Warum ist das Leben immer voller Steine?
Es war einer jener lauen Sommerabende die man vielleicht aus Kindertagen noch kennt. Die Luft ist warm und würzig. Die ganze Atmosphäre lud zum Verweilen ein und schreit nach Unternehmungen. Ich war noch auf einem dieser tollen Mittelaltermärkte die immer schon eine starke Anziehungskraft auf mich ausübten. Ich war schon seit dem späten Vormittag dort, hatte gebratenes Fleisch vom Holzfeuer gegessen und mich von den Urtümlichen Weisen der Minnesänger berieseln lassen. Nun war es Abend
geworden und ganz langsam schob sich die Dämmerung über die Lichtung des Waldes wo der Markt seine Hütten und Zelte aufgebaut hatten. Die Luft um mich herum war noch erfüllt von dem eigentümlichen Tumult der so typisch war für diese Märkte und was ich so liebte. Der Geruch von Holzfeuer und gebratenem zog mir in die Nase gefolgt vom Duft nach Menschen und Zahlreichen Tieren. Ich hörte fröhliches Kinderlachen, das geschwätzige Murmeln tüchtiger Marktfrauen und aus der mittelalterlichen Schmiede ertönte das metallische Schlagen von Hammer und Ambos. Es war als ob die Schwingungen die von diesem Platz
ausgingen mich direkt in eine andere Zeitrechnung ziehen wollten. Die Schausteller hatten unterdes überall vor den Zelten kleine Lagerfeuer und Fackeln entzündet was den Markt in ein anheimeltes Licht tauchte. Völlig berauscht von den vielen Eindrücken merkte ich wie mich unbekannte Kräfte weitertreiben.
Ich kam zu einem kleinen Zelt das aussah als bestünde es aus vielen bunten orientalischen Teppichen und unterschiedlichsten Stoffen. Es roch schon von außen angenehm nach Räucherware und Gewürzen. Ich ging hinein. In einem bunten Durcheinander
aus tausenden bunten Kissen saß in ebenso bunter und Zusammengewürfelter Tracht eine Hexe….Natürlich keine echte, aber sie sah definitiv aus wie man sich eine echte Hexe vorstellen konnte. Ihre langen pechschwarzen Haare fielen in dichten schweren Kaskaden um ihre Schultern. Sie hatte einzelne Strähnen mit bunten Bändern und allerhand Federn geschmückt. Sie war eher von kleiner Gestalt und dabei auch noch so zierlich das es schien als würde sie nur ihren vielen Kleidungsstücken die sie trug zusammengehalten. Ihr Gesicht war so alt und verrunzelt das ich den Eindruck hatte Sie käme wirklich aus der Zeit die hier auf so eindrucksvolle
Weise nachgestellt wurde. In all diesen Runzeln aber sahen mich zwei dunkle geheimnisvolle Augen mit einem wissenden Blick an. Um ihren Mund war ein gütiges Lächeln entstanden. Ich stutzte, war plötzlich verunsichert, sollte ich mich wirklich auf diese völlig fremde einlassen? Sicher war ich neugierig was sie mir wohl vorhersagen würde, hatte aber gleichzeitig auch Angst davor dass sie mir nur wieder von neuen Katastrophen erzählen würde, die schon auf mich warteten. Weitere Felsen die unüberwindbar auf meinem Weg lagen und mich jedes Mal in Tiefe Verzweiflung fallen ließen. Aber da stand die Alte auch schon vor mir und
sah mich mit ihren dunklen Augen so wissend und durchdringend an, als würde sie direkt in mich hineinsehen. Mit einem Lächeln das so absolut freundlich war das ich sofort meine Scheu verlor und all meine Bedenken verwarf sagte sie „Komm ruhig Näher mein Kind, ich glaube hier bist du…““Richtig“ schoss es mir durch dien Kopf. Ja es fühlte sich richtig und gut an, dass ich hier war. Ein tiefes Gefühl von Aufgehobensein und Geborgenheit durchflutete mich und ich nahm auf einem riesigen bunten Kissen Platz. Die alte Zigeunerin setzte sich so dicht mir gegenüber das wir mit den Knien aneinander stießen. Ich war unsicher,
was sollte ich sagen? Was tun? Und wieder war es die Zigeunerin die mir meine Unsicherheit nahm.
