29. Mai 2011, Berlin – Ein Referat über die Entdeckung Amerikas! Was für ein Schwachsinn. „Und kein Internet benutzen!“, hörte ich meinen Lehrer immer noch sagen. Okay! Wenn nicht so dann eben anders. Ich ging kurz ins Wohnzimmer runter und vergewisserte mich, dass meine Mutter auch wirklich schlief. Dann machte ich mich auf den Weg hoch zum Dachboden. Was trägt man wohl im Jahr 1492 für Klamotten? Ich öffnete meinen riesigen Kleiderschrank und entschied mich für ein verwaschenes graues Hemd und eine dazu passende Hose. Schnell zog ich mich um. Danach ging ich zu der in der hintersten Ecke des Dachbodens stehenden alten Truhe und öffnete sie. Heraus holte ich einen in Stoff eingewickelten Gegenstand. Als ich ihn auswickelte kam eine Art Handy zum Vorschein. Mit leicht zitternden Händen
stellte ich das Datum 3. August 1492 und den Ort Palos de la Frontera ein. Mein Magen fuhr Achterbahn, alles begann sich um mich zu drehen und verschwamm vor meinen Augen. Genauso plötzlich wie es gekommen war, war alles wieder vorbei.
3. August 1492, Palos de la Frontera - Ich war in einer verlassenen Straße gelandet, die nicht weit vom Hafen entfernt war. Ich roch das Meer und hörte das Stimmengewirr. Schnell lief ich zum Hafen und fand die Santa Maria. Das Schiff mit dem Kolumbus Amerika entdeckt hatte… oder besser: bald entdecken würde. Ich ging an Bord und fragte nach Arbeit. Ein riesiger, Angst einflößender Seefahrer wieß mich an, vorerst beim Beladen zu helfen. Also schleppte ich Kisten und Fässer auf das Schiff und hinunter in den Laderaum. Als ich die Treppe schon etwas müde wieder hinauf wankte, prallte ich mit einer großen Person zusammen. Ich sah auf und vor mir stand Christoph Kolumbus. „Vorsicht!“, sagte er. „ Wer bist du und was machst du auf meinem Schiff?“ Schnell entschuldigte ich mich bei ihm und erklärte, dass ich eine
Arbeit gesucht und sie auf seinem Schiff gefunden hätte. „Gut“, sagte er, „ein paar helfende Hände können wir immer gut gebrauchen. Aber jetzt laufen wir aus und ich möchte, dass du in den Ausguck hinaufkletterst.“ Trotz meiner Höhenangst biss ich die Zähne zusammen und kletterte vorsichtig, mich gut festhaltend in den Ausguck. Der Ausblick war fantastisch und schnell vergaß ich meine Angst. Wir hatten günstige Winde und kamen gut voran. 6. September, Kanaren – Als wir an den Kanaren ankamen, beluden wir das Schiff neu. Wieder musste ich Kisten und Fässer schleppen, bis mir der Rücken weh tat und als wir endlich genug Vorräte und Wasser an Bord hatten, stachen wir in See. 16. September, offene See – Zehn Tage nach dem wir die Kanaren verlassen hatten, sahen wir Tangkraut und
Vogelschwärme und glaubten, dass das Land nicht mehr weit sein könne.
20. September, offene See – Vier Tage waren vergangen seit wir die Vögelschwärme und das Tangkraut gesehen hatten. Inzwischen hatte Kolumbus Mannschaft den Glauben an Land aufgegeben. Hinzu kam noch eine lang anhaltende Flaute, die mir Angst machte.
25. September, offene See – Nach fünf Tagen Flaute mussten wir die Rationen kürzen und meine schon so kleine Portion wurde noch kleiner. Doch Kolumbus stand weiter über seinen Seekarten, rechnete, murmelte etwas vor sich hin und gab den Glauben an den westlichen Seeweg nach Indien nicht auf.
