~10~
Aleks zog die Unterlippe zwischen die Zähne und sah mich an, als wüsste er nicht was er sagen sollte. Das verwirrte mich ein bisschen. Grade er sollte es am bestem Wissen, warum er plötzlich so nett war, obwohl er vor seinen Unfall der Arsch vom Dienst gewesen war.
„Naja, weißt du. Ich war nah am Tod dran. Sehr nah. Das gibt einem zu denken. Weil ich eigentlich keinen Grund habe dich zu hassen. Und auch nie einen hatte. Man lernt das Leben erst richtig zu schätzen, wenn man es so gut wie verloren hat. Darum finde ich sollte man das Leben genießen und es
sich nicht durch Hass versauen, weil es schneller vorbei sein kann, als man denkt.“
Ich wusste nicht was ich erwidern sollte. Es klang schon einleuchtend, aber ich hatte solche Wort nie von ihm erwartet. Ich nahm das Stück Brot und knabberte dran. Ich hatte keinen Hunger mehr. Ich drehte mich um und sah zu Flea, die auf dem Boden lag und nicht aufhörte leise in Aleks Richtung zu knurren. Ich schmiss ihr das restliche Brot hin, damit sie damit aufhörte. Früher hatte ich Angst vor Hunden gehabt, aber durch sie hatte ich mich damit abgefunden. Wenn sie jetzt damit anfangen würde, würde ich
wahrscheinlich in Panik verfallen.
„Sollen wir anfangen?“ fragte Aleks mit erhobener Augenbraue. Ich nickte und schob mich an ihm vorbei. Ich wusste noch nicht so genau wie ich damit umgehen sollte, das er mich nicht mehr hassen wollte. Ich meine man konnte es doch nicht einfach abschalten, oder? Ich würde jetzt auch nicht sagen können, ich hasse Leonie nicht mehr und dann war es so. Oder er tat nur so, um mich später auszulachen. Aber das glaubte ich nicht. Ich schlug die Zimmertür von Jack auf und schloss verzweifelt die Augen. Sein Zimmer hatte keine Tapete, ein hässlich es Metallbett mit weißer Bettwäsche und
einen Holzschreibtisch, der schon fast auseinander fiel. Aleks stöhnte genervt auf.
„Welcher Trottel hatte noch mal diese Idee?“ fragte er und zwickte sich in den Nasenrücken.
Ich verzog den Mund. „Tja, das warst du, würd ich sagen.“
„So ne kack Idee kann ja auch nur von mir kommen. Fangen wir an.“ Er hörte sich so begeistert an wie ich mich fühlte, aber es war für Jack.
„Wann kommt er wieder?“ fragte ich während ich mir die Haare zurück band. Aleks nahm sich einen Pinsel und öffnete einen Farbeimer.
„Morgen. Wir müssen aber nur einmal
streichen. Das reicht bei der weißen Wand und die Farbe trocknet schnell. Zuerst stellen wir das Bett in die Mitte. Den Holzkasten schmeißen wir weg. Ich hab einen neuen gekauft.“ Es dauerte bis ich verstand, das er mit Holzkasten den Schreibtisch meinte. Ich schaute das Bett an. Es war komplett aus Metall, ich konnte es nicht mal alleine anheben.
„Glaubst du wir bekommen das Bett bewegt?“ fragte ich misstrauisch. Ich bezweifelte es irgendwie.
Aber Aleks schien dran zu glauben. Er grinste und sagte „ Klar, schaffen wir das. Pack mal mit an.“ Er stellte sich ans Bett und packte es an beiden Seiten. Dann sah er mich auffordernd an. Ich
schüttelte den Kopf und umfasste eine Seite.
„Auf drei. Eins....zwei....drei.“ Ich hob es an und zu meiner Überraschung schafften wir es. Ganz langsam machte ich einen Schritt in die Mitte des Raumes. Fast rutschte mir das Gestell aus der Hand. Aleks schien sich überhaupt nicht anstrengen zu müssen. Ich hievte es noch einen Schritt weiter, dann konnte ich es nicht mehr halten. Das Bett fiel mir aus den Händen und zuckte zusammen, in Erwartung einen lauten Knall zu hören. Aber das blieb aus. Ich schaute zu Aleks. Der setzte grade das Bett ab. Als hätte er es alleine getragen. Er erwiderte meinen Blick und
schnell drehte ich den Kopf weg. Ich musste einfach den Augenkontakt vermeiden. Ich räusperte mich.
