Science Fiction
Reise zu den Sternen Teil 3

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"Reise zu den Sternen Teil 3"
Veröffentlicht am 04. Oktober 2008, 28 Seiten
Kategorie Science Fiction
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Über den Autor:

Mein Name ist David A. Summerwine Ich wurde am 25 Januar 1968 geboren und lebe in München. Ich liebe es Abenteuergeschichten zu schreiben, die in einer fernen Zukunft spielen und die eher dem Bereich Fantasy angehören.
Reise zu den Sternen Teil 3

Reise zu den Sternen Teil 3

Teil 3


Der Tag an dem Jari das Haus verließ stimmte Jamina traurig. Hatte sie sich bei Aru und Vinya noch sehr gefreut, so war sie nun umso tiefer besorgt. Und das umso mehr, als Adjiru daran dachte das Haus zu verlassen um sich an unterhalb von Ogeeras Berg nieder zu lassen. Die Siedlung dort hatte sich weiter ausgedehnt und es wäre nur vernünftig gewesen sich dort nach einem neuen Haus um zu sehen, denn das Feld um den Sternspringer lag nun in der Mitte seines Landes. Jamina behagte dieser Gedanke ganz und gar nicht. Aber Adjiru schien das Bauvorhaben tatsächlich völlig aus seinem Sinn verbannt zu haben und darum stimmte sie zu. Hinzu kam, dass sie nicht schwanger war. Und sollte seine frühere Leidenschaft wieder erwachen, so würde das keine zu dramatischen Auswirkungen haben. 

Das Haus, das sie bezogen war eher ein kleiner Turm, umgeben von einem Garten in dem wilder Wein wuchs. Er schien vernachlässigt und Jamina erkannte sogleich eine reizvolle Aufgabe darin ihn wieder herzurichten.

In der nächsten Zeit konnte Adiru den ein oder anderen Blick in den Sternspringer werfen, der eine schöne Gestalt angenommen hatte. Natürlich kann man nicht erwarten dass ein Gebilde, das von Oponi erdacht und gebaut worden war, den gängigen Vorstellungen von funktioneller Form entsprechen würde. Er sah aus wie ein schlanker, goldener Fisch, dessen Haut von einer reliefartigen Struktur überzogen war. Er glänzte in der Sonne wie ein Edelstein.

Keval war überglücklich Adjiru wieder zu sehen und führte ihn bereitwillig durch die Räume und Korridore des Springers. Eine junge Frau gesellte sich zu ihnen. Sie hieß Orysa und war seit einiger Zeit mit Keval zusammen. Ihre Haare waren feuerrot und ihre Augen von einem so leuchtenden Grün, dass es Adjiru verwirrte sie lange anzusehen. Sie schien es gewöhnt zu sein eine solche Wirkung auf andere zu haben und lächelte.

„Sie würde dir gerne eine bemerkenswerte Sache zeigen.“ sagte Keval und sie gingen hinauf in einen kleinen Saal, der ein breites Fenster hatte, in das ein transparenter Kristall eingebracht war.

In der Mitte des Raumes erhob sich eine schlanke Säule, darauf ein kleiner Kasten, der nach einer Seite hin offen war, sodass man eine Hand hineinstecken konnte.

„Ich nenne das Die kleine Welt“, sagte Orysa „Alles was ist, ist auch hier drin. Nur eben viel kleiner...man muss es ertasten, Stern für Stern. Welt für Welt.“

Adjirus Interesse war geweckt. Er streckte seine Hand aus und steckte sie in den Kasten. Aber so sehr er sich auch bemühte, er empfand dabei nicht viel. Nur ein leichtes Kitzeln auf seiner Haut.

Orysa sah seine Enttäuschung „Man muß üben“, beschwichtigte sie „Ich kann es schon ganz gut. Aber wirklich orientieren kann ich mich noch nicht. Aber unsere drei Sonnen. Die kann ich erkennen. Wie Gesichter von Freunden in einer großen Menge“


Als er zu Jamina zurückgekehrt war erzählte er ihr sofort alles was er an Neuigkeiten erfahren hatte. Und da sie nicht unhöflich sein wollte, versprach sie ihm ihn das nächste Mal zu begleiten.

