Prolog
Es war ein regnerischer Tag, an dem mein Grossvater verstarb. Ich weiss, das klingt merkwürdig. Angeblich regnet es immer an Tagen, an denen jemand stirbt. Aber an diesem Tag regnete es tatsächlich, ich versichere es Euch.
Er hat nicht viel besessen und das meiste war schnell unter den wenigen Verwandten und den vielen Gläubigern aufgeteilt.
Doch mir hatte er etwas vermacht. Ich hatte immer eine besondere Beziehung zu meinem Grossvater, weil er sich in mir wieder entdeckte, jedenfalls behauptete er dies. Ich interessierte und begeisterte
mich für dieselben Dinge, und das gefiel ihm und machte ihn auf eine sonderbare Weise stolz. Ich hatte Stunden damit verbracht ihm zuzuhören, wenn er mir Geschichten erzählte, manchmal wahre und manchmal erfundene. Er war ein hervorragender Geschichtenerzähler gewesen, einer dem man einfach zuhören musste, die Leidenschaft, die in seinen Augen funkelte, war ansteckend gewesen.
Es handelte sich um eine kleine Kiste, nicht viel höher als eine Katze. Sie war halb verrottet, und als es mir schliesslich gelang sie mühsam zu öffnen, flog mir ein zerknitterter Zettel
entgegen, den er dort vorsorglich deponiert haben musste.
"Ich hinterlasse Dir diese Bücher, weil ich weiss, dass nur Du ihren wahren Wert erkennen wirst. Er war ein guter Freund, und sein Andenken bedeutet mir sehr viel. Du wirst wissen, was das Beste ist, da bin ich mir sicher.
Du bist immer ein guter Junge gewesen."
Nicht mehr, nur diese vier kurzen Sätze. Er hatte immer gern und viel geredet, aber wenn es um das geschrieben Wort ging, so zeigte er sich doch weitaus
schweigsamer.
Etwas durcheinander machte ich mich daran, den restlichen Inhalt der Kiste zu untersuchen. Ich fand ein paar handgeschriebene Bücher vor, sechs an der Zahl, und jedes umfasste mindestens tausend Seiten. Es waren alte Tagebücher.
Ich benötigte nicht sonderlich viel Zeit, um sie durchzulesen. Sie faszinierten mich, und auch wenn die Schrift an manchen Stellen schwer zu entziffern und die Seiten vergilbt waren, so kam ich doch zügig voran. Als ich die letzte Seite gelesen hatte, wusste ich tatsächlich, was ich zu tun hatte.
Ich begann alle möglichen Leute aufzusuchen, die den Freund meines Grossvaters gekannt haben könnten, und das waren ziemlich viele, der Gute war bekannt gewesen wie ein bunter Hund. Und selbst wenn sie ihn nicht gekannt hatten, so hatten doch die meisten von ihm gehört. Ich bereiste die Orte, an denen er sich aufgehalten hatte, an denen sich sein Leben abgespielt hatte. Ich verbrachte meine gesamte Zeit damit, sein Leben zu rekonstruieren, Stück für Stück. Ich machte mir alle möglichen Notizen und trug alle Quellen zusammen. Es hat Jahre gedauert und natürlich gibt es ein paar Stellen, an denen ich etwas
ergänzen musste, weil es unmöglich war, die wahren Begebenheiten aufzuspüren. Auch kann ich nicht behaupten, dass alle Aussagen, die mir gegenüber gemacht worden sind, der reinen Wahrheit entsprechen. Es ist manchmal schwer sich an alle Einzelheiten zu erinnern, dies gaben die Menschen, die ich besuchte ohne Vorbehalte zu. Es waren auch welche unter ihnen, die mir gestatteten einen Blick in ihre alten Tagebücher oder in die ihrer Verwandten zu werfen. Man hat mir sicherlich auch Geschichten erzählt, die frei erfunden waren, aber selbst das macht eine Lebensgeschichte ja irgendwie aus. Alles in allem bin ich mir sicher, dass der Grossteil meiner
Gechichte auf soliden Füssen steht. Es stellte sich zwar teilweise als sehr schwierig heraus, doch ich denke, es ist mir ganz gut gelungen, die Geschichte, die die Tagebücher beschreiben zu vervollständigen. Jedenfalls hoffe ich das von Herzen.
