Journalismus & Glosse
Die Demokratie auf Himmelfahrt?

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"Was macht ein Bundespräsident auf einem Kirchentag?"
Veröffentlicht am 30. Mai 2014, 10 Seiten
Kategorie Journalismus & Glosse
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Über den Autor:

Einst brach ich auf, eine Welt zu erobern! Heut sitz ich in einem Käfig voller Narren! So kam ich zum Entschluss, "Will Hofnarr sein!" Und daran arbeite ich nun, in Berlin, das durch seine einmalige Nähe von Ost und West vielleicht schon einen Gedanken voraus ist. Mag sein, dass dieser Gedanke auch Nord und Süd einander etwas näher bringen kann.
Was macht ein Bundespräsident auf einem Kirchentag?

Die Demokratie auf Himmelfahrt?

Haben Sie es mitbekommen? Da diskutiert der Protestant und Bundespräsident auf dem katholischen Kirchentag die Frage, wie viel Religion die säkulare Gesellschaft verträgt. Jede Menge, Herr Gauck! Jede Menge! Denke ich jedenfalls … nein, nein … ich glaube es nicht nur, ich sehe es. Weltweit! Was anderes als Religion kann es sein, wenn man erklärt, die größte Demokratie der Welt habe gewählt! Diese Demokratie heißt Indien. Also, da muss man wirklich einen starken Glauben haben und von großer Religiosität sein, Indien eine Demokratie zu nennen. Ein Land, in dem die Zugehörigkeit zu einer Kaste wichtiger ist als die universellen Menschenrechte, wo Massenvergewaltigungen nur unter größtem internationalen und nationalen Druck das Justizsystem überhaupt erreichen, wo hunderte Millionen hungern und Analphabeten sind, wo medizinische Versorgung

eine Frage des Einkommens ist, … ich weiß gar nicht, wo ich aufhören soll … solch ein Land ist also eine Demokratie! Nur weil man dort wählen darf? In einer anderen Demokratie wurden gerade solch demokratische Wahlen revidiert. Thailand! Weil es einer eher wohlhabenden Schicht nicht passt, dass sie mehr für die abgeben soll, die den Wohlstand mit ihrer Arbeit schaffen, wurde nun die mehrheitlich gewählte Regierung weggeputscht. Das Militär hat nun die Macht. Wo ist der Einspruch der westlichen Welt, dieser demokratischen Wertegemeinschaft? Welche Sanktionen hat Thailand zu erwarten? Schließen die USA ihre Militärstützpunkte, die seit Beginn des Vietnamkrieges auch zu einem bedeutenden Wirtschaftszweig für Thailand wurden? Werden Militärhilfe und Auslandskonten von Putschisten und Drahtziehern

eingefroren? Die Ukraine hat gewählt! Diesmal demokratisch! Wirklich? Es waren ja nur fünfzehn Prozent der Bevölkerung, die nicht wählen konnte und mit denen auch niemand vor der Wahl sprach oder verhandelte! Ja, aber … könnte man fragen, wenn man fragen will …, wenn diese fünfzehn Prozent gegen den designierten Präsidenten gestimmt hätten, wie groß wäre seine absolute Mehrheit dann? Sie wäre unter fünfzig Prozent! Also ist auch absolut nur relativ? Und nun schießt er auf alles, was er vor der Wahl noch ignorierte! Ist das schon Anerkennung von Minderheiten? Wollten wir das? Wollen wir so etwas in unserer demokratischen Wertegemeinschaft? (Und so ganz nebenbei, wer mit Schokolade Multimilliardär wird, in dreiundzwanzig Jahren,