„Dann gleich Morgen“, schlug er vor „Ich habe nicht viel zu tun und morgen werde ich dann alles erledigt haben.“

Jamina stimmte zu. Aber in ihrem Gesichtsausdruck sah er Sorge. 

„Keine Angst“, beruhigte er sie „Du bist mir das liebste und ich will nicht in alte Gewohnheiten  zurückfallen.“

Natürlich war Jamina keinesfalls beruhigt, aber sie begleitete Adjiru am nächsten Morgen und wußte nicht, dass dieser Tag ihr Leben für immer verändern würde. 


Während Adjiru staunend durch den Springer schlenderte, konnte Jamina mit alldem nichts anfangen. Sie lächelte artig, und versuchte sich mit aller Kraft seine Worte zu merken, sollte er sie etwas fragen. Später trafen sie auf Keval und Orysa, die einige Arbeiten im Steuerraum zu erledigen hatten.

„Was ist das?“ fragte Jamina. Ihr Blick was sogleich auf Orysas “Kleine Welt“ gefallen. Es war nicht nur die kunstvolle Ausführung die Jaminas Aufmerksamkeit fesselte, aber sie konnte nicht sagen was genau es war. 

Adjiru stellte ihr Orysa vor und die bemerkte sogleich wie fasziniert Adjirus Frau von dem kleinen Kästchen war. Sie begann mit ihren Ausführungen darüber, aber auch ihr hörte Jamina nicht wirklich zu. 

„Eine Erfahrung lehrt mehr als alle Worte.“ sagte Orysa schließlich, nahm Jaminas rechte Hand und führte sie in den Kasten ein. Kaum war das geschehen wand sich Jamina, als hätte sie einen Schlag in den Bauch erhalten oder als läge sie in den Wehen.

Entsetzt versuchte Adjiru sie von dem Kasten wegzuziehen, aber mit der anderen Hand umklammerte Jamina die Säule so fest, dass es unmöglich war sie davon zu lösen. Sie verkrampfte sich, schrie auf und war im nächsten Augenblick wieder völlig entspannt. Sie richtete sich auf und ihre Augen waren weit geöffnet, so als sehe sie erstaunliche Dinge.

Adjiru wollte vorsichtig ihre Hand aus dem Kästchen ziehen, aber Orysa hielt ihn zurück.

„Nein!“, sagte sie „Das kann einen ganzen Tag anhalten. Sie muss den Kontakt selber lösen.“

„Warum habt ihr das nicht gesagt?“ fragte Adjiru.

„Weil noch nie etwas derart dramatisches passiert ist.“ erklärte Keval besorgt.

„Nun, jetzt wissen wir es.“ spottete Adjiru, aber es war nur um seine Angst zu überspielen.


Jaminas Zustand hielt eine ganze Woche an. Indes waren einige Heiler gekommen um Jamina behutsam von ihrer Fessel zu trennen. Man versuchte ihr mit bitterem Tee und Kräutern eine Reaktion zu entlocken, aber sie stand nur da, und atmete so ruhig, dass man glauben konnte sie atmete nicht mehr. Auch ihr Herzschlag war so langsam dass selbst der beste Heiler ihn kaum erfühlen konnte.

Als Diren und Sila kamen, verließ Adjiru der Mut. Er konnte auf die Vorhaltungen Direns nichts erwidern und stammelte nur unbeholfen. Sila legte ihre Arme um ihre Tochter und flüsterte ihr leise ins Ohr. Aber nichts geschah. Als sie und ihr Mann wieder gingen, weinte Sila und Adjiru kam sich wiederum wie jemand vor der nichts anderes im Sinn hatte als den Frieden dieser Familie zu stören.

Zuletzt kamen Aru, Vinya und Jari. Adjiru konnte sie nicht ansehen und blieb solange hinter Jamina stehen, bis ihm die Beine versagten. Seine Kinder saßen auf dem Boden, sagten keinen Ton und warteten. Schließlich wurde Adjiru müde. Gerade als ihm seine Kräfte schwanden öffnete Jamina die Augen und zog die Hand aus dem Kasten. Sie stöhnte und fiel in seine Arme. Dann sanken sie beide zu Boden. Adjiru küsste sie, presste sie an sich und wisperte immerzu ihren Namen.

Die Kinder bildeten einen Kreis um ihre Eltern, während Jamina sie verdutzt anblickte, so als sei nichts besonderes geschehen.

