt, um sie in einer Prozession herumzutragen. Und genau das ist so verstörend an meinen jetzigen Kunden. Sie verbinden beinahe etwas Kultisches mit den Dingen, mit denen sie handeln. Ich kann es nicht besser beschreiben ...«, er fuchtelte mit den Händen in der Luft, als ob er eine Fliege verscheuchen wollte, »wie auch immer …, das ist seltsam und neu für mich.«

»Was sind das für Dinge, an denen sie interessiert sind?«

»Das ist ganz unterschiedlich«, erwiderte Peer, »mal ist es ein Stück Stein, etwas, das eventuell einen Archäologen interessieren könnte, …, dann einige Kisten mit Maschinen.« Er hielt kurz inne, als sei ihm selbst gerade ein befremdender Gedanke gekommen. 'Maschinen', wiederholte er leise und mit gerunzelter Stirn, »oder aber auch Schmuckstücke«, fuhr er fort. »Mit Letzterem kann ich schon eher etwas anfangen«, bedeutete er mit einem Grinsen, »aber für diese Leute scheinen sie nur einen geringen Wert darzustellen, auch wenn sie aus Gold und Silber gefertigt und mit Edelsteinen besetzt wären. Wohingegen sie irgendeine Tonscherbe zu andächtigem Staunen veranlasst.«

»Eigenartig, aber vielleicht gehören sie zu einer Sippe von Adeligen, die vergangenen Zeiten nachtrauern?«

»Da siehst du es ...«, er schnippte mit den Fingern, »… deswegen brauche ich dich. Weil du etwas damit anfangen kannst.«

»Jannek sagte aber, deine Kunden seien Spinner und Ganoven.«

»Jannek ist ein Idiot. Der soll seine Routen abfliegen, Container abliefern und die Klappe halten.«

»Aber er hat Recht«, beharrte Nea, »im Kolius Sektor treibt sich nur Gesindel herum und es ist dort gefährlich.«

»Sieh mich an, ich bin noch da«, konterte er großspurig, »aber dennoch, ich gebe es zu, habe ich immer den Eindruck, dass ich mich nahe am Rand der Nacht bewege.« Er versuchte, Worte zu finden: »Verstehst du, was ich sagen will?«

»Nicht ganz«, gab Nea zu.

Er rieb sich das Kinn und versuchte es erneut. »Ich habe das Gefühl ... ja, das trifft es … ich habe das Gefühl, Raubtiere zu füttern und das innerhalb ihres Geheges.«

»Dann lass es! Dir ging es doch gut. Wozu brauchst du diese Leute?«

»Weil ich Blut geleckt habe.«

»Blut geleckt ... Raubtierfütterung ... Peer, du solltest dich mal reden hören. Das klingt alles recht unangenehm«, brach es aus Nea entsetzt heraus.

»Irgendwie bin ich aber auch beeindruckt.« Er kippte seinen Whisky herunter und schenkte sich sofort erneut einen ein. »Es ist eben eine ganz andere Liga. Und ich denke, ich kann da auch meinen Weg machen. Aber es wäre mir lieb, wenn ich jemanden dabei hätte, der mich etwas unterstützt.« Peer hielt inne, sah Nea in die Augen und erwartete eine Antwort von Ihr.

In diesem Moment begann sich Nea, unwohl zu fühlen. Denn, wenn sie ihn alleine ließ, so würde es mit Peer aller Wahrscheinlichkeit übel ausgehen. Insofern hatte er Recht, er begab sich auf eine Gratwanderung. Nea konnte ihm durchaus von Nutzen sein. Im Laufe der Zeit war sie schon vielen schrägen Typen und etlichen Sonderlingen begegnet, von denen manche nicht ungefährlich waren. Nach seiner Schilderung konnte sie sich sogar ein recht gutes Bild von der Klientel machen, mit der er es nun zu tun hatte. Darum beschloss sie, Peer gut zuzureden und ihn von weiteren Geschäftskontakten mit diesen Leuten abzuhalten. Doch auch nach langer Diskussion gelang ihr das nicht.