„Gib mir deine Hand und lass mich sehen“ sagte Sie und ergriff meine linke Hand die sie mit Ihren Händen umschloss. Sie sah mir dabei in die Augen und ich hatte das Gefühl sie könne in mir lesen wie in einem offenen Buch. Ihr lächeln war immer noch sehr freundlich und beruhigend, aber es hatte sich etwas bekümmertes und trauriges in ihren Blick gelegt. Mit leiser Stimme begann sie zu reden. „Ich sehe eine sehr geschundene Seele, du hast schon viel erlebt und noch mehr erdulden müssen.
Ich sehe ein Herz, das schon viele Male schwer verletzt wurde, Ich sehe zwei Augen die viele bittere Tränen vergossen haben über den Schmerz und die Ungerechtigkeit die dir widerfahren sind mein Kind“ So sprach sie eine ganze Weile berührte einzelne Passagen meines Lebens, die ich immer hinter dicken Mauern zu verbergen versucht hatte und die mir trotzdem stets Bauchschmerzen beschert hatten. Während sie so aus mir herauszulesen schien fing ich immer wieder bitterlich zu weinen an. Ich weine um mich und dieses scheinbar verpfuschte Leben, das hinter mir lag.
Sie sah mich mitfühlend an und sagte „weine ruhig mein Kind weine denn das bereinigt Herz und Seele. Aber höre ich sehe noch mehr. „erstaunt sah ich sie an. „Ja, ich sehe ein Lachen das stets ehrlich ist ein zwar geschundenes Herz, aber eines das immer noch fähig ist zu fühlen und zu lieben ich sehe zwei Hände die soviel schönes zustande bringen womit sie andere erfreuen. Außerdem eine große Portion Kraft und Mut auch mit den größten Felsen auf deinem Weg klar zu kommen. Du hast einen starken und klugen Geist der dich nie im Stich lassen wird. Du wirst deinen Weg meistern wenn du dich auf deine guten Eigenschaften besinnst. So
und nu geh und sei beruhigt du wirst deinen Weg schon machen. Außerdem sehe ich in naher Zukunft eine schöne Überraschung über die du dich sehr freuen wirst. Beruhigt stand ich auf und bedankte mich bei ihr. Sie geleitete mich bis vor ihr Zelt umarmte mich und gab mir einen Kuss auf die Stirn. „möge dir immer ein freundliches Herz auf deinem Weg begegnen sagte sie und winke zum abschied. Langsam und nachdenklich ging ich wieder Richtung der Marktfrauen, als ich merkte dass ich immer noch die abgezählten Münzen in der Hand hielt. Ich drehte mich um, um die Frau für ihre Dienste zu bezahlen aber das Zelt war verschwunden. Sehr
verwundert und nachdenklich fuhr ich schließlich nach Hause.
Ich musste viel an die alte Frau und das was sie mir prophezeit hatte nachdenken. Ihre Worte hatten mir gut getan, ich war weniger ängstlich und konnte mit mehr Zuversicht in meine Zukunft blicken. Ein paar Tage später machte ich meinen Briefkasten auf und fand eine schöne Postkarte. Sie war von einer lieben Freundin die bei unserem letzten Telefonat doch recht besorgt um mich gewesen war und die mir nun eine kleine Freude bereiten wollte. Auf der Karte waren einige bunte Kieselsteine zu einem Turm aufgebaut und daneben
stand ein Spruch. Ich las ihn und musste lächeln: Ich las
Auch aus den größten Steinen die auf deinem Weg liegen kann man etwas Schönes bauen.
Diese Geschichte wurde von Steffi Wesner geschrieben
Titel
Copyright für den Text unterliegt Stephanie Wesner