Beschreibung
So wie jede gut erlogene Geschichte sollte auch diese mit den Worten "Es war ein Mal" beginnen; vielleicht nicht ganz so offensichtlich, dachte ich mir.
Auf Wunsch einiger LeserInnen wird es wohl doch eher eine Dailysoap, und ich will ja auch wissen, wie es weiter geht... .
Ich empfehle, den Text in der Reihenfolge zu lesen. Viel Spaß !
Titelbild : Puplic Domain
Kapitel eins: Ein sicheres Haus
Es war ein malerischer Tag, allerdings nur für schwer kokainsüchtige Maler, die über einen fähigen Galeristen mit guten Beziehungen zu geschmacklich ebenso extrem entgleisten wie überaus zahlungskräftigen Kunstsammlern verfügten. Grauer Regen peitschte die vorpommersche Landschaft, ein für die Jahreszeit viel zu eisiger Ostseewind trug nach Kräften zur Stimmung bei, die bösartig verblödet einher schauenden Dorfjugendlichen rundeten das Bild zu einer perfekten Dissonanz. Die beiden Männer in dem kleinen Lastwagen schienen all dieses nicht zu bemerken.
Seit vier Tagen unterwegs und in dieser Zeit nicht mehr als drei Dutzend Worte gewechselt. Noch vor Sonnenaufgang zusammen mit der Besatzung des Fischkutters, den sie schon länger für ihre Fahrten von Lettland hierher benutzten, die drei schweren Holzkisten in den Kleintransporter gehoben und sehr sorgfältig verzurrt. Der Kutterkapitän hatte misstrauisch geschaut, weil die Kisten für die sonst beförderten Schmuggelcigaretten deutlich zu schwer waren,aber keine Fragen gestellt. Seine wortkargen Kunden zahlten immer sehr gut und der Fischfang brachte ja kaum die Kosten ein. Nun hatte der Fischer allerdings überhaupt keine Fragen mehr, denn er lag zusammen mit den drei anderen erschossen in der schmuddligen Kajüte des Kutters, der mit langsamer Fahrt zu der Stelle in der Ostsee lief, an der der Sprengsatz zünden würde. Ähnlich war es auch den beiden naiv korrupten lettischen Zollbeamten und einigen anderen bisherigen Geschäftspartnern der beiden Männer ergangen. Bislang war also alles nach Plan gelaufen.
Noch vor Prenzlau klarte es auf und als sie hinter Templin von der 109 abbogen, war der Himmel nur noch mäßig bewölkt. Nach wenigen Kilometern erreichten sie das bereits vor Wochen gemietete Haus. Der Fahrer lenkte den Transporter rückwärts in die kleine Scheune auf dem Grundstück, schaltete die Alarmanlage des Wagens ein und vergewisserte sich, ob alle Türen des Fahrzeuges verschlossen waren. Anschließend nahm er zwei kleine Bewegungsmelder aus seiner Reisetasche, stellte die Alarmverzögerung auf eine knappe Minute und positionierte die beiden Geräte in der Scheune einander gegenüber, das eine auf einer alten Kommode und das andere auf einem grob gezimmerten Wandregal. Er verschloss das Scheunentor sorgfältig und schaltete die Melder mit einer Fernbedienung ein. Der andere Mann ging während dessen langsam um das Haus herum und achtete dabei besonders auf die winzigen Papierschnipsel, die er einige Tage zuvor in die Ritzen der Fenster und Türen geschoben hatte. Zufrieden mit dem Ergebnis seiner Inspektion nickte er dem Fahrer zu, der vor der Haustür auf ihn wartete. Der Fahrer hatte seine Tasche mittlerweile über die rechte Schulter gehängt und den Reißverschluß gerade soweit geöffnet, um bequem seinen Unterarm in die Tasche schieben zu können. Der andere fischte einen kleinen Schlüsselbund aus seiner Jackentasche und öffnete die beiden neu angebrachten Türschlösser. Der Fahrer trat zuerst ins Haus, der andere Mann sah sich noch einmal kurz um und zog dann die Tür hinter sich zu.
Drinnen teilten sie sich auf, der Fahrer stieg die steile Kellertreppe hinunter und warf einen kurzen Rundblick auf die zahlreichen Spinnweben, die genauso unbeschädigt waren wie bei ihrem letzten Besuch im Haus. Der andere Mann kontrollierte den Dachboden dessen Dielen immer noch mit einer unberührten, fingerdicken Staubschicht bedeckt waren. Systematisch überprüften sie anschließend die vier Räume im Erdgeschoss und die drei Zimmer im oberen Stockwerk. Danach benutzte der Fahrer die Toilette neben der Eingangstür, während der andere Mann sein Wasser im Badezimmer des Obergeschosses abschlug. Dann stieg der Fahrer ebenfalls die Treppe hinauf und bezog sein Quartier im hinteren Raum, von dem er einen guten Blick auf die Scheune und das dahinter liegende Feld hatte. Der andere Mann hatte sich bereits auf das alte Doppelbett im vorderen Raum gelegt, der ihm gute Sicht auf die Grundstückseinfahrt bot. Jacke, Hemd, Stiefel und Socken hatte er ausgezogen, auf dem Nachttisch lagen eine Taschenlampe und eine halbautomatische Pistole. Neben seiner linken Hand hatte er auf dem Bett eine durchgeladene Maschinenpistole und zwei Handgranaten. Er schlief sofort ein.
Aus alter Gewohnheit stellte der Fahrer die Uhrzeit fest und war erfreut, wie genau sie ihren Zeitplan eingehalten hatten. Danach legte er sich auf das Feldbett, das dort aufgebaut war, seit sie die Vorräte ins Haus gebracht hatten.
Drei Minuten später war auch er eingeschlafen.