Kurzgeschichte
Ja, ich bin ein Nazi! - ...für Euch bin ich ein Nazi

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"Ja, ich bin ein Nazi! - ...für Euch bin ich ein Nazi"
Veröffentlicht am 30. September 2008, 8 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

ich heiße euch hiermit willkommen! schaut euch gerne um!
Ja, ich bin ein Nazi! - ...für Euch bin ich ein Nazi

Ja, ich bin ein Nazi! - ...für Euch bin ich ein Nazi

Ja, ich bin ein Nazi. Für Euch bin ich ein Nazi, ein Rassist, ein Schläger, Menschenhasser, dumm, gefährlich und asozial, braune Scheiße eben.
Ich schreibe diesen Brief an die Zeitung und hoffe, dass er abgedruckt wird. Ich habe versucht mit Euch zu reden, aber Niemand hat mir zugehört. Ins Gesicht habt ihr mir gespuckt und mich beschimpft. Nicht ein Wort kam bei Euch an.

 

Ihr kennt mich. Ich bin Thomas S., auch bekannt, als der Anführer.
Vor Jahren lernte ich Menschen kennen, die mir Halt gaben. Mir sagten, dass ich kein schlechter Mensch sei, dass es nicht meine Schuld sei, wenn mich mein Vater grün und blau schlug, wenn er besoffen nach Hause gekommen war. Sie sagten mir ich müsse stark sein und was damals noch wichtiger für mich war, sie sagten ich könne stark sein.
Ich weiß, Freunde sind Etwas anderes. Doch mit 16 wusste ich das nicht. Sie hielten zu mir und den Beweis lieferten sie, als mein Vater mit blutigem Gesicht nach Hause kam. Sofort war mir klar, dass meine Jungs sich für mich eingesetzt, mich gerächt hatten. Mein Vater schlug mich trotzdem an diesem Abend, aber ich ging befriedigt ins Bett. Ich fühlte mich stark und ich wusste, da waren Menschen, die hinter mir standen.

 

So hat es angefangen und so lernte ich die rechte Szene kennen. In unserem Dorf waren es die Wölfe. Eine feste Gemeinschaft, die zusammenhielt. Hier fand ich, was mir zu Hause fehlte: Menschen, die Hoffnung in mich setzten, Disziplin und die Möglichkeit etwas aus mir zu machen. Ich hatte lange nach einer Ausbildung gesucht, vergebens. Kaum war ich in die Gruppe integriert, hatte ich eine Ausbildung zum Schreiner und das dank dem weit verzweigtem Netz...Alle für Einen und ich für die Gemeinschaft! Dies ging mir auch durch den Kopf, als ich mein erstes namenloses Opfer schlug: Für die Gemeinschaft. Ihr für mich...ich für Euch...wir zusammen. Ich schlug, ohne an den Mann zu denken, wer er war, warum ich ihn schlug, ob er Kinder hatte...nebensächlich. Gemeinschaft! Ich wurde für mein Verhalten in den höchsten Tönen gelobt. Ein guter Deutscher sei ich gewesen. Stolz habe ich die Gemeinschaft gemacht und ich ging befriedigt schlafen.

 

Natürlich waren es die scheiß Ausländer, die Schuld daran waren, dass ich so lange keine Ausbildung gefunden hatte. Schnell war der Hass gesät auf dem fruchtbaren Boden meiner nicht denkenden Gedanken. Irgendeiner musste doch Schuld daran sein, dass so viele gutbürgerliche, deutsche Hauptschüler keine Arbeit hatten und in unserem Dorf ein Döner neben dem Anderen eröffnete. Als Krankheit hatte ich sie gesehen, als eine Krankheit, die nach und nach unser gutes Land befällt, es lähmt und erblinden lässt, bevor es zerfressen unterginge. Meine Mutter hatte ihre Arbeit verloren. Der Laden wurde verkauft und ein türkisches Obstgeschäft zog hinein. Lange hatte der Kanacke nicht von seinem Obst. Dafür hatten wir früh gesorgt. „Obst brennt gut und drecks-türken-Obst noch besser“, hatte man mir gesagt. Ich warf die Flasche und sah zu, wie das Geschäft zu lodern begann. „Brenn Obst, brenne“, hatte ich gedacht. Für diese Aktion bekam ich Beifall. Mir zu Ehren feierten wir. Ich war Jemand! Endlich war ich Jemand, doch nicht lange. Schnell holten mich die Bullen zu Hause ab: Brandstiftung mit schwerer Körperverletzung; 6 Jahre Bau.

