Es war einmal, ein Stau auf der Autobahn…. so könnte diese Geschichte beginnen……
Spätherbst, der Tag war grau, der Himmel wolkenbehangen mit gelegentlichem Nieselregen. Nach einem Kurzurlaub in Süddeutschland, befand ich mich auf die Heimreise. Die Fahrt verlief erst einmal reibungslos ohne nennenswerte Vorfälle. Der Radiosender informierte in regelmäßigen Abständen über die aktuelle Verkehrssituation.
Auf der A3, kurz vor 17.ooh, erreichte mich die Nachricht, ein langer Stau von 16km hat sich vor Köln gebildet. Die
Fahrbahn war bis auf einen Fahrstreifen, wegen der noch andauernden Bergungsarbeiten, verengt. Ortskundige Autofahrer werden gebeten, das Gebiet weiträumig zu umfahren.
Weiträumig umfahren, das vor Köln, wie sollte das möglich sein? Ging vom Gaspedal, wenn ich mich nicht täuschte, gleich müsste hier doch eine Raststätte kommen. Tatsächlich, da ist es. Die Raststätte war gut besucht. An der Theke bildete sich eine lange Schlange. Da ich nur Kaffee wollte, entfiel das lange Anstellen. Am Automaten wählte ich und suchte, mit dem heißen Kaffeebecher in der Hand, verzweifelt
einen Sitzplatz.
Da, am Fenster, eine Frau winkte mir zu, so als wenn sie auf mich gewartet hätte. Ein Platz, ihr gegenüber, war noch frei. Ich ging zu dem Tisch. Es saßen noch vier weitere Personen dort. Mit den Worten: „diesen Platz habe ich extra für sie freigehalten,“ wies mir die fremde Frau den Stuhl am Fenster zu. Sie hat nicht nur Humor, sondern verfügt über ein Gespür für das, was andere möchten oder suchten. Ich musste lachen, setzte mich und dankte ihr. Schnell kamen wir ins Gespräch. Erst erzählten wir allgemeines von der Fahrt, von wo aus wir gestartet waren und wohin es noch
gehen soll.
Wie es dann dazu kam, dass sie mir Geschichten aus ihrem Leben, von ihren Beobachtungen und Erlebnissen erzählt hat, ich weiß es nicht. Es war spannend, wir lachten herzhaft oder ihre Worte stimmten traurig. Unbemerkt verging die Zeit. Draußen war es schon dunkel geworden, ich schaute auf meine Uhr, 22.o7 h: „solange sitzen wir hier, eigentlich wollte ich längst unterwegs sein. Der Stau vor Köln, der wird sich aufgelöst haben.“ „Ja, so wird es wohl sein,“ sagte die Frau, sie öffnete ihre Handtasche, holte ein Heft heraus, legte es vor mir auf den Tisch mit den Worten:
„Brigitte hier findest du noch mehr Geschichten. Erzähle sie, berichte davon wann und wie immer du willst.“ Sie stand auf, drehte sich um und ging. Verdattert schaute ich auf das Heft. Woher wusste die Frau meinen Namen? Schaute wieder auf, sah sie von hinten, nur noch einen kurzen Augenblick, mit ihren lilafarbenen Schal um den Hals und schon war sie um die Ecke verschwunden.
Das Heft mit den engen Linien, war mit vielen, feinen Buchstaben säuberlich beschrieben. Klappte das Heft zu, das verschwand jetzt in meiner Handtasche. Kümmerte mich nicht mehr darum, setzte
meine Heimreise fort.
Fühlte mich frisch, wie ausgeruht, die Autobahn fast leer, die restliche Fahrt verlief sehr angenehm, entspannend und meine Gedanken waren aber bei diesem Raststätten Aufenthalt, bei dieser seltsamen Begegnung.
Wer war diese Frau? Was könnte ich über sie sagen? Wie würde ich sie beschreiben? Auch das weiß ich nicht mehr.
Es waren nur ihre Augen, in denen ich die ganze Zeit geschaut habe. Ja, und an ihren lilafarbenen Schal, daran kann ich mich noch erinnern, aber an mehr….?
Bin neugierig geworden, werde in ihrem Heft lesen und bestimmt noch einiges erfahren und euch davon berichten.
©Brigitte Wissmann