Ich habe dieses Buch geschrieben, weil ich Euch seine Geschichte erzählen möchte, denn ich glaube, dass sie es wert ist gelesen zu werden. Und meines Erachtens hat er es einfach verdient, dass die wahren Begebenheiten an's Licht kommen. Aber darüber sollt Ihr selbst urteilen.
Ich weiss, dass mein Grossvater es so
gewollt hätte.
Kapitel 1
Völlig ausser Atem zügelte er sein Pferd, bevor er es aufforderte umzudrehen. Das Tier war inzwischen sichtlich müde und hatte Schwierigkeiten im dichten Unterholz nicht zu stolpern. Trotzdem musste er unbedingt wissen, wer und wie viele sie waren. Noch verfügte er über etwas Zeit, sich so zu positionieren, dass er alles sah, aber nicht gesehen werden konnte.
Sein brauner Hengst strauchelte. Es hatte keinen Sinn, er würde absteigen müssen, auch wenn ihm das nicht behagte, denn am Boden war er leichte Beute. Seine Verfolger hätten keine Mühe, ihn zu
fassen, wenn er sich bemerkbar machte.
Vorsichtig glitt er am nassen Körper des Pferdes hinunter und ergriff die Zäumung. Wahrscheinlich war es sogar besser, das Pferd einfach hierzulassen, die Chance, dass es wieherte sobald es seine Artgenossen erblickte, war doch sehr hoch. Mit geschickten Fingern vollbrachte er die eingeübten Bewegungen, um seinen Hengst an einen Baum zu binden. Dies war nicht ganz einfach, da er unter Zeitdruck stand und der Knoten mit einem einzigen, schnellen Zug wieder zu lösen sein musste. Er würde es sich im schlimmsten Fall nicht leisten können erst minutenlang daran herumzufummeln. Zu seinem Glück war
das eindrucksvolle Tier diese Prozedur gewohnt und wartete geduldig darauf, dass sein Herr fertig wurde.
"Verhalte dich ruhig." flüsterte er seinem Freund zu, bevor er ihm liebevoll die Nüstern entlangstrich. "Ich komme so schnell wie möglich zurück." Mit diesen Worten und der Hoffnung, dass der Braune ihm nicht hinterher wiehern würde, wand er sich in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Er kam nur schwer voran, denn er bemühte sich so wenig Geräusche wie möglich zu verursachen. Wenn er ein Reh oder ein anderes Tier aufscheuchte, und dieses vor Angst aus dem Wald hinauslief, würde es mit ziemlicher Sicherheit die
unerwünschte Aufmerksamkeit der Verfolger in seine Richtung lenken.
Unter normalen Umständen hätte er sein Pferd niemals gezwungen querfeldein durch den Wald zu jagen, denn ein Sturz konnte böse Folgen haben. Aber auf der offenen Wiese wären sie vermutlich nicht entkommen.
Er hatte nicht mit ihnen gerechnet, auch wenn er vorsichtshalber eine lange Strecke im vollen Galopp zurückgelegt hatte. Jetzt verfluchte er seine Unvorsichtigkeit.
Bemerkt hatte er sie während er wieder im gemütlichen Schritttempo vor sich hin geritten war, mit nichts, als hohen
Gräsern unter ihm. Er wollte sich und seinem Pferd eine kurze Pause von der Flucht gönnen, er hatte gedacht, er würde über diese Zeit verfügen. Doch da hatte er sich geirrt.
Die Ohren seines Braunen hatten sofort seine Aufmerksamkeit erweckt. Statt wie gewohnt ruhig und entspannt zur Seite zu stehen, zuckten sie auf einmal in alle Richtungen, bevor sie sich auf eine festlegten. Sie hatten hinter ihn gezeigt, das ganze Tier schien von einer Minute auf die andere wachsamer geworden zu sein. In der Sekunde darauf grummelte das Pferd tief und begann nervös vor sich hin zu tänzeln.
