Kurzgeschichte
Der Dozent (2) - Die Herausforderung

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"Der Dozent (2) - Die Herausforderung"
Veröffentlicht am 02. Juni 2014, 14 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Ich grüße euch herzlich. Bin Unruheständlerin und habe schon immer Freude am Schreiben und Dichten gehabt, nur fehlte meist die Zeit. Erst jetzt, als Unruheständlerin, habe ich mich durch Brigitte inspirieren lassen, selbst wieder zu schreiben. Ich habe begonnen mit Kurzgeschichten aus meinem Leben und schreibe gern Gedichte, bringe Gefühle zum Ausdruck. Freue mich einfach, hier Gleichgesinnte zu treffen und auch über echte konstruktive Kritik. ...
Der Dozent (2) - Die Herausforderung

Der Dozent (2) - Die Herausforderung

Der Dozent(2)

Herausforderung

In der Hotelhalle lief ich unserem zukünftigen Dozenten Jürgen W. genau in den Weg. „Ich bin morgen beim Direx, werde das Fach abgeben, damit es nicht zu Problemen kommt, wenn wir uns weiter sehen“, meinte er lächelnd. Halb im Weggehen sagte ich nur noch: „Das können Sie vergessen! Das passiert nicht und ich habe kein Interesse.“ Zum Glück öffnete sich der Fahrstuhl und im letzten Moment lief ich rein, Tür zu und nix wie weg.

Mein Herz klopfte bis zum Hals und es dauerte lange, bis ich zur Ruhe kam. Was bildete der Kerl sich eigentlich ein?

Sah ich aus wie Freiwild? Oder hatten es ihm meine blonden Haare und das Négligé angetan? Blond war ich, aber nicht so! Obwohl ich schon tief und fest schlief, weckte Evi mich, als sie kam und erzählte mir, was so alles noch am Tisch besprochen und geplant wurde. Ich sollte mich opfern! Er sähe doch gut aus. Zum Glück dachten nicht alle so. Sie sahen wohl nur Vorteile für sich.

Der nächste Tag kam. Eine Klausur jagte die andere, denn bald waren Semesterferien. Der Kopf brummte und auch die anderen hatten heute ganz schön mit sich zu tun. In der Pause blieb ich im Seminarraum einfach sitzen und schloss ein wenig die Augen, denn der

Kopf schmerzte, als Peter, mein Banknachbar, aufgeregt nach mir suchte und meinte: „ Du, der ist tatsächlich hier! Ist zum Direx rein.“ Ich war hellwach und froh, nicht draußen gewesen zu sein. Mein Kopf schwirrte. Kurz darauf suchte mich die Sekretärin. Mir schwante was, aber es blieb mir nichts übrig, als mit ihr ins Zimmer des Direktors zu gehen. Alle verfolgten das Spiel und sahen, wie ich mich um Fassung und Haltung bemühte. Und angekommen, vom Direx keine Spur, nur Jürgen W. und die Sekretärin verließ umgehend das Büro wieder. Was sollte das? Ich fand meine Selbstsicherheit wieder, während er sprach. Nein, ich

setzte mich nicht und blieb stehen. Hörte, dass er alles geklärt habe und nun einem Wiedersehen nichts mehr im Weg stünde. Er wusste, dass ich verheiratet bin, aber keine Kinder hatte, wo ich arbeitete…….alles rauschte an mir vorbei. Als er fertig war, nahm ich meinen ganzen Mut zusammen und sagte ihm ganz ruhig, aber bestimmt etwa Folgendes: „ Was Sie tun ist mir gelinde gesagt scheißegal. Begreifen Sie bitte, dass ich an einem Verhältnis keinerlei, aber auch absolut kein Interesse habe. Ich bin hier zum Studieren und nicht, um in der Weltgeschichte rumzupoppen. Lassen sie mich gefälligst für alle Zeiten in Ruhe.“ Dann verließ ich ohne

ein weiteres Wort den Raum, ging schnurstracks an der verdutzten Sekretärin vorbei und ab in meinen Seminarraum, in dem es schon wieder weiterging. Starr saß ich auf meinem Platz und nicht mal, als Helmut aus Rostock seinen Aktenkoffer öffnete und 2 Bierflaschen für den heutigen Nachdurst herausfielen, worüber sich alle köstlich amüsierten, konnte mich das zum Lachen bringen.  

Gegen 17 Uhr hatten wir Schluss und warum wunderte es mich nicht, dass Jürgen an der Straßenbahnhaltestelle stand, um mit uns bis zum Hotel zu fahren? Zum Glück wollte mich jeder irgendwie schützen und so verwickelten

sie mich dauernd in ein Gespräch und nahmen mich in ihre Mitte. Ich war dankbar dafür. Wir waren eben unausgesprochen ein prima Team. Abends, als ich mit Evi zum Abendessen in das Restaurant ging, saß er in der Hotelhalle und ich tat, als würde ich ihn nicht bemerken. Schnell setzten wir uns zu den Rostockern an den Tisch, damit bloß kein Platz frei blieb. Helmut wusste genau, warum. Er kannte mich. Jedes Jahr, wenn ich mit den Azubis im Ferienlager in Rostock war, besuchte ich ihn und seine Familie und seine 2 Söhne waren mir längst ans Herz gewachsen. Er, ein langjähriger Seefahrer und jetzt für die Ausbildung der Köche in der

