10 Jahre nach dem Tod
Alexandra schlug die Augen auf. Die ersten Sonnenstrahlen stachen in ihre Augen und sie musste blinzeln. Sie warf die Decke zur Seite und richtete sich auf. Nach einem herzhaften Gähnen erhob sie sich aus ihrem Bett. In Gedanken schrie ihr das Bett nach, doch sie widerstand der Versuchung, weiter zu schlafen. Langsam schlurfte sie in Richtung Bad. Gleich der erste Holzbalken der Bodens knarrte unter ihrem Gewicht. „Na toll, jetzt sind alle wach“, dachte sie und ging weiter. Im Bad angekommen griff sie nach ihrer Zahnbürste und musste verärgert feststellen, dass ihre Mutter sie wieder irgendwo hingestellt hatte. Nach
kurzer Suche fand sie sie zum Glück wieder. Sie sah auf und bekam das Gruseln. Jede Haarsträhne hatte für unabhängig erklärt und war in eine andere Richtung aufgebrochen. Sie sahen aus wie die Mähne eines Löwen. „Guten Morgen mein Löwe“, rief ihre Mutter, als hätte sie ihre Gedanken gehört und betrat den Raum. Beide Putzten sich die Zähne und richteten sich ihre Haare. Sie gingen gemeinsam in die Küche und die Mutter begann sofort damit, das Frühstück zu machen. Die Tochter hingegen fütterte die beiden Katzen. Tiger und Puma umschlangen die Beine des Mädchens, bis sie ihnen ihr Futter gegeben hatte. Alexandra schaltete den Fernseher ein und ihre Mutter trug das
duftende Essen auf. Der Nachrichtensprechen krächzte mit seiner Raucherstimme: „Und nun zur Politik. Das Parlament hat dem neuen Steuerrecht zugestimmt. Einige Randgruppierungen haben bereits Protest eingelegt. Da niemand nachgeben möchte wird es auf den Entschluss der Alten ankommen. Nun zum Sport ...“ „Ein Glück, dass das Gesetzt jetzt endlich durch das Parlament gekommen ist. Durch den Rat kommt es sicher auch noch. Dann heißt es Adieu hohe Steuern und willkommen Urlaub ans Meer“, sagte die Mutter und verfrachtete das Essen auf die Teller. „Sehr gut Mama, aber das kann noch dauern, die Alten sind nicht so jung“, scherzte die Tochter. Beide
aßen und kaum das sie fertig waren, sprang Alexandra auf. „Ich bin spät dran, tschüss Mama“, rief sie und sprintete aus der Wohnung. Zum Glück hatte sie sich ihrem kurze Hose angezogen. Auch wenn es am Morgen kühl war, zahlte es sich am heißen Nachmittag aus und sie konnte dadurch auch besser laufen. Das Mädchen rannte zum Bus. Sie sah schon von weitem wie er in die Station einfuhr. „Verdamm, den verpasse ich noch“, dachte sie und legte einen Zahn zu. Da erkannte sie Johanna, ihre Klassenkameradin. Sie sahen sich kurz in die Augen, dann drehte sich Johanna zum Busfahrer und fesselte ihn mit einem Gespräch. Alexandra erreichte den Bus und die beiden Mädchen verdünnisierten sich
nach hinten, da der Fahrer die Verzögerungstaktik durchschaut hatte. „Morgen Alex“, sagte die eine zur anderen. Keuchend sagte diese: „Morgen Jo ... danke, du hast mich gerettet“ Jo lächelte nur die Beiden setzten sich. „Hast du die Englisch Aufgabe schon gemacht? Ich versteh das zweite Beispiel nicht“, fragte Alex. Ihre Kollegin antwortete: „Sicher. Das ist ganz leicht, du musst einfach alles passiv machen, dann hast du‘s.“ „Danke. Wieso schreiben die so eine lange Anleitung, anstelle von ,Setzte alles in Passive‘?“„Das ist das Problem mit Schulbüchern, die die ältesten nicht herausgegeben haben. Aber da kann man nichts machen.“ Plötzlich durchbohrte ein
Eisenstück den linken Arm von Jo. Ein Meer aus Glassplittern durchflutete den Fahrgastraum und der Bus wurde zur Seite geschleudert. Zahlreiche Schüler wurden auf den Mittelgang geschleudert und einer durchschlug eine Scheibe. Der ganze Bus kippte nach links. Überall flog Glas durch die Luft und die Menschen fielen aus allen Reihen. Langsam aber sicher Bohrte sich ein Auto durch den Bus.
Als Alexandra aufwachte lag sie in Mitten von zahlreichen Verletzten. Sie befand sich noch im Bus, obwohl sie Asphalt lag. Sie sah sich um. „Was ist passiert?“, fragte Jo, die dich neben Alex befand. Ihre Freundin sah sie an und bemerkte eine Eisenstange die von ihrem Arm bis durch ihren
Brustkorb ragte. Dunkles Blut quoll aus der Wunde. Alex nahm die Hand ihrer verletzten Freundin und drückte sie sanft an ihre Brust. Eine überwältigende Hitze durchfuhr die Schülerin. Plötzlich konnte sie spüren, wie jeder Tropfen des Blutes ihrer Klassenkameradin in Bewegung versetzt wurde. Sie erhoben sich langsam und flossen zurück in den Körper ihrer Besitzerin. Der durchbohrte Brustkorb verschloss sich. Jo starrte ihrer Freundin an und hauchte: „Du bist eine der Alten.“