 

6 Jahre in denen mich keiner meiner gestiefelten Freunde besuchte. 6 Jahre in denen ich wieder geprügelt wurde. Aber ich fand einen wahren Freund. Jemand, der mir zuhörte. Jemand der mir Mut machte und sich von meinen Taten, als rechtes Schwein nicht ablenken ließ. „Hier drin weht ein anderer Wind“, hatte er immer gesagt und das stimmte. „Warum? Wir sind doch auch nur Menschen. Nicht besser und nicht schlechter als du! Warum hast du das gemacht, dieser Familie und auch dir selbst angetan?“, hatte er mich gefragt und mir wurde klar, dass ich diese Frage nicht beantworten konnte. „Dummheit!“, hatte Sercan gesagt und er hatte Recht.

 

Heute schreibe ich diesen Brief, weil ich lange nicht mehr im Knast sitze und doch im Dorf gefangen war. Für die Nazis, meine alten Freunde, war ich ein Verräter und für Euch war ich ein dreckiger Nazi. Ich bin 30 Jahre und Gott weiß, dass ich viel zu viel Zeit meines Lebens mit sinnlosem, unbegründetem Hass verschwendet habe. Könnte ich es rückgängig machen, hätte ich dies lang getan, aber mir bleibt keine andere Möglichkeit, als mit meiner Vergangenheit zu leben. Nur Ihr konntet es nicht. Ihr habt mir täglich die alten Geschichten aufs Brot geschmiert, mich beschimpft oder gemieden. Kinder liefen vor mir davon und in Geschäften wurde ich nicht mehr bedient. Ich kann Euch einerseits verstehen, schützt eure Kinder und euch selbst vor Nazis und ihrem braunen Gedankengut. Das ist richtig so. Aber ich bitte Euch, gebt Schutzsuchenden doch eine Chance. Der Mensch kann lernen und wie ich, sich ändern.

 

Ich lebe heute nicht mehr in meinem alten Dorf. Dort hätte ich keinen Frieden gefunden. Von Euch gemieden und den Nazis verfolgt musste ich Schutz in der Ferne suchen, nicht nur meinetwegen, sondern vor allem wegen meiner Frau Songül und meiner wunderschönen Tochter Kledia-Sophie. Ich bitte Euch der Mensch kann lernen! Lernt daran zu denken!

Thomas

 

GEBT RECHTS KEINE CHANCE!         cai

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Jasmin99 WOW! Starke W;rter die Respekt verdienen
Vor langer Zeit - Antworten
Takeo Re: Re: Ja, ich bin ein Nazi! -
Zitat: (Original von Cai am 04.05.2009 - 14:07 Uhr)
Zitat: (Original von Takeo am 04.05.2009 - 13:34 Uhr) ich hoffe es ist wahr was du da schreibst, wenn ja

dann danke ich dir einfach nur.
Nicht für deine Taten, sondern für deine Entwicklung.

ich hoffe du bist nicht zu enttäuscht, wenn ich dir sage, dass ich ne frau bin, schwarz (also halb ami-halb deutsch) und noch nie in der naziszene agierte!
ist zwar keine rein fiktive geschichte, da angelehnt an ereignisse aus meinem freundeskreis, aber abgerundet und stereotypisiert!
gruzzz cai


Schade. Ich denke mal wenn man selber in einer solchen scene war, so kann man das besser nachvollziehen. Wenn du die Person persönlich gut kennst sage ich nix mehr dazu, außer das ich es gut finde und es helfen würde wenn es dein freund perönlich schreibt und es veröffentlicht.

gruß Takko
Vor langer Zeit - Antworten
Cai Re: Ja, ich bin ein Nazi! -
Zitat: (Original von Takeo am 04.05.2009 - 13:34 Uhr) ich hoffe es ist wahr was du da schreibst, wenn ja

dann danke ich dir einfach nur.
Nicht für deine Taten, sondern für deine Entwicklung.