der hat nicht nur selbst schwer gearbeitet, der hat vielmehr Schwerarbeitende bis aufs Blut ausgebeutet, wahrscheinlich den Staat beschissen und sonstiges, bei uns mafiös genanntes, betrieben. Aber, das ist meine ganz persönliche Meinung zu diesem Herrn.) Ägypten! Auch so ein Paradebeispiel gelebter Demokratie! Erst weltweit bejubelte Revolution gegen ein diktatorisches Regime. Dann Wahlen mit ernüchterndem Ausgang (Was wir meiner Meinung nach auch zu Indien noch feststellen werden.). Also, wieder Volksaufstand mit ungewissem Ausgang. Zu ungewiss für unsere demokratische Wertegemeinschaft! Deshalb wurde der Militärputsch toleriert und, als notwendig, akzeptiert. Nun Präsidentenwahlen mit einem geläuterten Militärchef, als Sieger. Und Zustimmungswerte hat der, da wären anderswo alle Politiker und Journalisten einig

gewesen, dass dies nur manipuliert sein könne. Sicher, man hat die Wahlen verlängert, um überhaupt genug Stimmen zu erhalten. Aber, wie sagten wir während unseres Studiums schon? „Paragraph eins der Prüfungsordnung: Solange prüfen, bis der Prüfling besteht!“ Revolutionen, auch oder gerade demokratische Revolutionen brauchen eben Zeit! Zeit für Aufklärung! Zeit für Fehler! Und natürlich Zeit für die Revidierung begangener Fehler. Eben Zeit für die Bildung eines demokratischen Wertesystems! Aber aus sich heraus, aus der revolutionären Masse, nicht importiert und schon gar nicht irgendwelchen geopolitischen Macht- und Wirtschaftsinteressen untergeordnet! Eine andere Wahl hat stattgefunden, in einem Staatengebilde, das, ausgezeichnet mit dem Friedensnobelpreis, immer noch zu den demokratischsten Gebieten dieser Welt

zählt. Ja, ich meine die Europawahl. Doch was wurde hier gewählt? Ein Parlament, das seine Regierung und deren Chef wählt? Mitnichten! Man konnte wählen zwischen einem Haufen nationaler Parteien, die dann einen Haufen national unbrauchbarer oder abgehalfterter Parteimitglieder nach Brüssel schicken, wo sie ihre Kompetenz, die national schon unzureichend ist, auch international in den Schatten stellen können. Zwar haben die Parteienbündnisse, die annahmen, dass sie die stärksten werden, Spitzenkandidaten aufgestellt, von denen einer der Chef werden sollte, aber das war ja nur ein Mittel, um den Wählern die ganze Sache menschlicher, also nach dem Fremdwörterbuch humaner, weniger technokratisch und schon gar nicht von geopolitischen Mach- oder Wirtschaftsinteressen geleitet erscheinen zu lassen, wie es sich jetzt

herausstellt. Nein, nein! Ihr dummen Wähler, was meint ihr denn, warum ihr Europaabgeordnete nicht direkt wählen dürft? Ihr könntet sie irgendwann zur Rede stellen! Vielleicht sogar lynchen! Und Lynchjustiz passt nicht zu einer Demokratie! Und in diesem Falle würde sie sogar das Ansehen des Friedensnobelpreises beschmutzen, den man ja nicht dafür erhält, dass man anders Denkende, vielleicht sogar religiös (fehl)geleitete, tötet oder töten lässt. Nicht wahr? Also! Ihren Kaiser wählen die Könige selbst! Das war schon immer so! Wie weit ist es also mit der Demokratie, der Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit? Welche Rolle spielt der freie Bürger, welche Rolle die Minderheiten, welche Rolle die Völker oder Volksgruppen? Welche Rolle spielen politische Parteien, private wirtschaftliche