Syxt war sofort in Alarmbereitschaft
gewesen. Er liess den Hengst anhalten und lauschte angestrengt. Der Wind kam von hinten, so hatte er kaum Probleme schwere Galoppsprünge auszumachen, die sich rasch näherten. Drei, vielleicht vier Reiter. Sehen konnte er sie allerdings noch nicht. In Sekundenschnelle trieb er sein Pferd zu einem rasanten Tempo an. Sie flogen förmlich dahin, während die Hufe des Tieres über den weichen Boden trampelten und ihn verschluckten. Als er nach einigen Meilen feststellen musste, dass sich die weite, grüne Fläche fast endlos vor ihnen erstreckte, fasste er einen Entschluss. Er riss den Kopf seines Gefährten nach links herum und
steuerte direkt auf den Wald zu. Das Pferd sträubte sich zuerst, aber nach einem kurzen Hin und Her gelang es ihm, es in das Unterholz zu manövrieren. Hier ritt er noch ein gutes Stück weiter, bis er sich halbwegs in Sicherheit wähnte. Als er schliesslich anhielt, strömten sie beide vor Schweiss und der Hengst schnaubte unzufrieden.
Inzwischen war er fast am Rande des Waldes angekommen. Er konnte die Wiese bereits schemenhaft zwischen den dichten Ästen erkennen. Er ging in die Hocke und kam nur noch mühsam voran.
Unerwartet vernahm er von neuem die donnernden Hufschläge seiner Verfolger.
Sie waren bereits näher als er vermutet hatte.
Er beeilte sich und entschied sich für einen hüfthohen, dornigen Busch hinter dem er sich niederlassen konnte. Regungslos verharrte er dort und wartete, dass sie in Sichtweite kamen.
Einige Minuten später war es soweit. Das Trommeln der Hufe war auf eine beträchtliche Lautstärke angeschwollen und er konnte endlich ihre Silhouetten ausmachen, die auf einer kleinen Anhöhe erschienen. Sie waren zu viert und ritten nebeneinander, Seite an Seite. Sie hatten alle stattliche, pechschwarze Pferde und wirkten bewusst bedrohlich. Sie trieben ihre Tiere immer schneller vorwärts, und
als sie fast auf seiner Höhe angekommen waren, sah er, dass diese vor Schweiss in der warmen Sonne glänzten. Lange würden sie dieses Tempo nicht mehr durchhalten können.
Es war wahrscheinlich, dass sie irgendwann auf die Idee kommen würden, dass er sie bemerkt und die Richtung geändert hatte. Wenn dies geschah, musste er sich bereits in sicherer Entfernung aufhalten.
Als er über seine nächsten Schritte nachdachte, donnerten sie an ihm vorbei. Er hörte die angestrengte Atmung ihrer Pferde trotz des unglaublichen Lärms, den sie verursachten. Zu seinem Erstaunen waren die Reiter allerdings
still. Kein anfeuernder Schrei verliess ihre Lippen, ihre Münder waren zu schmalen Strichen zusammengepresst. Sie waren hasserfüllt und konnten den Moment, in dem sie ihn endlich finden würden kaum erwarten. Der Wille ihn zu stellen trieb sie zu Höchstleistungen an. Er konnte ihre Feindseligkeit fast riechen.
Sie trugen die Farben der Krone, gold und rot. Es war offensichtlich, dass sie geschulte Krieger waren, auch wenn ihnen ihre Rüstungen fehlten. Vermutlich hatten sie nicht genug Zeit gehabt, um sie anzulegen, oder sie waren sich einfach bewusst, dass sie sie sowieso nicht benötigen, um ihn einzufangen.
Was konnte er schon gegen sie ausrichten. Alles was er an Bewaffnung besass war ein alter Jagdbogen und ein kleiner Dolch, im Falle eines Kampfes hatte er keine Chance. Er konnte sich nur auf seine Gewandheit und die Schnelligkeit seines Pferdes verlassen.
Die vier Reiter trugen allesamt ihre stolzen Schwerter bei sich. Er konnte sich nur zu gut die Genugtuung in ihren Gesichtern ausmalen, wenn er ihnen die Gelegenheit geben sollte, davon Gebrauch zu machen.
