wie fern der Himmel hinter lila wolken...Teil 4
©roxanneworks 2014 / 05
Kurzgeschichte für eine Ausschreibung...
für Rückmeldungen wäre ich dankbar ;-)
Die letzten Tage waren wie im Fluge vergangen. Seit dem Abend, als Louis seine Pläne mit Philip besprochen hatte, gab es für die beide Herren kaum einen Moment, der sie nicht allumfassend mit den Vorkehrungen beschäftigte.
Die nahe Ankunft von Martiné und ihr Aufenthalt wurde bis ins kleinste Detail organisiert. Nichts wollten sie dem Zufall überlassen, solange es in ihren Möglichkeiten lag.
Der Comte de Marville veranlasste seinen Bouteiller Francis, seine Dienste in der kommenden Zeit im Hause von Philip zu verrichten. Francis war seinem Herrn treu ergeben und sie vertrauten einander, denn er kannte ihn schon ein
halbes Leben lang. Der blutjunge Comte reiste damals zu Bildungszwecken durch Belgien und wurde zufällig Zeuge, wie Francis einer jungen Dame zur Hilfe eilte, die von einem Strassendieb brutal überwältigt und bedroht wurde. Die Dame kam mit einem Schrecken davon, Francis jedoch wurde bei dem wüsten Handgemenge mit einer Stichwunde in der Seite verletzt. Der Comte sorgte dafür, dass man ihn im Hause eines Freundes verarztete und pflegte, bis seine Gesundheit wieder voll hergestellt war. Seit dieser Zeit hatte Francis es sich zur Aufgabe gemacht, das Leben seines Gönners zu beschützen. Der Comte de Marville mochte sich dieser
Tatsache nicht entziehen und nahm ihn kurzer Hand in seine Dienste auf.
Francis war mit der nicht ganz alltäg- lichen Situation vertraut gemacht worden und hatte die ihm übertragenen Aufgaben im Hause Armonde am frühen heutigen Tage übernommen. Seine erste Tätigkeit bestand darin, das gesamte Personal zu entlassen, um es nach eigener Auswahl neu zu besetzen.
Ihm war die überaus brisante Lage, in der sich Monsieur Armonde befand, durchaus bewußt und er würde alles unternehmen, damit seine jetzige Identität nicht in Zweifel gezogen werden könne. Zudem hatte man ihm
aufgetragen, sozusagen als Bindeglied zwischen seinem Herrn und Monsieur zu fungieren.
Louis und Philip waren zudem überein gekommen, dass es von Vorteil wäre, wenn sie behaupten würden, Monsieur Armonde habe die Sprache verloren. Er könnte schließlich ebenso gut schriftlich kommunizieren und seine Anweisungen für Martiné aufschreiben.
So wäre ausgeschlossen, dass Martiné ihn an seiner Stimme erkennen würde. Dem Einwand von Philip, dass sie seine Handschrift sofort erkennen würde, setzte Louis den Vorschlag entgegen, Philip möge dann die linke Hand zum schreiben benutzen.
Die Freunde waren vorbereitet. Soweit natürlich nur, wie man Unwegbarkeiten abschätzen und Risiken im Vorhinein erkannte.
Fontainebleau den 8ten Junius 1778
Die Postkutsche, mit der kleinen Reise-gesellschaft, hatte nach Einbruch der Dunkelheit an einem beschaulichen Gasthaus am Ortseingang von Fontainebleau gehalten, um hier die Nacht zu verbringen. Martiné war totmüde und ihr Körper schmerzte von den sehr unbequemen Bänken in der Kutsche. Sie freute sich auf eine warme Mahlzeit und ein heißes Bad. Jedenfalls hoffte sie darauf, dass die Herberge
einen Luxus dieser Art anbieten würde. Selbst wenn es nur eine Kanne Wasser und eine Schüssel sein sollten, würde sie es mit Freuden annehmen und sich dann in dem schmalen Bett der kleinen Kammer zur Ruhe begeben.
Der schummrig beleuchtete Schankraum war nur mit wenigen Gästen gefüllt, die an grob gezimmerten Tischen saßen, um ebenso wie sie, eine Kleinigkeit zu Abend zu essen. Das angebotene Mahl bestand aus gebackenem Schinken und Karotten, dazu trank sie einen roten Landwein. Beides - der Wein, wie auch das Essen, waren von einfacher Güte, aber durchaus zu genießen.
Der Wirt entschuldigte sich wortreich
dafür, ihr leider keine Bademöglichkeit anbieten zu können, versprach jedoch eine zusätzliche Kanne mit heißem Wasser auf ihre Kammer zu schicken.
Nachdem sie sich ausgiebig mit dem warmen Wasser gewaschen hatte, dass ihr von einer Magd gebracht wurde, kleidete Martiné sich für die Nacht an und schlüpfte unter die dünne Decke ihres Lagers. Mit vielen Fragen in ihren Gedanken und ängstlichem Herzen schlief sie bald darauf erschöpft ein.
Kurz nach Tagesanbruch versammelte sich die Reisegesellschaft in der Wirts- stube und nahm ein karges Frühstück
aus Malzkaffee, Brot und Wein zu sich, um kurze Zeit später den letzten Rest ihrer beschwerlichen Reisestrecke anzutreten.
Der heutige Tag würde ihre ganze Kraft erfordern, dessen war sie sich gewiss. Martiné hatte keine Ahnung, was sie erwarten würde, denn auch dieses Mal war Philip ihr eine Antwort auf ihren letzten Brief schuldig geblieben.
Sie hoffte sehr, noch vor Einbruch der Dunkelheit in Paris einzutreffen. Die Endstation der Postkutsche lag am Place de Bastille. Dort musste sie eine Kutsche mieten, um das Stadthaus des Comte de Marville zu erreichen.
Tief in die Sitzkissen des schaukelnden Gefährtes gedrückt, suchte ihr Blick aus dem Fenster heraus, eine Ablenkung in der weiten Ferne. Sie beobachtete über die grünen Felder hinweg den Horizont, wie die Sonne immer höher stieg und den Himmel in einem wolkenlosen Blau erstrahlen ließ.
Vielleicht war dies ein hoffnungfrohes Zeichen, dachte sie....
Ende Teil 4