26. September, immer noch offene graue See – Die Mannschaft murrte schon, ich fühlte mich unwohl und einige wollten zurück. Eine Meuterei konnte gerade noch abgewendet werden und am Horizont bahnt sich eine große Nebelwand an. Sie erreichte uns am Abend und hüllte uns ein. Die Mannschaft, schon etwas durcheinander wegen des wenigen Essens, begann Gestalten, Geister und Dämonen zu sehen und mir ging es nicht anders. Als wir mittendrin waren, sahen wir etwas wie Blitze an den Masten. „Das ist das Elmsfeuer“, rief einer. Ein anderer schrie in Panik:„ Das böse Omen!! Wir sind alle verloren.“ „Macht euch keine Sorgen“, richtete Kolumbus beruhigend seine Worte an die Mannschaft, „wir schaffen das!“ Und weil in seiner Stimme so viel Hoffnung mitschwang, glaubte ich an seine
Worte. 27. September, offene aufgewühlte See – Der Nebel war verschwunden doch anstatt wieder Wind in den Segeln zu haben, war ein Sturm ausgebrochen. Das Schiff wurde von riesigen Wellen umhergeschaukelt wie eine kleine Nussschale. Ich klammerte mich angstvoll an den Mast und hoffte, es würde bald vorbei gehen. Mir war speiübel, so hatte ich mir die Reise ganz und gar nicht vorgestellt. 7. Oktober, offene See – Kolumbus hatte eine Kursänderung vorgenommen und fuhr jetzt mehr nach Südwesten. Ich saß weiter im Ausguck, starrte auf die See und langweilte mich. Würden wir jemals lebend ankommen? Würde ich überleben? Ich wusste es nicht und auch meine Hoffnung schrumpfte von Tag zu Tag.
10. Oktober, offene See – Wir hatten kein Essen mehr und hungerten. Kolumbus hatte den Glauben an den Seeweg nach Indien aufgegeben. Die Mannschaft stand kurz vor einer Meuterei, die erneut nur mit Mühe abgewendet werden konnte.
11. Oktober, offene See – Es musste irgendetwas passieren, ich wollte nicht auf diesem verdammten Schiff sterben. Ich ging zu Kolumbus:„ Mein Herr, wir müssen weiter fahren. Was haben wir schon zu verlieren? Machen sie der Mannschaft noch einmal Hoffnung. Ich glaube an sie. Sie werden es schaffen!“ „Du hast Recht. Was haben wir schon zu verlieren?!“ Und er machte seiner Mannschaft noch ein letztes Mal Hoffnung.
12. Oktober, Land in Sicht – Als ich im Ausguck aufwachte und auf das Meer blickte, sah ich einen Streifen Grün am Horizont. Ich rieb mir die Augen, aber der grüne Streifen verschwannt nicht. Er wurde eher größer. Es ist Land, schoss es mir durch den Kopf, es ist wirklich Land. Endlich!! Mein Herz machte einen gewaltigen Satz. „Land in Sicht!“, rief ich vom Ausguck hinunter. Sofort war die ganze Mannschaft auf den Beinen. Erst standen die Männer nur da und starrten auf den grünen Streifen, doch dann jubelten sie. Nach und nach gingen wir in kleinen Booten an Land und wurden herzlich von den Ureinwohnern begrüßt. Wir tauschten einige Dinge gegen Essen und weitere Sachen ein und sie zeigten uns die Insel. 16. Januar 1493, Tag der Abreise – Endlich fuhren wir
nach Hause, wir hatten sechs Ureinwohner an Bord genommen, die die alte Welt kennen lernen wollten und genug Vorräte um die Heimfahrt zu überstehen. Ich freute mich! Endlich würden wir nach Hause fahren. 15. März, Ankunft – Nach einer ruhigen und angenehmen Reise kamen wir endlich wieder in Palos de la Frontera an und gingen von Bord. Kolumbus wurde gefeiert wie ein Held. Es gab ein großes Festessen mit viel Wein, Tanz und Gesang. Doch am Abend kam Kolumbus noch einmal zu mir. „Danke!“, sagte er. „Ohne dich hätte ich es niemals geschafft. Du hast an mich geglaubt und dadurch habe ich selbst wieder an mich geglaubt!“ „Doch“, sagte ich, „ Sie hätten es geschafft auch ohne meine Hilfe.“ Dann verschwand ich in der Menge. Mein Magen fuhr wieder Achterbahn und das Fest, die Mannschaft und Kolumbus verschwammen für immer vor meinen
Augen. Schreib mir was!
29. Mai 2011, Berlin - Als es vorbei war, stand ich wieder auf unserem Dachboden. Ich zog wieder meine alten Sachen an, räumte meine Zeitmaschine weg, ging runter in mein Zimmer und setzte mich an mein Referat.Schreib mir was!