Kurzgeschichte
Ein Abend

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"Ein Abend"
Veröffentlicht am 11. Mai 2014, 4 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Ein Abend

Ein Abend

Der Gast kommt in die Kneipe, nimmt den Hut ab, grüßt, und setzt sich an den Tresen neben einen Mann mit Hasenscharte. Der Mann nickt ihm beiläufig zu. "Was darf's sein?" fragt die Bedienung, "Zwei Schnaps", erwidert der Gast. Einige Leute unterhalten sich an Tischen in dunklen Ecken. Ein alter Mann wirft Münzen in einen Spielautomat, lehnt sich an die Wand, starrt auf die rotierenden Walzen, und der Rauch seiner Zigarette wird Teil der nebligen Luft. Zwei Gläser Schnaps werden auf den Tresen gestellt. Der Gast bedankt sich und leert das erste Glas auf einen Zug. "Ganz schön trauriger Abend", sagt der Mann mit der Hasenscharte. Der Gast legt die Stirn in Falten, nickt langsam und sagt schließlich: "Das kannst du aber laut sagen." Irgendwo an einem der Tische lacht jemand humorlos. "Aber machen kann man da eh nix. Können wir uns genauso gut besaufen", fährt der Gast fort. Der Mann mit der Hasenscharte nickt. Jemand wirft eine Münze in die altertümliche

Musikbox auf die der Eigentümer des Lokals so stolz ist. Ein altes Lied ertönt, aus einfacheren Zeiten: When a Man Loves a Woman, von Percy Sledge. "Schon wieder diese Schnulze", sagt der Mann mit der Hasenscharte. "Schon den ganzen Abend hört der dieses Lied." Das zweite Glas Schnaps wird geleert. "Hat wohl Liebeskummer", erwidert der Gast. "Na, wenn das gerade sein einziges Problem ist, dann kann der sich ja glücklich schätzen.", "Das ist wohl so.", "Weißte, ich hab vorhin meiner Frau quasi Lebwohl gesagt. Hab sie erst noch gefagt, ob sie mitkommt, aber sie meinte, saufen ist nix für sie. Aber ich kann nicht anders, ich muss mich jetzt einfach besaufen." Der Gast bestellt noch zwei Schnaps. Dann sagt er: "Versteh ich. Versteh ich gut. Geht mir ja nicht anders." Wieder ertönt When a Man Loves a Woman. Der Mann mit der Hasenscharte seufzt. "Fiel mir nicht leicht, das kannst du mir glauben, Kumpel. Frag mich, was sie gerade macht, so ganz allein.

Die Söhne sind ja auch schon alle aus'm Haus. Ist ja ganz allein zuhause. Wahrscheinlich guckt sie sich gerade irgendeine ihrer Seifenopfern im Fernsehen an. Die laufen ja noch. Hätt's nicht für möglich gehalten, aber die laufen noch." Beide schweigen. Der alte Mann am Spielautomat ist inzwischen verschwunden. Vielleicht will er noch einmal die frische Luft genießen. "Ich hab ja keine Frau. Auch keine Kinder. Hat mich nie interessiert, Familie und so", sagt der Gast. "Tja, jeder ist eben anders, nichwahr." Draußen erklingen Sirenen, so laut, dass sie Percy Sledge übertönen. "Ist wohl so weit, Kumpel", sagt der Mann mit der Hasenscharte. Der Gast schaut mit leeren Blick zu den Fenstern. "Ja, ist wohl so weit. Gehen wir runter in den Keller."

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RSchulz Kurze Frage:
Was machen die dann im Keller? Ist das eine Szene in einer Kriegsnacht?
R.
Vor langer Zeit - Antworten
Superfant Ja, so könnte man das sehen. Auf jeden Fall passiert irgendwas Schreckliches, das per Sirene angekündigt wird und alle angeht.
Gruß
Vor langer Zeit - Antworten
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