Kurzgeschichte
Das Gartenfest - Beitrag zum Forumbattle 32

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".... lasst uns das Leben feiern"
Veröffentlicht am 10. Mai 2014, 14 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Das mit der Schreiberei fing damit an, dass mein Bruder mir seine alte Gitarre geschenkt hat. Ich habe so lange darauf gezupft und gedrückt, bis es annehmbar klang und fing schnell an meine eigenen Lieder zu schreiben und auf der Gitarre zu begleiten. Einige Zeit bin ich so auch mit meinen kleinen Werken auf verschiedensten Bühnen hauptsächlich in und um Berlin aufgetreten. Schon bald wurde aber das Schreiben zu weit mehr für mich und so ...
.... lasst uns das Leben feiern

Das Gartenfest - Beitrag zum Forumbattle 32

Mein Beitrag zum

Forumbattle 32


Thema : Lüge


Vorgegebene Worte:


Hahn, Feder, Linse, Sepia, Flügel, Schein, Erregung, Überdruck, Wirtschaft, zweideutig, Kerzenwachs, Fallschirmseide,


im Text durch Fettdruck hervorgehoben





>Das Gartenfest


So gern ich die Gitarrenstunden mit Svenja auch hatte, heute war ich froh, als wir fertig waren, denn ich musste vor meinem abendlichen Gartenfest nicht nur meine Tiere versorgen, auch der Nachbar hatte mich gebeten, seine Kaninchen und Hühner zu füttern, solange er noch im Krankenhaus war.

So schrieb ich ihr noch eine paar Aufgaben zum Üben für zu Hause auf und brachte sie zum Gartentor.

„Svenja, kommst du heut´ Abend noch vorbei? Du weißt doch, wir feiern ein bisschen, grillen und so, nichts Großes."

„Na klar," sagte sie, „wird bestimmt lustig!"

Was dann folgte, war eine Art Geheimcode,

den wir uns zur Verabschiedung angewöhnt hatten.

„Wie sehen uns bei den rosa Elefanten ....."

„Genau ! Und wo die Luft voll Lachen ist !" erwiderte ich.

Ein paar Wochen zuvor hatte sich ihre beste Freundin das Leben genommen. Seit jener Zeit sprachen wir viel miteinander, über ihre Freundin, deren Gründe zu gehen und über das Leben ganz allgemein.

Im Rahmen dieser Gespräche waren wir darauf gekommen, dass man allen Menschen immer so begegnen sollte, als sei es das letzte Mal und ihre Freundin, so hatten wir beschlossen, die war eben dort, wo die rosa Elefanten fliegen und die Luft voller Lachen ist. So war dieser Code entstanden, es war

eine Art Verneigung vor dem Leben.

Wieder im Haus räumte ich noch die Gitarre, Schreibkram und Noten zur Seite und machte mich dann an die Arbeit.

Erstmal zum Nachbarn rüber, wo die Hühner schon laut gackernd über meine Verspätung schimpften. Mit dick aufgeplusterten Federn standen sie am Eingang zu ihrem Auslauf und warteten. Nur der Hahn saß auf einem der kahlen Äste und streckte mir von dort aus den Hals so weit entgegen, dass er mit den Flügeln flattern musste, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.

Während ich in dem kleinen Schuppen die Körnermischung für das Federvieh zusammen rührte überlegte ich, was ich noch für den heutigen Abend würde besorgen

müssen. Zu Essen brachten die Gäste selber mit, aber die Getränke waren mein Aufgabenbereich und die Wünsche waren vielfältig, auch Grillkohle und Anzünder standen auf meiner Liste.

Ein paar Bedenken hatte ich wegen der Biermengen, aber wenn alle Stricke reißen sollten, konnte man da notfalls noch Nachschub aus der Wirtschaft an der Ecke holen.

So - die Hühner waren inzwischen soweit versorgt, nur noch von den verschiedenen Sträuchern ein paar Beeren für sie pflücken und etwas Grünzeug, dann war ich mit denen fertig.

Die Kaninchen hatte ich am Morgen in den Freilauf hinter dem Hühnerschuppen gesetzt

und ich wusste, es würde wieder mal schwieriger werden sie zurück in die Ställe zu bekommen , als sie raus zu lassen. Aber es führte kein Weg daran vorbei, denn der Fuchs, der hier in der letzten Zeit unterwegs war, der hätte sicher nichts gegen einen leckeren Kaninchenbraten ein zu wenden. Also - Halali !