Mächte? Dienen die Parteien der politischen Bildung des Volkes, wie ihnen das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland ihre Rolle zuschreibt? Oder üben sie eher direkt die politische Macht aus, was nach jenem Gesetz dem Volke, vertreten durch seine Abgeordneten zusteht? Lassen sie sich dabei sogar kaufen von Wirtschaftsmächten, die nur Reichtum und Freiheit ihrer privaten Eigner auf Kosten aller anderen, der Mehrheit voranbringen wollen? Nun ja! Ich weiß schon, warum ich nicht zur Europawahl ging. Ich will keine Parteien wählen! Ich will Parteien, die Aufklärung betreiben! Aufklärung zum Stand der und zum Kampf um die demokratischen Werte in Deutschland, Europa und der ganzen Welt! Und ich will Parteien, die mir ihre besten Aufklärer und Kämpfer auf eine Liste schreiben, aus der ich dann wählen darf. Und warum sollten auf dieser Liste nicht auch religiös

getriebene Menschen oder Gewerkschafter, Jugendvertreter und so weiter und so fort stehen, auch wenn sie keiner Partei angehören (wie übrigens die Mehrheit der Weltbevölkerung)? Wichtig ist einzig und allein, dass sie ihrer Macht, also dem Volke, und sonst niemandem dienen! Wären wir also bei der Überschrift! Ist die Demokratie auf Himmelfahrt? Oder müssen wir eher wachsam sein, dass sie nicht zur Hölle fährt? PeKa

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pekaberlin
Einst brach ich auf, eine Welt zu erobern! Heut sitz ich in einem Käfig voller Narren! So kam ich zum Entschluss, "Will Hofnarr sein!" Und daran arbeite ich nun, in Berlin, das durch seine einmalige Nähe von Ost und West vielleicht schon einen Gedanken voraus ist. Mag sein, dass dieser Gedanke auch Nord und Süd einander etwas näher bringen kann.

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Brubeckfan Lieber Peter, ich bin mal wieder spät dran. Aber doch zwei Bemerkungen:
Ich wähle nur noch, um meine Stimme gegen die zu setzen, die ich nun gar nicht will.
Und inzwischen drohen völlig demokratische Briten mit bockigem Austritt, sollte der eine Gewählte wirklich antreten. Ja Demokratie war auch in der Antike nicht für jeden da, oder?
Einen schönen Überblick haste uns mal wieder geliefert! Du hast ihn eben, den Überblick.
Dank und Gruß,
Gerd
Vor langer Zeit - Antworten
pekaberlin Ach was, Gerd,
ich bin froh, wieder von dir zu hören (respektive zu lesen).
Dachte schon, ich hätte dich unbewusst verprellt, beleidigt o. Ä.
Also, ich will sagen, gerade auch deine Meinung ist mir immer willkommen, weil eben durchdacht und substantiell.
Irgendwie hast du natürlich Recht, Gerd. Andererseits ist das Problem unserer Gesellschaft, der Menschen, dass fast jeder weiß, was er nicht will, aber was sie wollen ... das wissen nur wenige .... und die meisten von ihnen wollen das serviert bekommen. Nur, der Service kostet eben! Manchmal Geld, manchmal Freiheit ... und manchmal wirst du eben auch beschissen, wenn der "Kellner" eben selbst nicht weiß, was der "Koch" in die Suppe tat. Und dann gibt es ja auch noch Tütensuppen ...
Und dein Hinweis auf die Antike scheint mir wichtig: Sind heute alle Bürger? Oder gibt es nicht doch noch Sklaven?
Etwas wirr ... aber ich sitz ja nicht umsonst in der Anstalt ... du wirst schon verstehen!
Dank dir und liebe Grüße Peter
Vor langer Zeit - Antworten
DoktorSeltsam Mit der Demokratie ist das so eine Sache, Brüderchen. Natürlich kennst du den uralten Witz "Wenn Wahlen wirklich etwas ändern würden, wären sie längst verboten!" Auch ich bin nicht glücklich damit, wie die Demokratie hier in unserem Lande funktioniert, wobei ich (Nenn mich ruhig naiv!) tatsächlich glaube, dass wir eine Demokratie haben! Was aber, das ist die entscheidende Frage, wäre die Alternative zur Demokratie? Autokratie? Diktatur? Wohl kaum. Ich befürchte, wir werden, wenn wir die Demokratie als das kleinste Übel in der Errichtung menschlicher Herrschaftsstrukturen betrachten, aushalten müssen, dass auch wenig oder explizit gar nicht demokratische "Parteien" gewählt werden. Etwas dagegen tun können wir allemal. Indem wir Resignation nicht als Teil unserer Lebensauffassung betrachten!

