1.Kapitel/Nervige Autofahrt
"Holly, rede bitte etwas lauter, ich verstehe dich ja kaum! Du nuschelst total!", nuschelte Mum. "Es ist mitten in der Nacht, Mum. Rose sitzt vorne. Sie kann dich wach halten. Und übringens nuschelst du auch!" "Rose schläft endlich, da können wir sie wirklich nicht wecken. Nicht das sie sich dann schon wieder übergeben muss. Das ganze Auto stinkt schon!" Da musste ich Mum allerdings Recht geben, es stank wirklich schrecklich, obwohl wir seit gut einer Stunde die Fenster geöffnet hatten. "Wie lange fahren wir denn eigentlich noch so?", fragte ich gähnend. "Fünf Minuten
weniger als eben." "Also noch ca. zwei Stunden, 11 Minuten und 33 Sekunden?" "Kannst du nicht rechnen? Wir fahren noch zwei Stunden, Elf Minuten und 46 Sekunden! Ich verstehe echt nicht wie du eine Zwei in Mathe bekommen konntest", sagte sie kopfschüttelnd und übersah eine Rote Ampel. Schon die dritte diese Nacht. "Musst du immer die Lehrerin raushängen lassen?", fragte ich genervt. (Ich war immer genervt wenn mich jemand vom schlafen abhielt.) Konnte sie sich nicht einfach über meine guten Noten freuen, wie jede normale Mutter? Die Antwort darauf war natürlich Nein! Meine Mutter war Lehrerin und deswegen war natürlich
klar dass sie nicht normal war. Lehrer waren niemals normal! Das wusste doch jeder! Niemand der normal war, würde freiwillig kleine oder große nervige Kinder unterrichten und sich vor ihnen zu Affen machen. Das war zumindest meine Meinung und Mum sagte ja auch immer ich solle mir eine eigene Meinung bilden. "Schätzchen, du weißt doch wie stolz ich auf dich bin. Du brauchst also nicht immer gleich so genervt reagieren, wenn ich einmal etwas an dir kritisiere!" "Tut mir Leid, dass ich genervt bin, aber ich bin auch echt nicht an der Reihe dich wach zu halten. Wie gesagt Rose sollte das machen, sonst hätte ich sie nicht vorne sitzen lassen. Ich bin ganze zwei
Jahre älter als sie!", meckerte ich. " Und sie ist ganze Zwei Jahre jünger als du,...!", warf Mum ein. "Ach nee" "..., weshalb sie mehr schlaf als du braucht. Das wüsstest du wenn du die Bücher die ich dir gegeben habe gelesen hättest!" " Ich lese aber keine Bücher über Kindererziehung! Wenn ich so etwas tun würde könnte ich auch gleich Lehrerin werden. Kindererziehungsbücher sind einfach nur Quatsch. Außerdem muss ich nicht solche Bücher lesen, um so etwas zu wissen. Ich wünschte es würde diese Bücher gar nicht geben. Hättest du diese Bücher nicht gelesen dann müsste ich nicht so früh ins Bett, ich dürfte mehr naschen, ich dürfte mehr..." "Schon gut!
Das hast du schon zich mal aufgezählt!", unterbrach mich Mum. "Nur weil du immer wieder meckerst, dass ich diese Scheiß Bücher nicht gelesen habe!" sagte ich genervt zurück. Ich redete inzwischen ziemlich laut, in der Hoffnung Rose würde aufwachen und mich ablösen. Doch sie schlief einfach tief und fest weiter. Oder tat sie etwa nur so? Ich traute es ihr zu. Sie war ziemlich gut im Schlaf vortäuschen. Ich hatte sie einmal mit ihrer Freundin üben sehen. Sie wusste genau wie man sich vor Arbeit drücken konnte, sodass die Eltern nichts davon merkten. "Rose", flüsterte ich ihr ins Ohr, "da ist eine Spinne auf deinem Kopf." Wieder keine
Reaktion. Dabei hatte sie tierische Angst vor Spinnen. Aber vielleicht wusste sie auch, dass ich nur versuchte sie wach zu bekommen. Sie war nämlich gar nicht so dumm wie sie auf mich manchmal wirkte. Ich startete meinen dritten Versuch und wusste, dass es wahrscheinlich auch mein letzter sein würde, da ich garantiert Ärger bekam, wenn Mum merkte, dass ich versuchte Rose zu wecken. Ich näherte meinen Mund Rose´s Ohr und pustete heftig hinein. Mein Kopf wurde zurückgeschleudert, als meine Schwester schreiend aus ihrem Ich-tu-mal-einen-auf-schlafen Schlaf erwachte und das Auto zu schleudern begann. "Verdammt,
was fällt dir ein???", schrie Mum Rose an. "Nicht ich, sondern Holly!", sagte sie empört, mit ihrer ich-bin-gaaanz-unschuldig Stimme. Was in diesem Fall ja auch ausnahmeweise stimmte. "Holly!?!", fragte Mum wütend. "Was? Rose hat sowieso nicht richtig geschlafen!" "Ich hätte fast einen Autounfall gebaut und du fragst was?", schrie sie jetzt noch lauter. Immerhin war sie endlich richtig wach. So etwas sollte ich öfters mal machen (oder auch nicht). "Natürlich hab ich richtig geschlafen, du blöde Kuh", blökte Rose dazwischen. "Klar. Und ich bin die Freundin von Justin Biber." "Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt für solch
blöde Bemerkungen, Holly Celin Peppernut!" Ich hasste es wenn Mum mich mit meinem vollen Namen nannte. Es wusste doch jeder, dass nur Tussen Celin hießen (außer natürlich ich) und dass Peppernut der blödeste Nachname war den es gab (naja vielleicht auch nur der Zehntblödeste oder Hundertblödeste). Auf jeden Fall hasste ich diesen Namen. Und wie immer, wenn Mum mich so nannte, sagte ich nichts mehr und ignorierte sie einfach. "Holly?" Ich gab natürlich keine Antwort. "Holly, verdammt! Jetzt sei nicht wieder gleich beleidigt, das geht mir echt auf den Keks. Wenn du mich nicht wach hältst schlafe ich ein!" Noch immer ignorierte
ich sie und sang innerlich mein Lieblingslied. Last Friday Night von Rihanna. Das half mir immer, die nervigen Stimmen meiner Familie auszublenden. "Halloooooo. Holly!!!", sagte Mum in so genervten Tonfall, dass mir klar war, dass ich noch eine Strafe bekommen würde, " Rosi? Könntest du bitte aufpassen dass ich nicht einschlafe? Deine Schwester spielt ja beleidigte Leberwurst." "Ja klar Mama", sagte Rose eifrig und hatte eindeutig einen triumphierenden Unterton. Diese kleine, blöde Zicke. "Danke mein Schatz, dafür bekommst du morgen auch ein extra großes Eis." Ich wünschte ich hätte Rose nicht aufgeweckt. Jetzt war
sie wieder das tolle, brave und süße Kind und ich der alte Kotzbrocken. Aber das war ja oft so. Immerhin konnte ich jetzt schlafen und sie nicht mehr. Allerdings würden wir jetzt nur noch ca. Zwei Stunden fahren. Ich hatte fast die ganze Zeit die Arbeit getan und Rose hatte schlafen dürfen. Klar dass sie jetzt eine bessere Unterhalterin für Mum war. Sie war schließlich ausgeschlafen! Und natürlich würde sie sich auch wieder ordentlich einschleimen. Innerlich brodelte ich vor Wut, doch der Schlaf übermannte mich schließlich doch und ich träumte davon, wie ich Rose ordentlich meine Meinung sagte.