Bewegung soll ja gesund sein, aber bei dem Wetter Kaninchenfangen war echt kein Spaß. Ich war wirklich froh, als ich alle wieder unter Dach und Fach hatte und mich, nachdem ich jeden Stall mit Möhren, altem Brötchen und Heu bestückt hatte, endlich meinen eigenen Vierbeinern zuwenden konnte.

Wo sollte ich nur auf die Schnelle danach noch Grillkohle besorgen? Vielleicht war ja

meine Tochter so nett und würde mir das abnehmen, wenn ich ihr dafür einen Schein in die Hand drückte mit Anspruch auf Resteverwertung. Sicher, das würde klappen.

Mist! Ich hatte vergessen den Hühnern die vorgeschriebenen Linsen unter das Futter zu geben, dabei hatte ich die doch extra am Morgen eingeweicht. Also zurück Marsch, Marsch. Es sollte schon alles seine Richtigkeit haben, würde ich mir ja andersherum auch so wünschen.

Als ich wieder in den eigenen Garten zurück kam da erwartete mich eine riesige Schweinerei. Als vorhin Svenja mit ihrer Gitarre ankam, war ich gerade dabei gewesen mit dem Gartenschlauch die Vogeltränke zu reinigen. Offenbar hatte ich

den Schlauch nur eben an der Düse abgedreht und nicht den Wasserzulauf. Jetzt hatte das olle Ding seit Stunden in der prallen Sonne gelegen, hatte ordentlich Überdruck aufgebaut und …… war geplatzt. Einer Schlange gleich wand sich das Schlauchende über den Boden und der ganze Rasen glich schon einem flachen Teich. Wunderbar ! Und da wollten wir also heute Abend sitzen und feiern. Allmählich kam mir meine bis jetzt noch ganz gut gehütete Ruhe doch abhanden. Aber was sollte schon sein ? So heiß wie es momentan war, würde sich das mit der Wiese schon auch noch regeln. Einen Vorteil hatte diese Überschwemmung sogar. Als ich nun für die Schildkröten ihre Abendmahlzeit an

Wildkräutern zusammen sammelte, da waren diese trotz der Hitze schön saftig und prall. Die würden sich freuen ! Auch ein paar neue Sepiaschalen legte ich mit in das Gewächshaus, das war immer noch die beste Methode ihnen den nötigen Kalk für ihre Panzer zur Verfügung zu stellen. Früher hatte ich diese Tintenfischschulpe selbst in Frankreich am Strand gesammelt, aber damals für meine Vögel.

Immerhin, inzwischen war ich fast durch mit meinem Programm, nur noch Hund und Katzen füttern und dann, dann würde ich mich noch eben in frische Klamotten schmeißen, denn Hühnerdreck und Kaninchenmist waren nicht die Deco, die ich mir für diesen Abend vorgestellt hatte.

In diesem Moment kam meine Tochter mit der Grillkohle zur Tür herein und hatte schon die ersten Gäste dabei. Also jetzt aber mal flott, der Grill wollte ja auch noch angeheizt werden. Nun war es endgültig mit der Ruhe dahin und in mir machte sich das freudige  Kribbeln und Krabbeln der Erregung breit. Pure Vorfreude, denn auf dieses Sommer-Gartenfest hatte ich mich schon so lange gefreut.

Meine Anziehsachen hatte ich schon bereit gelegt, sprang noch einmal kurz unter die Dusche und in diesem Augenblick klingelte das Telefon. Sicher will jemand absagen, dachte ich und nahm ab.

„Hallo?"

„Hallo, ich wollte dir nur Bescheid sagen,

dass Svenja nicht mehr kommen wird."

Das war Svenjas Mutter und sie klang irgendwie merkwürdig, sprach stockend.

„Schade," meinte ich, „ich hatte mich auf sie gefreut. Was ist denn los? Vorhin sagte sie noch, sie wolle kommen."

„Nein, Svenja wird nicht mehr kommen, sie - sie ist tot. Ich wollte dir nur eben Bescheid sagen!"

Das sagte sie und legte auf.

Ich stand im Flur neben dem Telefon, den Hörer noch in den Hand und hatte das Gefühl, mir würde schlagartig das Blut aus dem Kopf in die Füße rauschen. Mir wurde schwarz vor Augen und ich sank wie in Zeitlupe in die Knie.

Nein, ich hatte mich nicht verhört und an dem

Wort `tot´ war aber auch rein gar nichts zweideutig.