»Überleg du es dir«, meinte Peer nur. »Ich habe mich informiert. Du könntest ohne Weiteres einige Monate frei bekommen. Du hast lange Zeit keinen Urlaub genommen.«

»Woher weißt du das?«, unterbrach sie ihn.

»Nea, ich bin nicht auf den Kopf gefallen. Immer wenn ich hierher komme und das nun schon über Jahre hinweg, bist du hier und arbeitest. Das sagen auch deine Kollegen. Ein wahres Arbeitstier sollst du sein. Du hast bei Sam bestimmt etwas gut, so wie du schuftest. Du kannst einfach Urlaub nehmen, sag ich dir.«

Nea blieb die Antwort schuldig.

»Ich bräuchte dich nur für eine Woche«, bedrängte er sie weiter.

Nea fragte sich, was er wohl alles über sie in Erfahrung gebracht hatte, und welches Geschwätz über sie im Umlauf sein mochte. Aber es musste auch andere Gründe geben, die es ihm ermöglichten so siegesgewiss zu sein, denn ganz offensichtlich ging er davon aus, dass sie mitkommen würde. Sie brauchte nicht viel Zeit, um sich eine Reihe von Gefälligkeiten ins Gedächtnis zu rufen, die sehr peinlich sein konnten, wenn sie bekannt würden. Peer war kein Erpresser, aber sie wollte ihn auch nicht auf die Probe stellen. Darüber hinaus wäre es Mord gewesen, Peer alleine zu lassen, ohne ihm die erwünschte Hilfestellung zu gewähren. Andererseits dachte sich Nea, könne es ihr egal sein. Doch wenn sie alles zusammennahm, brachte sie es nicht fertig, den dicken Mann so ohne Weiteres in sein Verderben zu schicken.

 

Es kam Nea gerade recht, dass Sam seine Kinder besuchte und Sculpa Trax für einige Tage verließ. Sie konnte Sam nichts vormachen und er hätte schnell herausgefunden, was sie beabsichtigte. Da sie es aber vermeiden wollte, überhaupt mit Peer Tippo gesehen und mit ihm und seinen Aktivitäten in Verbindung gebracht zu werden, vereinbarte sie mit ihm einen Treffpunkt weit ab von Sculpa Trax. Nea steuerte die STORMER zu einer alten, verlassenen Station auf dem Mond Zell im Gatho System. Diesen Treffpunkt hatte ihr einst Clenn vorgeschlagen, wenn sie einmal ein Geschäft abwickeln wollte, das sich in der Grauzone der Legalität bewegte. Damals lehnte Nea jenen Vorschlag entsetzt ab. Sie hatte es auch niemals nötig gehabt, diesen Ort zu einem solchen Zweck aufzusuchen. Nun aber war eine gute Gelegenheit gekommen, ihn doch noch zu nutzen. Peer Tippo war schon angekommen und hatte seine Fette Annie auf dem betonierten Landeplatz aufgesetzt. Nea landete mit ihrer STORMER gleich daneben. Ein Ruck ging durch ihr Schiff verbunden mit einem Ton, als wenn Metall auf Metall schlug. Die Eingangsschotte der beiden Schiffe wurden miteinander verbunden. 

  »Öffne die Schleuse Ogo. Ich nehme meinen Raumanzug mit, ich bin mir sicher, dass er keinen an Bord hat, der mir passt. Ich hoffe, dass wir nicht beschossen werden oder sonst etwas passiert, aber sollte ich aussteigen müssen, will ich darauf vorbereitet sein.«

Als Antwort erhielt Nea einen telepathischen Impuls, der Ogos tiefe Sorge um ihr Wohlergehen zum Ausdruck brachte. 

»Das ist lieb von dir«, beruhigte Nea ihren O.G.O., »aber ich komme bestimmt wieder.«

Noch einmal empfing sie einen Impuls von Ogo.

»Wenn du meinst?«, antwortete Nea und nach einem Moment des Nachdenkens nickte sie. »Ja, ich denke, du hast Recht!«

Peer freute sich, Nea an Bord begrüßen zu können. Auch Giro kam auf Nea zu und nahm ihr den Raumanzug und ihre Reisetasche ab.