Einer der Reiter erweckte sein Interesse. Da es sich um den zweiten Reiter von links handelte, konnte er ihn relativ gut betrachten. Er wusste nicht wieso, aber
irgendetwas an diesem jungen Mann kam ihm äusserts vertraut vor. Er hatte das Gefühl ihn zu kennen, auch wenn er sich so gut wie sicher war, dass er ihm noch nie zuvor begegnet war. Doch die Geschwindigkeit mit der sie an ihm vorbeirauschten war zu hoch, und er hatte nicht genug Zeit, um sich intensiver mit der Identität des Reiters auseinanderzusetzen.
Als sie ausser Sichtweite waren, richtete er sich langsam auf. Nachdenklich ging er den Weg zu seinem Pferd zurück. Er hatte keine Zweifel mehr, dass er es war, den sie suchten. Er war bloss überrascht, dass man gleich vier Reiter nach ihm geschickt hatte. Er hatte mit
einem, vielleicht zweien gerechnet. Es schien, als hätte man ihn und seine Fähigkeiten ungeschoren davon zu kommen überschätzt. Ob das nun einen Vor- oder einen Nachteil für ihn darstellte, darüber war er sich noch nicht ganz im Klaren. Aber wenn er sich eines sicher war, dann wieso sie angewiesen worden waren ihn aufzuspüren. Er war ein Dieb. Sicher, im Allgemeinen interessierten kleinere Gauner, die ihren Lebensunterhalt damit verdienten rechtschaffende Bürger über's Ohr zu hauen, den König nicht sonderlich. Aber er war gut, viel zu gut.
König Leganon war berüchtigt dafür unbarmherzig und grausam zu sein, und
er würde niemanden verschonen, der es sich erlaubte ihn öffentlich zum Narren zu halten. Und Syxt hatte es vermocht dem König etwas zu stehlen, das er nie zurückerlangen können würde - die Jungfräulichkeit seiner einzigen Tochter. Sie hatte heute Mittag das Bett mit einem Gesetzlosen geteilt.
Bei diesem Gedanken musste er unwillkürlich lächeln. Es war eine schöne Erinnerung und trotz des Ärgers, den er damit auf sich gezogen hatte, wollte er sie nicht missen.
Sicher, sie war nicht das erste Mädchen gewesen, bei dem er es geschafft hatte, dass sie einwilligte einige Stunden in seiner Gesellschaft zu verbringen.
Soweit er sich entsinnen konnte, hatte er damit nie sonderliche Probleme gehabt. Er besass Charme und Charisma, und das war meist mehr wert als Besitz, Geld oder Macht. Er hatte schon früh begriffen, dass die meisten Frauen niemanden wollten, der ihnen alles kaufen konnte, sondern nach jemanden suchten, bei dem sie sich verstanden und aufgehoben fühlen konnten, jemanden, der ihnen die Welt zu Füssen legte und sie behandelte als seien sie Prinzessinen, selbst wenn es sich nur um die Tochter des Holzfällers von nebenan handelte. Sie wollten das Gefühl haben, etwas Besonderes zu sein.
Leyla war etwas Besonderes. Sie
unterschied sich von all den anderen Mädchen, bei denen er eine Nacht verbringen durfte. Sie war anmutig, stolz und intelligent. Er konnte es immer noch nicht wirklich fassen, dass sie sich auf ihn eingelassen hatte, dabei war er sicherlich nicht der Einzige, der sie umworben hatte.
Sehnsüchtig dachte er an ihre sanften Berührungen und den erwartungsvollen, verlangenden Blick in ihren Augen zurück. An ihre Stimme, die so rein und so süss klang. Und an den Duft ihrer weichen Haut, er konnte den verführerischen Geruch des Rosenwassers, der sie überall hin begleitete immer noch warnehmen.
Er hoffte inständig, dass es ihr gut ging. Es beunruhigte ihn, dass man ihnen bereits so früh auf die Schliche gekommen war, obwohl sie sich diskret und vorsichtig verhalten hatten. Sie mussten von jemandem gesehen worden sein. Nur aus welchem Grund hatte diese Person sich so viel Zeit gelassen, ihre Entdeckung bekannt zu geben? Auf jeden Fall bedeutete dies, dass Leganon sicherlich gerade darüber nachdachte, wie er seine unwürdige und durch ihre Tat auch fast wertlos gewordene Tochter bestrafen konnte. Er stellte sich den schwarzbärtigen Mann vor, wie er in seinen Gemächern auf und ab ging und überlegte, auf welche Weise er jetzt
noch einen Nutzen aus ihr ziehen konnte. Ein adeliger Ehemann kam wohl kaum noch in Betracht, diese legten im Allgemeinen grossen Wert auf die Unbeflecktheit ihrer zukünftigen Bräute.