Völlig verwirrt saß ich dort im Flur am Boden und dachte:

„Warum hat sie mich angelogen? Sie wollte doch kommen? Sie hat´s mir doch versprochen!"

Erst sehr viel später wurde mir bewusst, dass man das wohl kaum als Lüge bezeichnen konnte! Wer hier gelogen hatte war ich! Jedes Mal, als sei es das letzte, das hatten wir uns versprochen und ich hatte mich nicht daran gehalten.

Dieser Tag ist nun schon etliche Jahre her, aber noch immer quälen mich Fragen, noch immer kommen mir beim Gedanken an sie die Tränen, noch immer habe ich gelegentlich

das Bedürfnis eine Kerzen für sie an zu zünden. Dann sitze ich da und mache aus dem warmen Kerzenwachs kleine Figuren, Elefanten.

„Wir treffen uns da, wo die rosa Elefanten fliegen und die Luft voll Lachen ist."

Sie war gerade erst 15, als sie sich von einem Hochhaus in den Tod stürzte. Kein Schirm aus Fallschirmseide fing ihren Sturz auf und ich, ich hatte sie belogen.

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Hörbuch

Über den Autor

Karindolittle
Das mit der Schreiberei fing damit an, dass mein Bruder mir seine alte Gitarre geschenkt hat. Ich habe so lange darauf gezupft und gedrückt, bis es annehmbar klang und fing schnell an meine eigenen Lieder zu schreiben und auf der Gitarre zu begleiten. Einige Zeit bin ich so auch mit meinen kleinen Werken auf verschiedensten Bühnen hauptsächlich in und um Berlin aufgetreten. Schon bald wurde aber das Schreiben zu weit mehr für mich und so entstanden nach und nach auch Gedichte und Kurzgeschichten, auch für Kinder. Hier versuche ich nun erstmals ein paar meiner Liedertexte und Gedichte anderen vorzustellen und freue mich über Anregungen, Kritik (keine Angst, ich kann mit Kritik gut umgehen, solange sie sachlich ist) und auch Lob ! Natürlich, wen freut das nicht ?

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Gabriele Liebe Karin,
deine Geschichte hat mich sehr berührt......
....und da ich glücklicher Weise deine Antwort an Alfred gefunden habe, weiß ich nun, dass mein Gefühl, es handelt sich um eine erlebte Begebenheit, richtig ist. Aus eigenem Erleben kann ich deine Aussage bestätigen, dass man aufgrund bestimmter Erfahrungen eine Hypersensibilität entwickelt....
Es ist dir überzeugend gelungen, die vorgegebenen Wörter in diese Geschichte einzubringen und ich wünsche dir viel Erfolg beim Battle!
Mit lieben Grüßen, Gabriele
Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR 
Eine wahrlich traurige Geschichte, und ich kann mir sehr gut vorstellen, wie du dich neben der Trauer auch mit Schuldgefühlen geplagt hast, ihre psychische Situation nicht erkannt zu haben ... was man ja von einem Laien auch nicht unbedingt erwarten kann.
Lieben Gruß
fleur
(Jury 32)
Vor langer Zeit - Antworten
Scheherazade Ich darf mich ja noch nicht äußern....vielen Dank für deinen Beitrag zum Battle!