»Schön, dich zu sehen«, begrüßte ihn Nea.

Giro nickte nur, antwortete aber nicht. Er gab Nea mit einer Handbewegung zu verstehen, dass sie ihm zu ihrer Unterkunft folgen sollte. Sie erhielt eine kleine Kammer, die gerade genug Platz für die schmale Pritsche darin bot. Unter diese schob sie ihre Tasche und den Raumanzug.

»Wie geht es dir?«, sprach sie Giro nochmals an. Er hatte sich aber schon herumgedreht und die Kammer verlassen.

»Nea!«, rief Peer Tippo ihr aus der Lounge zu. »Ich möchte dich mit unserem Ziel und den Kontrollen der Annie vertraut machen.«

Als Nea in der Lounge eintraf, erklärte Peer ihr, wohin er zu fliegen gedächte und mit wem er sich dort treffen wollte. Wie man die Annie fliegen könne, wollte er ihr unterwegs erklären. 

»Der Mann heißt Varan Ganima und ist eine Art Graf«, begann er zu erzählen. »Er handelt mit Antiquitäten und Kunst. Warum er aber sein Domizil so weit im Kolius Sektor hat, weiß ich nicht. Ich begegnete ihm auf Vanetha.«

»Zufällig? Oder?«, fragte Nea.

»Tut nichts zur Sache«, antwortete Peer, »er fragte mich, ob ich für ihn einige Transporte übernehmen könne. Die aber würden mich weit ab von den üblichen Routen führen. Die Gewinne allerdings wären beachtlich. Er selbst wolle sich ebenfalls erkenntlich zeigen, wenn ich gute Arbeit leiste. Nun gut, das ist mein erster Transport für ihn. Mir ist der Mann etwas unheimlich. Deswegen wollte ich dich dabei haben.«

»Du weißt noch nicht, was du für ihn tun sollst?«

»Nein. Aber er gehört zu einer Gemeinschaft von Leuten, die ...«, er überlegte, »... die mir auf seltsame Weise ....«

»... religiös erscheinen?«, ergänzte Nea. »So etwas hattest du schon angedeutet.«

»Sie kennen sich alle und haben eine Art Netzwerk aufgebaut«, fuhr Tippo fort.

»Hört sich mysteriös an«, bemerkte Nea. »Wie viele Fahrten hast du schon für diese Leute gemacht?«

»Etwa fünfzig Aufträge sind es schon bis jetzt«, antwortete Peer, »aber für diesen Grafen bin ich noch nie unterwegs gewesen. Der ist mir unheimlicher als die Kunden, für die ich bereits geflogen bin. Über die konnte ich immer nur lächeln, auch wenn es mir manches Mal buchstäblich auf den Lippen gefror. Aber dieser Mann ... alle Himmel, da vergeht mir der Spaß. Er hat auf Vanetha die Lager fast aller Antiquitätenhändler leer gekauft. Wer weiß, wie viel Geld der hat, um so etwas hinzukriegen. Oder vielleicht haben da mehrere zusammengearbeitet. Jedenfalls kommt da große Exzentrik und großes Geld zusammen. Ziemlich explosiv, diese Mischung.«

»Kann man wohl sagen«, stimmte Nea zu. »Ich will sehen, was ich tun kann, aber versprich dir nicht zu viel. Wenn es brenzlig wird, pflege ich, die Beine in die Hand zu nehmen und Land zu gewinnen. Ich werde nicht warten, bis du deine Geldscheine zusammengesammelt hast.«

 

Kurz nach diesem Gespräch flogen sie ab. Die STORMER und Ogo blieben auf der verlassenen Mondstation zurück. 

Peer steuerte direkt das Sternensystem Horon im Kolius Sektor an. Er freute sich, Nea dabei zeigen zu können, wie vortrefflich der Hyperantrieb der Annie funktionierte, zu dessen Besitz sie ihm verholfen hatte. Die Flugzeit würde bei voller Kraft nur zwei Tage in Anspruch nehmen, erklärte er stolz. Nea war ebenfalls sehr froh darüber, denn in dieser Zeit konnte sie sich mit den Kontrollen der Annie vertraut machen und sich mit Giro unterhalten. 