„Was ist los?“, fragte sie „Warum seht ihr alle so besorgt aus?“ sie sah Adjiru an und strich ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht „Du siehst so ungepflegt aus“, bemerkte sie „Als hättest du dich Tagelang nicht gewaschen. Dagegen muss ich etwas unternehmen....“ flüsterte sie und schlief wieder ein. 


Adjiru brachte seine Frau zurück ins Haus. Er brache sie zu Bett und umsorgte sie in den nächsten Tagen liebevoll. Die Kinder waren erleichtert als sie hörten, dass es ihrer Mutter wieder besser ging, aber ihren Vater ließen sie deutlich merken, dass es mit einer Versöhnung noch eine ganze Weile dauern würde. Adjiru kümmerte dies jedoch wenig, war er doch zu erleichtert und zu sehr damit beschäftigt es Jamina so angenehm wie möglich zu machen. Dabei bemerkte er wie eine Veränderung in ihr vorging. Sie war sehr schweigsam. Aber sie schloss Adjiru oft in ihre Arme, lächelte ihn an, berührte ihn oder strich ihm sanft über die Wangen oder das Haar. Als sie das Bett wieder verlassen konnte stand sie oft am Fenster oder ging in den Garten auf dem Dach des Turmes. Das geschah meistens Nachts oder am frühen Morgen, noch ehe die Dämmerung heraufzog.

So stand sie unbewegt, den Blick zu den Sternen gerichtet zwischen den Büschen und Bäumen. Es war noch dunkel als Adjiru zu ihr kam. Er legte die Arme um Jamina und sie lehnte sich zurück an seine Brust. 

„Du hattest recht“, sagte sie leise „Sie sind wie Blumen auf einer Wiese.“ In ihren Augen lag ein verträumter, entrückter Ausdruck „Ich habe Unzählige gesehen. Sie atmen. Einige langsam und ruhig, andere schnell und aufgeregt. Ich habe ihre Wärme gespürt und ihre Kraft. Sie werden geboren und sie sterben. Manche leise und still, andere mit einem Aufschrei und Getöse. Das All ist schrecklich und wundervoll zugleich. Es ist so gewaltig. So unendlich.“ Jamina wendete sich um und umklammerte Adjiru so fest, dass ihm beinahe die Luft wegblieb „Halte mich fest. Ich will nicht alleine sein. Ich will nicht verloren gehen in dieser Weite.“


In der Folge verbrachten die Beiden viel Zeit um mit Keval zusammen zu arbeiten. Soweit es ging hielt Adjiru sich aus den Regierungsangelegenheiten heraus, übertrug anderen weitgehende Befugnisse und widmete sich zusammen mit Jamina der Arbeit am Sternspringer. Jamina hegte zwar nur wenig Interesse an den technischen Details, aber sie war nun von dem Wunsch beseelt eines Tages fremde Welten betreten und ferne Sterne mit eigenen Augen sehen zu können. Aber noch gab es ein Problem. Der Antrieb des Sternspringers war nicht leistungsfähig genug, ihn von Ophyr fort zu bringen. Keval war der Meinung alles richtig gemacht zu haben. Zumindest gemäss dem was Jeru an Aufzeichnungen und Schriften zur Verfügung stand, die aus dem Schloss stammten. 

„Meiner Meinung nach“, erläuterte Keval „haben die Kemon mit der Lichtkraft experimentiert, dann aber ihre Forschungen aufgegeben. Mir scheint es so, als seien dabei etliche Schriften verloren gegangen. Entweder hatten sie kein Gelingen und haben die Bücher ab-sichtlich vernichtet. Oder sie verloren lediglich das Interesse.“

„Du denkst an irgendetwas Entscheidendes das verloren ging?“ fragte Adjiru.

„Ja.“ bestätigte Keval „Wir haben alles richtig gemacht und den Antrieb in der Ebene getestet. Er läuft perfekt. Nur es fehlt die Kraft.“

„Wir benötigen die Originalaufzeichnungen oder etwas entsprechendes um die Lücken zu füllen“, sagte Orysa „Aber im Schloss und in der Schule habe ich nichts gefunden was wir nicht schon wüssten.“

Adjiru kam ein Gedanke, aber er wagte nicht ihn laut auszusprechen. Nur gegenüber Jamina äußerte er sich später, als sie alleine waren. 

