Kurzgeschichte
Spurlos verschwunden

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"Nun vermisst sie ihn."
Veröffentlicht am 01. Mai 2014, 10 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Nun vermisst sie ihn.

Spurlos verschwunden

Titel

Seit Wochen hatten sie keinen Kontakt mehr miteinander. Aber sie musste mit ihm reden. Sie brauchte unbedingt seine Unterschrift. Da sie ihn telefonisch nicht erreichte und er auch nicht mehr online kam, ging sie in seine Wohnung. Noch immer hatte sie seinen Wohnungsschlüssel, obwohl sie diesen schon längst hatte zurückgeben wollen. Nun stellte es sich ganz praktisch heraus, das sie ihn noch hatte, denn er reagierte weder auf das Klingeln, noch auf ihr klopfen. Entweder ignorierte er alles, oder er war tatsächlich nicht da. Als sie die Wohnung betrat, stellte sie

fest, das es ganz still war. Sie ging durch alle Räume, auf der Suche nach ihm, oder ein Zeichen seines derzeitigen Aufenthalts. Aber sie fand nichts. Nur sein Handy, auf dem Wohnzimmertisch. Jenes hatte schon eine Staubschicht. Wie lange lag es schon unbenutzt da? Musste sie sich jetzt Gedanken um ihn machen? Oft genug hatte er von Selbstmord gesprochen. Nirgends fand sie auch nur einen kleinen Hinweis, was mit ihm war, oder wo er jetzt war. Dann fiel ihr auf, das sein Geld, welches er sich zurückgelegt hatte, fehlte. Vielleicht war er gerade dabei, es für irgendetwas auszugeben. Vor ein paar Monaten hatte er ihr erzählt,

für was er sparte. Aber sie hatte vergessen was es war. Hatte ihm auch nicht richtig zugehört gehabt. Sie beschloss, in seiner Wohnung, auf ihn zu warten. Irgendwann würde er schon zurückkommen. Mit höchster Wahrscheinlichkeit war er nur einkaufen. Schließlich war sein Kühlschrank leer. Dabei fiel ihr auf, das er auch ausgeschaltet war. Also war er für länger Zeit weg. Wann würde er wiederkommen? Heute noch? Wie wahrscheinlich war es, das er baldigst zurückkam? Sie konnte nicht so lange warten, bis er wieder aufkreuzte. Auf dem Stubentisch hinterließ sie ihm eine kurze Mitteilung.

Als sie an seinem Briefkasten vorbeikam, sah sie, das er schon überquoll. Wie lange war er schon fort? Und wo war er? Sie hatte plötzlich ein Bild im Kopf. Plötzlich war sie sich sicher, das er sich was angetan hatte. Vor einigen Monaten hatte sie sich, nach einem heftigen Streit, von ihm getrennt. Seit dem ging sie immer wieder mit anderen Männern aus. Das gefiel ihm nicht. Eifersucht. Suizidgedanken. Er hatte es ihr zwar nie gesagt. Aber sie kannte ihn gut. Sah es ihm an. Tränen standen in ihren Augen. Jetzt fehlte er ihr. Die ganze Zeit über hatte sie sich eingebildet, das sie nichts mehr für ihn empfand. Sollte sie sich geirrt

haben? Oder irrte sie sich jetzt eben, weil sie glaubte, das er sich was angetan hat? Sie zündete sich eine Zigarette an. Rauchte, und versuchte sich zu sammeln. Ihre Gedanken zu ordnen. Doch immer wieder sah sie ihn tot in einer Straßenecke liegen. Polizei, schoss ihr durch den Kopf. Vermisstenanzeige. Auf der Stelle rannte sie zum nächsten Revier. Kaum angekommen, verfiel sie in einem Weinkrampf. Machte sich Vorwürfe. Gab sich die Schuld. Die Beamtin redete beruhigend auf sie ein. Hatte Geduld. Als die Vermisstenanzeige endlich fertig war, lief sie langsam nach Hause. Betete,

das er noch lebte. Ob sie noch Gefühle für ihn hatte, wusste sie nicht. Aber sie wollte ihn wieder haben. Als Freund war er ihr wichtig. Auch wenn sie es in letzter Zeit nicht gezeigt hatte. Zu sehr damit beschäftigt war, an sich zu denken und mit irgendwelchen Typen auszugehen. Sie wusste, was er dachte, das sie mit denen auch ins Bett ging. Und ganz unrecht hatte er nicht. Mit manchen Kerlen ist sie im Bett gelandet. Sie verstand selber nicht, warum sie es getan hatte. Denn sie war nicht der Typ dafür. Verabscheute jene, die sich so schnell auf den Rücken legen ließen. Wie konnte sie sich nur dazu bringen lassen, dies zu

tun? Sie betrachtete ihr Spiegelbild. Fragte sich, warum sie ihn verlassen hatte. Ja, sie hatten einen riesigen Streit gehabt. Nicht das erste mal. Aber war dies gleich ein Grund, ihn abzuschieben? Der streit war heftig gewesen. Nagte noch lange an ihr. Harte Worte waren gefallen. Aber im Grunde wusste sie doch, das sie beide es nicht so gemeint hatten. Jedenfalls jetzt. Damals war sie anderer Meinung gewesen. Da hatte auch noch ihre Wut die Oberhand gehabt. Nun dachte sie anders. Bereute, was sie getan hatte. Das sie ihn vor die Tür gesetzt hatte. Zwischendurch hatten sie ein bisschen was miteinander. Da

tauschten sie auch ihre Wohnungsschlüssel aus. Aber schon kurz darauf lernte sie andere Typen kennen. Ging mit denen aus. Vergaß ihn dabei. Innerhalb kurzer Zeit. Was war bloß mit ihr gewesen? Sie war doch sonst stets vernünftig? „Lieber Gott. Bitte bring ihn mir wieder.“, betete sie.

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