„Du bist ziemlich stark.“ sagte ich, mit dem Gesicht zur Wand.
„Geht so. Pack du schon mal die Farbe aus. Ich bring den Holzkasten raus.“ Er klemmte es sich unter den Arm und verließ den Raum. Ich hatte das Gefühl er würde mir aus dem Weg gehen.
~11~
Ich riss denn Deckel der Farbe ab und schmiss ihn zur Seite. Die Folie war schon an den Ränder ausgebreitet. Wahrscheinlich hatte Aleks das schon gestern gemacht. Ich sah ich im Raum um und nahm einen Pinsel vom Boden.
„Streichst du die Ränder?“ Ich zuckte zusammen, und machte einen Satz nach hinten.
„Sorry, ich dachte du hast mich gehört.“ Aleks lehnte im Türrahmen und verkniff sich ein Grinsen.
„Das ist nicht witzig! Mir ist das Herz in die Hose gerutscht!“
Er lachte auf. „Da gehört es aber nicht
hin.“ Seine Schultern bebten, so sehr musst er ein lachen zurückhalten. Ich tunkte den Pinsel kurz in die Farbe und schlug damit nach ihm. Er wich aus, aber ein paar Tropfen bekam er ins Gesicht und aufs T-Shirt. Er sah mich mit erhobener Augenbraue an. Dann ging er lautlos aus dem Zimmer. Ich runzelte die Stirn. Bereute er es schon mich nicht mehr zu hassen? Aber schon kam er wieder zurück. In der Hand ein kleiner Becher. Den tauchte er in die Farbe.
„Nein!“ rief ich und machte einen Satz nach hinten und stellte mich hinters Bett.
„Das wagst du nicht!“
„Glaubst du?“ erwiderte er grinsend und
kam langsam hinter mir her. Ich ging weiter ums Bett.
„Wir sollen die Wand streichen und nicht uns.“ sagte ich warnend. Er grinste so sehr das man seine Zähne sah und sprang aufs Bett, ehe ich reagieren konnte. Ich schrie überrascht auf und wollte wegrennen, aber er erwischte noch meinen arm und zog mich an sich. Ich konnte mich nicht bewegen, er wahr viel stärker als ich. Er tunkte einen Finger in die Farbe und malte einen Strich auf meine Wange. Ich wischte ihn an seinem Oberteil ab und fing an zu lachen als er sagte.
„Ist das dein ernst?“ Dann wurde es warm auf meinem Kopf und ich riss den
Mund auf und machte einen satz zurück. Der hatte mir echt die Farbe in die Haare geschüttet.
„Spinnst du?“ fragte ich, aber konnte ein lachen nicht unterdrücken.
„Hey du hast angefangen.“ grinste er.Ich zog eine Schnute.
„Komm wir waschen die Farbe raus. Wir wollen ja nicht das deine Schneewittchenhaare Cremefarbend werden.“ Ich ging hinter ihm her ins Bad. In Türrahmen blieb ich stehen und sah Aleks an. Er hatte das Wasser angedreht und sich an den Badewannenrand gesetzt.
„Wir steigen jetzt aber nicht von Farbschlacht auf Wasserschlacht um,
oder?“ fragte ich misstrauisch.
„Nein, nein. Jetzt komm her.“ Ich setzte mich neben ihm auf den Rand und nahm den Duschkopf in die Hand. Das warme Wasser tat echt gut und die Farbe ging gut raus, aber ich hatte die Rechnung ohne mein Top gemacht. Es war fast komplett nass.
„Toll, jetzt bin ich nicht mehr bunt aber nass.“ Aleks Mundwinkel zuckten.
„Ich geb dir ein altes Shirt von mir. Komm.“ Er stand auf und ich ging hinterher. Ich war noch nie in seinem Zimmer gewesen. Es war auch ziemlich klein und es stand nur ein Bett und ein Kleiderschrank darin. Er holte ein großen T-Shirt raus und warf es mir zu.
Ich schlüpfte rein. Es war mindestens drei Nummer zu groß.
„Ach, jetzt tauscht ihr schon Klamotten aus?“ fragte eine Stimme hinter mir. Ich drehte mich um. Im Türrahmen stand Jack.