„Das Tal der Kalay suchen?“ wiederholte sie erstaunt. Sie zeigte sich diesem Ansinnen nicht abgeneigt „Wo sollte es sein?“

„Ich weiß es“, sagte Adjiru „Ogeera hat alte Karten. Ich konnte einige Blicke darauf werfen, als ich sie noch öfter besucht habe.“

„Wie weit weg ist es?“ 

„Etwa einen Tagesmarsch von hier. In den Turmbergen. Aber die sind weitläufig und ich kann mich nicht an die genaue Lage erinnern. Nur so ungefähr.“

Jamina schien sich zu freuen „Das wäre ein schöner, langer Ausflug.“  


Die Beiden planten dafür etwa einen Monat ein, sollten sie das Tal nicht sofort finden. Aber Adjiru konnte seine Ämter nicht so ohne weiteres vernachlässigen. Er würde Vorbereitungen treffen müssen und dabei kam ihm ein Gedanke, den er schon lange hegte. Und er war - so dachte er - in einer guten Position um mit Diren darüber zu sprechen.


„Vater ich will Vorin an meiner statt regieren lassen“, erklärte Adjiru „Er ist dein Sohn. Sein Einfluss wird nicht geringer dadurch.“

„Denkst du wirklich es ginge mir darum?“ Diren versuchte in Adjirus Augen Verständnis zu finden. Aber Adjirus Mine blieb unbewegt.

„Ich weiß worum es dir geht“, antwortete Adjiru „Um deine Tochter. Du willst sie glücklich sehen. Das hast du mir einst gesagt. Und glaube mir sie ist es. WIR sind es.“ 

Diren konnte seinen Blick nicht von Adjiru abwenden. Er wußte dass er die Wahrheit sagte und fürchtete sich davor ihm nachgeben zu müssen. 

„Jamina war nicht glücklich mit mir“, sagte Adjiru „dann habe ich mich von meinen Plänen abgewendet und wurde der Vater der ich immer hätte sein sollen. Ich wurde so wie du es dir gewünscht hast und habe meine Sache gut gemacht. Danach hatte auch Jamina ihre Hürden zu nehmen und hat sie gemeistert. Und erst jetzt kennen wir einander wirklich.“

„Seid ihr glücklich?“

„Weit mehr als das.“ antwortete Adjiru ernst.

Diren wollte sich nicht geschlagen geben. Er hatte Adjiru lieb gewonnen und kannte seine Fähigkeiten und das Ansehen, das er unter den Oponin innerhalb und außerhalb des Tales genoss „Es gibt keine halbe Herrschaft“, sagte Diren „Man wird Vorin nicht die Achtung entgegen bringen wie sie dir schon jetzt zuteil wird.“

„Bitte lass mich regieren wie immer ich es will“, beharrte Adjiru „Auch wenn es bedeutet meine Macht zu teilen. Ich werde dich nicht enttäuschen Vater.“

Diren wendete sich ab „Das Tal der Kalay ist nicht zu finden.“ murmelte er. 

„Ich weiß wo es liegt.“ antwortete Adjiru. 

„Ogeera?“

Adjiru nickte. 

„Ich denke es ist falsch es zu betreten“, meinte Diren „Du solltest es nicht tun.“

„Ich brauche noch einige Antworten.“ gab Adjiru zurück.

Diren ging ein Licht auf „Dir geht es um ein eigenes Königreich“, sagte er plötzlich „Ja, du willst dein eigenes Reich gründen. Auf einem Thron sitzen und herrschen in deiner eigenen Welt.“ er sah seinen Schwiegersohn entgeistert an.

„Sagtest du nicht Herrschen sei keine schlechte Sache, wenn man weiß wozu“, erinnerte er Diren an seine eigenen Worte „Sagtest du nicht dass wir neuen Zeiten entgegen gehen? Jamina meinte du sagtest über mich ich sei etwas Besonderes. Auch Jamina ist etwas neues und Einzigartiges“, er umfasste Direns Schultern und senkte demütig den Kopf „Vater, bitte! Wir haben uns verändert. Lass uns sein was immer wir sind.“ 


Adjiru und Jamina brachen früh Morgens, in aller Heimlichkeit auf. Der Zeitpunkt war gut gewählt, denn keine der schwächeren Sonnen erhellte den Himmel. Nur Keval, Orysa und einige Vertraute aus der Gruppe der Traveller verabschiedeten sich von ihnen, gaben ihnen zusätzliche Vorräte und Ausrüstung mit, die sie für notwendig hielten. Am ende hatten Adjiru und seine Frau zwei weitere Stelzer in ihrer kleinen Karavane. Tatsächlich erwiesen sich diese Zusatztlasten als notwendig, denn die Suche nach dem Tal der Kalay dauerte länger als Adjiru erwartet hatte.