Liebe Grüße
Scheherazade
Vor langer Zeit - Antworten
pepe50 Ich vermute mal, dass es keine Biographie ist, aber es hört sich so echt an, dass es eine sein könnte.
Was mich davon abhielt, an eine Biographie zu glauben, ist die Unwahrscheinlichkeit, dass sich eine 15jährige vom Hochhaus stürzt.
Sollte ich mich geirrt haben?
Und dann fiel mir noch auf, dass Du den Schein als Schein eingesetzt hast, der nichts mit Licht zu tun hat. - LG Alfred
Vor langer Zeit - Antworten
Karindolittle Hallo Alfred! Leider ist genau der Teil mit dem Sprung vom Hochhaus der reale Kern der Geschichte und die Geschichte zwischen ihr und mir. Doch, sie sprang von einem 12-stöckigen Haus. Mehrfach hatte cih versucht mit den Eltern darüber zu reden, dass ich das gefühl hätte, das ihre Tochter Hilfe braucht, dass es ihr sehr schlecht gehe. Sie konnten oder wollten das nicht sehen. Erst hinterher kamen sie zu mir und wollten erfahren, was ich da gesehen hatte. Das war nicht gerade leicht, denn die Trauer und die Schuldgefühle der beiden waren schier unertzräglich, das war deutlich zu sehen. Aufgrund meiner Gespräche mit dem Mädchen hatte ich gehofft, etwas für sie tun zu können, ihr eine Anlaufstelle zu sein, aber .... es war wohl weit schwerer für sie, als sie mir bis dahin mitzuteilen bereit gewesen war. Sie war ein extrem empathisches Wesen und litt umsäglich darunter täglich in jeder Kleinigkeit zu erkennen, wie viel Schmerz und Leid sich Menschen gegenseitig zufügen. Sie sah und hörte das alles und hatte keinerlei Filter, der sie davor auch nur teilweise hätte bewahren können. Da ich selbst ähnliche Tendenzen habe. konnte ich das vielleicht leichter erkennen als andere. Auch ich hätte meine Pubertät fast nicht überlebt, ebenso mein inzwischen erwachsenen Sohn, den ich nur mit Hilfe über diese Jahre brachte. Wenn man diese Art Hypersensibilität hat, dann ist die Welt schwer zu ertragen und die Pubertät eine sehr schwere Zeit. An den Eltern kann oder mag man sich in dieser Zeit nicht mehr halten und alles andere scheint die Hölle zu sein. Ich vermisse dieses Mädchen sehr! Ganz liebe Grüße von Karin
P.S.: ...vielleicht wäre das irgendwann eine Geschichte für sich
Vor langer Zeit - Antworten
pepe50 Also doch! Es tut mir sehr Leid , liebe Karin und vielen Dank für die Richtigstellung, aber die Kategorie hat mich irritiert ... denn bei uns Schreiberlingen weiß man ja nie so ganz genau, wo man dran ist. :-) Ist ja auch gut so.
Was Du nicht wissen kannst - ohne Werbung machen zu wollen - aber es ist ein Beispiel für ein Werk von mir, mit dem Titel: Ist Dumpfheit ein Schutzmechanismus der Natur.... der genau das verhindern soll.
Wer sensibel ist, und über alles nachdenkt, was in unserer Welt geschieht, der wird entweder Wahnsinnig oder ... es passiert eben das, was Du beschrieben hast.
Eine Geschichte wäre es bestimmt wert, der man die Hintergründe entnehmen kann.
Z.B. Es sind mehr amerik. Soldaten an Selbstmord gestorben, als durch Feineinwirkung.- LG Alfred
Vor langer Zeit - Antworten
Willy Ein wenig fehlt mir die Motivation für diesen Freitod, aber in einer Kurzgeschichte liegt vielleicht auch der Reiz darin, etliches offen zu lassen.
LG
Sweder
Vor langer Zeit - Antworten
Karindolittle Hallo Sweder! Im "Gartenfest" ging es mir ja nicht vorrangig um die Geschichte von meiner jugendlichen Freundin. Das wäre eine Geschichte für sich, von der ich tatsächlich überlege, sie mal zu schreiben. Falls es dich dennoch interessiert, so habe ich zu dem Kommentar von Pepe50 ihre Gründe etwas ausführlicher beschrieben.
Ganz liebe Grüße von Karin
Vor langer Zeit - Antworten
Phil_Humor Hat Gitarrenschülerin Svenja zu oft den Blues geübt? Eigentlich ist Grillen angesagt, fröhliches Feiern. Aber Svenja zieht es vor, ihren Termin mit den rosa Elefanten wahrzunehmen. Sie folgt ihrer Freundin - fühlt sich durch deren Tat inspiriert. Was hofft sie, im Jenseits zu finden?

Faust wollte Neues suchen - aber er war auch angepisst von den beschränkten Möglichkeiten im Diesseits.

LG
Phil Humor
Vor langer Zeit - Antworten
Karindolittle Hallo ! Meine "Svenja" und damit der reale Kern der geschichte war nicht auf der Suche nach etwas, sondern auf der Flucht. Sie konnte die Welt nicht ertragen und fand keinen Weg ihre Gedanken in andere Richtungen zu lenken. Das Maß an Sensibilität und Empathie gepaart mit hoher Intelligenz ließen sie im Alltag Dinge sehen und erkennen, die zu verkraften sie nicht in der Lage war. Wir kannten uns nur ein paar Monate, kamen uns in dieser Zeit aber sehr nah.Etwas ausführlicher hab ich es in einer Antwort auf den Kommentar von Pepe50 beschrieben, falls es dich interessieren sollte. Ganz liebe Grüße von Karin
Vor langer Zeit - Antworten
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