Giro kümmerte sich gerade um die Wartung der vielen Roboter an Bord der Annie, als Nea zu ihm kam.

»Na, wie fühlst du dich«, fragte sie, »wie schmeckt das Abenteuer?« Ihre Augen fixierten den jungen Mann mit Interesse.

Giro blickte an ihr vorbei und sah sich nach Peer Tippo um. Erst als er sicher sein konnte, dass er nicht in der Nähe war, begann er zu reden. »Wenn du es genau wissen willst«, flüsterte er, »mir ist das alles unheimlich und das ist noch untertrieben.« Er schüttelte den Kopf: »Und Peer selbst ist das alles weitaus unangenehmer, als er zugibt. Diese Leute, das heißt unsere Kunden, das sind alles sehr zwielichtige Gestalten. Ich glaube, die verbergen etwas. Die haben garantiert etwas vor. Irgendeine Teufelei, das kannst du mir glauben.«

»Wieso sagst du so etwas?«

»Weil ich mir unsere Ladung ganz genau angesehen habe«, verdeutlichte Giro. »Mindestens zehn Mal waren das Einzelteile einer Maschine. Ich versteh etwas von Technik, jedenfalls mehr als Peer, und ich kann mir da eine ganze Menge im Kopf zusammenbasteln, auch wenn die Einzelteile so verstreut sind wie ein durcheinandergeschütteltes Puzzle, so wie es die Teile der Maschine waren. Das war Absicht. Wo die Maschine zusammengesetzt wird, weiß ich nicht. Ich kann auch nicht sagen, zu welchem Zweck sie gebraucht wird. Aber ich bin mir sicher, dass es sie gibt, dass sie irgendwo steht und dort keinem heiligen Ziel dient. Ganz gleich, wie feierlich diese Leute tun. Das Ding sah aus wie eine Waffe. Eine seltsame Art von Kampfroboter womöglich. Wir haben auch mal andere Dinge an Bord gehabt. Steine, Statuen, Teile von alten Gebäuden, aber nie etwas, das man als modern bezeichnen könnte. Keine Motoren, keine Computer, Treibstoffe, Öle oder dergleichen. Alles, was wir hin und hergondeln, sind Azzamari. Alle ur-, uralt. Trotzdem kommen mir unsere Kunden nicht wie Forscher oder Sammler vor. Ich weiß nicht, was für einen Wert das alte Gerümpel haben könnte, aber bezahlt werden wir echt königlich. Dabei scheint es für unsere Kunden eine große Rolle zu spielen, dass wir einen Hyperantrieb haben und nicht auf Faynarpassagen angewiesen sind.«

»Haben sie einen Grund dafür genannt?«, fragte Nea interessiert.

»Nein!«, antwortete Giro. »Sie haben es uns einfach untersagt. Es ist Teil der Abmachung.«

 

 

http://www.mscdn.de/ms/karten/beschreibung_11369-0.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/beschreibung_11369-1.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_46715.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_46716.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_46717.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_46718.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_46719.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_46720.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_46721.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_46722.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_46723.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_46724.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_46725.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_46726.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_46727.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_46728.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_46729.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_46730.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_46731.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_46732.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_46733.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_46734.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_46735.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_46736.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_46737.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_46738.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_46739.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_46740.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_46741.png
0

Hörbuch

Über den Autor

Summerwine
Mein Name ist David A. Summerwine
Ich wurde am 25 Januar 1968 geboren und lebe in München.
Ich liebe es Abenteuergeschichten zu schreiben, die in einer fernen Zukunft spielen und die eher dem Bereich Fantasy angehören.

Leser-Statistik
123

Leser
Quelle
Veröffentlicht am

Kommentare
Kommentar schreiben

Senden
Zeige mehr Kommentare
10
0
0
Senden

11369
Impressum / Nutzungsbedingungen / Datenschutzerklärung