Der Tag danach
Als Alexandra aufwachte, befand sie sich in einem Krankenhaus. Rings um ihr Bett standen einige Alte mit ihren schwarzen Roben und ein Arzt. Sie sah sich um und entdeckte das stets blasse Gesicht von Johanna. Ruhig und gleichmäßig tanzte der grüne Punkt des EKG auf dem schwarzen Hintergrund. Beruhigt ließ sich Alex wieder zurück ins Bett fallen. „Wie geht es dir?“, fragte der Arzt, dem die Bewegungen der Patientin aufgefallen waren. „Gut, aber ich fühle mich noch etwas schwach“, sagte sie mit ruhiger Stimme. Einer der Alten, dessen Gesicht, obwohl es von der Kapuze halb verborgen
wurde, sehr alte aussah, mischte sich ein: „An was erinnerst du dich noch?“ „Nicht viel, ich weis nur noch, dass unser Bus von einem Auto gerammt wurde. Mehr nicht.“ Einer der Alten antwortete: „Du hast zahlreiche Menschen ...“ er brach ab, da ihn der betagte Alte böse anstarrte. Er erklärte: „Dank deiner Hilfe ist niemand zu Schaden gekommen. Anscheinend hast du instinktiv deine Kräfte eingesetzt. Ziemlich starke Kräfte sogar. Normalerweise können Alte erst nach jahrelangem Training mehrere Menschen heilen. Du hingegen hast, ohne Erfahrung, 25 Menschen von ihren Leiden befreit. Daher wirst du nun in den Rang einer Ältesten befördert. Von nun an hast du eine Stimme im Rat der Alten
und du besitzt ab jetzt gerichtliche Immunität, wie ein Diplomat. Deine Ausbildung wird in einer Woche starten. Ich erwarte dich dann in der Schule.“ Mit diesen Worten drehte er sich um und verließ mit den anderen Ältesten den Raum. Nur derjenige, der ihn zuvor unterbrochen hatte, blieb mit dem Arzt zurück. Dieser erklärte ihr: „Wir warten noch eine Blutgas-Untersuchung ab, dann kannst du nach Hause.“ Auch er verließ das Krankenzimmer. Der letzte Alte begann: „Ich stelle mich mal vor: Mein Name ist Noah, ich ein Ältester der Kategorie B. Das heißt, dass ich keine Kräfte habe. Meine Aufgabe ist es dich, eine Kategorie A Älteste zu beschützen.“ „Ich brauch keinen
Babysitter“, entfuhr es Alex mit pubertärem Freiheitsgedanken. Noah begann zu lachen. Es war ein herzhaftes und freundliches Lachen. Er zog sich die Kapuze vom Kopf, sodass man seine strohblonden Haare sehen konnte. Alex betrachte ihn: Er war normalgroß, schlank, aber nicht dürr und vermutlich um die dreißig. Mit seinen tiefblauen Augen und seinen unscheinbaren Augenbraun wirkte seine helle Haut noch blasser. Er hatte kleine Ohren und eine spitze Nase. In Kombination mit seiner schwarzen Robe sah er zwar merkwürdig aus, aber trotzdem freundlich. Noah reichte Alex die Hand mit den Worten: „Im Aufenthaltsraum wartet deine Mutter.“ Alexandra ergriff sie und
zog sich aus dem Bett. Sie war zwar noch etwas wackelig auf den Beinen, doch sie wurde von ihrem Beschützer gestützt. Langsam aber sicher erreichten sie den Aufenthaltsraum. Sie wurden von der Mutter entdeckt und sie stürmte sofort auf sie zu. Sie umschlang ihre Tochter und brach in Tränen aus. „Mein kleine Mädchen, ich bin so froh, dass es dir gut geht.“