Hab dir lieb! TePer
Vor langer Zeit - Antworten
pekaberlin Alles wahr, was du schriebst, Brüderchen!
Aber auch die Demokratie kennt Spielarten, z.B. beim Wahlrecht, also Direkt- oder Verhältniswahl. Ich will keiner Autokratie noch Diktatur das Wort reden. Doch ich denke, dass alles, was nicht direkt daherkommt oder gesagt wird, getarnter Hintergedanke ist, graue Eminenzen verbirgt. Ich kann Gegner und sogar Feinde aushalten! Solange sie sich offen zeigen, zeigen müssen, ist auch der Kampf gegen sie offen. Aber diese gekauften Vollstrecker, deren Namen niemand weiß und deren Hintermänner im Dunkel bleiben, sind mir zuwider! Die Menschen glauben nur was sie sehen! Im militärischen Gefecht kann Tarnung über Sieg oder Niederlage entscheiden! Aber wir sind nicht im Gefecht! Und wenn Demokratie Kriegsspiel wird, verdient sie ihren Namen nicht mehr!
Der Narr spricht ohne Maske. Intrigieren ist seine Sache nicht!
Ich hoffe, du verstehst, was ich in meiner psychologischen Verwirrung sagen will.
Ick dir ooch! reteP
Vor langer Zeit - Antworten
DoktorSeltsam Du warst schon immer verwirrt, Brüderchen, schon in unserer Kindheit! ;) Aber mach Dir nichts draus, wenn Dir einer versteht, dann icke, wa?

TePer
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Demokratie? Was ist das? Haben wir eine? Viele Fragen tun sich dabei auf. Warum schießen Menschen auf Menschen. Und ist Geld nur die einzige Gottheit, die wir anbeten?
Aber ich bin trotzdem wählen gegangen, habe aber mein Kreuzchen bei einer der kleinsten Parteien gemacht. Nee, nicht NPD und auch nicht AfD. Denn wenn wir nicht wählen gehen, dann vergeben wir ja die Chance nur denen, die sowieso schon an der Macht sind.

Liebe Grüße
Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
pekaberlin Das ist Ansichtssache, Bärbel!
Ich möchte jedenfalls nicht, dass Parteien direkt Macht ausüben, egal welcher Farbe! Ich will Menschen mit eigener Meinung und Überzeugung! Parteien haben schon so viele kaltgestellt, die die deklamierten Werte ihrer Partei am vehementesten verteidigten. Und das trifft alle, nicht nur die Kommunisten, wie man uns glauben machen möchte. Aber eben auch jene, was für mich besonders bedauerlich scheint.
Liebe Grüße Peter
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Du Hast ja so recht. Die Parteienspektakel kommen mir mehr wie ein großer Kindergarten vor und wer am lautesten quiekt, bekommt recht. Deshalb konnte ich mich auch iei zu einer Zugehörigkeit zu einer Partei entschließen. Ich hätte auch lieber Direktwahlen und nicht so viele Abgeordnete, die alle am Tropf des Steuerzahlers hängen und diesen nach Strich und Faden ausnehmen. Ich versuche schon lange über dieses Phänomen nachzudenken, leider komme ich immer zu dem Ergebnis, dass dummes Volk gewollt ist. Wenn Du kannst, versorge Dir mal das Buch "Die laputte Elite" von Benedikt Herles. Menschen mit eigener Überzeugung sind nicht gewollt von den Mächtigen. Die fürchte sie wie der Teufel das Weihwasser. Eigentlich sollte die Vernunft regieren, aber man läßt sie nicht - leider.

Liebe Grüße
Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
Milan01 Super. Kann dem nur beipflichten.
Lg Milan
Vor langer Zeit - Antworten
pekaberlin Danke, Milan,
und liebe Grüße Peter
Vor langer Zeit - Antworten
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