Starker Wind verwandelte die feinen Regentropfen in kleine Geschosse, die auf Tobias Gesicht aufschlugen. Er riss die Augen auf und sah wie sein Haus immer immer kleiner wurde und schließlich unter seinen Füßen verschwand. Plötzlich tauchte er in eine Wolke ein. Der starke Wind des Sommergewitters wirbelte ihn durch die Luft, doch seine Flügel glichen jede Änderung der Flugrichtung sofort wieder aus. Durch diese Manöver wurde immer wieder die Luft aus der Lunge des Jungen gepresst und begann hektisch nach Luft zu schnappen. Da durchbrach er die Wolkendecke. Wie ein gigantischer dunkler Teppich lagen die Wolken zu seinen Füßen. Lediglich die Sonne und ein paar
Flugzeuge in der Ferne konnte er entdecken. Langsam beruhigte sich der Flügelschlag und er wurde langsamer. Ein gutes Stück über den tief hängenden Wolken kam er zum Stillstand. Nun schlugen seine Flügel nur noch langsam und er kam wieder zu Atem. Der Schüler fand sich in einer Stille und Einsamkeit wieder, die nur von dem seltenen Dröhnen des Donners unterbrochen wurde. Einzig der große gelbe Feuerball, der die Sonne darstellte, leistete ihm Gesellschaft. Glücklicherweise wurden die Gedanken der Einsamkeit, sofort von einem neuen Schriftzug verdrängt: „Analysiere Gefahrensituation, ... Anzahl und Stärke der Feindeinheiten übersteigt eigene
Kampfkraft. Errechne benötigte Truppenstärke ... Mindestanzahl 26 Einheiten. Scanne nach Freund-Einheiten ... In der Umgebung wurden 4924 weitere Einheiten gefunden. Fordere Unterstützung gemäß dem Notfallplan an.“
Währenddessen sitzen zehn Schüler im Nachhilfezentrum von Waldheim, einer Marktgemeinde in der Nähe. Gelangweilt und genervt starren sie Löcher in die Luft. Keiner von ihnen ist motiviert, den Sommer in einer Schule zu verbringen. Weder der dickliche Dieter noch die Facebook-süchtige Maria widersetzen sich dem Trend der Klasse. Dieter stützt seinen Kopf auf seine Arme und träumt davon faul am Strand zu liegen und ein Eis zu
schlecken. Maria denkt voller Verzweiflung: „Was machen wohl meine Freunde? Vielleicht suchen sie ja gerade jemanden zum chatten. Ich verpasse sicher wieder alles. Von den neuesten Bildern, bis hin zu den besten Kommentaren. Ich muss hier raus! Oder vielleicht kann ich unbemerkt einen kurzen Blick auf mein Handy werfen.“ Schon streckt sie ihre Finger nach dem geliebten Handy aus. „Maria, mach es uns nicht noch schwerer“, ruft der Nachhilfelehrer und fährt mit dem Unterricht fort: „So, wenn wir jetzt das Kreuzprodukt dieser zwei Vektoren errechnen, erhalten wir ...“ Plötzlich springen Dieter und Maria auf und antworten: „Einheit Eva 5MS556 bereit,
habe Einsatzbefehl erhalten. Einheit Adam 4DM835 bereit, bestätige Einsatz.“ Mit diesen Worten sprinteten sie auf die Fenster zu. Der Boden bebte unter den kraftvollen Schritten der Jugendlichen. Sie sprangen aus den geöffneten Fenstern des dritten Stockwerks. Noch im Flug bohrten sich ihre Flügel durch ihr Gewand und hoben sie in die luftige Höhen. Gemeinsam mit einem Schwarm von fast einem dutzend Schülern hetzten sie auf den Himmel zu. Aus allen Richtungen erreichten sie weitere Geflügelte und schlossen sich dem Geschwader an. Sie tauchten in die Wolken ein. Als sie von den Winden durchgewirbelt wurden, fassten sie sich bei den Händen. In dieser Formation konnte
der Wind ihnen kaum noch etwas
anhaben. In dem Moment, in dem Maria Dieters festen Händedruck fühlte, huschte ein kurzes Lächeln über ihr Gesicht. Gemeinsam durchbrachen alle die Wolkendecke. Von der Sonne geblendet, erkannten sie er nach einigen Augenblicken die Einheit, die sie gerufen hatte. Diese verkündete: „Ich bin Einheit Adam 6TR456. Ich habe einen Notruf erhalten. Wir werden jetzt gemeinsam los fliegen und unsere Kameraden retten.“ Mit diesen Worten setzte sich ihr Anführer an die Spitze der Gruppe und sie flogen dem Horizont in Richtung USA entgegen.