Seereederei zuständig, konnte so wunderbar aus fernen Ländern erzählen. Mit seiner Frau hatte sich eine gute Freundschaft entwickelt und seit 2 Jahren konnten mein Mann und ich immer in Rostock im „Haus Sonne“ unseren Urlaub verbringen. „Warum hast du gestern nichts gesagt?“, fragte er. „Ich hätte ganz verliebt mit dir getanzt und der Platzhirsch hätte gedacht, ich wäre dein Spusi. Sollte das nochmal passieren, weißt du Bescheid. Dann spiel mit, oder fällt dir das schwer?“ Nein, das wollte ich auch nicht, aber ich fand seine Besorgnis rührend. Helmut begleitete Evi und mich dann auch bis zu unserem Zimmer und legte, als wir

zum Fahrstuhl gingen, frech den Arm um seine „Kleine“, wie er mich scherzhaft nannte, denn er war ja schließlich 6 Jahre älter und ziemlich groß. So kam ich ungeschoren in mein Zimmer. Wenig später klingelte das Telefon und die Rezeptionistin bat mich, herunter zu kommen, da ein Herr W. mich zu sprechen wünschte. Ich teilte ihr mit, dass ich ihn aber nicht zu sprechen wünsche und legte auf. Auch am nächsten Tag verfolgte er mich auf Schritt und Tritt. Meine Mitstudenten machten sich einen Spaß daraus, mich immer wieder darauf aufmerksam zu machen. Mir war gar nicht zum Lachen zumute. Samstag Nachmittag vor dem

Magdeburger Bahnhof wollte er mir tschüss sagen und einen Brief überreichen. Ich nahm ihn nicht und er fiel auf die Straße. Welch Glück, erstmal Ruhe vor ihm, dachte ich mir…………

Wenige Tage später erhielt ich dann an der Arbeit seine Anrufe. War mir das peinlich, denn keiner sollte von diesen Eskapaden etwas erfahren. Ich ließ mich durch die Sekretärin dann jedes Mal verleugnen und irgendwann gab er auf. Geschafft, dachte ich, bis der erste Brief an der Schule eintraf, persönlich, versteht sich. Erst wollte ich ihn gar nicht öffnen, aber meine Neugierde ließ mich dann doch lesen, dass er geschieden

sei, 30 Jahre alt und einen 4jährigen Sohn hatte, den er mir unbedingt beim nächsten Treffen vorstellen wolle. Er hätte eine schöne Wohnung und sich unsterblich in mich verliebt. Nach meiner Scheidung würde er mich sofort heiraten. Blah, blah……. Hatte der einen an der Erbse? Ein Bild von ihm und seinem Sohn lag dabei. Das fehlte mir noch, hatte ich doch gehofft, dass alles endlich ein Ende hätte.

Als ich im Juni mit 4 weiteren Studienkollegen aus dem Zug in Magdeburg stieg, stand er mit seinem Sohn am Ausgang. Der kleine Junge hielt einen Riesenstrauß roter Rosen in beiden Händen. Mittendrin steckte wohl

eine Geburtstagskarte, wie ich dem Motiv entnehmen konnte. Der Junge steuerte zielsicher auf mich zu, obwohl wir uns noch nie gesehen hatten und reichte mir mit einem Lächeln den Strauß entgegen. Was sollte ich machen? Das Kind tat mir in diesem Augenblick so leid. Jürgen kam mit einem großen Pralinenkasten auf mich zu. Ich nahm dem Jungen die roten Rosen dankend ab, streichelte ihm über den Kopf, bedankte mich, ging weiter an den nächsten Abfallbehälter und stopfte die Blumen verkehrtherum einfach hinein. Ich fühlte mich grausam, denn was konnte dieser niedliche kleine Junge dafür? Damit hatte dieser Jürgen bestimmt spekuliert,

dass ich bei einem Kind schwach werde. Er hatte zwar Recht, aber ich musste ganz einfach über meine Gefühle hinauswachsen, um ihm die Sinnlosigkeit seines Werbens schmerzlich bewusst zu machen.  

Fast ein Jahr habe ich seine Verfolgungen ertragen müssen, bis es endlich aufhörte. An seiner Stelle kam im neuen Studienjahr ein Dozent, der zwar ein ungeheures Wissen hatte, aber den man nur verstehen konnte, wenn man ihm ständig auf den Mund sah. Ein Script mitzuschreiben, war fast unmöglich. So musste ich mir immer wieder scherzhaft anhören, warum ich es nicht fertiggebracht hätte, mal über

meinen Schatten zu springen und mit Jürgen W. eine Romanze zu beginnen, von der sich alle etwas versprochen hatten. In einem Négligé bin ich nie wieder ausgegangen. Lange Jahre noch lag es in meinem Schrank, obwohl ich längst dazu übergegangen war, so zu schlafen, wie mich der liebe Gott geschaffen hat.

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Hörbuch

Über den Autor

GiselaPieler
Ich grüße euch herzlich. Bin Unruheständlerin und habe schon immer Freude am Schreiben und Dichten gehabt, nur fehlte meist die Zeit. Erst jetzt, als Unruheständlerin, habe ich mich durch Brigitte inspirieren lassen, selbst wieder zu schreiben. Ich habe begonnen mit Kurzgeschichten aus meinem Leben und schreibe gern Gedichte, bringe Gefühle zum Ausdruck. Freue mich einfach, hier Gleichgesinnte zu treffen und auch über echte konstruktive Kritik. Bin hart im Nehmen, also keine Bange, ich beiße nicht.

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