Jamina und Adjiru erklommen einen Höhenkamm nach dem Anderen ohne das Tal zu finden. So vergingen vier ganze Wochen in denen beide allmählich den Mut verloren. Als sie in das Lager in der Ebene zurückkehrten, sprachen sie kaum ein Wort. Adjiru entzündete ein Feuer und setzte sich stumm davor. Jamina setzte sich daneben und lehnte sich an ihn. Es war kühl und man merkte deutlich, dass der Sommer zu Ende ging.

„Denkst du daran aufzugeben?“ fragte sie.

Adjiru nickte stumm.

Jamina war gerne in der freien Natur. Ihr machte es nichts aus hier zu sein „Wir können noch einige Tage durchstehen“, sagte sie „Und wir werden das Tal finden. Unsere Vorräte sind so reichlich, wir können sogar noch länger bleiben.“

Adjiru schüttelte den Kopf „Ich kann nicht so lange weg bleiben“, antwortete er „Die anderen werden sich Sorgen machen. Ich bin...Fürst...“ er lachte leise „Schöne Ehre. Ich wollte sie nicht. Sie engt mich ein.“

„Darüber sind wir doch schon hinweg“, tröstete ihn Jamina „Man liebt dich und wird dir Vieles vergeben.“

„Wir suchen noch drei Tage“, sagte er „Dann kehren wir um.“


Am nächsten Tag gingen sie sehr früh los und beschlossen dort wieder zu suchen, wo sie Adjirus Erinnerung zuerst hingeführt hatte. Gewöhnlich war die erste Eingebung die Richtige, so meinte Adjiru. Dem konnte auch Jamina zustimmen, die viel Wert auf gefühlsmäßige Einschätzungen gab. 

Sie suchten den ganzen Tag, bis es später Nachmittag wurde. Die große Sonne hatte heiß auf das Land herab gebrannt. Die Luft war still und unbewegt, stickig und schwül. Jamina war erschöpft. Müde setzte sie einen Fuß vor den anderen und stolperte oft. Sie zwängten sich gerade durch einen schmalen Durchstich in den nur wenig Sonnenlicht einsickerte. Über ihnen war lediglich ein schmaler, hellblauer Streifen, blanken Himmels zu sehen. Es war dunkel und gefährlich. Adjiru beschloss gerade in das Lager zurück zu kehren, als er hörte, wie Jamina einen Fehltritt machte und mit einem erstickten Schrei in eine Felsspalte stürzte.

Entsetzt lief Adjiru zu der Stelle wo Jamina verschwunden war und rief ihren Namen in das Dunkel hinein. Einige schreckliche Augenblicke lang herrschte Stille. Adjirus Herz pochte kräftig und er spürte dessen Schläge bis hinauf in seinen Hals. 

„Mir geht es gut.“ kam endlich eine Antwort. Leise und von weit unten. Adjiru atmete er-leichtert auf „Du kannst herunterkommen. Sei vorsichtig es ist abschüssig.“

„Warum kommst du nicht wieder hinauf?“ wollte Adjiru wissen.

„Weil ich etwas entdeckt habe.“


Mehr fallend als kletternd erreichte Adjiru den Boden der Spalte. Gegen das schummrige Licht, das am Ende der schmalen Klamm leuchtete, konnte er seine Gefährtin sehen, die ihm freudig entgegen lief.

„Wie konnte das passieren?“ fragte er besorgt. 

Als sie bei ihm war, nahm sie ihn an der Hand und zog ihn mit sich „Dort oben war es so heiß und stickig“, erklärte sie „Da spürte ich einen Luftzug, der aus dieser Felsspalte strömte. Ich stellte mich hinein und...naja, den Rest kennst du ja.“

Adjiru konnte fühlen wie aufgeregt sie war und während sich der Spalt verbreiterte wurde der Blick frei auf einen kleinen Talkessel, der von steilen Klippen gesäumt wurde wie von hohen Mauern.