ich hoffe du bist nicht zu enttäuscht, wenn ich dir sage, dass ich ne frau bin, schwarz (also halb ami-halb deutsch) und noch nie in der naziszene agierte!
ist zwar keine rein fiktive geschichte, da angelehnt an ereignisse aus meinem freundeskreis, aber abgerundet und stereotypisiert!
gruzzz cai
Vor langer Zeit - Antworten
Takeo Ja, ich bin ein Nazi! - ich hoffe es ist wahr was du da schreibst, wenn ja

dann danke ich dir einfach nur.
Nicht für deine Taten, sondern für deine Entwicklung.
Vor langer Zeit - Antworten
Edlistrate Moralinsauer? - In der Beziehung hab ich schon weit Ärgeres gelesen.
Daß jemqnd eine Botschaft transportieren will, finde ich in Ordnung.
Das Bewußtsein für die Doppelbödigkeit vieler Untugenden, ist noch nicht sehr weit verbreitet.
Wer agressiv wird, der hat Angst, wer sich in der Gruppe stark fühlt, fühlt sich allein völlig hilflos, wer eitel ist, hat das Gefühl, nicht schön genug zu sein, wer unbedingt ins Rampenlicht möchte, der hat im Alltag das Gefühl, übersehen zu werden. Die Liste läß sich fortsetzen.
Man wird Menschen am ehesten gerecht, wenn man die Not sieht, die hinter bestimmten Verhaltensweisen steckt, was nicht heißt, daß man alles gutheißen sollte, was sie tun.
LG .... Gerlinde
Vor langer Zeit - Antworten
Mali Re: Re: Hm. - "aber unpassend. pädagogisch vielleicht, aber wo ist der text bitte propagandistisch????"

Das ist ja gar nicht auf deinen Text bezogen. Sondern auf alle Möglichkeiten einer Vermittlung. Ich habe mich durch deinen Text an so etwas erinnert.

Gut. Also habe ich deinen Text doch völlig falsch verstanden. Das liegt wahrscheinlich an der Eigenschaft eines jeden Lesers, sich ständig mit allem identifizieren zu wollen. Und deine Meinung, es sei schwierig einen Neuanfang zu finden, kann ich aus mangelnder Erfahrung, anscheinend schlechter nachvollziehen. Wobei ich jetzt liebendgern diskutieren würde, ob es wirklich so schwierig ist... Ich glaube eher, nicht die Gesellschaft steht einem im Wege, sondern die innere Einstellung...
Vor langer Zeit - Antworten
Cai Re: Hm. -
Zitat: (Original von Mali am 07.11.2008 - 18:47 Uhr) Das meine ich. Es passt nicht. Es klingt wie eine Moralpredigt. Das klingt vielleicht beleidigend, aber dein Text ist echt gut. Ich bin noch nicht lange hier, aber deiner ist der erste, den ich bis zum Ende gelesen habe. (Schön, dass das so arrogant klingt.) Darum habe ich mir auch eine Meinung gebildet. Es klingt alles nach: Ich tu jetzt mal so, als wäre ich ein Nazi, damit ihr besser kapiert. Eine ganz schreckliche Art der Vermittlung und Manipulation. Propaganda und Pädagogik gemischt in einem Klumpen, der lügt. Moralpredigt; so hast du nicht zu sein, leider haben wir aber keine Ahnung, wie es wirklich ist, wäre man so. Oder anders: Wir können uns nicht das Recht nehmen, in eine solche Person schlüpfen zu wollen, um diese dann sofort auszunutzen, als Botschaft, als Lehrer, vom Einfühlen bis zum einfachen Verstehen. Wenn man über so einen Charakter schreiben möchte, sollte man immer und stetig dem Charakter treu bleiben. Das fehlt hier irgendwie. Er würde nämlich nie in der IchPerson sich selbst so reflektieren können, wie du es beschrieben hast. Oder? Außerdem hat er auch recht wenig aus seinem Leben gelernt, denn er macht ja am Ende keinen Lösungsvorschlag. So wie es kein Moralprediger tut. Seid nicht böse und werdet nicht böse. Als ob nur der Mensch allein entscheiden könnte, was er wird.