Syxt fragte sich, wie es möglich war, dass sie beobachtet worden waren, und begann sich Vorwürfe zu machen. Er hatte wieder einmal zu unbedacht und zu leichtfertig gehandelt. Nicht einen Augenblick hatte er an die Konsequenzen seines Tuns verschwendet. Er fühlte sich zutiefst schuldig. Und doch wollte er sie wiedersehen.
Zwar wusste er noch nicht, wie er dies bewerkstelligen sollte, aber es würde ihm schon etwas einfallen. Das hatte er
ihr versprochen, als ihre erhitzten Körper schliesslich voneinander liessen. Und dieses Mal hatte er es auch so gemeint.
Bei diesem Gedanken angelangt, zwang er sich dazu, sich wieder auf seine gegenwärtige Situation zu konzentrieren. So verlockend die Vorstellung sie erneut zu treffen auch war, er musste zuerst einige Entfernung zwischen die vier Reiter und sich selbst bringen, sonst würden die Umstände, unter denen sie ihn das nächste Mal zu Gesicht bekam, wohl weitaus unangenehmer sein.
Etwas benebelt versuchte er sich zu orientieren, und erst jetzt wurde ihm
bewusst, dass er keine Ahnung hatte, wo genau er sich befand, geschweige denn, wo er sein Pferd zurückgelassen hatte. Entsetzt über seine Leichtsinnigkeit begann er nach Spuren zu suchen. Immerhin waren sie im vollen Galopp durch den Wald gehetzt, dabei musste ein Tier von gut acht Zentnern Gewicht einfach Spuren im weichen Boden hinterlassen, ganz zu schweigen von abgebrochenen Ästen und ähnlichem. Er ärgerte sich ein weiteres Mal über seine Unbedachtheit, er hätte sich irgendwelche Merkmale einprägen sollen, um leichter und vor allem schneller zurückzufinden.
Aufmerksam machte er sich daran, den
Boden abzusuchen. Während der ersten Augenblicke dachte er, er würde verzweifeln. Er stellte sich bereits die königlichen Reiter vor, die seine Spur wieder aufgenommen hatten und ihn so vorfanden, in gebückter Haltung vor sich hin tapsend, ohne irgendeinen Schutz und mit nichts bewaffnet ausser seinem Dolch. Er bemerkte, dass die Panik ihn zu erfüllen drohte und zwang sich ruhig zu bleiben. Wenn er jetzt hektisch wurde, dann war alles verloren. In diesem Zustand würde er keine sinnvolle Entscheidung mehr treffen können.
Unsicher bewegte er sich etwas nach rechts. Vielleicht befand er sich nur wenige Schritte von der rettenden
Hufspur entfernt. Er musste nur darauf achten nicht völlig die Orientierung zu verlieren, denn hier sah jeder Baum dem anderen ähnlich. Hoffnungslos blieb er stehen und hob den Kopf. Er beschloss einen Moment zu opfern, um das kniehohe Gestrüpp zu untersuchen. Unvermittelt blieben seine Augen an etwas hängen, das ein paar Schritte entfernt an einem Strauch hing. Es war nicht grösser als eine Fingerkuppe und doch bewegte er sich zielstrebig darauf zu.
Es waren braune Haare und er erkannte sie sofort als Fellhaare seines Pferdes wieder. Er war auf dem richtigen Weg. Er liess seinen Blick wieder auf den
Boden sinken und tatsächlich, endlich erblickte er den gesuchten Hufschlag seines Braunen. Flink beeilte er sich ihm zu folgen. Es dauerte nicht lange und er erreichte die Stelle an der er sein wertvolles Pferd zurückgelassen hatte. Es war eindeutig der Platz an dem er seinen Gefährten angehalten und zum Umdrehen aufgefordert hatte, jetzt glaubte er selbst die umherstehenden Bäume wiedererkennen zu können. Und doch zweifelte er.
Denn sein Pferd war verschwunden.
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