Laternen basteln...
Jeden Tag beginne ich mit einem Mantra vor meinen Spiegel:
„Ich bin der Boss! Ich bin größer als die (naja...1,59cm ist nicht wirklich groß...aber in manchen Berufszweigen ist sogar ein Zwerg wie ich groß! So!). Ich lasse mich nicht unterkriegen oder unterwerfen! Und meine Klamotten bleiben heute mal sauber!“
Gestärkt dadurch füge ich im Geiste noch „Und ich lasse mich für den Kratzer bemitleiden, den ich gestern beim Spielen mit meiner Katze bekomme habe!“ hinzu. Glauben Sie mir, wenn man mit einem Kratzer zur Arbeit
kommt, ist man schon der Held. Alle wollen einen Bemitleiden und man bekommt eine Menge Zuspruch. Wie zum Beispiel, dass ein Krankenwagen sehr wohl angemessen gewesen wäre.
Bei Ihnen ist das nicht so? Na dann haben Sie den falschen Beruf gelernt.
Ich arbeite an einem Ort der Macht (manchmal bin ich die Mächtige manchmal die Anderen) und des Spielens! An einem Ort, an dem man einfach alles und jeder sein kann! Gestern zum Beispiel war ich ein Hase. Ich würde eingeladen in der Scheune zu spielen und mit dem selbstgebauten Mini-Trecker. Denn, wie ich aufgeklärt wurde, ist es zu gefährlich mit einem
großen Trecker zu spielen. Was dann auch der Punkt war, wo ich mich fragte, ob ich noch immer der Hase bin, oder wir schon von etwas ganz anderem Sprechen. Leider habe ich das nie herausgefunden. Ich bekam einfach keine Antwort. Was ich nun sehr wohl weiß ist, dass man sich beim LKW fahren anschnallen muss. Jawohl. Jetzt reden wir über LKW`s. Sie können nicht mehr folgen? Macht nichts. Das Gefühl kenne ich. Einfach lächeln, nicken und alles bejahen!
Nach meinem Kampfmantra geht es dann auf in die Kita. Doch zunächst eine Stunde mit dem Öffentlichen Verkehr
fahren. Außer die Bahn hat Verspätung. Dann werden es 1 12 Stunden.
Der erste Gang geht in die Personal umkleide. Dort werden Jacke und Schuhe gegen, meist unbequeme, Hausschuhe getauscht. Ich will ja ein Vorbild sein!
In der Gruppe dann der erste Rundblick. Wer ist schon da, der mich für meinen Kratzer bemitleiden kann? Immerhin lebe ich nun schon mehrere Stunden damit, ohne irgendein Mitleid bekommen zu haben! Können Sie das glauben? Ich auch nicht. Und nachdem ich allen einen Guten Morgen gewünscht habe, steuer ich Michelle an. Sie hat immer Mitleid für mich Übrig. Ich gehe
also zu ihr, Krempel dabei meinen Ärmel hoch. Kurz muss ich stutzen. Wo war der Kratzer noch mal? Ich scanne meinen Arm und entdecke ihn schließlich noch.
„Guck mal, Michelle. Da hat mich gestern meine Katze gekratzt!“, ich mache noch schnell ein mitleidiges Gesicht und tadahhh. All meine kühnsten Träume gehen in Erfüllung! Auch die anderen Kinder haben wind bekommen von meiner schweren Verletztung und stürmen herbei. Ich werde also innerhalb von Sekunden umzingelt von „ Tut das Weh?“ „Hast du kein Plaster?“ „Hat das geblutet?“ „War das deine Katze?“ Während ich mich also
in Mitleid sonne und herzzerreißend alles bejahe, werfe ich einen Blick auf meine anwesenden Kollegen. Sie grinsen. Also kein Mitleid von denen. Macht nichts. Dafür sind ja die Kinder da.
Nachdem ich also genug Mitleid hatte. Stehe ich auf, um mit meiner Gruppenkollegin den Tag zu besprechen.
Anscheinend ist bald (in Zwei Wochen! Wo ist denn bitte der Rest des Jahres geblieben?!) Lichterfest und wir müssen Laternen basteln.
„Na toll. Und wie sollen wir sie dieses Jahr machen?“ Für diejenigen unter Ihnen die sich nun fragen, ob das nicht total einfach ist, kann ich Ihnen sagen:
Nein!
Denn ich arbeite mit 2 und 3 Jahre alten Kindern zusammen. Man muss also den Spagat zwischen hinbekommen zwischen der Tatsche, dass wir nicht das Selbe machen könne wie letztes Jahr und der Chance für die Kinder, ihre Laternen selber basteln zu können.
„Ich dachte mir, wir sammeln Blätter, trocken die und kleben die dann auf einen Laternenrohling.“ Gott segne meine Kollegen!
„Ja, aber das ist langweilig für die Kinder und es sehen alle Laternen gleich aus!“ schaltet sich nun meine zweite Kollegin ein. Wir sind zu dritt für 15 Kinder
da.
„Stimmt. Dann lass die Kinder doch einfach Fingerabdrücke in Herbstfarben machen.“
Gesagt. Getan. So sollten also unsere Laternen werden. Der Plan steht.
Aber erst einmal steht Frühstück an. Bei uns gibt es ein Gleitendes Frühstück. Das heißt, dass die Kinder bis 10 Uhr frühstücken können. Wir haben ein Buffet-artiges Frühstück mit Brot, Reiswaffeln, Knäckebrot, Käse, Marmelade und diverse Obst- und Gemüsesorten. Gegessen werden vorzugsweise die Reiswaffeln. Mit Käse und (!!) Marmelade. Ich habe das noch
nie probiert. Schon alleine, weil ich Reiswaffeln nicht ausstehen kann. Ich bitte Sie, das Zeug sieht aus wie Styropor und schmeckt meiner Meinung nach auch so. Aber die Kinder lieben das und mir soll das Recht sein.
Nachdem wir uns ein bisschen unterhalten haben (ja, wir kommunizieren untereinander. Sprachliches Vorbild und so ;) ) setzte ich mich zu den Kindern an den Tisch und esse mein Brötchen, dass ich mir zuvor beim Bäcker gekauft habe. Für die Kinder ist das ok. Sie haben ja ihr Styropor.
Meistens beeile ich mich mit dem Essen. Denn, bei aller Liebe, manche Kinder
essen wie (entschuldigen Sie den Ausdruck) Schweine. Ehrlich. Eigentlich kann man von Drei-Jährigen erwarten, dass sie vernünftig essen können. Inklusive Brot schmieren. Meistens klappt das auch. Aber man hat immer ein paar Kinder dabei, die sämtliche Regeln des Essens und der Schwerkraft aus der Kraft setzten. Diese Kinder haben dann die Marmelade nicht nur auf dem Messer und dem Brot. Sie findet ihren Weg auch auf die Stirn, auf die Nase, auf den Arm und natürlich auf den Boden. Und dass alles gleichzeitig, Bei einem Kind. Zusammenfassend kann man also sagen, dass manche Kinder nach dem Frühstück einmal eine
Rundumerneuerung bekommen. Und einer dieser Kandidaten sitzt gerade neben mir. Nachdem sie also Löffelweise Marmelade auf ihre Reiswaffel geschaufelt hat, wird das ganze von besagtem Käse geschmückt. Als das Kind gerade den Käse runter fischen und die Marmelade ablecken will, gucke ich sie Böse an und sage ihr, sie soll vernünftig essen.
Sie guckt böse zurück. Merkt aber, dass sie so bei mir nicht weiter kommt und legt den Käase wieder auf Brot. Ha! Gewonnen:)