Leseprobe
„Hallo. Haben Sie schon entschieden, was sie bestellen?“
Der dunkelhaarige Mann hob den Kopf und blickte mich mit einem seltsamen Blick an. Eine Mischung aus Neugierde und Wahnsinn lag in ihnen, was vielleicht auch an den roten Kontaktlinsen lag.
Er sagte nichts, sondern schaute mich nur an. Ein Prickeln lief meinen Rücken hinab. Mit diesem Mann stimmte etwas nicht, aber was es war, konnte ich nicht sagen.
Sein Gegenüber räusperte sich und ich
löste meinen Blick von den brennenden roten Augen.
„Mein Freund ist nicht sehr gesprächig. Leute machen ihn etwas nervös.“
Es sollte wahrscheinlich eine Entschuldigung für das seltsame Verhalten sein, aber klang eher wie eine Drohung.
Dabei sah er nicht so bedrohlich aus wie sein Begleiter.
„Ich glaube, wir nehmen ein Wasser. Nicht, Luz?“
Der Schwarzhaarige löste seinen Blick für einen Moment von mir und ich atmete erleichtert auf. Es war, als hätte man einen Betonklotz von meinen Schultern genommen.
Er nickte und schaute mich wieder an. So schnell ich konnte ging ich zur Theke und lehnte mich zitternd gegen das dunkle Holz.
„Alles gut Kleines?“ Rosanna schaute mich besorgt an und ich nickte nur. Die seltsamen Gäste waren mein Problem und nicht ihres.
Mit zitternden Händen goss ich zwei Gläser mit Mineralwasser voll und machte mich wiederstrebend auf den Weg zurück.
Der Schwarzhaarige hatte sich über ein Blatt Papier gebeugt und sein Freund redete in einer mir unbekannten Sprache auf ihn
ein.
Leise räusperte ich mich und beide hoben den Kopf.
„Ihr Wasser.“
Vorsichtig stellte ich die beiden Gläser vor sie hin und drehte mich um, damit ich so schnell wie möglich hier verschwinden konnte. Eine eiskalte Hand packte mich am Handgelenk und hielt mich fest.
Zitternd drehte ich mich um und sah wieder in diese roten Augen. Ich konnte nicht erkennen, ob er wirklich Kontaktlinsen trug, oder ob seine Augen wirklich rot waren.
Schnell verwarf ich den Gedanken wieder. Er war ein normaler Kunde und
kein übersinnliches Wesen, die sowieso nicht existierten.
„Schattenmädchen, warum arbeitest du hier?“
Plötzlich stieg Angst in mir auf. Panisch riss ich mich los und stolperte zurück.
„Ich weiß nicht, wo Sie sich das Recht hernehmen, so mit mir zu reden!“
Schlagartig verstummten alle Gespräche im Restaurant und unzählige Augenpaare wanderten zu uns.
Von dem Lärm angelockt kam Rosanna zu uns gelaufen.
Ihr Blick wanderte von meinem Gesicht zu den beiden Männern hin. Die teure Kleidung, die sie trugen nahm ihr die Entscheidung schnell
ab.
„Entschuldigen Sie meine Kellnerin. Sie ist nervlich etwas überspannt.“
Der Schwarzhaarige, sein Freund hatte ihn Luz genannt, wie mir wieder einfiel, nickte nur und grinste mich frech an.
„Lesley! Was soll das? Reiß dich zusammen, du kannst nicht einfach Kunden so anschreien.“
Mir war bewusst, dass Einwände nichts bringen würden, also nickte ich nur.
„Du gehst für heute Abend nach Hause und ruhst dich erst mal aus, verstanden? Wenn so etwas noch mal vorkommt, muss ich dich entlassen!“
Immer noch schweigend nickte ich und drehte mich um, um zu
gehen.
Kurz bevor ich das Restaurant durch die Vordertür verließ, warf ich noch einen Blick zurück. Es war wie ein Zwang, als würde jemand meinen Kopf packen und herumdrehen.
Die beiden Fremden schauten mir noch immer hinterher. Der Freund des Rotäugigen wandet den Blick ab, als er meinem Blick begegnete, aber Luz schaute mich ohne jede Scheu offen an.
Für einen kurzen Moment glaubte ich, einen rötlichen Schein über seine Haut wandern zu sehen. Dann war dieser Eindruck verschwunden und ich wandte mich entgültig ab.