deine meinung in ehren...stimme ich allerdings nicht zu.
natürlich habe ich das recht, durch einen charakter zu sprechen und eine geschichte zu erzählen bzw. meinung, botschaft, lehre oder sonstiges zu vermitteln. dafür sind charaktere gemacht. das du das wie eine moralpredigt verstehst, ist dein subjektives empfinden. so sollte die story nicht verstanden werden. vielmehr sollte sie zeigen, dass es aussteiger nicht leicht haben. es geht doch garnicht darum, mit dem finger auf nazis zu zeigen, sondern mehr darum, dass ein aussteiger nicht akzeptiert wird, weder von der einen noch der anderen seite. eigentlich hast du deinen eigenen punkt, bezüglich der moral ja am ende auch schon selbst entkräftigt. (...)"Außerdem hat er auch recht wenig aus seinem Leben gelernt, denn er macht ja am Ende keinen Lösungsvorschlag. So wie es kein Moralprediger tut (...)"

was das selbstreflektionsvermögen des protagonisten angeht muss ich dir sagen, dass das der nicht-fiktive teil der geschichte ist. du machst es dir sehr einfach mit dieser aussage und das ist genau die botschaft, die ich eigentlich vermitteln wollte: es gibt menschen, die ausgestiegen sind und den neuanfang suchen. selbstreflektion ist da wichtig...und nicht alle nazis leiden tatsächlich an einem mangel von intelligenz! lediglich fehlgesteuerter!

dass du meinen text als pädagischen und propagandistischen mischklumpen bezeichnest finde ich völlig verfehlt. schöne metapher, aber unpassend. pädagogisch vielleicht, aber wo ist der text bitte propagandistisch???? er bedient sich gewissen stereotypen um die botschaft in das maß einer kurzgeschichte zu bringen. die kam bei dir leider nicht an.
naja, mehr kann ich dazu nicht sagen, außer danke für die ausführliche erläuterung deines ersten kommentars und den gedanken, die du dir gemacht hast. schön, wenn der text anregend war...in welcher form auch immer!
gruzzz cai
Vor langer Zeit - Antworten
Mali Hm. - Das war doppelt. Sry.
Vor langer Zeit - Antworten
Mali Hm. - Das meine ich. Es passt nicht. Es klingt wie eine Moralpredigt. Das klingt vielleicht beleidigend, aber dein Text ist echt gut. Ich bin noch nicht lange hier, aber deiner ist der erste, den ich bis zum Ende gelesen habe. (Schön, dass das so arrogant klingt.) Darum habe ich mir auch eine Meinung gebildet. Es klingt alles nach: Ich tu jetzt mal so, als wäre ich ein Nazi, damit ihr besser kapiert. Eine ganz schreckliche Art der Vermittlung und Manipulation. Propaganda und Pädagogik gemischt in einem Klumpen, der lügt. Moralpredigt; so hast du nicht zu sein, leider haben wir aber keine Ahnung, wie es wirklich ist, wäre man so. Oder anders: Wir können uns nicht das Recht nehmen, in eine solche Person schlüpfen zu wollen, um diese dann sofort auszunutzen, als Botschaft, als Lehrer, vom Einfühlen bis zum einfachen Verstehen. Wenn man über so einen Charakter schreiben möchte, sollte man immer und stetig dem Charakter treu bleiben. Das fehlt hier irgendwie. Er würde nämlich nie in der IchPerson sich selbst so reflektieren können, wie du es beschrieben hast. Oder? Außerdem hat er auch recht wenig aus seinem Leben gelernt, denn er macht ja am Ende keinen Lösungsvorschlag. So wie es kein Moralprediger tut. Seid nicht böse und werdet nicht böse. Als ob nur der Mensch allein entscheiden könnte, was er wird.
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Cai Re: wahr -
Zitat: (Original von Mali am 07.11.2008 - 06:33 Uhr) Irgendwie klingt es immer noch albern, wenn man nicht weiß, ob die Geschichte wahr ist.

albern?? wieso albern? ändert es etwas, wenn du weißt, ob die geschichte wahr oder erfunden ist? und was meinst du mit immer noch? seltsamer kommentar...ganz ehrlich!
ps: die geschichte ist fiktiv! mag sein, dass sich ähnliches genau so irgendwo, irgendwann zugetragen hat, aber ich habe den text lediglich mit dem gedanken an jemanden geschrieben, nicht aber dessen geschichte erzählt.
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