Jamina stellte sich auf die Zehenspitzen und drückte dem staunenden Adjiru einen kurzen Kuss auf die Wange „Das Tal der Kalay.“ verkündete sie.

„Sicher?“ fragte er.

„Was sollte es denn sonst sein?“

„Ich hatte es mir größer vorgestellt.“

Jamina hob anzüglich die Augenbrauen „Bei euch Männern muss immer alles größer sein.“


Sie stellten sich an den Rand des Felsens und sahen hinein in das Tal, das eher einem kleinen, flachen Krater glich. Die beiden Oponi konnten eine spiralförmige Rampe betreten, die sich, dicht an die Felsen geschmiegt, bis zum Boden des Tales hinunter schraubte. Es gab etliche Höhlen entlang der Rampe, die mit kunstvollen Reliefs verziert waren. Alte Farbe, längst ausgeblichen, bedeckte die Wände und zeigte Muster und komplizierte Bilder.

Der Ausgang des Tales war von Felsbrocken versperrt. Ein Felssturz hatte auf diese Weise das Tal verschlossen. Ob das durch Absicht oder durch Zufall geschehen war konnte Adjiru nicht sagen. Aber von Außen war das Tal darum nicht sichtbar gewesen. Man konnte den Wall jedoch leicht übersteigen und am Fuße der Geröllhalde fand Adjiru einen Weg, der in die Ebene führte.

In einer geräumigen Höhle richteten sich die zwei Oponi für die Nacht ein. Aber sie fanden keine Ruhe. Adjiru hatte einige Schriftrollen gefunden, die gut erhalten waren und sich geradezu geschmeidig anfühlten. Irgendeine Art Wachs bedeckte sie und verlieh ihnen einen eigentümlichen Glanz.

„Kannst du das lesen?“ fragte Jamina.

Adjiru nickte und deutete auf einige Worte und Zeichen „Ich habe hier etwas Interessantes gefunden“, er deutet auf einen Stapel anderer Pergamente „Die meisten der Schriften beschäftigen sich mit Medizin und Heilkunde. Aber das hier ist anders. Es sieht mir eher nach einem Geschichtsbericht aus.“

Er runzelte die Stirn und ließ den Finger über die Worte gleiten „In dem...Gefäß. Nein, in dem Haus...“ Adjiru schüttelte den Kopf „Boot...ja, Boot muss das heißen“, er freute sich über seine erfolgreiche Folgerung „losgelöst von...von Dem was uns....verletzt?...nein!“ Adjiru grübelte während Jamina sich wieder zur Ruhe legte und sich in einige Decken einwickelte „Das uns gefangen hält? Auch nicht richtig.... das uns...das uns...verbrennt! Ja so muss es heißen. Das uns verbrennt.“

„Wie muss es heißen?“ murmelte Jamina, die den lauten Gedankengängen Adjirus lauschte.

„Sie waren in einem Boot. Ungebunden von den Mächten die uns verbrennen.“ sagte Adjiru.

„Sicher?“ fragte Jamina.

„Naja, so halbwegs.“

„Hört sich auch so an“, sie wendete sich ihm zu und blickte ihn mit halb geschlossenen Augen an „Komm her. Mir ist kalt. Du musst mich nicht verbrennen, aber etwas Leidenschaft würde mir jetzt gut tun.“


Sie verbrachten zwei weitere Tage im Tal der Kalay, bevor sie es verließen und sich wieder auf den Heimweg machten, in ihrem Gepäck viele Bücher und Schriftrollen. 

Zuhause wartete viel Arbeit auf Adjiru. Da sich nun der Herbst deutlich bemerkbar machte und das Jahr dem Ende entgegen ging hatte sich Etliches angesammelt, das nun bearbeitet werden musste. In der Zwischenzeit übergab er Keval die Schriftrollen um sie zu entziffern. Jamina lernte die Schrift der Kalay zu lesen und vertiefte sich in das Studium von Kräuter und Heilkunde. Sie fand viele nützliche Erkenntnisse und meinte man brauche gute Ärzte, sollte man einst den Sprung in die Tiefen des Weltenozeans wagen. Bald hatte sie ein neues Betätigungsfeld gefunden, das sehr ihrem Charakter entsprach und in dem sie aufging. Oft aber sah man sie auch “Die kleine Welt“ benutzend. Vorsichtig aber immer geübter ertastete sie das All und konnte das Gerät bald perfekt beherrschen. 

Im kommenden Frühjahr holte Keval dann die restlichen Aufzeichnungen aus dem Tal der Kalay und förderte höchst erstaunliche Erkenntnisse zutage.

„Habt ihr gewusst, das die Kemon und Kalay einst von einer anderen Welt hier her gekommen waren?“, erklärte Keval „In einer Art Sternspringer.“

Adjiru zeigte sich überrascht „Warum sollten Götter so etwas benötigen?“

Keval kratzte sich am Kopf „Wenn sie denn Götter waren“, er setzte eine Mine auf, die deutlich zeigte, dass er noch weit mehr zu berichten hatte „Ich würde sie eher als Reisende bezeichnen. Genauer gesagt als Flüchtende. Und sie flohen von ihrer alten Welt.“

„Sie flohen?“, fragte Adjiru „Hast du es richtig übersetzt?“ er runzelte skeptisch die Stirn. 

Keval wartete mit der Antwort „Ich denke schon“, sagte er dann „Orysa hat es ebenso gelesen“, aber er wechselte schnell das Thema „Ich habe auch etwas über die Lichtkraft herausgefunden. Nicht viel zwar, aber immerhin einen Anhaltspunkt.“

Adjiru freute sich darüber und wollte gleich mehr erfahren. Jamina hingegen fixierte Keval noch eine Weile, da sie hoffte er würde den vorhergehenden Gedankengang weiterverfolgen. Aber er äußerte sich darüber nicht mehr. Daher ging Jamina zu Orysa um mehr darüber zu erfahren. Zuerst zeigte sie sich wenig gesprächig, aber Jamina ließ nicht locker und am ende hatte sie Einiges erfahren, dass sie verunsicherte.


Adiru saß in seinem Arbeitszimmer über Kevals Notizen gebeugt. Als Jamina eintrat winkte er sie sofort heran.

„Hier ist etwas Wichtiges“, sagte er ungeduldig „Wir benötigen blaues Licht. Ein besonderes Blau. Das alleine hat genug Kraft. Es muss von einem besonders reinem Kristall erzeugt werden.“

Jamina nickte beiläufig. Er erzählte weiter, bemerkte dann aber dass sie mit den Gedanken ganz woanders war.

„Was hast du?“ fragte er.

„Keval hat doch etwas über die Herkunft der Kemon und Kalay gesagt“, Adjiru nickte „Ich habe Orysa dann darüber befragt, was sie herausgefunden hat. Und ich muss sagen dass ich nun ziemlich beunruhigt bin“, Adjiru hörte aufmerksam zu und Jamina fuhr fort „Die Kemon und Kalay flohen von ihrer Welt nachdem dort ein Krieg ausbrach. Sie besuchten auch andere Welten, doch auf Vielen herrschten ebenfalls Unruhen und es gab Feindschaften. Sie erzählen auch etwas von Jägern die ihnen folgten, bis Sie ihnen entkommen konnten“, Adjiru musste zugeben, dass ihn diese Nachrichten ebenfalls Angst machten „Nachdem was Orysa herausgefunden hat, ist es dort oben alles andere als friedlich.“

Adjiru seufzte „Sollen wir deswegen Alles aufgeben was wir begonnen haben?“

Jamina wußte darauf nichts zu antworten. 

„Ich bin dennoch sicher das Alles was wir tun wichtig ist“, bekräftigte Adjiru „Möglicherweise ist es jetzt sogar noch wichtiger als zuvor.“

Jamina sah Adjiru mit ihren großen, braunen Augen an. Darin standen tiefe Zweifel geschrieben. 

„Als wir nach dem Tal gesucht haben“, erklärte Adjiru „wusstest du doch auch, dass es gefährlich werden könnte. Dennoch hast du dich darauf eingelassen.“

Jamina stimmte ihrem Gefährten zum Teil zu „Ich kenne die Gefahren auf Ophyr“, sagte sie „Aber die Gefahren dort draussen“, sie blickte kurz nach oben „Die kenne ich nicht.“


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